TE UVS Tirol 2005/08/04 2005/25/1648-4

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Veröffentlicht am 04.08.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn D. M.-H., Dorfgasthaus XY, N. HNr XY, vom 13.06.2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl 2.1 A-475/05-4, Spruchpunkt II. 1., 2., 3. und 5. betreffend die Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO 1994 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung gemäß § 66 Abs 4 iVm § 67h Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

I.

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die bisherigen Auflagen 1. bis 3. in Spruchpunkt II. nunmehr wie folgt zu lauten haben:

 

1. Die Zugangstüre in der Gaststube mit 30 Sitzplätzen ist während der Betriebszeiten so zu arretieren, dass diese nur vom Betreiber gelöst werden kann.

2. Die südseitige Ausgangstür im Saal ist in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten.

3. Die südseitige Ausgangstür im Saal ist mit einem Beschlag gemäß EN179 auszustatten.

Die Auflage im Spruchpunkt II. 5. entfällt ersatzlos.

 

II.

Nach § 1 der Landes-Kommissionsgebührenverordnung, LGBl Nr 3/1991 idF des Gesetzes LGBl Nr 119/2001, sind für die Durchführung der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.07.2005 Kommissionsgebühren in der Höhe von Euro 43,50 (ein Amtsorgan durch drei halbe Stunden zu je Euro 14,50) angefallen.

 

Gemäß § 77 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004, ist der genannte Betrag vom Berufungswerber binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides mit beiliegendem Erlagschein einzuzahlen. Für die Teilnahme eines nichtamtlichen brandschutztechnischen Sachverständigen an der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 19.07.2005 sind weiters Barauslagen in Höhe von Euro 66,00 angefallen.

 

Gemäß § 76 Abs 1 AVG ist auch dieser Betrag vom Berufungswerber binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides mit beiliegendem Erlagschein einzuzahlen.

 

Gebührenrechtlicher Hinweis:

Für die Vergebührung der Berufung ist eine Gebühr von Euro 13,00 und der Verhandlungsschrift vom 19.07.2005 eine Gebühr von Euro 13,00 (ein Bogen zu Euro 13,00) beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol einzuzahlen.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl 2.1 A-475/05-4, wurden Herrn D. M.-H., N., als Inhaber des Gastgewerbebetriebes ?Dorfgasthaus XY? im Standort N. Nr XY gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 ua in Spruchpunkt II. folgende Auflagen vorgeschrieben:

 

1. Die in der Gaststube mit 30 Sitzplätzen vorhandene Zugangstüre ist in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten.

2. Im Saal sind mindestens zwei Ausgangstüren mit einer lichten Weite von 1,2 und 1,0 m einzurichten. Sollte der Fluchtweg des zweiten Gastzimmers (Gastzimmer mit 20 Sitzplätzen) über den Saal geführt werden, so müssen beide Saaltüren eine Durchgangslichte von 1,2 m aufweisen.

3. Die Türen im Saal sind mit einem Panikbeschlag gemäß EN 1125 (Anlaufstange) auszustatten.

4. Der Saal ist mit einer Fluchtwegorientierungsbeleuchtung gemäß TRVB 102 auszustatten.

5. Der Saal ist mit einer mechanischen Be- und Entlüftung mit einer Mindestkapazität von 50 Kubikmeter/Stunde/Person auszustatten. Als Basis hat die Betriebsbeschreibung, aus der eine Kapazität von 120 Personen hervor geht, zu dienen.

6. Die Feuerlöscher in den Gastbereichen sind als Schaumlöscher bereit zu stellen.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung von Herrn M.-H., in welcher dieser ausdrücklich erklärt, dass sich dieses Rechtsmittel nicht gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides, sondern gegen Spruchpunkt II. 1. bis 6. richtet. Er führt darin im Wesentlichen an, dass ihm mit Bescheid vom 05.12.2000 acht Auflagen nach § 79 GewO vorgeschrieben wurden. Er habe diese raschest umgesetzt. In weiterer Folge zählt der Rechtsmittelwerber Investitionen auf, die ihm seitens des Arbeitsinspektorates vorgeschrieben wurden sowie die notwendigen Sanierungsmaßnahmen für die Erhaltung der Bausubstanz; im vergangenen Jahr sei auch der Kanalanschluss herzustellen gewesen. Nunmehr führe er einen Umbau der Betriebsanlage durch, weshalb ihm keine freien Mittel für die Umsetzung der nunmehr in Spruchpunkt II. vorgeschriebenen Maßnahmen zur Verfügung stünden. Er legte seiner Berufung einen Fluchtplan bei, nach welchem aus seiner Sicht verschiedene Auflagen nicht mehr nötig wären. Eine Gefährdung von Personen aufgrund der gegebenen Fluchtsituation könne wohl kaum angenommen werden. Er plane überdies in drei Jahren den Saal aufzulassen. Er ersuche deshalb, die im Bescheid unter II. aufgelisteten Auflagen 1. bis 6. zu erlassen oder zumindest die Erfüllungsfrist der selben bis 30.06.2008 zu erstrecken.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194 idgF, lauten wie folgt:

 

?§ 79

(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen  oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

?

 

§ 74

?.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

?.

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

....?

 

Ebenfalls beachtlich ist nachfolgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004:

 

?§ 66

?

(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?

 

Durch die Bestimmung in § 79 Abs 1 GewO 1994 wird die Behörde ermächtigt, für rechtmäßig bestehende gewerbliche Betriebslagen andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben.

Der Gesetzgeber knüpft die Zulässigkeit der Vorschreibung weiterer Auflagen dabei an mehrere Voraussetzungen, nämlich dass (1.) eine rechtskräftige Genehmigung für die Betriebsanlage vorliegt, (2.) die gemäß § 74 Abs 2 leg cit wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind und (3.) die betreffenden Auflagen nicht unverhältnismäßig sind.

 

In der mündlichen Verhandlung zog Herr M.-H. seine Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte II. 4. und 6. zurück. Der Berufungswerber erklärte, dass der Saal in Hinkunft für die Benützung durch maximal 60 Personen beschränkt wird. Die Benützung dieses Saales wird auch zeitlich eingeschränkt bis 30.06.2008. Dabei handelt es sich um eine Erklärung gemäß § 81 Abs 2 Z 9 GewO. Für die Entgegennahme dieser Anzeige ist die Bezirkshauptmannschaft Lienz die zuständige Behörde, weshalb seitens der Berufungsbehörde die Verhandlungsschrift mit dem entsprechenden Hinweis darauf der Bezirkshauptmannschaft Lienz übermittelt wurde.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 3.8.2005, Zl 2.1 A-475/05-10, wurde gemäß § 345 Abs 8 Z 6 GewO 1994 festgestellt, dass die am 19.7.2005 von D. M.-H. erstattete Anzeige von der Bezirkshauptmannschaft Lienz hinsichtlich der Beschränkung des Saales auf 60 Personen zur Kenntnis genommen wird.

Der brandschutztechnische Sachverständige gab in der mündlichen Verhandlung an, dass aufgrund dieser Änderung der Betriebsanlage in Bezug auf den Saal aus brandschutztechnischer Sicht das Auslangen gefunden werden kann, wenn die südseitige Ausgangstür mit einer lichten Weite von 90 cm in Fluchtrichtung aufschlagend eingerichtet wird. Die neue Fluchttüre ist mit einem Beschlag gemäß EN 179 auszustatten. Die Fluchtür in Richtung Norden ist bereits mit einem solchen Beschlag ausgestattet.

Anstelle der Auflage 1., mit der vorgeschrieben wird, dass in der Gaststube mit 30 Sitzplätzen die vorhandene Zugangstür in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten ist, kann den Interessen des Brandschutzes dadurch entsprochen werden, in dem die Türe in geöffnetem Zustand so arretiert wird, dass diese während der Betriebszeit nur vom Betreiber gelöst werden kann.

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates äußerte sich dahingehend, dass aufgrund der Erklärung des Betreibers die Personen im Saal auf höchstens 60 zu beschränken und der Gegebenheit, dass im Saal eine mechanische Abluftanlage vorhanden ist und die Fenster kippbar sind, auf die Auflage II. 5. verzichtet werden kann.

 

Der Berufungswerber nahm das Verhandlungsergebnis zur Kenntnis und gab an, mit den nunmehr neu formulierten drei Auflagen einverstanden zu sein.

Die Berufungsbehörde sieht keine Veranlassung, diese gutachterlichen Ausführungen des brandschutztechnischen Sachverständigen und des Vertreters des Arbeitsinspektorates in Zweifel zu ziehen. Diese haben die betreffenden Feststellungen nach Durchführung eines Lokalaugenscheines mit eingehender Besichtigung der Betriebsanlage getroffen. Beide verfügen nach Ansicht der Berufungsbehörde aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit zweifelsfrei über jene Kenntnisse, die ihnen eine umfassende und richtige Beurteilung der Gegebenheiten ermöglichen.

 

Somit steht für die Berufungsbehörde fest, dass bei der angezeigten Änderung der Betriebsanlage die nunmehr gültigen Maßnahmen ausreichen, um einen hinreichenden Schutz für das Leben und die Gesundheit der in der Betriebsanlage aufhältigen Personen zu gewährleisten.

Die vom brandschutztechnischen Sachverständigen bekannt gegebenen Vorkehrungen dienen dazu, dass den Gästen im Brandfall das rechtzeitige und sichere Verlassen der Betriebsanlage ermöglicht wird.

 

Die neu formulierten Auflagen II. 1. bis 3. stellen die für den Anlagenbetreiber mit dem geringsten Aufwand herstellbaren Maßnahmen zum Schutz der gefährdeten Interessen dar.

Der Kostenspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen. Der Berufungswerber hat demnach die Kosten für die Teilnahme eines Amtsorganes (Kommissionsgebühren) und eines nichtamtlichen Sachverständigen (Barauslagen) an der mündlichen Verhandlung am 19.07.2005 (Dauer drei halbe Stunden) zu tragen.

Schlagworte
Der, Berufungswerber, erklärte, dass, der, Saal, in, Hinkunft, für, die, Benützung, durch, maximal 60 Personen, beschränkt, wird, der Vertreter, des Arbeitsinspektorates, äußerte, sich, dahingehend, dass, aufgrund, der, Erklärung, der, Gegebenheit, dass, im Fall, eine, mechanische, Abluftanlage, vorhanden, ist, die, Fenster, kippbar, sind, auf, die Anlage II.5, verzichtet, werden, kann
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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