TE UVS Tirol 2005/11/17 2005/K12/1777-7

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Veröffentlicht am 17.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 12, bestehend aus dem Vorsitzenden Mag. Franz Schett, dem Berichterstatter Dr. Christoph Lehne und dem weiteren Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst, über die Berufung der Gebrüder R. OHG, M., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M. B., XY-Straße, S., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13.06.2005, Zahl U-30.036/41, berichtigt mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.06.2005, Zahl U-30.036/43, betreffend die Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung für das Aufstellen und Betreiben einer mobilen Abfallbehandlungsanlage, gemäß § 67h iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Bescheides (in seiner berichtigten Fassung) folgende Änderungen vorgenommen werden:

 

1. In Spruchpunkt I. hat es bei der Zitierung der Rechtsvorschriften statt ?§ 1 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen, BGBl II Nr 472/2002? nunmehr ?§ 1 Z 4 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen, BGBl II Nr 472/2002? zu lauten.

 

2.

Die Nebenbestimmung I./1. hat nunmehr wie folgt zu lauten:

?1.

In der Abfallbehandlungsanlage dürfen folgende Abfallarten behandelt werden:

 

Nach ÖNORM S 2100 ?Abfallverzeichnis?:

31409 Bauschutt (keine Baustellenabfälle)

31411 Bodenaushub

31427 Betonabbruch

31467 Gleisschotter

54912 Bitumen, Asphalt

 

Nach Abfallverzeichnisverordnung:

17 01 01 Beton

17 01 07Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit

Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen

17 03 02 Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 03 01 fallen

17 05 04 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen

17 05 08 Gleisschotter mit Ausnahme desjenigen, der unter 17 05 07 fällt

17 05 08 09 Gleisschotter mit Ausnahme desjenigen, der unter 17 05 07 fällt, mit der Spezifizierung ?unbelastet??

 

3. In der Nebenbestimmung I./3. hat es statt ?verbleichen? richtig ?verbleiben? zu lauten.

 

4.

Die Nebenstimmung I./8. hat nunmehr wie folgt zu lauten:

?8.

Die mobile Behandlungsanlage muss zu schützenswerten Nachbarbereichen einen Mindestabstand von 150 m aufweisen. Diese schützenswerten Bereiche sind bewohnte Nachbarobjekte und Bereiche im Freien, die zum regelmäßigen Aufenthalt von Personen bestimmt sind (zB Gärten, Parkanlagen und dgl).?

 

5.

Die Nebenstimmung I./9. hat nunmehr wie folgt zu lauten:

?9.

Zu besonders schützenswerten Nachbarbereichen wie Kurzonen, Krankenhäusern und Naturschutzgebieten ist ein Mindestabstand von 500 m einzuhalten.?

 

6.

Die Nebenstimmung I./10. hat nunmehr wie folgt zu lauten:

?10.

Im Kalenderjahr müssen die mehreren Standorte für den Betrieb der mobilen Behandlungsanlage weiters so gewählt werden, dass sie zueinander alle einen Abstand von zumindest 500 m aufweisen. Dasselbe gilt auch für den ersten Standort, an dem die Anlage im Kalenderjahr betrieben wird, im Verhältnis zum letzten Betriebsstandort des vorangegangenen Kalenderjahres.?

 

7.

Die Nebenstimmung I./12. hat nunmehr wie folgt zu lauten:

?12.

Die Arbeitnehmer, welche an der Anlage beschäftigt sind, müssen entsprechend  der für die Anlage vorhandenen CE-Konformitätserklärung oder Risikoanalyse über die vorgeschriebenen Verhaltensregeln, die Gefahrenhinweise und die Betriebsvorschriften nachweislich unterwiesen sein. An der Anlage dürfen nur entsprechend unterwiesene Arbeitnehmer beschäftigt werden.?

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit Eingabe vom 10.09.2004 hat die Gebrüder R. OHG, XY-Gasse, M., die Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung gemäß § 52 AWG 2002 für die Verwendung der mobilen Brechanlage REMAX 0718/11 E/D-SII beantragt.

 

Im Zuge des nachfolgenden Bewilligungsverfahrens hat der Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde I. Instanz Gutachten eines abfalltechnischen, gewerbetechnischen und medizinischen Amtssachverständigen sowie eine Stellungnahme des Vertreters des Arbeitsinspektorats eingeholt.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13.06.2005, Zahl U-30.036/41, wurde der Gebrüder R. OHG, M., die Genehmigung für die Verwendung der mobilen Brechanlage REMAX-0718/11 E/D-SII nach Maßgabe der Projektsunterlagen unter diversen Nebenbestimmungen erteilt. Mit weiteren Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.06.2005, Zahl U-30.036/43, wurde eine Berichtigung der Nebenbestimmung Nr I./8. des Bescheides vom 13.06.2005 vorgenommen.

 

Gegen den Genehmigungsbescheid (in der berichtigten Fassung) hat die Gebrüder R. OHG, nunmehr vertreten durch Herrn Dr. M. B., Rechtsanwalt in S., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:

 

?Der Bescheid wird hinsichtlich der Nebenbestimmungen Z 4., 6., 8., 9. und 10. bekämpft, und zwar wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Die angeführten Nebenbestimmungen sind durch gesetzliche Bestimmungen nicht gedeckt und auch durch die angeführten Sachverständigengutachten inhaltlich und umfangmäßig nicht gerechtfertigt.

 

Im einzelnen wird zu den bekämpften Nebenbestimmungen wie folgt ausgeführt:

 

ad 4.)

Diese Einschränkung der täglichen Betriebszeit - und auch andere Einschränkungen in den nachangeführten Punkten - erscheinen willkürlich und sind der Berufungswerberin nicht zumutbar. Es geht hier offensichtlich um Lärmemissionen.

Diese zeitliche Einschränkung erfolgt durch gewerbliche bzw medizinische Sachverständige ohne nachvollziehbare Begründung, wenn auch auf ?umfangreiche Erfahrungen der Lärmsituation in Österreich? verwiesen wird.

Die Berufungswerberin wünscht keinesfalls die Verlegung der Arbeiten in ?Tagesrandzeiten?.

Sie möchte nur berechtigterweise etwas flexiblere Arbeitszeiten, die durchaus mit Lärmschutz vereinbar sind.

Solche Tagesrandzeiten können durchaus auch vor 7 Uhr und nach 19 Uhr angenommen werden.

Bei solche extremen Lärmschutzvorstellungen dürfte an keiner Baustelle von 8 Uhr und nach 18 Uhr gearbeitet werden. Solche Vorschriften gibt es nicht.

Die gegenständliche mobile Behandlungsanlage wird gerade auch an Baustellen, insbesonders bei vorhergehenden Abbrucharbeiten, eingesetzt.

Es ist sicherlich vertretbar, den täglichen Arbeitszeitrahmen an Werktagen von 7 Uhr bis 19 Uhr festzusetzen, damit auch bei Arbeitspausen eine zehnstündige tägliche Arbeitszeit erreichbar ist. Wenn schon in der Begründung des Bescheides an anderer Stelle auf die ?AT-Lärm? Bezug genommen wird, so sind in dieser deutschen Vorschrift ?Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit? an Werktagen von 6 Uhr bis 7 Uhr und 20 Uhr bis 22 Uhr angeführt (6.5) und nicht vor 8 Uhr und nach 18 Uhr.

 

ad 6.)

Auch die Einschränkung der Betriebszeit auf maximal 100 Stunden pro Baustelle und Kalenderjahr ist unbegründet restriktiv und ergibt sich nicht aus einer ?größten Lärmdosis?.

Es ist wohl richtig, dass in der zitierten deutschen Verwaltungsvorschrift TA-Lärm, die für Österreich nicht verbindlich ist, ?seltene Ereignisse? - bezogen auf Lärmemissionen - mit jährlich 10 Tagen begrenzt sind.

Nochmals sei erwähnt, dass diese TA-Lärm nicht für Bauarbeiten gilt. Gerade die gegenständliche Anlage wird beim Baustoffrecycling eingesetzt. Diese ?seltenen Ereignisse? laut deutscher Vorschrift schließen auch Nächte und Wochenenden ein.

Davon kann beim Betrieb der Aufbereitungsanlage der Berufungswerberin keine Rede sein.

Auch bei einer besonders großen Überschreitung von Lärmrichtwerten kann bei der gegenständlichen Anlage nicht gesprochen werden. Gerade das Baustoffrecycling an großen Baustellen ist bei der jährlichen und örtlichen Einschränkung des Betriebes der Anlage nicht möglich, da diese 10 Tage fallweise überschritten werden. Es ist auch nicht zumutbar, bei einer längeren Arbeitszeit als 10 Tage an einer Baustelle, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen, wenn aus Umständen (Dr. K.) ?nachweisbar wäre, dass die gegebene Ist-Situation hinsichtlich Lärm und Staub beim nächsten Nachbar in keine Weise erhöht wird?. Selbstverständlich ist eine Einschränkung auf gerade maximal 100 Arbeitsstunden pro Standort nicht notwendig, um die mobile Anlage von einer stationären Anlage abzugrenzen. Eine Einschränkung auf 200 Betriebsstunden jährlich wäre sachgerechter und für die Berufungswerberin akzeptabel.

 

ad 8. und 9.)

Hier geht es um Mindestabstände zu schützenswerten und besonders schützenswerten Nachbarbereichen von 800 m und 2.500 m. DI L. und Dr. K. geben im Befund / Stellungnahme übereinstimmend den erforderlichen Abstand der Anlage mit den vorgenannten Entfernungen an. Für diese Abstände fehlt - ziffernmäßig - jede Begründung. Die Beweiskraft dieser ?Gutachten? ist daher nicht überprüfbar.

 

Es wird insbesonders nochmals darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Anlage unter anderem dazu dient, Abbruchmaterial von Gebäuden an Ort und Stelle zu zerkleinern, aufzubereiten und möglichst in unmittelbarer Nähe einer Wiederverwendung zuzuführen. Eine mobile Anlage ist natürlich überflüssig, wenn das Abbruchmaterial auf Lkws verladen und zu einer entfernten Aufbereitungsanlage transportiert und nachher allenfalls wieder zurücktransportiert werden muss.

Diese Transporte sind, abgesehen von den anfallenden Kosten, wesentlich umweltschädlicher, als die Aufbereitung des Abbruchmaterials an Ort und Stelle. Wenn man zB im Bereich Innsbruck und Umgebung einen Abstand (Radius) von 2.500 m von jedem Krankenhaus und jeder Parkanlage - der Sachverständige will auch von jeder Schule einen solchen Abstand -fordert und 800 m (Umkreis) von jedem bewohnten Objekt, jedem Garten und jedem Park, so ist der Betrieb der mobilen Anlage praktisch im gesamten Stadtgebiet von Innsbruck, abgesehen von Berglagen, wo er ohnehin nicht in Frage kommt, nicht möglich, was auch auf praktisch die ganzen Talflächen Tirols zutrifft, wenn die unter diesen Punkten vorgeschriebenen Abstände einzuhalten sind.

Es kann doch nicht sein, dass zwar die Genehmigung zum Betrieb der mobilen Anlage erteilt wird, dies allerdings unter Auflagen, die den Betrieb wiederum nicht möglich machen.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der Bescheid bzw die Auflagen an krassen Widersprüchen leidet.

Einerseits werden für ?seltene Ereignisse?, das heißt für kurzfristige mit Lärm verbundene Aufbereitungen, die Betriebszeiten auf die Dauer von 10 Tagen gestattet und auf der anderen Seite wird der Betrieb der Anlage nur in Entfernungen erlaubt, in welchen eine nennenswerte Lärmbeeinträchtigung nicht mehr erfolgen kann. Sollten diese Auflagen hinsichtlich der Abstände aufrecht bleiben, ist der Betrieb der Anlage, abgesehen von Ausnahmefällen, ohnehin nicht möglich. Bei derartig extremen Anforderungen an Lärmschutz, müsste jedes Bauvorhaben im Ortsgebiet untersagt werden.

 

ad 10.)

(Begründungen im Bescheid zu ?Punkt 7.?)

Es ist völlig unerfindlich, weshalb ein folgender Einsatzort der Anlage zumindest 2.500 m vom früheren Einsatzort entfernt sein muss. Ein Grund für diese Forderung ist bei Berücksichtigung aller Umstände und richtiger rechtlicher Beurteilung nicht zu finden. Für die Verhinderung eines quasi stationären Betriebes durch geringfügige Verstellungen der Anlage, ist jedenfalls ein Abstand von 2.500 m nicht erforderlich. Hier würde, wenn überhaupt, ein Abstand in der Größenordnung von 500 m wohl ausreichend sein. Wenn die betreffenden Entfernungen der Anlage zu möglichen Nachbarn aufrecht bleiben, ist die geforderte Entfernung für einen neuerlichen Betrieb ohnehin überflüssig.

Der Berufungswerber kann sich die Aufträge und die Betriebsstandorte dafür nicht aussuchen.

Er müsste bei den angeführten Auflagen einen Auftrag, zB Abbruchmaterial eines Gebäudes zu verarbeiten, ablehnen, falls die Anlage bei einem vorhergehenden Einsatz nicht 2.500 m entfernt war. Bei Ausführung eines, wenn auch kleinen, Auftrages an einem entfernteren Ort, wäre die Auftragsausführung wiederum möglich. Diese Auflage ist, auch bei Hinweis auf ?Schutzinteressen möglicher Nachbarn? nicht hinreichend begründet, nicht notwendig, nicht erforderlich und nicht zumutbar.

 

Nachdem diese Nebenbestimmungen, wie oben ausgeführt, durch gesetzliche Bestimmungen und sonstige Beweisergebnisse nicht gedeckt sind, geht es nicht an, eine Widerlegung dieser Nebenbestimmungen nur durch von der Berufungswerberin einzuholende unabhängige Gutachten als zulässig zu erachten. Es wird beantragt, die oben angeführten und nochmals nachstehend wiederholten Nebenbestimmungen aus dem angefochtenen Bescheid auszuscheiden bzw im nachstehenden Sinne abzuändern:

 

ad 4.)

Betriebszeit Montag bis Freitag von 7 Uhr bis 19 Uhr

 

ad 6.)

Betriebszeit der Anlage pro Standort und Kalenderjahr in Summe maximal 200 Stunden.

 

ad 8. und 9.)

Ersatzlose Aufhebung dieser Nebenbestimmungen, in eventu Angabe von Grenzwerten für Geräuschpegel beim Betrieb der Maschine bzw beim nächstbefindlichen Wohngebäude etc.

 

ad 10.)

Aufhebung dieser Nebenbestimmung, in eventu Einschränkung auf 500 m.?

 

Die Berufungsbehörde hat dazu wie folgt erwogen:

A) Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall relevanten Bestimmungen lauten wie folgt:

 

?1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 155/2004 und der Kundmachung BGBl I Nr 181/2004:

 

Genehmigung von mobilen Behandlungsanlagen

§ 52

(1) Eine mobile Behandlungsanlage, die in einer Verordnung gemäß § 65 Abs 3 genannt ist, oder eine wesentliche Änderung einer solchen mobilen Behandlungsanlage ist von der Behörde zu genehmigen.

....

(4) Eine Genehmigung für eine mobile Behandlungsanlage ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die mobile Behandlungsanlage die Voraussetzungen gemäß § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 bezogen auf die Auswirkungen der mobilen Behandlungsanlage erfüllt.

(5) Erforderlichenfalls hat die Behörde zur Wahrung der Voraussetzungen gemäß § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 geeignete Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorzuschreiben. Jedenfalls sind die grundsätzlichen Anforderungen an mögliche Standorte, unter Berücksichtigung ihrer Umgebung und der zu erwartenden Emissionen, und die Maßnahmen zum Schutz möglicher Nachbarn vorzuschreiben. Sofern die Voraussetzungen gemäß Abs 4 nicht erfüllt sind und auch durch die Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht erfüllt werden können, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen.

....

 

Aufstellung von mobilen Behandlungsanlagen

§ 53

....

(2) Sind die gemäß § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen an einem bestimmten Standort nicht hinreichend geschützt, hat die Behörde, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die mobile Behandlungsanlage aufgestellt und betrieben wird, die erforderlichen geeigneten Maßnahmen anzuordnen. Können die gemäß § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 wahrzunehmenden Interessen trotz Anordnungen nicht erfüllt werden, ist die Aufstellung und der Betrieb an diesem Standort zu untersagen.

(2a) Die Behörde, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die mobile Behandlungsanlage aufgestellt und betrieben wird, kann für diesen Standort auf Antrag von der Einhaltung einzelner Auflagen absehen, wenn die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen auch ohne Einhaltung dieser Auflagen hinreichend geschützt sind.

....

 

Genehmigungsvoraussetzungen

§ 43

(1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:

1.

Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet.

2.

Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt.

 3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.

 4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu verstehen.

 5. Die beim Betrieb der Behandlungsanlage nicht vermeidbaren anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik verwertet oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäß beseitigt.

 6. Auf die sonstigen öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) wird Bedacht genommen.

....

 

2. Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen, BGBl II Nr 472/2002:

Genehmigungspflichtige mobile Behandlungsanlagen

§ 1

Folgende mobile Behandlungsanlagen sind gemäß § 52 AWG 2002 zu

genehmigen:

....

4. Brechanlagen für mineralische Baurestmassen der Schlüsselnummern 31407 (Keramik), 31408 (Glas (zB Flachglas)), 31409 (Bauschutt und/oder Brandschutt (keine Baustellenabfälle)), 31410 (Straßenaufbruch), 31427 (Betonabbruch), 31441 (Bauschutt und/oder Brandschutt mit schädlichen Verunreinigungen), 31467 (Gleisschotter) und 54912 (Bitumen, Asphalt) gemäß ÖNORM S 2100 ? ?Abfallkatalog?;

....

7. Siebanlagen, soweit nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Z 1 und 2 besteht;

...."

 

B) Rechtliche Beurteilung:

1. Unstrittig ist, dass die verfahrensgegenständliche mobile Behandlungsanlage unter § 1 Z 4 und 7 der Verordnung BGBl II Nr 472/2002 fällt und sich für diese sohin eine Genehmigungspflicht nach § 52 Abs 1 AWG 2002 ergibt.

 

2. Es war daher zu prüfen, ob die in § 52 Abs 4 AVG 2002 bzw im darin bezogenen § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 leg cit angeführten Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen bzw ob und wenn ja, welche Auflagen, Bedingungen oder Befristungen einzuhalten sind, damit eine Genehmigungsfähigkeit für die Anlage gegeben ist.

 

Zur Klärung dieser Frage hat der Landeshauptmann von Tirol ? wie bereits erwähnt - Gutachten eines abfalltechnischen, gewerbetechnischen und medizinischen Amtssachverständigen sowie eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsinspektorats eingeholt.

 

2.1. Der gewerbetechnische Amtssachverständige ist dabei aufgrund der Anlagedaten zu nachstehenden gutachterlichen Ausführungen gelangt:

 

?Die Gebr R. OHG hat die Typengenehmigung für mobile Abfallbehandlungsanlagen gemäß § 52 AWG 2002 für eine mobile Brechanlage REMAX-0718/11 E/D SII beantragt. Die Anlage hat eine Kapazität von 120 t/h. Angetrieben wird die Brechanlage mittels Dieselmotor D. BF6M 1015 C. Entsprechend der beiliegenden Herstellererklärung der Firma D. entspricht der Motor hinsichtlich der Emissionswerte der Richtlinie 97/68/EG für die Stufe 2 (bzw Richtlinie 2002/88/EG Stufe 2). Folgende Emissionswerte werden bestätigt

 

Kohlenmonoxid 1,38 g/kWh

unverbrannte und teilverbrannte

Kohlenwasserstoffe 0,18 g/kWh

Stickoxide NOx 5,96 g/kWh

Staub/Partikel 0,144 g/kWh

 

Der Motor weist eine Dauerleistung von 250 kW auf.

 

Dem schalltechnischen Prüfbericht der Firma T. S. GmbH vom 19.10.2004 ist zu entnehmen, dass bei Vollbetrieb und Materialaufgabe der A-bewertete Schallleistungspegel LW,A 111 dB beträgt.

 

Beurteilung

Hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen zum Schutze der Nachbarschaft wird auf die akkordierte Vorgangsweise der Bundesländer hingewiesen. Die entsprechenden Unterlagen dazu wurden der dortigen Abteilung auch zur Kenntnis gebracht. In diesen Unterlagen finden sich Begründungen für die in der Folge formulierten Auflagen, die zum Schutze der Nachbarschaft, insbesondere von Lärm, Staub und Erschütterungen notwendig sind. Diese Begründungen werden hier nicht noch einmal wiedergegeben, aus lärmtechnischer Sicht ergibt sich zusammenfassend, dass die Beurteilung derartiger Anlagen unter Berücksichtigung der vergleichsweise kurzen Einwirkdauer, welche für 100 Betriebsstunden pro Standort vorgegeben ist, A-bewertete energieäquivalente Dauerschallpegel von 60 dB zu schützenswerten Nachbarbereichen bzw von 50 dB zu besonders schützenswerten Bereichen wie Krankenhäuser etc zulässt.

 

Aus den Geräuschemissionsangaben für die beantragte Anlage und dieser Dosisbetrachtung ergeben sich zu den jeweiligen Nachbarbereichen Schutzabstände, bei denen nicht zu erwarten ist, dass die zitierten Grenzwerte überschritten werden. Weiters werden in den Auflagen basierend auf die medizinische Expertenmeinung Rahmenbetriebszeiten formuliert, um den Nachbarschaftsschutz zu wahren.

 

Hinsichtlich der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik kann festgestellt werden, dass die mobile Abfallbehandlungsanlage mit einem Antriebsmotor ausgestattet ist, welcher der Stufe 2 der Richtlinie 97/68/EG entspricht. Auch wenn eine unmittelbare Anwendung der zitierten Richtlinie bzw der nationalen Umsetzung in der Verordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Emissionen von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren von mobilen Maschinen und Geräten (MOT-V) nicht gegeben ist, so kann diese Richtlinie zur fachlichen Unterstützung bei der Bestimmung des Standes der Technik herangezogen werden. Die Vorgaben nach § 43 Abs 1 Z 2 AWG sind damit vom technischen Standpunkt erfüllt."

 

Zur Gewährleistung eines ausreichenden Nachbarschutzes hat der gewerbetechnische Amtssachverständige weiters diverse Auflagen bekannt gegeben und dabei insbesondere eine tageszeitliche Beschränkung der Betriebszeit, eine Beschränkung der Betriebszeit pro Standort und Kalenderjahr sowie die Einhaltung gewisser Mindestabstände zu Wohnobjekten, schützenswerten Bereichen etc bzw einen Mindestabstand bei Überstellung der mobilen Behandlungsanlage an einen anderen Standort für erforderlich erachtet.

 

Nachdem sich die Antragstellerin in einer schriftlichen Stellungnahme gegen die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen geforderten Betriebszeitenbeschränkungen bzw ?Mindestabstandsregelungen? ausgesprochen hat, hat dieser in seinem ergänzenden Gutachten vom 24.03.2005, Zahl VIe1-U-604/8-05, dazu wie folgt Stellung bezogen:

 

?Für die Antragstellerin ist nicht nachvollziehbar, dass eine mobile Behandlungsanlage von 8:00 bis 18:00 Uhr ausschließlich in dieser Zeit betrieben werden darf. Sie würde vorschlagen, die Betriebszeit für eine solche Anlage von 7:00 bis 19:00 Uhr zu ermöglichen.

 

Diese Einschränkung auf einen Zeitraum von 10 Stunden am Tag erfolgt im Zusammenhang mit der Dosis-Wirkungs-Betrachtung, welche der Grenzwertfindung für den Betrieb der mobilen Behandlungsanlage unterlegt ist. Die Frage der Ausweitung der Betriebszeiten auf mehr als 10 Stunden ist primär eine lärmmedizinische Frage, jedoch wurden im Zusammenhang mit der Akkordierung der Vorgangsweise der Beurteilung dieser Anlagen in Österreich Mediziner befasst, welche eindeutig eine durchgehende Betriebszeit von 8:00 bis 18:00 Uhr den Vorzug gegenüber einer erweiterten Einsatzmöglichkeit unter Wahrung einer Mittagspause gaben. Inhaltlich ist die Einschränkung auf die Zeit zwischen 8:00 - 18:00 Uhr dadurch zu begründen, da hier basierend auf umfangreichen Erfahrungen der Lärmsituation in Österreich die akustischen Verhältnisse als typisch tagesähnlich einzustufen sind und dadurch die Ruheerwartung der Betroffenen noch nicht so groß ist. In den Morgen- und Abendstunden besteht demgegenüber eine erhöhte Ruheerwartung auch durch eine verminderte Vorbelastung, die die Einschränkung auf diese Zeiten rechtfertigt. Auch ist in der Lärmwirkung ein maßgebender Faktor, ob die Geräuschentwicklung notwendig oder unnotwendig empfunden wird. Dies betrifft nicht nur die Größe der Schallimmission, sondern auch das zeitliche Auftreten einer Geräuscheinwirkung. Bei den bekannten Durchsatzleistungen der mobilen Brecher ist daher von den Betroffenen schwer einzusehen, warum diese Tätigkeiten in die Tagesrandzeiten verlagert werden, und nicht auf die Tageszeit zwischen 8:00 und 18:00 Uhr verlegt werden können. Der Einsatz in den Tagesrandzeiten lässt daraus eine erhöhte Belästigungsreaktion erwarten.

 

Für die Antragstellerin ist Auflagepunkt 3, dass pro Standort und Kalenderjahr eine Anlage in Summe max. 100 Stunden betrieben werden darf, nicht nachvollziehbar und aus dem Gesetzestext (AWG) nicht erklärbar.

Die Einschränkung auf eine bestimmte Einsatzzeit pro Standort ergibt sich aus der zulässigen Lärmdosis. Die Auflage stellt dabei als Bewertungsgrundlage auf ein Dosisäquivalent im Sinne der 6. allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA-Lärm) in Deutschland ab. Hier werden seltene Ereignisse mit 10 Tagen beschrieben. Bei der in der vorhin zitierten Auflage vorgegebenen Betriebszeit von 10 Stunden am Tag entspricht dies derselben Dosis wie die seltenen Ereignisse nach TA-Lärm. Sofern diese seltenen Ereignisse überschritten werden, wäre eine analoge Betrachtungsweise zur TA-Lärm nicht mehr argumentierbar und müssten die Immissionen der mobilen Behandlungsanlage wie andauernde Schalleinwirkungen beurteilt werden. Nach den hiezu anzuwendenden Regelwerken ergibt sich eine wesentlich strengere Bewertung und damit wesentlich größere Abstände als in den formulierten Auflagen enthalten sind.

 

Zu Pkt. 7 der Auflagen wendet die Antragstellerin ein, dass es keinen ersichtlichen Grund gäbe, warum der Standort für den Betrieb einer mobilen Anlage so gewählt werden muss, dass er zumindest 2.500 m vom vorhergehenden Standort entfernt ist. Dieser Bestimmung fehle die rechtliche Grundlage, denn sie ziele in keinster Weise auf die Beseitigung von Emissionen zum Schutze der Nachbarn ab und verhindere auch ein Aufstellen einer mobilen Anlage wenn keinerlei nachbarschaftlichen Interessen beeinträchtigt werden. Hiezu ist auszuführen, dass es richtig ist, dass diese Bestimmung in erster Linie dazu dient, Nachbarn vor Einwirkungen aus mehreren Aufstellungsorten der mobilen Anlagen zu schützen. Gleichzeitig soll damit verhindert werden, dass durch geringfügiges Verstellen der mobilen Anlage ein quasi stationärer Betrieb erreicht wird. Nachdem eine parzellenscharfe Abtrennung auf Grund der extrem unterschiedlichen Parzellengrößen der Aufstellungsorte nicht sinnvoll und praktikabel erscheint, muss dem allgemeinen Grundsatz Rechnung getragen werden, dass die Bedingungen für jeden Aufstellungsort das anzustrebende Schutzniveau - die bloße Möglichkeit einer Vermeidung von Belästigungen - erreicht. Aus Gründen der Eignung, Überprüfbarkeit und Bestimmtheit der Auflagen ist es daher erforderlich, diesen neuen Aufstellungsort einer mobilen Anlage ausschließlich über einen Abstand zu definieren, der den Schutzinteressen möglicher Nachbarn genüge tut."

 

Schließlich wurde der gewerbetechnische Amtssachverständige aufgrund des Berufungsvorbringens in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.09.2005 neuerlich zur Erforderlichkeit der betreffenden Auflagen befragt.

 

Zur Auflage I./4. des Genehmigungsbescheides vom 13.06.2005, Zahl U-30.036/41, hat der gewerbetechnische Amtssachverständige vor der Berufungsbehörde ergänzend ausgeführt wie folgt:

 

?Der Themenkreis mobile Abfallbehandlungsanlagen wurde in einer durch das Land Salzburg koordinierten Expertengruppe behandelt. Diese Expertengruppe ist unter juristischer Leitung gestanden und waren daran auch Umweltmediziner bzw Techniker, insbesondere aus den Bereichen Schalltechnik und Luftreinhaltung, beteiligt. In der Expertengruppe ist man ? wie bereits in meiner Stellungnahme vom 24.03.2005 ausgeführt ? zur Auffassung gelangt, dass die Zeit von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr jener Zeitraum ist, der die tagesähnlichen Zustände am besten repräsentiert. Mobile Behandlungsanlagen können laut Gesetz in ganz Österreich verwendet werden, sodass die Vorbelastung eines Gebietes nicht im Vorhinein bekannt bzw bestimmbar ist. Man ist deshalb zur Auffassung gelangt, dass die Betriebszeit auf jenen Zeitraum einzuschränken ist, in welchem jedenfalls tagesrepräsentative Verhältnisse bestehen. Zudem ist man in der Lärm-Wirkungsforschung zur Erkenntnis gelangt, dass nicht nur akustische Parameter, sondern auch außerakustische Einflüsse die Belästigungsreaktion bestimmen. Lärmentwicklungen zu Zeiten, in welchen die Notwendigkeit derselben nicht erkennbar ist, werden als störender empfunden.

Über Hinweis des Rechtsvertreters, dass Baulärmemissionen auch in weiteren Tageszeiträumen möglich sind, gebe ich an, dass Lärmquellen in Österreich verschieden bewertet werden. Es gibt nur zwei Bundesländer mit immissionsseitigen Festlegungen hinsichtlich des Baulärms, nämlich Oberösterreich und Tirol. Diese teilweise auch politisch motivierten Festlegungen auf ganz Österreich zu übertragen, hat die Expertengruppe für nicht sachdienlich erachtet. Zum weiteren Einwand des Rechtsvertreters, dass die in den Gutachten zitierte deutsche TA-Lärm als Randzeiten 06.00 Uhr bis 07.00 Uhr bzw 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr vorsieht, ist auszuführen, dass die TA-Lärm für jene Bereiche herangezogen wurde, für die in Österreich keine Regelungen bestehen. In der Expertengruppe bzw im Gutachten wurde nach einem technischen Anknüpfungspunkt für seltene Ereignisse gesucht und konnte dieser aus der TA-Lärm entnommen werden. Angemerkt wird noch, dass es in Österreich auch eine Lärmschutzrichtlinie für Freiluftveranstaltungen gibt. Deren Inhalt wurde etwa in das Wiener Veranstaltungsgesetz aufgenommen. Auch diese Richtlinie kennt den Begriff der seltenen Ereignisse und werden darunter ebenfalls 10-malige Veranstaltungen pro Kalenderjahr verstanden.

Über weiteres Vorbringen des Rechtsvertreters, dass die TA-Lärm unter seltenen Ereignissen auch solche versteht, die sich während der Nachtstunden oder an Wochenenden ereignen, ist auszuführen, dass für Lärmimmissionen während der Nachtstunden auch in der TA-Lärm niedrigere Grenzwerte festgelegt sind. Weiters ist die TA-Lärm auch deshalb nicht mit der österreichischen Beurteilungspraxis vergleichbar, weil diese ein starres ?Immissionsgrenzwertregime? enthält, während in Österreich im Regelfall auf die Veränderung der akustischen Ist-Situation abzustellen ist. Wenn man auf die akustische Ist-Situation abstellt, so zeigen Erfahrungswerte, dass diese vor allem durch den Verkehr auf den Hauptverkehrsträgern bestimmt wird und diese Ist-Situation sich an Wochenenden nicht wesentlich von der Situation an Wochentagen unterscheidet.?

 

Was die Nebenbestimmungen Nr 8., 9. und 10. des Bescheides vom 13.06.2005, Zahl U-30.036/41, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 20.06.2005, Zahl U-30.036/43, anlangt, hat sich im Zuge der Berufungsverhandlung ergeben, dass der gewerbetechnische Amtssachverständige bei der Berechnung der Mindestabstände von unrichtigen Emissionsdaten ausgegangen ist. Unter Zugrundelegung des tatsächlichen Schallleistungspegels von 111 dB im Lastbetrieb ist der gewerbetechnische Amtssachverständige zur Feststellung gelangt, dass der Mindestabstand in Auflage I./8. des Genehmigungsbescheides von 800 m auf 150 m und in Punkt I./9. und 10. von 2.500 m auf 500 m zu reduzieren ist.

Zu der vom Berufungswerber ebenfalls bemängelten Beschränkung der jährlichen Betriebsstunden pro Standort bzw zum Begehren auf Ausdehnung der Stundenanzahl auf 150 hat der gewerbetechnische Amtssachverständige in der Berufungsverhandlung Folgendes festgestellt:

 

?Die maximale Betriebsdauer von 100 Stunden hat sich daraus ergeben, dass damit das seltene Ereignis umschrieben wird. Würde die Betriebsdauer auf 200 Stunden ausgedehnt werden, wäre die Anlage aus technischer Sicht als regelmäßig betriebene zu bewerten, womit wesentlich strengere Beurteilungsmaßstäbe anzuwenden wären. Die der gutachterlichen Beurteilung zugrunde gelegten 60 dB bzw 50 dB würden dann aus technischer Sicht bereits sehr hoch erscheinen.

....

Was die begehrte Verlängerung der Einsatzzeit auf 150 Stunden anlangt, verweise ich auf meine vorstehenden Ausführungen. Diesfalls müsste von einer regelmäßig betriebenen Anlage ausgegangen werden und würden sich daher schon aus gewerbetechnischer Sicht strengere Beurteilungsmaßstäbe ergeben. Damit würden sich natürlich auch größere Abstände zu Wohnobjekten, Krankenhäusern, etc ergeben.?

 

2.2. Aufbauend auf diesen gutachterlichen Ausführungen hat der medizinische Amtssachverständige im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren eine Beurteilung vorgenommen, ob bei Zuhaltung der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen geforderten Auflagen bzw der damit erreichbaren Reduktion der durch die Anlage bedingten Immissionen an Lärm und Luftschadstoffen nachteilige Auswirkungen auf den menschlichen Organismus ausgeschlossen werden können. Der medizinische Amtssachverständige ist dabei ebenfalls zur Ansicht gelangt, dass die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Einschränkungen der Betriebszeiten (tägliche Betriebszeit bzw jährliche Betriebszeit pro Standort) sowie die geforderten Mindestabstände zu Wohnobjekten bzw Objekten, die zum regelmäßigen Aufenthalt von Menschen im Freien bestimmt sind (Nebenbestimmung I./8.), und zu Bereichen mit besonderem Ruhebedürfnis (Nebenbestimmung I./9.) aufgrund der möglichen Immissionen aus medizinischer Sicht erforderlich sind, um Gesundheitsgefährdungen bzw unzumutbare Belästigungen der Nachbarn ausschließen zu können.

Was die beabsichtigte Ausdehnung der jährlichen Einsatzdauer pro Standort anlangt, ist der medizinische Amtssachverständige zur Ansicht gelangt, dass im Falle einer Ausdehnung der Stundenzahl ein niedrigerer äquivalenter Dauerschallpegel von 55 dB bzw zu Bereichen mit besonderen Ruhebedürfnis 45 dB sichergestellt werden müsste. Zur begehrten Ausdehnung der tageszeitlichen Betriebszeit auf 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr hat der medizinische Amtssachverständige festgehalten, dass gerade bei der medizinischen Betrachtung subjektive Aspekte besonders zum Tragen kämen. Es sei daher jedenfalls sachgerecht, während der Tagesrandzeiten (07.00 bis 08.00 Uhr und ab 18.00 Uhr) derartige Emissionen auszuschließen oder zumindest hintanzuhalten.

 

2.3. Für die Berufungsbehörde haben sich an der inhaltlichen Richtigkeit dieser Gutachten keine Zweifel ergeben. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens ? vom Nachweis, dass es mit den Denkgesetzen und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch steht, abgesehen ? nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen, das dem Gutachten auf gleichem fachlichem Niveau entgegentritt, erschüttert werden kann (VwGH 18.03.1994, Zl 90/07/0018 uva). Solche Gegengutachten hat die Berufungswerberin aber nicht vorgelegt.

Der entsprechend ausgebildete gewerbetechnische Amtssachverständige verfügt nun nach Ansicht der Berufungsbehörde zweifelsfrei über jene Kenntnisse, die ihm eine fachkundige Beurteilung der beim Betrieb der betreffenden mobilen Behandlungsanlage zu erwartenden Immissionen ermöglichen. Wenn dieser sohin ausführt, dass unter der Annahme günstiger Ausbreitungsbedingungen zur Begrenzung der Lärmimmissionen bei den Nachbarn etc auf 60 dB bzw 50 dB Mindestabstände von 150 m bzw. 500 m erforderlich sind, bestehen an der Richtigkeit dieser Berechnung keine Zweifel.

Auch der medizinische Amtssachverständige ist aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit zweifelsfrei befähigt, eine richtige und zuverlässige Beurteilung dahingehend vorzunehmen, welche Auswirkungen die mit dem Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage verbundenen Immissionen auf den menschlichen Organismus haben. Wenn dieser daher unter Zugrundelegung seines Fachwissens Lärmeinwirkungen von 60 dB bzw 50 dB unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes der Nachbarn nur dann für vertretbar erachtet, wenn diese Immissionen zeitlich begrenzt werden, ergeben sich diesbezüglich seitens der Berufungsbehörde ebenfalls keine Bedenken.

 

3. Bei Vorschreibung der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.09.2005 errechneten geringeren Abstände hat die Berufungswerberin gegen die Nebenbestimmung I./8., 9. und 10. des Genehmigungsbescheides keine Einwände mehr erhoben.

 

Es war daher seitens der Berufungsbehörde nur mehr zu prüfen, ob die im angefochtenen Bescheid weiters vorgesehene tageszeitliche Beschränkung der Betriebszeit bzw die Beschränkung der Betriebszeit pro Standort und Kalenderjahr mit 100 Stunden erforderlich ist, um einen hinreichenden Schutz der im Genehmigungsverfahren behördenseits wahrzunehmenden Interessen sicherzustellen, bzw ob diese Nebenbestimmungen eine gesetzliche Deckung finden.

 

In diesem Zusammenhang ist nun zu berücksichtigen, dass das AWG 2002 für mobile Behandlungsanlagen eine Art ?Typengenehmigung? vorsieht. Während es in der österreichischen Rechtsordnung grundsätzlich zum Charakteristikum der Anlagenverfahren zählt, dass die Auswirkungen auf die diversen Schutzinteressen standortbezogen beurteilt werden, also die ?Ist-Situation? zugrunde gelegt wird, verlangt das Bewilligungsverfahren nach den §§ 52 f AWG 2002 eine ?typisierende? Betrachtung, zumal mobile Abfallbehandlungsanlagen, für die eine entsprechende abfallrechtliche Genehmigung erteilt wird, sofern nicht einschränkende Nebenbestimmungen bestehen, an jedem Standort aufgestellt und betrieben werden dürfen.

Es stellt sich daher die Frage, welcher Maßstab bei der Vorschreibung von Nebenbestimmungen in einem abfallrechtlichen Genehmigungsbescheid für die Verwendung mobiler Abfallbehandlungsanlagen anzulegen ist. Die Berufungswerberin will einschränkende Regelungen weitestgehend vermeiden, während die Erstinstanz offenkundig die Erreichung eines hohen Schutzniveaus bezweckt.

Betrachtet man nun die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen, so vertritt auch die Berufungsbehörde die Rechtsansicht, dass bei Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung für mobile Abfallbehandlungsanlagen solche Nebenbestimmungen vorzusehen sind, die auch unter der Annahme ungünstiger Standortbedingungen einen ausreichenden Schutz der in § 43 Abs 1 Z 1 bis 6 angeführten Interessen, und hier insbesondere der Nachbarinteressen, gewährleisten. Zwar bietet § 53 Abs 2 AWG 2002 die Möglichkeit, für den Fall, dass trotz Zuhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Nebenbestimmungen für einen bestimmten Standort ein hinreichender Interessensschutz nicht gewährleistet ist, weitere Nebenbestimmungen vorzuschreiben oder aber den Betrieb der Anlage überhaupt zu untersagen, hier ist aber zu berücksichtigen, dass derartige mobile Anlagen vielfach nur kurzfristig an einem bestimmten Standort verwendet werden. Damit wäre aber der durch die Behörde sicherzustellende Nachbarschutz vielfach nicht erreichbar, wenn erst im Einzelfall entsprechende Auflagen vorgeschrieben werden müssten. Der nach Einlangen von Beschwerden erforderliche zeitliche Aufwand für die Einholung von Sachverständigengutachten, für die Wahrung des Parteiengehörs und die nachfolgende bescheidmäßige Erledigung könnte nämlich in vielen Fällen dazu führen, dass die Verwendung der Anlage am betreffenden Standort bereits beendet ist, bevor entsprechende behördliche Schritte gesetzt werden können. Der Gesetzgeber hat aber den Abfallbehörden durch die Verweisung auf § 43 Abs 1 AWG 2002 auch hinsichtlich der mobilen Anlagen ua zwingend die Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen bzw. von unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn aufgetragen. Diesem gesetzlichen Auftrag können die Genehmigungsbehörden aus vorstehenden Erwägungen allerdings nur dann nachkommen, wenn sie bereits durch entsprechende Auflagen im ?Grundbescheid? ein möglichst hohes Schutzniveau sicherstellen. Dass dies vom Gesetzgeber gewollt ist, ergibt sich nach Ansicht der Berufungsbehörde auch aus dem

mit der Novelle BGBl I Nr 155/2004 neu in das Gesetz aufgenommenen § 53 Abs 2a AWG 2002. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die mobile Behandlungsanlage aufgestellt oder betrieben wird, für diesen Standort auf Antrag von der Einhaltung einzelner Auflagen absehen, wenn die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen auch ohne Einhaltung derselben hinreichend geschützt sind. Diese Regelung trägt der vorbeschriebenen Problematik Rechnung. Damit ist nämlich einerseits gewährleistet, dass durch Vorschreibung entsprechender Auflagen eine Beeinträchtigung der durch die Behörde wahrzunehmenden Schutzinteressen jedenfalls ausgeschlossen wird, andererseits können aber, wenn dies im Hinblick auf die betreffenden Schutzziele vertretbar ist, zur Vermeidung nicht erforderlicher Beschränkungen auf Antrag der Anlagenbetreiber im Einzelfall und nach Prüfung der konkreten Standortbedingungen (Ist-Situation) Erleichterungen zugelassen werden.

 

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestehen daher nach Ansicht der Berufungsbehörde gegen die im angefochtenen Bescheid vorgesehenen Beschränkungen der täglichen Betriebszeit bzw der jährlichen Betriebszeit pro Standort keine Bedenken. Damit wurde ein nachvollziehbarer Ausgleich zwischen den Interessen der Antragstellerin an einem möglichst uneingeschränkten Betrieb der Anlage und den von der Abfallbehörde wahrzunehmenden Schutzinteressen, insbesondere dem Interesse an der Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen bzw unzumutbarer Belästigungen der Nachbarn, gefunden.

Was zunächst die Festlegung der zulässigen Jahresstunden pro Standort anlangt, ist diese im Zusammenhalt mit der von der Berufungswerberin gewollten Bestimmung möglichst geringer Abstände zu bewohnten Objekten etc. zu sehen. Auf diese Forderung Rücksicht nehmend, wurden hinsichtlich der bewohnten Objekten Lärmimmissionen von 60 dB und bei Objekten mit besonderem Ruhebedürfnis Lärmimmissionen von 50 dB als zulässig angesehen und danach die erforderlichen Mindestabstände bestimmt. Diese nicht unbeträchtlichen Immissionen haben es, wie die Sachverständigen schlüssig ausführen, aber gleichzeitig notwendig gemacht, die Einwirkungen auf einen kurzen Zeitraum zu beschränken. Nur für ?seltene Ereignisse? können Lärmimmissionen in diesem Ausmaß unter dem Gesichtspunkt eines ausreichenden Nachbarschutzes akzeptiert werden. Einen Anknüpfungspunkt für diese ?seltenen Ereignisse? haben die Sachverständigen dabei in der deutschen TA-Lärm gefunden. Das Abstellen auf derartige Richtlinien begegnet nach Ansicht der Berufungsbehörde keinen Bedenken, wenn dies ? wie gegenständlich der Fall - fachlich entsprechend begründet wird. Die Festlegung der Betriebszeit pro Jahr und Standort mit 100 Stunden entspricht bei einem konsentierten Tagesbetrieb von 10 Stunden einer 10-tägigen Einsatzzeit und damit dem seltenen Ereignis im Sinne der TA-Lärm. Auch die tageszeitliche Beschränkung der Betriebszeiten wurde von den Amtssachverständigen schlüssig erläutert. Die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen, nicht unbeträchtlichen Lärmimmissionen sollen in jenem Zeitraum erfolgen, der aufgrund der ansonsten vorherrschenden akustischen Verhältnisse im allgemeinen Verständnis als tagesähnlich angesehen wird, in welchem daher bei den Betroffenen eine verminderte Ruheerwartung besteht. In diesem Zusammenhang hat insbesondere der medizinische Amtssachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass bei medizinischer Betrachtung subjektive Aspekte für die Beurteilung der Lärmbelästigung eine besondere Rolle spielen. Wenn daher im Interesse des Nachbarschutzes Lärmimmissionen durch den Betrieb der betreffenden Behandlungsanlage vor 08.00 Uhr und nach 18.00 Uhr ausgeschlossen werden, weil sie von den Menschen während der Tagesrandzeiten als untypisch bzw nicht erforderlich und folglich als besonders störend empfunden werden, begegnet dies keinen sachlichen und rechtlichen Bedenken.

 

4. Die Berufung war daher, soweit sie sich gegen die Nebenbestimmungen I./8., 9. und 10. richtet, aufgrund der im Zuge der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen angestellten Abstandberechnungen abzuändern. Bezüglich der Nebenbestimmung I./10. war eine andere Formulierung zu wählen, um sicherzustellen, dass nicht durch kurzfristige Überstellung der Anlage und Rücküberstellung derselben in den unmittelbaren Nahbereich eines früheren Standortes dieselben Nachbarn über die zulässigen 100 Jahresstunden und damit unzumutbar belästigt werden. Die innerhalb des Kalenderjahres gewählten einzelnen betrieblichen Standorte der mobilen Abfallbehandlungsanlage müssen sohin zueinander alle einen Abstand von mindestens 500 m aufweisen. Um zu verhindern, dass zum Jahreswechsel ein durchgehender Betrieb der Anlage an einem Standort durch 200 Stunden erfolgt und sohin Nachbarn unzumutbar belästigt werden, ist ein solcher Mindestabstand auch zwischen dem letzten betrieblichen Standort in einem Kalenderjahr und dem ersten Betriebsstandort des nachfolgenden Kalenderjahres einzuhalten. Darüber hinaus sind natürlich auch die Nebenbestimmungen Nr I/8. und 9. zu beachten.

Weiters waren gewisse Präzisierungen in der Formulierung anderer Auflagen vorzunehmen bzw waren sprachliche Unrichtigkeiten bzw Zitatfehler zu korrigieren.

Da die Berufungsbehörde von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen hat, war schließlich auch zu berücksichtigen, dass die Abfallnachweisverordnung zwischenzeitlich novelliert worden ist und haben sich daher Änderungen in der Auflistung jener Abfälle, die in der Anlage behandelt werden dürfen, ergeben.

 

Was die begehrte Ausdehnung der tageszeitlichen Betriebszeiten bzw der Betriebszeit pro Standort und Kalenderjahr anlangt, war die Berufung hingegen aus vorstehenden Erwägungen als unbegründet abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
mobile, Behandlungsanlagen, Typengenehmigung, Grundbescheid, möglichst, hohes, Schutzniveau, sicherstellt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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