TE UVS Steiermark 2006/01/31 42.14-21/2005

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Veröffentlicht am 31.01.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn G S, vertreten durch Dr. P S & Dr. W K, Rechtsanwälte in V, C, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 29.11.2005, GZ: 11.1/48/01, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997 (FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlagen: § 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 81/2002 (im Folgenden FSG), §§ 7, 24 Abs 1 Z 1 und 25 Abs 1 und Abs 3 FSG; §§ 64 Abs 2 und 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (im Folgenden AVG).

Text

Mit dem bekämpften Bescheid entzog die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde einer gegen den Bescheid erhobenen Berufung die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles und im Interesse der Verkehrssicherheit aberkannt. Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg begründete die Entziehung der Lenkberechtigung damit, der Berufungswerber sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen G vom 17.03.2005, wegen näher ausgeführten Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon drei Monate unbedingt, verurteilt worden. Er habe in V, B, P und anderen nicht näher bekannten Orten im Zeitraum von Juli 2001 bis Juli 2002 ein Suchtgift in mehrfach großen Mengen in Verkehr gesetzt. Für die Entziehungsdauer ausschlaggebend gewesen sei die große Verwerflichkeit der über die lange Zeit getätigten strafbaren Angriffe auf die Gesundheit anderer. Der seit der Begehung der strafbaren Handlungen verstrichene Zeit komme deshalb kein entscheidendes Gewicht zu, weil während dieser Zeit das gerichtliche Strafverfahren und das Entziehungsverfahren anhängig gewesen seien (VwGH vom 26.03.1998, 97/11/0207). Vor Ablauf der festgesetzten Entziehungsdauer sei die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers nicht gegeben. Die aufschiebende Wirkung der Berufung sei im öffentlichen Interesse abzuerkennen gewesen. In der dagegen erhobenen Berufung machte G S geltend, die bekämpfte Entscheidung entspreche weder der Sach- noch der Rechtslage und sei sie darüber hinaus mangels nachvollziehbarer Begründung nichtig. Im Einzelnen wird in der Berufung unter Verweis auf die bestehende Rechtslage - zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Es stehe aufgrund der Rechtskraftwirkung des Urteils formell außer Streit, dass der Einschreiter vor Jahren, nämlich im Zeitraum vom Juli 2001 bis Juli 2002, in einem Fall im Oktober/November 2003, in den im Urteil einzeln angeführten Fällen Kokain Dritten kostenlos zur Verfügung gestellt habe. Soweit die Behörde ausführe, dass eine Person jedenfalls verkehrsunzuverlässig sei, wenn sie eine strafbare Handlung gemäß § 28 SMG begangen habe, sei dem entgegen zu halten, dass die zwingende Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit nicht vorliege. Es fehle jeglicher Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Fakten und dem Lenken von Kraftfahrzeugen. Das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers wie auch dessen Befugnis, Fahrzeuge zu lenken, habe im Strafverfahren überhaupt keine Rolle gespielt, sodass es von vornherein an einem wesentlichen Tatbestandsmerkmal mangle. Eine Wertung der Taten im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG habe die Behörde überhaupt nicht vorgenommen. Die Behörde habe zwar in ihrem Bescheid den Wortlaut des § 7 Abs. 4 FSG wiedergegeben, es dann damit aber auch gleich bewenden lassen. Wie die Behörde ihre Wertung angestellt habe, welche Umstände sie - abgesehen von dem übernommenen Urteilsspruch - als konkret erwiesen angenommen habe, sei dem angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht zu entnehmen. Die diesbezüglichen Ausführungen würden sich viel mehr als Scheinbegründung darstellen, die sich in der bloßen Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen erschöpfe, ohne auf die Umstände des Falles einzugehen. Zur Beurteilung der Verwerflichkeit des Verhaltens des Berufungswerbers und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde wäre jedenfalls eine eingehende Auseinandersetzung mit den Beweisergebnissen im Strafverfahren, vor allem mit der Rolle sonstiger Beteiligter im damaligen Umfeld und der jeweiligen Einzelsituation erforderlich gewesen. Betrachte man die Art der Tathandlungen, so falle vorweg auf, dass es dem Berufungswerber in keinem Fall darum gegangen sei, aus den abgeurteilten Handlungen materielle oder persönliche Vorteile zu ziehen. Ausdrücklich sei seitens des Gerichtes zum Sachverhalt festgestellt worden, dass der Berufungswerber die ihm zu Last gelegten Kokainmengen kostenlos weitergegeben habe, sodass die seitens der Behörde festgestellte große Verwerflichkeit jedenfalls zu relativieren sein werde. Im vorliegenden Fall handle es sich damit weder um den typischen Fall eines Suchtgifthändlers noch um irgendeine Form persönlicher Bereicherung. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die seitens des Gerichtes angenommene Suchtgiftmenge nur knapp die Grenze des § 28 Abs 2 SMG überschritten habe. In die Wertung sei schließlich die seither verstrichene Zeit einzubeziehen. Die dem Berufungswerber vorgeworfenen Tathandlungen würden Jahre zurückliegen. Seither seien keine weiteren Auffälligkeiten feststellbar gewesen. Wie sich aus dem Strafakt ergebe, bestünden keine einschlägigen Vormerkungen (ON 51 des Strafaktes). Die Feststellung der Behörde, dass während der nach der Tat verstrichenen Zeit das gerichtliche Strafverfahren und das Entziehungsverfahren anhängig gewesen seien, sei unrichtig. Dass der Berufungswerber ein ihm zur Last gelegtes strafrechtlich relevantes Verhalten zum Zeitpunkt der verfahrenseinleitenden Gendarmerieerhebungen längst eingestellt habe, ergebe sich aus dem Protokoll der Sicherheitsbehörde in AS 161 des Strafaktes, nach welchem eine damals abgenommene Harnprobe (Untersuchung auf Suchtgiftrückstände) ohne Ergebnis verlaufen sei. Aus welchen besonderen Gründen es bei einem Wohlverhalten durch mehr als zwei Jahre hindurch angebracht sein solle, die Verkehrszuverlässigkeit erst nach weiteren zwölf Monaten anzunehmen, sei schlicht hin unerfindlich. Letztendlich sei in keiner Form aktenkundig, dass der Berufungswerber beim Lenken von Kraftfahrzeugen abträgliche Charaktereigenschaften an den Tag gelegt habe, einschlägig verurteilt oder auch nur beanstandet worden sei. Insgesamt sei somit festzustellen, dass bei entsprechender gesetzeskonformer Wertung von einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 FSG - ungeachtet der bestehenden Verurteilung - nicht gesprochen werden könne. Bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides habe die belangte Behörde dies offenbar auch so gesehen und habe sie trotz langer Kenntnis der Sachlage (Anzeige vom 21.07.2004, ein Teildelikt sei bereits im Sommer 2004 rechtskräftig geworden) keine Veranlassung gesehen, einzuschreiten. Sie habe lediglich die Abklärung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen verfolgt, mit dem Ergebnis, dass der Berufungswerber geeignet sei, Fahrzeuge zu lenken. Weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung im Sinne des öffentlichen Interesses erforderlich gewesen sei, sei nicht nachvollziehbar. Nachdem sich die Behörde für ihre Entscheidung bis zur Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einen Raum von eineinhalb Jahren genommen habe, werde es dem öffentlichen Interessen nicht weiter abträglich sein, auch dem Rechtsmittel des Berufungswerbers aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies umso mehr, als nach § 29 FSG im Berufungsverfahren ohnehin eine verkürzte Entscheidungsfrist gelte und dem Rechtsmittel im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung im Sinne des § 29 Abs 1 letzter Satz FSG besondere Bedeutung zukomme. Der Berufungswerber beantragte, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine öffentliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu die Dauer der Entziehung im gesetzlichen Mindestmaß festzusetzen. Bei seiner Parteieneinvernahme in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2006 wiederholte G S im Kern sein Berufungsvorbringen. Alle Tathandlungen, auf die sich die Verurteilungen beziehen, würden den Zeitraum 2001 bis 2003 betreffen. In dieser Zeit sei er für das Bordell I in V verantwortlich gewesen und habe er auch selbst Kokain konsumiert. Im Jahre 2003 habe er sich aus diesem Milieu zurückgezogen, weil er außer Probleme nur Probleme gehabt habe. Die Verhaftung sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, wo er mit diesen Geschichten nichts mehr zu tun gehabt habe. Die Verurteilungen habe er formell zur Kenntnis nehmen müssen, obwohl sie in einzelnen Punkten nicht richtig seien. Zurzeit betreibe er noch das Cafe W in V. Er habe bereits aus der Untersuchungshaft dafür gesorgt, dass sein Cafehausbetrieb fortgeführt werden könne. Er habe zwei Angestellte und arbeite auch selbst im Cafe mit. Er benötige den Führerschein zum Fortbetrieb seines Cafehauses, um Einkäufe zu tätigen. Nach der Verurteilung habe er mit einer Reihe von negativen Begleiterscheinungen (Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung, Verfahren zur Entziehung des Reisepasses) zu kämpfen. Diese beabsichtigten Eingriffe würden jene Bemühungen zunichte machen, die in der Erhaltung und den Fortbetrieb des Cafes investiert worden seien. Er sei durch die Haft auch geläutert worden und habe das Gericht es nicht als bedenklich angesehen, ihn bereits nach drei Monaten wieder auf freien Fuß zu setzen. Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt aufgrund der Aktenlage Folgendes fest: Der Berufungswerber besitzt die Lenkberechtigung für die Klassen A und B (Führerschein der Bundespolizeidirektion G vom 03.08.1992). Seit 1981 ist er im Gastgewerbe als selbstständiger Gastwirt tätig. Seit dem Jahr 2000 führt er das Gastlokal W in V. Der Berufungswerber konsumierte seit dem Jahre 2001 regelmäßig Kokain. Die Suchtgifte kaufte er von einem ihm namentlich nicht bekannten Ausländer in der Nähe des Hauptplatzes in G. Über den Zeitraum Sommer 2001 bis Ende 2003 erwarb der Berufungswerber immer wieder von demselben Ausländer Suchtgift in Form von Kokain. Das nicht für den Eigenkonsum verwendete Kokain setzte er im Zeitraum Sommer 2001 bis Sommer 2002 in seinem Lokal W in Verkehr, indem er das Suchtgift seinen jeweiligen Angestellten (Kellner/Kellnerinnen) und der Schwester einer Angestellten zum Konsum bereitstellte. Er stellte ihnen das Kokain zur regelmäßigen Konsumation am WC des Kühlraumes des Lokales zur Verfügung, um den Kellner/innen durch die Einnahme des Suchtmittels die Arbeit zu erleichtern und den Umsatz zu steigern. Am 05.04.2004 wurde der Berufungswerber in Untersuchungshaft genommen. Am 28.07.2004 fand die erste Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen G als Schöffengericht zur Geschäftszahl statt. Das Urteil des Schöffengerichtes vom 28.07.2004 wurde hinsichtlich der Tatvorwürfe zu Punkt II. nicht bekämpft und wurden die dort festgehaltenen Schuldsprüche rechtskräftig: G S hat in V, B, P und anderen nicht näher bekannten Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen indem er 1.) im Zeitraum von Juni 2002 bis August 2002 jeweils mit E J und B S Kokain konsumierte, wobei das Kokain wechselseitig kostenlos zur Verfügung gestellt wurde; 2.) im Zeitraum von Sommer 2003 bis Ende 2003 gemeinsam mit A K eine nicht näher bekannte Menge Kokain konsumierte, wobei das Kokain wechselseitig zur Verfügung gestellt wurde. Der Berufungswerber wurde am 28.07.2004 aus der Untersuchungshaft entlassen. Der (wesentlich umfangreichere) Punkt I.) des genannten Gerichtsurteiles wurde vom Berufungswerber beim Obersten Gerichtshof bekämpft und in der Folge vom Höchstgericht auch kassiert. In einer weiteren Hauptverhandlung fasste das Landesgericht für Strafsachen G als Schöffengericht das Urteil vom 17.03.2005, mit dem G S für schuldig befunden wurde, im Zeitraum von Juli 2001 bis Juli 2002 die im Begründungstext des bekämpften Bescheides wiedergegebenen strafbaren Handlungen (sieben Punkte) begangen zu haben. Unter Verweis auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und Strafbestimmungen wurde der Berufungswerber zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Der Strafteil von 15 Monaten wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gegen das Urteil brachte G S eine Nichtigkeitsbeschwerde und eine Strafberufung ein. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 28.07.2005 zurückgewiesen und die Strafberufung sowie die nicht gänzlich erteilte Strafnachsicht vom Oberlandesgericht G bestätigt. Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen G als Schöffengericht vom 17.03.2005 wurde am 28.09.2005 rechtskräftig. Mit Übermittlung der Strafanzeige vom 21.07.2004 - eingelangt bei der Behörde am 29.7.2004 - wurde die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg davon in Kenntnis gesetzt, dass G S im Verdacht steht, in mehreren Fällen gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen zu haben. Am 01.10.2004 richtete die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg eine Anfrage an das Landesgericht für Strafsachen G und ersuchte sie um Mitteilung vom Ausgang des Gerichtsverfahrens und um Übermittlung des Gerichtsurteiles. Im Aktenvermerk vom 03.11.2004 ist festgehalten, dass Berufung gegen das Strafurteil erhoben worden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erwartet wird. Am 12.01.2005 leitete die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B ein. Die Behörde beauftragte die Amtsärztin Dr. G unter Verweis auf die Anzeige der Staatsanwaltschaft (Suchtmittelmissbrauch) um Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens. Am 01.03.2005 erfolgte die amtsärztliche Untersuchung des Berufungswerbers. Dabei stellte die Amtsärztin keine Ausschlussgründe für das Lenken eines Kraftfahrzeuges fest. Hinsichtlich des Suchtmittelkonsums lagen zwei unterschiedliche Harntestergebnisse vor. Der Harntest, abgelegt an der Gerichtsmedizin in G am 23.02.2005, war negativ;

jener aus Anlass der Untersuchung durchgeführte Harntest ergab im

Hinblick auf die Substanz Kokain ein positives Ergebnis. Ausgehend

von einem Suchtmittelmissbrauch verlangte Dr. G vom

Berufungswerber eine neuro-psychiatrische Stellungnahme, die in

der Folge von Dr. G P, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie,

erstellt wurde. Die fachärztliche Stellungnahme vom 29.07.2005

brachte zum Ausdruck, dass kein Einwand gegen eine

Lenkberechtigung vorzubringen ist. Dieses Gutachten gab den

Ausschlag dafür, dass Dr. G dem Berufungswerber im amtsärztlichen

Gutachten vom 19.08.2005 die uneingeschränkte gesundheitliche

Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klassen A und B

attestierte. Zuvor angestellte Überlegungen, dem Berufungswerber

die Auflage einer monatlichen Kontrolluntersuchung

(Drogenscreening auf Kokain) zu erteilen, wurden nicht weiter

verfolgt. Am 19.10.2005 langte bei der Bezirkshauptmannschaft

Voitsberg die Benachrichtigung von der Beendigung des

Strafverfahrens und seines Ausganges ein. Mit dem Schreiben vom

07.11.2005 hielt die belangte Behörde dem Berufungswerber die

Verurteilungen vor und kündigte ihre Absicht an, ihm die

Lenkberechtigung für die Klassen A und B zu entziehen. In seiner

Entgegnung vom 17.11.2005 ersuchte G S von der Entziehung der

Lenkberechtigung abzusehen. Er sei jederzeit bereit, einen

Drogentest durchzuführen, um zu beweisen, dass er mit dieser Sache

nichts mehr zu tun habe. Am 29.11.2005 erließ die belangte Behörde

den nunmehr bekämpften Entziehungsbescheid. Zur rechtliche

Beurteilung: Nach § 24 Abs 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer

Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung

der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben

sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der

Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen... Nach § 7

Abs 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht

aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung

(Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart

beim Lenken von Kraftfahrzeugen 1. ... 2. sich wegen der

erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 hat nach Abs 3 Z 12 leg cit zu gelten, wenn jemand - wie der Berufungswerber - eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs 2 bis 5 oder 31 Abs 2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl I Nr. 112/1997, begangen hat. Für die Wertung der in Abs 3 FSG beispielsweise angeführten Tatsachen sind nach § 7 Abs 4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Dem Berufungswerber ist darin beizupflichten, dass das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 FSG für die Annahme der mangelnden Verkehrszuverlässigkeit nicht genügt und der Entziehungsbescheid - wenn man von der Wiedergabe des Gerichtsurteils absieht - keine Begründung für die Annahme einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung enthält. Die rudimentären Ausführungen zur Bemessung der Entziehungsdauer, die keinen Bezug zum konkreten Sachverhalt herstellen, können eine derartige Begründung nicht ersetzen. Weshalb die Behörde angenommen hat, der Berufungswerber werde sich wegen der durch die Taten hervorgekommen Sinnesart künftig - unter Gebrauch der Lenkberechtigung - weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen, ist dem bekämpften Bescheid nicht zu entnehmen. Richtig ist, dass die dem Berufungswerber angelasteten Handlungen in ihrer Ausprägung verwerflich sind und dahinter eine Sinnesart gestanden ist, die aufzeigte, dass der Berufungswerber zugunsten einer Umsatzsteigerung die Gefährdung der Gesundheit seiner Arbeitnehmer in Kauf genommen hat. Richtig ist aber auch, dass der Berufungswerber dieses Verhalten, auf das sich die Behörde bezieht, bereits im Juli 2002 eingestellt hat. (Die bereits seit 28.07.2004 rechtskräftigen Schuldsprüche wurden von der Behörde nicht angezogen und sind sie für die Gesamtbeurteilung auch nicht maßgeblich.) Wenn die belangte Behörde auf die Entscheidung des VwGH vom 26.03.1998, 97/11/0207 verweist, wonach der seit der Begehung der strafbaren Handlungen verstrichenen Zeit bis zum Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens und des Entziehungsverfahren kein entscheidendes Gewicht zukomme, so vernachlässigt sie den Sachverhalt, der zu dieser Verwaltungsgerichtshofentscheidung geführt hat. Das Höchstgericht hatte einen Sachverhalt zu beurteilen, wo der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten gerichtlich verurteilt worden ist, weil er, im Zeitraum von Sommer 1995 bis Sommer 1996 mehr als ein Kilogramm Haschisch von Deutschland nach Österreich geschmuggelt und dieses an verschiedenen Personen, darunter auch Minderjährige, weiterverkauft hat. Weiters hat er in diesem Zeitraum zumindest

4.440 Stück Ecstasy-Tabletten und ca. 40 g Kokain an verschiedene Personen verkauft. Der Beschwerdeführer hat bei der Begehung der Taten ein Kraftfahrzeug benützt. Ihm wurde die Lenkberechtigung bereits ein Jahr nach Beendigung des inkriminierten Verhaltens im Sommer 1996 - der Entziehungsbescheid ist vom Juli 1997 - entzogen. Dieser Sachverhalt ist sowohl von der Verwerflichkeit der Taten und dem dahinter stehenden kriminellen Potenzial, von den erleichternden Umständen bei der Begehung der Taten, die vom Besitz einer Lenkberechtigung ausgegangen sind, als auch von der seit der Begehung der Taten bis zur Entziehung der Lenkberechtigung verstrichenen Zeit - zwischen Juli 2002 und November 2005 liegen fast 3 1/2 Jahre - nicht mit dem hier zu beurteilenden Fall zu vergleichen, weshalb mit einem Verweis auf die zitierte VwGH-Entscheidung (und auch auf ähnlich gelagerte Entscheidungen des Höchstgerichtes) nichts gewonnen ist. Die Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 24 in Verbindung mit § 7 Abs 4 FSG verfolgt typischerweise einen Sicherungszweck im Sinne polizeilicher Gefahrenabwehr. G S hat sich jedenfalls seit Ende 2003 bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides - das sind knapp zwei Jahre, davon mehr als 1 1/2 Jahre in Freiheit - nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Er hat während dieser Zeit kein Verhalten gesetzt, welches darauf hindeutet, dass er sich von seinen vorigen Handlungen nicht distanziert. Gerade sein Wohlverhalten vor seiner Verhaftung im April 2004 - er hat aus eigenem Antrieb seine Suchtgiftaktivitäten eingestellt - ist für die zu treffende positive Prognoseentscheidung von besonderer Bedeutung, weil es weder durch Verhaftung erzwungen noch durch anhängige Verfahren gesteuert gewesen sein kann. Die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Fahrzeugen wurde von der Behörde überprüft. Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass bereits die bedingte Strafnachsicht den Sicherungszweck im Sinne polizeilicher Gefahrenabwehr erfüllt. Der Berufungswerber hat mit der Untersuchungshaft von etwa 3 1/2 Monaten einen einschneidenden Freiheitsentzug erlebt; ihm droht im Wiederholungsfall innerhalb der Probezeit von drei Jahren eine 15-monatige-Freiheitstrafe. Zusammengefasst: Die Entziehung der Lenkberechtigung war rechtswidrig, weil die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nach § 7 Abs 1 Z 2 FSG gestellte Prognose, der Berufungswerber werde sich wegen der Sinnesart, die zur gerichtlichen Verurteilung geführt hat, in Zukunft weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen, mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht zutrifft. Der Berufungswerber ist verkehrszuverlässig. Er ist glaubhaft bemüht, wieder an sein Leben als Gastwirt anzuknüpfen, wie er es vor 2001 geführt hat. Auf die von der Behörde festgesetzte Entziehungsdauer war nicht weiter einzugehen. Gleiches gilt sinngemäß für die von der Behörde ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung. Hier genügt der Hinweis, dass schon mit der Behebung des Bescheides in der Hauptsache (Entziehung der Lenkberechtigung) der Ausspruch nach § 64 Abs 2 AVG zufolge seines akzessorischen Charakters zu beheben ist. Es war daher der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Lenkberechtigung Entziehung Verkehrszuverlässigkeit Suchtmittel Zeitablauf Wohlverhalten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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