TE UVS Tirol 2006/04/24 2006/20/1026-1

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Veröffentlicht am 24.04.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn M. A. J. S., D-L., vertreten durch die Rechtsanwälte A., E. und P. GbR, D-L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 24.2.2006, Zahl KS-5010-2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG 1991 wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Die Erstbehörde hat das ordentliche Verfahren einzuleiten.

Text

Mit einer Strafverfügung vom 18.10.2005 warf die Erstbehörde dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 42 Abs 6 StVO vor. Der Schuldvorwurf geht im wesentlichen dahin, dass der Berufungswerber am 4.10.2005 um 22.50 Uhr auf der Inntalautobahn A 12 bei Kilometer 24,300 einen Sattelzug entgegen dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden LKW Fahrverbot gelenkt hätte.

 

Seitens der Erstbehörde wurde zunächst eine Zustellung dieser Strafverfügung unmittelbar durch die Post versucht, wobei jedoch das Schriftstück von der Deutschen Post mit dem Vermerk ?nicht abgeholt? rückübermittelt wurde. In weiterer Folge richtete die Erstbehörde unter Bezugnahme auf das Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland ein Zustellersuchen an das Niedersächsische Ministerium für Inneres. Darin wurde gebeten, die Strafverfügung in der durch das Recht des ersuchten Staates vorgeschriebenen Form (Artikel 6 Abs 1 a des vorzitierten Übereinkommens) zuzustellen. Die in diesem formularmäßigen Zustellersuchen angeführten Rupriken

 

?() Zustellung mit Postzustellurkunde EIGENHÄNDIG? und

 

?() Zustellung mit Postzustellurkunde? wurden nicht angekreuzt.

 

Am 12.12.2005 langte bei der Erstbehörde eine Zustellungsurkunde des Behördenzentrums Auf der Hude, Lüneburg, ein, in welcher bestätigt wurde, dass das Schriftstück zu übergeben versucht wurde und, weil die Übergabe des Schriftstückes ?in der Wohnung/in dem Geschäftsraum? nicht möglich war, das Schriftstück in den zur Wohnung/zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde. Als Zeitpunkt der Zustellung wurde der 2.12.2005, 13.55 Uhr angeführt.

 

Mit einem am 17.2.2006 übermittelten Telefax wurde Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Erstbehörde diesen Einspruch als verspätet zurück. Begründet wurde dies damit, dass die Strafverfügung am 2.12.2005 zugestellt worden sei und der Einspruch erst am 17.2.2006 erhoben worden sei.

 

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid wurde nunmehr innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Begründet wurde dies damit, dass die Strafverfügung dem Berufungswerber erst am 8.2.2006 zugestellt worden sei. Eine weitere Begründung würde nach Akteneinsicht erfolgen.

 

Gemäß § 48 Abs 2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

 

Gemäß § 11 Abs 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Gemäß Art 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art 10 des genannten Vertrages geregelt.

 

Gemäß dessen Art 10 Abs 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art 1 Abs 1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Im gegenständlichen Fall wurde, nachdem der Zustellversuch durch die Post erfolglos blieb, das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport zur Zustellung herangezogen. Seitens der Deutschen Post AG wurde dem Auftrag der Zustellung durch Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten entsprochen. Gemäß § 180 d ZPO besteht für den Fall, dass eine Ersatzzustellung in der Wohnung oder in den Geschäftsräumen des Zustelladressat nicht ausführbar ist, die Möglichkeit der Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstückes in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung (beispielsweise in den Einwurfschlitz einer Eingangstür), die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist.

 

Im gegenständlichen Fall war in Bezug auf die Zustellung der Strafverfügung eine eigenhändige Zustellung erforderlich. Ein derartiger Vermerk wurde jedoch seitens der Erstbehörde unterlassen. Eine Ersatzzustellung, wie sie in der Folge von der Deutschen Post AG vorgenommen wurde, war daher nicht zulässig (vgl VwGH vom 22.11.2005, Zahl 2001/03/0108 und die dort zitierten Vorerkenntnisse).

 

Im Hinblick auf die Behauptung des Berufungswerbers, wonach eine Zustellung erst am 8.2.2006 erfolgt sei, fehlt es auch an Anhaltspunkten dafür, dass in Bezug auf diesen Zustellmangel zu einem früheren Zeitpunkt Heilung eingetreten ist und aus diesem Grund der Einspruch als verspätet zu werten wäre.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Im, gegenständlichen, Fall, war, in Bezug auf, die, Zustellung, der, Strafverfügung, eine, eigenhändige, Zustellung, erforderlich
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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