TE UVS Burgenland 2005/11/09 003/10/05094

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Veröffentlicht am 09.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch die Kammervorsitzende Mag Obrist und die Mitglieder Mag Latzenhofer und Mag Eder über die Berufung der Frau ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vom 26 09 2005 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 07 09 2005, Zl 5-V-A6557/6-2005, wegen Abweisung eines Antrages nach dem Kraftfahrgesetz 1967 - KFG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "auf einem Kraftfahrzeug" durch die Wortfolge "auf dem Kraftfahrzeug PKW Nissan Almera mit dem Kennzeichen **-SEX69" ersetzt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Burgenland den Antrag der Berufungswerberin vom 01 04 2005 auf Bewilligung der Anbringung einer Warnleuchte mit blauem Licht auf einem Kraftfahrzeug gemäß § 20 Abs 4 und Abs 5 lit i KFG ab. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass bei der Bewilligung von Blaulicht zur Vermeidung einer Reizüberflutung der Kraftfahrer grundsätzlich restriktiv vorzugehen wäre. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Erhaltung der Wirksamkeit dieser Warnvorrichtung im Straßenverkehr und zur Vermeidung der Gefahr von Beispielsfolgerungen, insbesondere bei Fahrzeugen, die zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst oder für den Rettungsdienst bestimmt sind, sei eine Bewilligung nur nach Anlegen strengster Maßstäbe zulässig. Da Hebammen nicht in die Aufzählung des § 20 Abs 1 KFG aufgenommen wurden, sei der Wille des Gesetzgebers erkennbar, dass Hebammen nicht grundsätzlich Blaulicht verwenden dürfen. Durch Anführen der Hebammen im Abs 5 des § 20 KFG habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Verwendung von Blaulicht durch sie die Ausnahme, nicht aber die Regel sein solle. Es lägen die zur Bewilligung erforderlichen Voraussetzungen hier nicht vor. Ein öffentliches Interesse zur Verwendung des Blaulichtes im Sinne des § 20 Abs 5 KFG sei nicht gegeben, weil dieses nur darin bestehen könne, dass sowohl der Mutter als auch dem Kind im Falle des Auftretens von Komplikationen bei der Geburt unverzüglich die notwendige Hilfe geleistet werde. Da aber in § 6 Abs 3 Hebammengesetz (HebG) einer Hebamme ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt werde, bei allen in § 4 HebG näher definierten regelwidrigen und gefahrdrohenden Zuständen während der Geburt für die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe zu sorgen, schloss sich die erstinstanzliche Behörde der Ansicht des amtsärztlichen Sachverständigen an, wonach die ärztliche Hilfe in der nächstgelegenen Fachabteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe eines Krankenhauses geleistet werden sollte. Die meisten Orte des Südb

urgenlandes, wo die Berufungswerberin praktiziere, und auch jene der angrenzenden Bundesländer Steiermark und Niederösterreich würden vom Standort der Bewilligungswerberin weiter entfernt liegen als das nächstgelegene Krankenhaus mit einer derartigen Fachabteilung sowie des nächstgelegenen Standortes eines Rettungsdienstes. Weiters liege es nicht im öffentlichen, sondern ausschließlich im privaten Interesse, wenn eine Hebamme jenes Gebiet, in dem sie Hausgeburten (unter Berücksichtigung der Anfahrzeit) betreuen könne, erweitern möchte. Darüber hinaus schloss sich die erstinstanzliche Behörde der Ansicht des verkehrstechnischen Amtssachverständigen an, wonach eine Erteilung der beantragten Bewilligung ein Schritt in Richtung inflationärer Verwendung von Warnleuchten mit blauem Licht wäre und deshalb vom Standpunkt der Verkehrssicherheit abzulehnen wäre.

 

In ihrer rechtzeitig eingebrachten Berufung äußerte die Berufungswerberin die Ansicht, dass die erstinstanzliche Behörde sich nicht an sachlichen Kriterien orientiert, sondern Willkür geübt hätte. Die Stellungnahme des amtsärztlichen Sachverständigen sei nicht nachvollziehbar, weil in dieser ausschließlich davon ausgegangen werde, dass eine Geburt in einem Krankenhaus stattfinden müsse. Dies stelle nach Ansicht der Berufungswerberin einen Verstoß gegen das Prinzip der Privatautonomie dar, weil es in Österreich jeder Frau freistehe, zu Hause oder in einem Krankenhaus zu gebären. Für den Fall, dass eine schwangere Frau zu Hause gebären möchte und nicht in einem Krankenhaus entbunden werden wolle, habe sie die freie Wahl sich für eine Betreuung durch eine freipraktizierende Hebamme zu entscheiden. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass Geburten nur in Spitälern erfolgen sollten, hätte es einer detaillierten Regelung im Hebammengesetz ebenso wenig bedurft, wie der Möglichkeit der Bewilligung von Blaulicht für Hebammen. Der Einsatz von Blaulicht sei ohnehin nur in dringenden Notfällen erforderlich. Es erscheine daher problematisch, wenn nicht polemisch, wenn im Bescheid angeführt werde, dass die Berufungswerberin das Blaulicht benötigen würde, um notwendigerweise nicht zu spät zu kommen. Die Begründung des Bescheides sei hinsichtlich des öffentlichen Interesses weder richtig noch nachvollziehbar. Die erstinstanzliche Behörde gehe nur davon aus, dass eine Geburt in einem Krankenhaus erfolgen könne. Es könne allerdings sehr wohl im öffentlichen Interesse sein, einer Gebärenden rasch die benötigte Hilfe auch zu Hause angedeihen zu lassen und damit die finanziellen und materiellen Ressourcen des Landes bzw des Sozialversicherungsträgers zu schonen. Ebenso müsse es im Interesse des Landes sein, seine Landesbürger mit medizinischem Service, egal ob öffentlicher oder privater Natur, bestmöglich zu versorgen. Die Anmerkung der erstinstanzlichen Behörde, es könne nicht im öffentlichen Interesse sein, dass eine Hebamme vom Südbur

genland mit Blaulicht zu einer Geburt nach Wien fahre, widerspreche jeder sachlichen Beweiswürdigung und stelle eine willkürliche Sachverhaltsauslegung durch die erstinstanzliche Behörde dar. Die Berufungswerberin sei ihres Wissens nach die einzige freipraktizierende Hebamme im gesamten Mittel- und Südburgenland sowie der angrenzenden Steiermark, die alle Voraussetzungen erfülle und Hausgeburten anbiete. Weiters sei die Begründung des Verkehrsreferenten (gemeint offensichtlich: des verkehrstechnischen Sachverständigen) nicht nachvollziehbar, wenn dieser einerseits von einem Einzugsgebiet mit höchster Verkehrsbelastung ebenso spreche, wie von voraussichtlich geringen Einsätzen zur Durchführung von Hebammendiensten und andererseits auf die inflationäre Vergabe von Blaulichtgenehmigungen hinweise. Gerade in einem Gebiet mit höchster Verkehrsbelastung erscheine die Nutzung von Blaulicht in Notfällen erforderlich, um in dringenden Fällen die dringend benötigte Hebammenhilfe überhaupt leisten zu können. Im Übrigen sei der Hinweis der erstinstanzlichen Behörde, dass nicht alle der in § 20 Abs 5 lit e KFG geforderten Voraussetzungen vorliegen würden, unrichtig, weil diese Bestimmung nur für Ärzte gelte, hingegen für Hebammen richtigerweise § 20 Abs 5 lit i KFG anzuwenden wäre. Deswegen weise der Bescheid ebenfalls einen sehr schwerwiegenden Fehler auf.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:

 

Mit Anbringen vom 01 04 2005, welches noch am selben Tag per E-Mail bei der erstinstanzlichen Behörde einlangte, stellte die Berufungswerberin einen Antrag auf Genehmigung "für die Verwendung eines Blaulichtes" auf ihrem PKW Nissan Almera mit dem polizeilichen Kennzeichen **-SEX69. Ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zum Anbringen eines Tonfolgehornes (§ 22 Abs 4 KFG) stellt sie nicht.

 

Sie sei freiberufliche Hebamme mit Hauptberufssitz (und Hauptwohnsitz) in *** und benötige das "Blaulicht" wegen dringender Geburtshilfeleistungen bei Hausgeburten im Umkreis von 110 km ihrer Ordination (mit Gültigkeit bis und auch in der Stadt Wien), um notwendigerweise nicht zu spät zu kommen. Über Aufforderung der erstinstanzlichen Behörde gab sie per E-Mail am 12 04 2005 ergänzend bekannt, dass sie ihre Ordination in *** erst im Mai 2004 eröffnet habe. Ihre bis zur Zeit dieser Bekanntgabe bereits erfolgten Hausgeburtsbetreuungen, die aber aus medizinischen Gründen abgebrochen hatten werden müssen, seien am 07 09 2004 in G*** und 22 01 2005 in S*** erfolgt. Weitere am 12 04 2005 bekannte gewünschte und abgelehnte Hausgeburten seien im November 2004 in S**, im Dezember 2004 in W** und im Mai 2005 in N*** und G*** geplant gewesen. Für Juni 2005 sei eine Hausgeburt in V** und eine in Ungarn angemeldet. Darüber hinaus seien Betreuungen sowie eventuelle Geburtsbegleitungen für April 2005 in O**, Mai 2005 in P**, O** und L*** sowie im Juni 2005 in W*** und S*** angemeldet.

 

Mit Schreiben vom 20 07 2005 erstattete das Amt der Bgld Landesregierung, Abteilung 8 - Straßen-, Maschinen- und Hochbau, Referat Verkehrswesen, eine verkehrstechnische Stellungnahme zum Antrag der Berufungswerberin. Darin wurde nach Wiedergabe der näheren zahlenmäßigen Verkehrsbelastung der Straßen B 63 im Bezirk Oberwart und B 57 im Bezirk Güssing ausgeführt, dass beim gegenständlichen örtlichen Tätigkeitsbereich der Berufungswerberin von einem verkehrsreichen Gebiet gesprochen werden könne. Jedoch werde darauf hingewiesen, dass selbst bei Fahrzeugen, die für den Rettungsdienst bestimmt seien, abgesehen von den innerhalb des Einsatzgebietes herrschenden Verkehrsverhältnissen (Verkehrsdichte) auch die Art der Rettungseinsätze und deren voraussichtliche Häufigkeit zu prüfen seien. Analog zu diesen zitierten Bewilligungsvoraussetzungen von Warnvorrichtungen für Rettungsfahrzeuge wäre daher im Falle eines Fahrzeuges, welches für Hebammendienste eingesetzt werde, jedenfalls anzuzweifeln, ob grundsätzlich von einer gewissen "Einsatzhäufigkeit" und damit überhaupt von einer quantifizierbaren Wahrscheinlichkeit des Eintreffens von derartigen Diensten zu Zeiten des Spitzenverkehrsaufkommens gesprochen werden könne. Aus verkehrstechnischer Sicht sei dazu festzuhalten, dass sich diese Einsätze zu Verkehrsspitzenzeiten wohl auf Einzelfälle beschränken dürften. Es bestehe allerdings die Gefahr von Beispielsfolgerungen. Es würde ein weiterer Schritt in Richtung inflationärer Verwendung von Warnleuchten mit blauem Licht gesetzt werden. Der möglichst zu wahrende Informationsgehalt im Sinne eines außergewöhnlichen spektakulären Ereignisses, welches für die übrigen Verkehrsteilnehmer die Aufforderung zu einem im Sinne der StVO besonderen Verhaltens darstelle, ginge verloren. Im Umkehrschluss lasse sich folgern, dass gerade die Erhaltung der Überschwelligkeit dieser Informationen nicht nur für die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit, sondern auch zur Wahrung der gebotenen größtmöglichen Effizienz eines Exekutiv- bzw Rettung seinsatzes im jeweiligen Ereignisfall von größter Bedeutung sei.

 

Das Amt der Bgld Landesregierung, Abteilung 6 - Soziales, Gesundheit, Familie und Sport, Hauptreferat Gesundheit, Familie und Sport, teilte in ihrer amtsärztlichen Stellungnahme vom 07 06 2005 mit, dass Bedenken gegen die Bewilligung des gegenständlichen Antrages bestünden. Grundsätzlich sei durch fachärztliche Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen festzustellen, ob eine Hausgeburt, geleitet durch eine freipraktizierende Hebamme ohne ärztliche Hilfe, überhaupt medizinisch vertretbar sei. Seien Komplikationen für Mutter und Kind (= Risikoschwangerschaft) zu erwarten, wäre eine Geburt in einer Fachabteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Spital zu planen. Komme eine Geburt ohne vorhersehbares Risiko zu rasch in Gang, sei die Schwangere mit der Rettung in das nächste Krankenhaus zu bringen, das über eine Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe verfüge. Im Burgenland gäbe es in den Krankenanstalten Eisenstadt, Oberpullendorf, Oberwart und Güssing derartige Abteilungen. Lediglich um es einer freipraktizierenden Hebamme zu ermöglichen, vielleicht doch noch rasch (zB nach Wien) zu einer geplanten Hausgeburt zu Recht zu kommen, sei die Einrichtung eines Blaulichtes sowie eines Folgetonhorns (gemeint offensichtlich: Tonfolgehornes) wohl nicht vorgesehen.

 

Am 05 09 2005 langte bei der erstinstanzlichen Behörde das Schreiben des Österreichischen Hebammengremiums Burgenland vom 31 08 2005 ein, wonach das Ansuchen der Berufungswerberin - allerdings ohne nähere Begründung - befürwortet wurde. In diesem Schreiben wurde lediglich auf diesbezüglich positiv entschiedene (aber nicht näher angeführte) Präzedenzfälle in den Bundesländern Burgenland, Wien, Kärnten und Vorarlberg hingewiesen.

 

§ 20 Abs 4 und Abs 5 KFG lauten:

 

§ 20 KFG:

"(3) [...].

(4) Andere als die im § 14 Abs 1 bis 7, in den §§ 15 und 17 bis 19 und in den Abs 1 bis 3 angeführten Schweinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder andere Lichtfarben dürfen nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes an Kraftfahrzeugen und Anhängern angebracht werden und nur, wenn der Antragsteller hiefür einen dringenden beruflichen oder wirtschaftlichen Bedarf glaubhaft macht. Diese Bewilligung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs 5 bis 7 zu erteilen, wenn die Verkehrs- und Betriebssicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird und wenn nicht zu erwarten ist, dass andere Verkehrsteilnehmer durch diese Leuchten und Lichtfarben abgelenkt oder getäuscht werden können, wie insbesondere bei beleuchteten Werbeflächen oder Leuchten, die so geschaltet sind, dass der Eindruck bewegter Lichter entsteht.

(5) Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht dürfen bei nicht unter Abs 1 lit d fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

a)

ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,

b)

für den öffentlichen Hilfsdienst,

c)

für den Rettungsdienst,

d)

für den ärztlichen Bereitschaftsdienst  von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern,

 e) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit d zur Verfügung stehen; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Ärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen oder

 f) für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind,

 g) für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen,

 h) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden, oder

 i) für freipraktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt.

In den Fällen der lit d und lit h ergeht die Bewilligung an die Institution oder Krankenanstalt, die den Bereitschaftsdienst organisiert. Die Bewilligung erstreckt sich auf ein oder mehrere Fahrzeuge dieser Institutionen oder auf die jeweils von der Institution namhaft gemachten Fahrzeuge der Bereitschaftsdienst versehenden Ärzte. Die Warnleuchten mit blauem Licht dürfen jeweils nur an dem Fahrzeug angebracht werden, das tatsächlich für einen bestimmten Bereitschaftsdienst eingesetzt wird und nur auf die Dauer des Bereitschaftsdienstes und nur während der Verwendung dieses Fahrzeuges für Einsatzfahrten.

(6) [...]."

 

 

Die Bestimmung des § 20 Abs 5 lit i KFG geht auf die 21 KFG-Novelle (BGBl I Nr 80/2002) zurück. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur 21 KFG-Novelle (1032 dB, XXI GP) wird dazu lediglich angemerkt, dass auch für freipraktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, es sich als notwendig erweisen könne, dass die Verwendung von Blaulicht zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt benötigt werde. Im Ausschussbericht zu dieser Regierungsvorlage (1081 dB, XXI GP) wird zur Bestimmung des § 20 Abs 5 lit i KFG lediglich darauf hingewiesen, dass der Antrag 550/A als miterledigt anzusehen sei, wobei im Ausschussbericht die Begründung dieses Antrages wörtlich wiedergegeben wurde. Mit Initiativantrag (550/A, XXI GP) schlugen mehrere Nationalratsabgeordnete vor, in Abs 5 des § 20 KFG einen weiteren Tatbestand mit folgendem Wortlaut einzufügen: "für die Leistung dringender Hilfe durch Hebammen in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit d zur Verfügung stehen."

 

In der auch im Ausschussbericht (1081 dB, XXI GP) wiedergegebenen Begründung des Initiativantrages, der laut Ausschussbericht als miterledigt anzusehen war, wird Folgendes ausgeführt:

 

"Der § 20 Kraftfahrgesetz 1967 regelt, unter welchen Voraussetzungen Warnleuchten mit blauem Licht verwendet werden dürfen. Diese Bestimmung ist sehr detailliert und führt zu dem unverständlichen Ergebnis, dass beispielsweise Tierärzte derartige Warnleuchten für den Notfall anbringen dürfen, nicht jedoch Hebammen. In Salzburg wurde einem derartigen Antrag einer Hebamme durch den Landeshauptmann daher keine Folge gegeben.

 

Die Zahl der Hausgeburten in Österreich ist zunehmend. Der Beruf der Hebamme bekommt dadurch immer mehr an Bedeutung. Für zahlreiche Hebammen ist für die Ausübung ihres Berufes ein Auto notwendig, da sie rasch zu den Geburten vor Ort kommen müssen. Alleine aus Sicherheitsgründen für die Hebammen, anderer Verkehrsteilnehmer und der werdenden Mütter wäre es notwendig, dass auch dieser Berufsgruppe des Gesundheitswesens die Verwendung des Blaulichts im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit gestattet wird.

 

Laut § 20 Abs 5 KFG dürfen Warnleuchten mit blauem Licht an Fahrzeugen bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Eine Voraussetzung, die bei der Tätigkeit von Hebammen wohl voll erfüllt ist.

 

Die Verwendung von Blaulicht im Straßenverkehr gilt nicht als "Erkennungsmerkmal" für bestimmte Berufsgruppen, sondern dient ausschließlich der Erhöhung der Sicherheit und zur raschen Hilfe von Menschen."

 

Aus diesem Gesetzgebungsprozess sowie dem letztlich beschlossenen Gesetzestext des § 20 Abs 5 lit i KFG ergibt sich nun, dass im Falle der Hebammen - anders als im Falle der Ärzte nach § 20 Abs 5 lit e KFG - es nicht Voraussetzung für die Genehmigung der Verwendung einer Warnleuchte mit blauem Licht ist, dass es sich um verkehrsreiche Gebiete handeln muss, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß § 20 Abs 5 lit d KFG zur Verfügung steht. Die diesbezüglichen von der erstinstanzlichen Behörde getätigten Ausführungen über die Verkehrsdichte sowie der Möglichkeit des Einsatzes von ärztlicher Hilfe oder von Interventionen von Rettungsdiensten sind daher völlig verfehlt. § 3 Abs 1 HebG sieht ausdrücklich und vorbehaltlos vor, dass jede Schwangere zur Geburt und zur Versorgung des Kindes eine Hebamme beizuziehen hat. Ist die Beiziehung einer Hebamme bei der Geburt selbst nicht möglich, so hat die Wöchnerin gemäß § 3 Abs 2 HebG jedenfalls zu ihrer weiteren Pflege und der Pflege des Säuglings unverzüglich eine Hebamme beizuziehen. Lediglich bei Verdacht  oder Auftreten von für die Frau oder das Kind regelwidrigen und gefahrdrohenden Zuständen während der Schwangerschaft, der Geburt oder des Wochenbetts darf die Hebamme ihren Beruf nur nach ärztlicher Anordnung und in Zusammenarbeit mit einem Arzt ausüben (§ 4 Abs 1 HebG). Wann regelwidrige und gefahrdrohende Zustände vorliegen, wird in den Abs 2 bis 4 des § 4 HebG näher ausgeführt.

 

Es liegt nun aber in der Natur des (weiblichen) Menschen (und bedarf keines weiteren Nachweises, weil dies den Mitgliedern der erkennenden Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland als offenkundige Tatsache bekannt ist), dass Geburten unterschiedlich rasch verlaufen und sich deren Anzeichen bei Frauen unterschiedlich rasch einstellen. Eine plötzlich beginnende Geburt ist aber in der Aufzählung des § 4 Abs 3 HebG nicht als regelwidriger und gefahrdrohender Zustand angeführt. In dieser Bestimmung ist lediglich die Frühgeburt (andere Fälle scheiden von vornherein in diesem Kontext aus) als solcher Zustand definiert (§ 4 Abs 3 Z 9 zweiter Fall HebG). Eine plötzlich beginnende Geburt muss aber nicht zwingend eine Frühgeburt darstellen, weil solche plötzlich beginnenden Geburten auch nach dem errechneten Geburtstermin stattfinden können.

 

Zwar wird es im Falle einer plötzlich beginnenden Geburt nicht zulässig sein, dass eine Hebamme es unter Verwenden von Warnleuchten mit blauem Licht in Kauf nimmt, eine länger andauernde Anfahrt durchzuführen, während anderwärtige Hilfe (zB durch einen schneller vor Ort eintreffenden Ärztenotdienst oder Rettungsdienst) rascher gewährt werden könnte. Es kann aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass Fälle denkbar sind, in denen eine Hebamme unter Verwenden von Blaulicht rasch zum Ort der Geburt gelangen muss (wie etwa, wenn sie sich bereits auf dem Weg zu einer Geburt befindet und mittels Mobiltelefon von Umständen verständigt wird, die ihrer Meinung nach es erfordern, so rasch als möglich beim Geburtsort einzutreffen, weil die Geburt unmittelbar bevorstehe, sie aber bereits näher zum Geburtsort ist, als sonstige Hilfe dort eintreffen könnte), wobei darauf hinzuweisen ist, dass nach § 3 Abs 1 HebG die Pflicht einer Schwangeren besteht, zur Geburt eine Hebamme beizuziehen. Dieser Pflicht der Schwangeren entspricht die Verpflichtung einer Hebamme, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben (§ 6 Abs 1 HebG). Diese Verpflichtung hat nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland auch zum Inhalt, so rasch als möglich einer Schwangeren bei der Geburt beizustehen.

 

Sofern die erstinstanzliche Behörde das Bestehen des öffentlichen Interesses im Sinne des § 20 Abs 5 KFG deswegen verneinte, weil im Falle des Auftretens von Komplikationen bei der Geburt für Mutter und Kind unverzüglich die notwendige Hilfe in Form von ärztlicher Hilfe geleistet werden müsse, ist ihr daher nicht beizupflichten. Der letztgenannte Umstand ist zwar für sich genommen richtig, jedoch sind durchaus Fälle denkbar, die ein rasches Eintreffen der Hebamme am Geburtsort erforderlich machen, die aber keine "Komplikationen" im Sinne von regelwidrigen oder gefahrdrohenden Zuständen nach § 4 HebG darstellen. Aus dem bereits näher bezeichneten Ausschussbericht geht nämlich zweifelsfrei hervor, dass nach Ansicht des Gesetzgebers grundsätzlich die Verwendung von Warnleuchten mit blauem Licht an von Hebammen verwendeten Fahrzeugen infolge ihrer Tätigkeit im öffentlichen Interesse liegen wird.

 

Allerdings ist der erstinstanzlichen Behörde zuzustimmen, wenn sie bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses und unter dem weiteren in § 20 Abs 5 KFG angeführten Gesichtspunkt, dass keine Bedenken vom Standpunkt der Verkehrssicherheit bestehen dürfen, ausführt, dass die Bewilligungen von Warnleuchten mit blauem Licht, unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der Effizienz dieser Warneinrichtung und daher nicht zuletzt auch der zu berücksichtigenden Verkehrssicherheit restriktiv zu handhaben sind (vgl dazu auch VwGH v 21 05 1996, 96/11/0049). Der Gesetzgeber ordnete in § 20 Abs 5 KFG ausdrücklich an, dass Warnleuchten mit blauem Licht (bei nicht unter Abs 1 lit d des § 20 KFG fallenden Fahrzeugen) unter anderem nur dann bewilligt werden dürfen, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen. Darüber hinaus wurde ausdrücklich festgelegt, dass nur für Fahrzeuge, die für ganz bestimmte, näher im Gesetz aufgezählte Verwendungen bestimmt sind, die Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht bewilligt werden darf. Die Bewilligung eines Blaulichtes steht in untrennbaren Zusammenhang mit dem Fahrzeug, für welches es beantragt wurde, auf dem es also angebracht werden soll. Weiters wurde in § 20 Abs 6 KFG ausdrücklich vorgesehen, dass Bewilligungen nach § 20 Abs 5 KFG unter entsprechenden Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen sind. Außerdem kann die Führung entsprechender Aufzeichnungen über die Verwendung des Blaulichtes angeordnet werden.

 

Aus diesen Regelungen ist in ihrer Zusammenschau zweifelsfrei erkennbar, dass der Gesetzgeber die Genehmigung der Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht auf bestimmten Fahrzeugen an zahlreiche, durchaus nicht immer leicht zu erbringende Voraussetzungen gebunden hat. Grund dafür ist die Aufrechterhaltung einer möglichst großen Wirksamkeit, sohin der Effizienz dieser Warneinrichtung. Die Verwendung von "Blaulicht" entbindet von der Einhaltung zahlreicher Verkehrsvorschriften und hat darüber hinaus zur Folge, dass sich andere Verkehrsteilnehmer in bestimmter (in den Verkehrsvorschriften, insbesondere der StVO, näher festgesetzter) Weise gegenüber dem Einsatzfahrzeug verhalten müssen. Dies bedeutet aber auch, dass sie das von ihnen erblickte "Blaulicht" entsprechend seiner Funktion wahrnehmen und in seiner Ernsthaftigkeit begreifen können müssen. Es liegt weder im öffentlichen Interesse noch kann es vom Standpunkt der Verkehrssicherheit als bedenkenlos bezeichnet werden, wenn Warnleuchten mit blauem Licht von anderen Verkehrsteilnehmern als nicht ernsthaft oder sogar als möglicherweise nicht rechtmäßig geführt angesehen werden könnten. Dies hätte nämlich zur Folge, dass andere Verkehrsteilnehmer die Verwendung des "Blaulichtes" nicht beachten und sich nicht der Funktion des "Blaulichtes" im Straßenverkehr entsprechend verhalten könnten.

 

Genau diese Befürchtung liegt allerdings im gegenständlichen Fall vor. Die Berufungswerberin beantragte, ihr die Genehmigung für die Verwendung einer Warnleuchte mit blauem Licht auf ihrem PKW Nissan Almera mit dem Kennzeichen **-SEX69 zu bewilligen. Dabei handelte es sich zweifelsfrei um ein Kennzeichen nach eigener Wahl (sog "Wunschkennzeichen") im Sinne des § 48a KFG. Ungeachtet dessen, ob dieses Kennzeichen gemäß § 48a Abs 2 lit d KFG überhaupt hätte bewilligt werden dürfen, liegt es keinesfalls im öffentlichen Interesse, der Berufungswerberin die Verwendung einer Warnleuchte mit blauem Licht für einen PKW, der ein derartiges Kennzeichen trägt, zu bewilligen. Das am Kraftfahrzeug der Berufungswerberin geführte Kennzeichen, deren Buchstaben- und Zahlenkombination "SEX69" in der Buchstabenkombination auf den Geschlechtsakt sowie mit der damit in untrennbarem Kontext stehenden Zahlenkombination "69" auf eine allgemein bekannte Form einer Sexualpraktik hinweist, steht offensichtlich im Zusammenhang mit der aus dem Briefkopf ihrer Schreiben ersichtlichen (weiteren) Tätigkeit als diplomierte Sexualpädagogin. Die von ihr verwendete Zeichenkombination des Kraftfahrzeugkennzeichens dient somit entweder Werbezwecken oder der Befriedigung des persönlichen Wunsches der Berufungswerberin.

 

Dieses Kennzeichen ist aber im Hinblick auf die Wahrnehmung durch andere Verkehrsteilnehmer und deren mögliches Verständnis der Zeichen- und Ziffernkombination geeignet, die Ernsthaftigkeit und die Zulässigkeit des rechtmäßigen Führens des "Blaulichtes" bei anderen Verkehrsteilnehmern in Frage zu stellen. Wird nun die Ernsthaftigkeit und die Zulässigkeit der Verwendung des "Blaulichtes" von anderen Verkehrsteilnehmern in Frage gestellt, ist nicht gewährleistet, dass diese sich so verhalten werden, wie es gegenüber Einsatzfahrzeugen gefordert ist. Wenn aber aufgrund der äußeren Verhältnisse die Zulässigkeit des Führens und des Verwendens eines "Blaulichtes" von anderen Verkehrsteilnehmern in Frage gestellt werden könnte, liegt es nicht im öffentlichen Interesse, eine Bewilligung für die Verwendung eines "Blaulichtes" zu erteilen, weil das Vertrauen in die Zulässigkeit der Verwendung einer Warnleuchte mit blauem Licht und in die Zuverlässigkeit dieser Signal- und Warneinrichtung jedenfalls aufrechterhalten werden muss.

 

Darüber hinaus entstehen in einem derartigen Fall auch Bedenken vom Standpunkt der Verkehrssicherheit aus, weil andere Verkehrsteilnehmer, wenn sie die Zulässigkeit des Verwendens eines Blaulichtes in Frage stellen, möglicherweise auch den entsprechenden straßenpolizeilichen Vorschriften für das Verhalten gegenüber Einsatzfahrzeugen nicht nachkommen würden. Da Einsatzfahrzeuge an bestimmte straßenpolizeiliche Vorschriften nicht gebunden sind, und es im Fall einer Einsatzfahrt durch den Lenker des Einsatzfahrzeuges geradezu zu einer (zulässigen) Missachtung bestimmter sonst zu beachtender Vorschriften kommt, könnten eben aus dem auf das Einsatzfahrzeug zurückzuführende Nichtbeachten des "Blaulichtes" durch andere Verkehrsteilnehmer im Verkehrsgeschehen Situationen hervorgerufen werden, in denen Gefahren für die körperliche Integrität von Menschen oder auch Beeinträchtigungen sonstiger schützenwerter Güter, wenn nicht gar Verkehrsunfälle mit Personen- oder Sachschäden, entstehen könnten. Dass derartiges der Verkehrssicherheit abträglich ist, liegt auf der Hand.

 

Dass darüber hinaus die Verwendung eines Blaulichtes nicht Werbezwecken dienen soll, und daher eine solche (wenn auch ursprünglich nicht beabsichtige) Verwendung ebenfalls nicht im öffentlichen Interesse liegt, sei nur ergänzend angemerkt.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird ausgeführt, dass die Berufungswerberin im gesamten Verfahren zu keiner Zeit näher darlegte, welche Warnleuchte(n) sie zu verwenden beabsichtigte (fix und ständig montiertes Blaulicht oder eines mit Magnethalterung, welches nicht ständig und durchgehend am Dach des KFZ befestigt ist) und es daher aus diesem Grund nicht möglich war zu beurteilen, ob sich durch den Einbau einer näher bestimmten Warnleuchte bzw der Handhabung derselben keine Bedenken zur Betriebssicherheit (des Kraftfahrzeuges der Berufungswerberin) ergeben könnten. Die Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens war nicht möglich, weil nicht einmal dargelegt wurde, welche Warnleuchte verwendet werden sollte. Aufforderungen zur Konkretisierung bzw. Beibringung entsprechender Unterlagen waren allerdings nicht mehr erforderlich, weil der Antrag bereits aus den angeführten Gründen abzuweisen war.

Schlagworte
Blaulicht, Warnleuchte mit blauem Licht, Hebammen, Hebamme, Wunschkennzeichen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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