TE UVS Steiermark 2005/12/01 30.16-54/2005

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Veröffentlicht am 01.12.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn G S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 21.06.2005, GZ: 15.1 5214/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde wurde dem nunmehrigen Berufungswerber nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt: Sie haben am 31.7.2004 in N als fachlich besonders geschulte Hilfskraft ein von Herrn M H am 31.7.2004 im Revier Nummer erlegtes Reh untersucht und es unterlassen auf etwaige Auffälligkeiten am Tier zu achten, die auf anzeigepflichtige Tierseuchen oder sonstige, die Tauglichkeit des Fleisches beeinträchtigende Krankheiten schließen lassen (insbesondere unter Berücksichtigung der Fälle gemäß Kapitel 4 Z 4 lit. E lit. B bis j des Anhanges der Wildfleisch-Verordnung), da Sie trotz Vorliegens von Abmagerung und teilweisem Winterhaarkleid die in der Beilage in Kopie übermittelte, gemäß § 4 Abs. 2 Wildfleisch-Verordnung ausgestellte Bestätigung am Tier angebracht haben, wonach keine Bedenken bestehen würden und das Fleisch geeignet sei. Wegen Verletzung des § 4 Abs 2 in Verbindung mit Kapitel 4 Z 4 lit E lit h des Anhanges Wildfleisch-Verordnung, BGBl Nr. 400/1994 idF BGBl I Nr. 378/2002 in Verbindung mit § 50 Z 1 und Z 20 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl Nr. 522/1982 idF BGBl I Nr. 96/2002 wurde über ihn daher eine Geldstrafe in der Höhe von ? 50,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der im Wesentlichen unter Hinweis auf die bisherige Rechtfertigung ein Verschulden ausdrücklich in Abrede gestellt wurde. So habe es sich im Anlassfall nicht um ein stark abgemagertes Stück, sondern um ein dem Alter angepasstes schwaches Stück gehandelt, das sicher zwölf bis 15 Jahre alt gewesen sei. Im Hinblick auf dieses Vorbringen wurde zunächst seitens der erkennenden Behörde eine gutachtliche Stellungnahme der Fachabteilung 8C (Veterinärabteilung) beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung eingeholt. In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 07.11.2005, GZ.: FA8C-61 W 2/27-05 wird in verfahrensrelevanter Hinsicht zunächst ausgeführt, dass es sich im Anlassfall - auch - nach den Aufzeichnungen des Fleischuntersuchungstierarztes um eine hochgradige Abmagerung des verfahrensgegenständlichen Rehs gehandelt haben muss. Es wurde des Weiteren darauf hingewiesen, dass in den letzten Jagdjahren eine deutliche Abmagerung mit rund 80 % die häufigste durch Hilfskräfte erfasste Auffälligkeit in der Steiermark war und sich aus der gesamten steirischen Rehwildstrecke des Jagdjahres 2000/01 ein Durchschnittsgewicht von Böcken über fünf Jahren von 16,5 kg, von Böcken von zwei bis vier Jahren von 15,7 kg, von Altgeißen 14,2 kg, von Schmalgeißen 11,7 kg, bei einjährigen Böcken 11,5 kg, bei Bockkitzen 9,1 kg und Geißkitzen 9,0 kg ergibt. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Wuchsgebiete, der Jahreszeit und auch tierindividueller Schwankungen (klein-/großrahmige Stücke) können als Richtwerte für deutliche Abmagerung beim Rehwild für Kitze (ab Oktober) Wildbrettgewichte weniger als 6 kg, für Jährlingsböcke und Schmalgeißen weniger als 8 kg und für Rehe älter als ein Jahr weniger als 10 kg angegeben werden. Eine Altgeiß mit zwölf Jahren und einem Gewicht von 8 kg sei somit als hochgradig abgemagert zu beurteilen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Hiezu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit nur dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren, in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, Slg M.F. 11894A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Gemäß § 4 Abs 2 der Wildfleisch-Verordnung, BGBl. Nr. 400/1994 idgF sind bei Wildhuftieren binnen 36 Stunden nach dem Erlegen die Tierkörperoberflächen, die eröffneten Leibeshöhlen, die Brustorgane sowie die Leber und die Milz von Fleischuntersuchungsorganen oder von fachlich besonders geschulten Hilfskräfte zu besichtigen. Ergibt die Besichtigung durch Hilfskräfte oder Fleischuntersucher Anlass zu Bedenken gegen das Fleisch, so ist die Beurteilung von Fleischuntersuchungstierärzten vorzunehmen. Gemäß Kapitel 4 Z 4 lit E des Anhanges zur Wildfleisch-Verordnung sind bei der Fleischuntersuchung folgende Untersuchungen vorzunehmen: Untersuchung auf Merkmale, die das Fleisch als veterinär- oder sanitätspolizeilich bedenklich erscheinen lassen; derartige Bedenken sind insbesondere in folgenden Fällen anzunehmen: lit h: Bei deutlicher Abmagerung oder Wässrigkeit des Fleisches Gemäß § 50 Z 1 und Z 20 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl Nr. 5622/1982 idgF, macht sich, soferne die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu ?

4.360,00 zu bestrafen, wer gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 1 Abs 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 erlassenen Verordnung verstößt (§ 50 Z 1) oder gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 35 Abs 9 erlassenen Verordnung verstößt (§ 50 Z 20). Bei der im Anlassfall anzuwendenden Wildfleisch-Verordnung handelt es sich um eine auf Grund des § 1 Abs 8 und des § 35 Abs 9 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl Nr. 522/1982 idgF, erlassene Verordnung. Zufolge der zitierten Rechtsvorschriften allein, so insbesonders der Bestimmung des Kapitel 4 Z 4 lit E lit h steht für die erkennende Behörde unzweifelhaft fest, dass ein im Rahmen der durchzuführenden Fleischuntersuchung im konkreten Fall aufzuzeigen gewesener Mangel der allenfalls zur Untauglichkeit des Fleisches führen hätte können bzw müssen, wohl nur eine deutliche Abmagerung des Fleisches darstellt, von der offensichtlich auch auszugehen ist. Hinweise auf das das teilweise Winterhaarkleid des untersuchten Tieres sind nicht dazu angetan, von vorneherein einen entsprechenden Mangel aufzuzeigen, der sich ansonsten mit Sicherheit in der ungemein detaillierten Aufzählung bedenklicher Merkmale in der erwähnten Rechtsvorschrift finden würde. Die im zitierten Kapitel 4 des Anhanges zur Wildfleisch-Verordnung angeführten sonstigen erheblichen und auffälligen Veränderungen beziehen sich wie die angeführte Fäulnis offenkundig (nur) auf den Zustand des Fleisches selbst und nicht auf das Erscheinungsbild eines Wildtieres insgesamt. Für die erkennende Behörde ergibt sich somit, dass es sich beim gesetzlich geregelten Begriff der deutlichen Abmagerung im Sinne des Kapitel 4 Z 4 lit. E lit. h des Anhangs zur Wildfleisch-Verordnung um ein essenzielles Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 44a Z 1 VStG der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt. Dies ergibt sich schlüssig und gut nachvollziehbar auch aus dem eingeholten veterinärmedizinischen Fachgutachten vom 07.11.2005, welches mehrfach auch unter Hinweis auf entsprechende Fachliteratur von einer hochgradigen, somit im Ergebnis deutlichen Abmagerung eines Wildtieres als Indiz für eine allfällige Bedenklichkeit des Fleisches spricht. Für diese Ansicht der erkennenden Behörde spricht nicht zuletzt aber auch die dem Berufungswerber zur Kenntnis gebrachte Stellungnahme des Veterinäramtes der Stadt Wien vom 17.03.2005, in der in fachlicher Hinsicht mit den Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers konfrontiert ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Umstand der deutlichen Abmagerung per se unabhängig vom Alter, also auch bei einem alten Tier, einen gemäß WildFl-VO, Anlage Kapitel 4 Z 4 lit E lit h definierten Fleischmangel darstellt, der eine Beurteilung des Fleisches als geeignet somit ausschließt. Damit wird auch veterinärbehördlicherseits die Ansicht der Berufungsbehörde gestützt, wonach das Vorliegen einer deutlichen Abmagerung ein absolut erforderliches Tatbestandsmerkmal einer allenfalls einschlägigen Übertretung der zuvor erwähnten gesetzlichen Bestimmungen darstellt und als solches dem Beschuldigten deshalb auch im Rahmen einer tauglichen gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlung vorzuhalten gewesen wäre. Hinweise, wonach eine Abmagerung und ein Winterhaarkleid die Unbedenklichkeit eines untersuchten Fleisches ausschließen, finden sich weder in den zitierten Gesetzesstellen, noch im eingeholten Fachgutachten. Bezogen auf die Tatzeit (31.07.2004) hätte die belangte Behörde daher dem Berufungswerber im Rahmen einer allen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entsprechenden Verfolgungshandlung innerhalb einer Frist von sechs Monaten (§ 31 Abs 2 VStG), somit bis spätestens 31.01.2005, jedenfalls zur Last legen müssen, trotz Vorliegens einer deutlichen Abmagerung die im Folgenden näher beschriebene Bestätigung am untersuchten Tier angebracht zu haben, wonach keine Bedenken bestehen würden und das Fleisch geeignet ist. Die zur Beurteilung für die erkennende Behörde relevanten Verfolgungshandlungen bestanden der an sich unbedenklichen Aktenlage nach innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG einerseits in der Aufforderung zur Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 12.01.2005 sowie einer mit dem Berufungswerber am 17.01.2005 aufgenommenen Beschuldigtenniederschrift andererseits. In beiden Verfolgungshandlungen findet sich kein entsprechender Hinweis auf eine deutliche Abmagerung im Sinne des Kapitel 4 des Anhanges zur Wildfleisch-Verordnung, der gerade auch deshalb von verfahrensrelevanter Bedeutung gewesen wäre, da der Berufungswerber die ihm offensichtlich durchaus bekannte Abmagerung des Tieres im Ergebnis ausschließlich auf dessen Alter zurückgeführt hat, was seiner Meinung nach nicht automatisch bedeute, dass das Tier für den menschlichen Genuss nicht geeignet ist. Aus all dem ergibt sich somit, dass hinsichtlich der mangelhaften Umschreibung des Sachverhalts bereits Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG eingetreten ist, weshalb der Berufungsbehörde eine Verbesserung des Spruches verwehrt war. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 23.03.1984, Zl. 83/02/0159; 22.02.1994, Zl. 91/07/0009 u.v.a.) darf dem Berufungswerber nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden, während Änderungen der rechtlichen Qualifikation auch außerhalb dieser Frist durchaus zulässig sind. Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus den obangeführten Gründen nicht den ebenfalls zuvor erwähnten Erfordernissen des § 44a VStG entspricht, war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Damit erübrigt sich aber auch ein näheres Eingehen auf das sonstige Berufungsvorbringen und ist der Ordnung halber abschließend nochmals auf die bereits mehrfach zitierte gutachtliche Stellungnahme der Fachabteilung für das Veterinärwesen vom 07.11.2005 besonders hinzuweisen, wonach nur eine deutliche (hochgradige) Abmagerung in Verbindung mit einem verzögerten Haarwechsel die fachlich besonders geschulte Hilfskraft veranlassen hätte müssen, Bedenken gegen das Fleisch zu äußern. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Wild Reh Fleischuntersuchung Bedenken Abmagerung Winterhaarkleid Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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