TE UVS Tirol 2005/09/13 2005/13/1658-1

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Veröffentlicht am 13.09.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufungen des Herrn T. O., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M. K., Dr. A. S., Mag. R. F., XY-Straße, Z. a. S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-51-2005, und gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-52-2005, wie folgt:

 

I.

zu uvs-2005/13/1658

(Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-51-2005)

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 51 VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.000,00 bei Uneinbringlichkeit vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 100, neu festgesetzt.

 

zu uvs-2005/13/1659

(Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-52-2005)

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 51 VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.000,00, bei Uneinbringlichkeit vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 100,00 neu festgesetzt.

Text

I. zu Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-51-2005 (uvs-2005/13/1658):

 

Mit diesem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

?Sie haben es als Zulassungsbesitzer des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY (Eigengewicht mehr als 3,5 t), unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Lienz auf ihr schriftliches Verlangen vom 03.03.2005, zugestellt durch Hinterlegung am 08.03.2005, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 4. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem mit diesem Sattelzugfahrzeug gefahren worden ist, zu übermitteln, obwohl Zulassungsbesitzer von Lastkraftwagen oder Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg Schaublätter 1 Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung, aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen sind.?

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 4 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00, Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage, sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.

 

II. zu Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 31.05.2005, Zl VG-52-2005 (uvs-2005/13/1659):

Mit diesem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben es als Zulassungsbesitzer des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY (Eigengewicht mehr als 3,5 t), unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Lienz auf ihr schriftliches Verlangen vom 02.03.2005, zugestellt durch Hinterlegung am 08.03.2005, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 5. Kalenderwoche 2005 (bis 05.02.2005, 23.50 Uhr) sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem mit diesem Sattelzugfahrzeug gefahren worden ist, zu übermitteln, obwohl Zulassungsbesitzer von Lastkraftwagen oder Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg Schaublätter 1 Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung, aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen sind.?

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 4 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00, Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage, sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.

 

Gegen diese beiden Straferkenntnisse brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter jeweils eine inhaltsgleiche Berufung ein.

Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass die ihm zur Last gelegten Tatvorwürfe unrichtig seien. Es sei der Berufungswerber mit Schreiben vom 02.03.2005 bzw 02.02.2005 als Zulassungsbesitzer aufgefordert worden, binnen zwei Wochen ab Übernahme des Schreibens sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 4. Kalenderwoche 2005 bzw 5. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem gefahren worden sei, der Behörde im Original zu übermitteln und zwar unabhängig davon, ob dieses Fahrzeug von einem oder mehreren Lenkern benutzt worden sei. Diese Aufforderungen vom 02.03.2005 bzw 03.03.2005 seien nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt worden, weil eine Vorlage im Original im Gesetz nicht vorgesehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mehrfach zu § 103 Abs 2 KFG ausgesprochen, dass wenn die Auskunft nicht dem Gesetz entsprechend verlangt worden sei, eine etwaige unrichtige Auskunft nicht strafbar sei. Eine Vorlage im Original sehe die gesetzliche Bestimmung nicht vor und sei daher die Aufforderung nicht dem Gesetz entsprechend durchgeführt worden. Es sei § 103 Abs 4 KFG für die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht mehr anwendbar. Diese Bestimmung sei durch Art 14 der Verordnung EWG 3821/85 des Rates vom 20.12.1995 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ersetzt worden. Die Verordnungen der Europäischen Union seien vorrangig heranzuziehen. Es hätte der Zulassungsbesitzer als Unternehmer gemäß Art 14 Abs 2 der oben zitierten Verordnung bestraft werden müssen. Mangels Konkretisierung des Tatortes ? es gehe aus dem angefochtenen Straferkenntnis nicht hervor, ob die Tat am Sitz des Unternehmens des Berufungswerbers oder am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Lienz begangen worden sei, bestehe dadurch die Gefahr der Doppelbestrafung. Der Berufungswerber sei bereits mit Straferkenntnis vom 12.05.2005 von der Bezirkshauptmannschaft Lienz dafür bestraft worden, dass er am 30.01.2005 um 15.20 Uhr auf der B100 Drautalstraße im Bereich des Strkm 127,6, Gemeindegebiet von Anras,

die Schaublätter für die 4. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der Vorwoche, an dem er gelenkt hat, diese auf Verlangen der Kontrollbeamten nicht vorlegen konnte. Ebenso sei er mit Straferkenntnis vom 12.05.2005 von der Bezirkshauptmannschaft Lienz dafür bestraft worden, dass er am 06.02.2005 um 07.05 Uhr auf der B100 Drautaler Straße im Bereich Strkm 133,4, Gemeindegebiet von Strassen, die Schaublätter für die 5. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der Vorwoche, an dem er gelenkt hat, diese auf Verlangen der Kontrollbeamten nicht vorlegen konnte. Beide Male wurde der Berufungswerber zu einer Geldstrafe von Euro 1.500,00 verurteilt. Im den gegenständlichen Fällen sei der Berufungswerber Zulassungsbesitzer und gleichzeitig Fahrer gewesen. Der Berufungswerber wurde im einen Fall durch die Beamten aufgefordert, die Schaublätter vorzulegen, welche er nicht vorlegen habe können. Im anderen Fall sei er nochmals schriftlich aufgefordert worden, die Schaublätter vorzulegen, was er ebenfalls verweigert habe. Der Berufungswerber könne oder wolle die gegenständlichen Urkunden nicht vorlegen und stelle  dies eine von einem einheitlichen Tatunwillen umfasste  Tathandlung dar und könne nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur als fortgesetztes Delikt gewertet werden. Der Berufungswerber habe sowohl als Fahrer, als auch als Unternehmer, nicht die Absicht ? aus welchen Gründen auch immer ? die  gegenständlichen, von den Gendarmeriebeamten oder von der Behörde verlangten Schaublätter diese vorzuweisen; es sei somit der einheitliche Tatentschluss gegeben und habe dies die einheitliche Bestrafung der Behörde zur Folge. Die gegenständlichen Verwaltungsstrafsachen würden daher gegen das Doppelbestrafungsverbot des Art 4 Abs 7 des 7. Zusatzprotokolls der Menschenrechtskonvention, BGBl 1988/128 verstoßen. Beide Delikte würden auf ein und die selbe Bestrafung einer Tat abzielen. Schließlich werde weder eine Frist zur Vorlage der Schaublätter bestimmt, wie in § 103 Abs 3 eindeutig angeordnet, sodass eine Setz ung einer Frist nicht dem Gesetz entspreche und aus diesem Grunde die Aufforderung zur Vorlage der Schaublätter nicht gesetzmäßig ausgeführt worden sei und daher auch nicht der  gesetzlichen Aufforderung nachgekommen werden müsse.

Darüber hinaus gehe nicht hervor, in welcher Form die Einsichtnahme von Statten gehen solle. Eine Übermittlung der Schaublätter werde nicht ausdrücklich gesetzlich normiert, es werde lediglich normiert, dass der Behörde auf Verlangen die Schaublätter zur Einsichtnahme vorzulegen seien. Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren beantragt.

 

Mit diesen ? jeweils inhaltsgleichen ? Berufungen wendet sich der Berufungswerber lediglich gegen die von der Erstbehörde vorgenommenen rechtlichen Beurteilungen, weshalb im Einklang mit § 51e Abs 3 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden konnte.

 

Auf Sachverhaltsebene ist folgendes festzuhalten:

Zu VG-51-2005 (uvs-2005/13/1658):

Am 30.01.2005 um 15.20 Uhr wurde der Berufungswerber mit dem auf ihn zugelassenen Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen XY, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger 3,5 t übersteigt, in der Gemeinde Anras auf der B100 bei Strkm 127,6 durch Beamte des Gendarmerieposten Mittewald/Drau angehalten und einer Fahrzeugkontrolle unterzogen. Im Zuge  dieser Kontrolle wurde der Berufungswerber ua aufgefordert, die Tachoschaublätter der laufenden Woche vorzulegen. Er gab jedoch diesbezüglich an, dass ?er diese nicht vorzeigen könne. Er sei immer viel zu lange gefahren. Wenn er sie vorzeige, zahle er Strafe und wenn er sie nicht vorzeige, werde er auch bestraft, so gesehen bleibe es gleich, wenn er sie nicht aushändige.?

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 03.03.2005, Zl VG-52-2005, wurde der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des oben genannten Sattelkraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs 4 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Übernahme dieses Schreibens sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 4. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem gefahren worden ist, der Behörde im Original zu übermitteln und zwar unabhängig davon, ob dieses Fahrzeug von einem oder mehreren Lenkern benutzt worden sei. Für den Fall, dass das Sattelkraftfahrzeug in der angesprochenen Woche nicht gefahren worden sei, wurde der Berufungswerber ? unter Hinweis auf die Konsequenzen einer Missachtung ? aufgefordert, das letzte und vorletzte benützte Schaublatt der Vorwoche der Behörde zu übermitteln.

 

Dieses Schreiben wurde dem Berufungswerber am 08.03.2005 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 30.03.2005, Zl VG-51-2005, wurde der Berufungswerber aufgefordert, sich zu rechtfertigen, da ihm zur Last gelegt worden ist, dass er es als Zulassungsbesitzer des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY (Eigengewicht mehr als 3,5 t) unterlassen habe, der Bezirkshauptmannschaft Lienz auf ihr schriftliches Verlangen vom 03.03.2005, zugestellt durch Hinterlegung am 08.03.2005, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 4. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem mit dem Sattelkraftfahrzeug gefahren worden ist, zu übermitteln, obwohl Zulassungsbesitzer von Lastkraftwagen oder Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg Schaublätter ein Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung, aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen haben. Er habe dadurch die Vorschrift des § 103 Abs 4 KFG verletzt.

 

In seiner Stellungnahme vom 23.05.2005 brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass er am 30.01.2005 gegen 15.20 Uhr durch die Gendarmeriebeamten GI B. vom GP M. und GI N. vom Gendarmerieposten O. aufgefordert worden sei, die Schaublätter der laufenden Woche vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen. Durch diese Aufforderung der Gendarmeriebeamten, die Schaublätter vorzulegen, sei das Recht gemäß § 103 Abs 4 KFG konsumiert worden, sodass eine nachfolgende schriftliche Aufforderung nicht mehr möglich sei. Es bestehe daher die Gefahr der Doppelbestrafung, weil er den Gendarmeriebeamten die Schaublätter nicht vorgelegt habe.

 

Sodann wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Seitens der Erstbehörde wurde parallel zum gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ein weiteres Verwaltungsstrafverfahren zu Aktenzahl VG-22-2005 geführt. Mit dem in diesem Verfahren ergangenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 12.05.2005, Zl VG-22-2005, wurde dem Berufungswerber spruchgemäß zur Last gelegt, er habe am 30.01.2005 um 15.20 Uhr auf der B100 Drautalstraße im Bereich des Strkm. 127,6, Gemeindegebiet von Anras, die Schaublätter für die 4. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der Vorwoche, an dem er gelenkt hat, diese auf Verlangen der Kontrollbeamten nicht vorlegen können, obwohl der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Schaublätter für die laufende Woche sowie im jeden Fall das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können müsse.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art 15 Abs 7 EG-VO 3821/85 begangen und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 verhängt. Auch gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben (uvs-2005/27/1546).

 

Zu VG-52-2005 (uvs-2005/13/1659):

Am 06.02.2005 gegen 07.05 Uhr wurde der Berufungswerber mit dem auf ihn zugelassenen Sattelkraftfahrzeug XY bzw XY, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger 3,5 t übersteigt, in der Gemeinde Strassen auf der B100 Drautalstraße im Bereich des Strkm 133,4 durch Beamte des Gendarmerieposten Sillian angehalten und einer Fahrzeugkontrolle unterzogen. Im Zuge dieser Kontrolle wurde der Berufungswerber ua aufgefordert, die Schaublätter der laufenden Woche und des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren sei, vorzulegen. Der Berufungswerber konnte nur das eingelegte Schaublatt vorlegen. Anlässlich seiner Anhaltung gab er an ?was solle er sagen, am Besten er sage überhaupt nichts?.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 02.03.2005, Zl VG-30-2005, wurde der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzers des oben genannten Sattelkraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs 4 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Übernahme dieses Schreibens sämtliche Schaublätter des Kontrollgeräte für die 5. Kalenderwoche 2005 (bis 05.02.2005, 23.50 Uhr) sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem gefahren worden ist, der Behörde im Original zu übermitteln und zwar unabhängig davon, ob dieses Fahrzeug von einem oder mehreren Lenkern benutzt worden sei. Für den Fall, dass das Sattelkraftfahrzeug in der angesprochenen Woche nicht gefahren worden sei, wurde der Berufungswerber ? unter Hinweis auf die Konsequenzen einer Missachtung ? aufgefordert, das letzt und vorletzte benützte Schaublatt der Vorwoche der Behörde zu übermitteln.

 

Dieses Schreiben wurde dem Berufungswerber am 08.03.2005 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 30.03.2005, Zl VG-52-2005, wurde der Berufungswerber aufgefordert, sich zu rechtfertigen, da ihm zur Last gelegt worden ist, dass er es als Zulassungsbesitzer des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY (Eigengewicht mehr als 3,5 t) unterlassen habe, der Bezirkshauptmannschaft Lienz auf ihr schriftliches Verlangen vom 02.03.2005, zugestellt durch Hinterlegung am 08.03.2005, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung sämtliche Schaublätter des Kontrollgerätes für die 5. Kalenderwoche 2005 (bis 05.02.2005, 23.50 Uhr) sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem mit diesem Sattelzugfahrzeug gefahren worden ist, zu übermitteln, obwohl Zulassungsbesitzer von Lastkraftwagen oder Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg Schaublätter ein Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung, aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen haben. Er habe dadurch die Vorschrift des § 103 Abs 4 KFG verletzt.

 

In seiner Stellungnahme vom 23.05.2005 brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass der Tatvorwurf gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoße. Ihm sei bereits zu VG-51-2005 vorgeworfen worden, er habe die Schaublätter der 4. Kalenderwoche (somit dem letzten Tag der vorangegangenen Woche der 5. Kalenderwoche) nicht vorgelegt. Da nunmehr die Gefahr bestehe, dass mit dem gegenständlichen Strafvorwurf das gleiche Delikt ? Nichtvorlage der Schaublätter für die 4. Kalenderwoche ? bestraft werde, leide der angefochtene Bescheid an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit. Darüber hinaus sei ihm auch als Lenker vorgeworfen worden, am 06.02.2005 die Schaublätter der laufenden Woche und dem letzten Tag der vorangegangenen Woche den Kontrollorganen auf deren Verlangen nicht vorgelegt habe. Aus den genannten Gründen werde durch die Aufforderung der Gendarmeriebeamten das Recht konsumiert und bestehe die Gefahr der Doppelbestrafung.

 

Sodann wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Festgehalten wird, dass der Berufungswerber mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 12.05.2005 zu VG-30-2005 dafür bestraft worden ist, dass er am 06.02.2005 um 07.05 Uhr auf der B100 Drautalstraße im Bereich des Strkm 133,4, Gemeindegebiet von Strassen, die Schaublätter für die 5. Kalenderwoche 2005 sowie für den letzten Tag der Vorwoche, an dem er gelenkt hat, diese auf Verlangen der Kontrollbeamten nicht vorlegen konnte, obwohl der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Schaublätter für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können muss. Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art 15 Abs 7 EWG-VO 3821/85 begangen und wurde er gemäß § 134 Abs 1 KFG zu einer Geldstrafe von Euro 1.500,00 verurteilt.

 

Auch gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (uvs-2005/27/1547).

 

Die Berufungsbehörde hat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs 4 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Lastkraftwagens oder Sattelzugfahrzeuges mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg oder eines Omnibusses dafür zu sorgen, dass der Fahrtschreiber und der Wegstreckenmesser für Fahrten betriebsbereit sind. Die Zulassungsbesitzer von Lastkraftwagen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg oder von Omnibussen haben dafür zu sorgen, dass vor Fahrten die Namen der Lenker, der Tag und der Ausgangspunkt oder die Kursnummern der Fahrten sowie am Beginn und am Ende der Fahrten der Stand des Wegstreckenmessers in entsprechender Weise in die Schaublätter des Fahrtschreibers eingetragen werden. Sie haben die Schaublätter ein Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung, aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen.

 

Gemäß Art 15 Abs 7 EG-VO Nr 3821/85 hat der Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 t die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, mitzuführen. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr sowie die mitgeführten Schaublätter auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Aufgrund der oben dargelegten Feststellungen ging die Erstbehörde zutreffend von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes durch den Berufungswerber aus.

 

Seitens des Berufungswerbers wird nicht bestritten, dass er der Aufforderung zur Vorlage der Schaublätter jeweils vom 30.03.2005 nicht entsprochen hat.

Strittig ist im gegenständlichen Fall die Frage, inwieweit die gegen den Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Lenker gerichtete Bestrafung im Zusammenhang mit der Nichtvorlage der Schaublätter (für die 4. bzw die 5. Kalenderwoche) anlässlich der Kontrolle am 30.01.2005 bzw 06.02.2005 einer Bestrafung des Berufungswerbers in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer wegen der Nichtvorlage der Schaublätter (für die 4. und 5. Kalenderwoche sowie für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem mit dem näher genannten Kraftfahrzeug gefahren wurde) entgegensteht.

 

Hat der Täter mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, so gilt im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 22 Abs 1 VStG - anders als im gerichtlichen Strafverfahren - das sog Kumulationsprinzip. Das bedeutet, dass für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind. Hiebei macht es keinen Unterschied, ob der Täter durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat - sei es solche gleicher oder verschiedener Art - (gleichartige oder ungleichartige Realkonkurrenz) oder durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz). Von unechter (scheinbarer) Idealkonkurrenz spricht man dann, wenn der Täter zwar nur eine deliktische Handlung begangen hat, die jedoch die Merkmale mehrerer Deliktstypen aufweist, wobei aber mit der Unterstellung unter einen Deliktstypus der Unrechtsgehalt voll erfasst wird (sog Fälle der Konsumtion, Spezialität und Subsidiarität). Eine weitere Ausnahme vom Kumulationsprinzip besteht bei einem fortgesetzten Delikt (vgl VwGH 25.5.1966 Slg 6932 A). Darunter ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu  einer Einheit zusammentreten (s VwGH 19.4.1979, 668, 669/78 uva); der Zusammenhang muss sich äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen.

 

Die Behörde ist berechtigt, im Falle des Zusammentreffens strafbarer Handlungen, für jede zur Last gelegte Verwaltungsübertretung einen gesonderten Bescheid zu erlassen (VwGH 11.3.1971, 1959/70, 10.11.1977, 2553, 2554/76).

 

Entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers wird mit der gegenständlichen Bestrafung nicht gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen, handelt es sich doch bei der Nichtbefolgung der Übermittlungspflicht der Schaublätter durch den Zulassungsbesitzer an die Behörde gemäß § 103 Abs 4 KFG einerseits, und einer Übertretung des Art 15 Abs 7 der Verordnung (EWG) 3821/85, bei welcher der Lenker eines Kraftfahrzeuges dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen vor Ort die Schaublätter nicht vorlegen kann, um verschiedene selbständige Taten, durch die mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden, für die nach § 22 Abs 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (vgl in diesem Sinn das hg Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl 96/02/0475, welches wegen der Ähnlichkeit des Regelungsinhaltes nach Ansicht der Berufungsbehörde auch auf § 103 Abs 4 KFG anzuwenden ist).

 

In diesem Zusammenhang darf etwa auch nicht übersehen werden, dass die Behörde berechtigt ist, Schaublätter in weit größerem Umfang vom Zulassungsbesitzer vorgelegt zu erhalten als das Kontrollorgan vom Lenker, unabhängig davon, ob die Schaublätter bereits vom Lenker vorgelegt wurden oder nicht. Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber am 06.02.2005 als Lenker lediglich das eingelegte Schaublatt einem Kontrollorgan ausgehändigt. Die Bezirkshauptmannschaft Lienz war jedoch berechtigt, vom Berufungswerber als Zulassungsbesitzer nicht nur die von ihm am 30.01.2005 und am 06.02.2005 nicht vorgewiesenen Schaublätter, sondern darüber hinaus auch weitere zu verlangen.

 

Die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliegt, wird auch durch die Rechtsprechung des VwGH zum Gefahrengutrecht gestützt. Demnach liegt im Falle der Missachtung von § 6 GGBG keine unzulässige Doppelbestrafung vor, wenn ? bei bestehender Personenidentität ? der Täter sowohl als Beförderer als auch als Zulassungsbesitzer bestraft wird (vlg Erk vom 28.04.2004, Zl 2001/03/0429, ua  vom 15.11.2001, Zl 2000/03/0143).

 

Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungswerbers besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, der Unwert des einen Delikts sei von der Strafdrohung bezüglich des anderen Delikts mitumfasst. Vielmehr handelt es sich um Delikte, die einen Verstoß gegen unterschiedliche Verhaltensanforderungen einerseits an den Lenker eines Kraftfahrzeuges und andererseits an den Zulassungsbesitzer zum Inhalt haben. Der Berufungswerber hat jeweils mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, sodass die dafür vorgesehenen Strafen gem § 22 VStG zu kumulieren sind.

 

Nach § 134 Abs 1 KFG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 2.180.00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, dem Art 5 bis 9 der Verordnung EWG Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L370 vom 31.12.1985, S1, sowie der Verordnung EWG Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl L370 vom 31.12.1985, S8, geändert durch Verordnung EWG Nr 3527/90, ABl L535 vom 17.12.1990, S12, zuwider handelt.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der Übertretung nach § 103 Abs 4 KFG ist als erheblich anzusehen, da die Übermittlung der Schaublätter an die Behörde den Zweck verfolgt, nachträgliche Kontrollen bezüglich der Einhaltung verschiedener Bestimmungen (Arbeitszeitgesetz, Arbeitsruhegesetz, EWG-Verordnung 3820/85 uva) durchführen zu können. Eine derartige Überprüfung erschien im gegenständlichen Fall in besonderer Weise angezeigt, zumal der Berufungswerber im Zuge der Kontrolle am 30.01.2005 und 06.02.2005 als Lenker nicht alle Schaublätter der laufenden Woche vorlegen konnte und diesbezüglich eine fragwürdige und jedenfalls überprüfungswürdige Rechtfertigung abgab.

 

Als Verschuldensgrad ist von Vorsatz auszugehen. Der Berufungswerber blieb bis zuletzt die Vorlage von Schaublättern für den fraglichen Zeitraum schuldig. Mildernd war nichts, erschwerend waren die zahlreichen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zu werten. Allein aus dem Strafvormerk der Bezirkshauptmannschaft Lienz ergeben sich drei rechtskräftige Bestrafungen wegen Verstößen gegen § 103 Abs 4 KFG und zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen Art 15 Abs 7 VO (EWG) 3821/85.

 

Unter Bedachtnahme auf die obgenannten Strafzumessungskriterien und unter Berücksichtigung des im gegenständlichen Fall zur Verfügung stehenden Strafrahmens (gemäß § 134 Abs 1 KFG Geldstrafen bis zu Euro 2.180.00), erweist sich die Bemessung der Geldstrafen in Höhe von jeweils Euro 1.500,00 als etwas zu hoch bemessen.

 

Es waren daher die Geldstrafen von jeweils Euro 1.500,00 auf jeweils Euro 1.000,00 herabzusetzen. Die Verhängung der Geldstrafen in dieser Höhe ist schuld- und tatangemessen und auch aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um den Berufungswerber künftig von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Die, Ansicht, dass, im, gegenständlichen, Fall, kein, Verstoß, gegemn, das, Doppelbestrafungsverbot, vorliegt, wird, auch, durch, die, Rechtsprechung, des, VwGH, zum, Gefahrengutrecht, gestützt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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