TE UVS Steiermark 2006/03/13 30.8-3/2006

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Veröffentlicht am 13.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Manja Schlossar-Schiretz über die Berufung des Herrn Mag. R D, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 23.12.2005, GZ.: 028811/2005-2, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 8,00 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 09.08.2005, um 19.45 Uhr, in G, L auf Höhe des Hauses Nr. 10, auf der dortigen Fahrbahn ein fahrzeugähnliches Kinderspielzeug verwendet, obwohl auf der Fahrbahn Spiele jeder Art verboten seien. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 88 Abs 1 StVO verhängte die Behörde gemäß § 99 Abs 4 lit e StVO über den Berufungswerber eine Geldstrafe von ? 40,00, im Uneinbringlichkeitsfall zwei Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass es sich beim Mikroscooter, welcher der Berufungswerber am 09.08.2005 verwendet hat, um kein Fahrzeug im Sinne der StVO, sondern um ein fahrzeugähnliches Kinderspielzeug im Sinne des § 88 Abs 1 und 2 StVO handle. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und führte aus, dass er keinesfalls mit einem Kinderspielzeug auf der Straße gespielt habe. Tatsächlich habe er seine Rad fahrenden Kinder am Nachhauseweg vom Spielplatz mit dem Scooter begleitet und habe dabei den Scooter als Bewegungsmittel verwendet. In Ermangelung eines Radfahrweges oder Gehsteiges habe der Berufungswerber die Straße befahren. Er verlangte die Rücknahme der verhängten Strafe, da ein Strafdelikt nicht verwirklicht worden und die belangte Behörde unzuständig sei. Am 13.03.2006 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine Berufungsverhandlung statt, an der der Berufungswerber persönlich teilnahm und in deren Verlauf als Zeuge RI M K einvernommen wurde. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht die Berufungsbehörde von folgendem Sachverhalt aus: Der Berufungswerber war am späten Nachmittag des 09.08.2005 gemeinsam mit seinen beiden Kindern am Spielplatz R. Beide seiner Kinder waren mit Kinderfahrrädern unterwegs. Um sie zu begleiten ist der Berufungswerber mit einem Mikroscooter gefahren. Auf dem Nachhauseweg befuhren der Berufungswerber und seine Kinder zuerst den Fahrradweg. Da es aber im Bereich des L keinen Gehsteig gibt, haben der Berufungswerber und seine Kinder für das letzte Stück zur Einfahrt seines Hauses die Fahrbahn benutzt. Als der Unfall, bei welchem sich der Berufungswerber verletzte, um ca. 19.45 Uhr passierte, waren alle drei in Bewegung. So fuhr der Sohn des Berufungswerbers vor und seine Tochter hinter ihm. Der L ist vor dem Haus des Berufungswerbers etwa 2,5 m breit. Der Unfall ereignete sich in der Mitte der Fahrbahn, wo sich ein Wasserabsperrhahn befand. Der Berufungswerber fuhr mit dem Mikroscooter in die Aushebung des Wasserabsperrhahns hinein und kam dadurch zu Sturz. Im Unfallbereich war es schattig, weshalb der Berufungswerber, das in etwa 10 x 10 cm große und 3 cm tiefe Loch in der Straße übersah. Beim L handelt es sich um keine Wohnstraße. Es besteht auch keine Verordnung, die das Spielen auf dem L erlaubt. Beweiswürdigung: Der festgestellte Sachverhalt basiert im Wesentlichen auf den übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers sowie des als Zeugen einvernommenen RI M K. Die Angaben des Berufungswerbers sowie des einvernommenen Zeugen wurden durch die vorgelegten Fotografien, Beilage ./A - ./E, ergänzt. Rechtliche Beurteilung: § 88 StVO regelt das Spielen auf Straßen. Diese Bestimmung bildet derzeit die einzige rechtliche Grundlage zur Beurteilung des Fahrverhaltens von Mikroscooterfahrern. § 88 Abs 1 StVO im hier maßgeblichen Umfang verbietet Spiele jeder Art auf der Fahrbahn. § 88 Abs 2 StVO verbietet Spiele auf Gehsteigen oder Gehwegen und deren Befahren mit fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug und ähnlichen Bewegungsmitteln, wenn hierdurch der Verkehr auf der Fahrbahn oder Fußgänger gefährdet oder behindert werden. Als Fahrbahn bezeichnet die Begriffsbestimmung des § 2 Abs 1 Z 2 StVO den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße. In den erläuterten Bemerkungen zu § 2 Abs 1 Z 22 lit c StVO wird ausgeführt, dass auch sogenannte Mikroscooter, fahrzeugähnliches Kinderspielzeug sind und nicht etwa Kleinfahrzeuge oder Fahrzeuge. Demnach sind sie einem Fahrzeug nur insofern ähnlich, als sie zwar sie dieselbe Betriebsweise und Gestalt wie ein Fahrrad haben, sich von diesem jedoch dadurch unterscheiden, dass sie wesentlich kleiner und hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit weniger leistungsfähig sind. Die Zuständigkeit des Bürgermeisters der Stadt Graz zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses als Bezirksverwaltungsbehörde ist darin begründet, dass der 10. Abschnitt der Straßenverkehrsordnung (Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken) vom Vollzug durch die Bundespolizeidirektion ausgenommen ist. Der Berufungswerber hat am 09.08.2005 um ca. 19.45 Uhr in G, L, auf der Höhe des Hauses Nr. 10 einen Microscooter, bei welchem es sich um ein fahrzeugähnliches Kinderspielzeug handelt, in der Art verwendet, als er sich damit in der Mitte der Fahrbahn fortbewegt hat. Bei dem betreffenden Straßenabschnitt handelt es sich um keine Wohnstraße und es existiert auch keine Verordnung, welche das Spielen auf der Straße gestattet. Mikroscooterfahrer dürfen grundsätzlich unter den in § 88 Abs 2 StVO festgelegten Voraussetzungen (keine Gefährdung des Straßenverkehrs) Gehsteige und Gehwege benutzen. Das Fahren mit einem Mikroscooter auf der Fahrbahn ist verboten. Diese Rechtslage steht zwar im krassen Widerspruch zur faktischen Benützung von Verkehrsflächen durch Mikroscooterfahrer, sie ist daher in hohem Maße - nicht zuletzt aus Gründen der Verkehrssicherheit - reformbedürftig, zumal die Bestimmung des § 88 StVO lediglich den Bereich regelt, der auf Kinder abstellt, die aufgrund der ihnen aus dem Straßenverkehr drohenden Gefahren grundsätzlich nicht auf der Straße spielen, aber auch Gehwege und Gehsteige nur eingeschränkt für Spiele nutzen dürfen. Letztendlich hat der Berufungswerber aber den Tatbestand des § 88 Abs 1 leg cit dadurch erfüllt, als er mit seinem Mikroscooter die Fahrbahn des L vorschriftswidrig befahren hat. Das Verschulden des Berufungswerbers kann auch im Hinblick darauf, dass er sich in der Mitte der Fahrbahn mit seinem fahrzeugähnlichen Kinderspielzeug fortbewegt hat, nicht als geringfügig angesehen werden. Auf Grund der Tatumstände war nicht anzunehmen, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Behörde erster Instanz hat als strafmildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers und keine Erschwerungsgründe angenommen. Die festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, da die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe auch diesbezüglich angepasst erscheint. Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der im Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit ? 1,50 zu bemessen. Darauf stützt sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.

Schlagworte
spielen fahrzeugähnliches Kinderspielzeug Microscooter Fahrbahn Benützungsverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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