TE UVS Tirol 2006/04/25 2006/26/0981-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn M. P., vertreten durch die O. und P. KEG Rechtsanwälte, 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15.03.2006, Zl VK-29466-2005, betreffend eine Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15.03.2006, Zl VK-29466-2005, wurde Herrn M. P., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 11.11.2005 um 20.20 Uhr

Tatort: Innsbruck, auf der Egger-Lienz-Straße 120 (WIFI) in Fahrtrichtung Westen

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben als Zulassungsbesitzer des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Es wurde eine unzulässige Änderung an Teilen und Ausrüstungsgegenständen eines genehmigten Fahrzeuges vorgenommen, wodurch deren Eigenschaften oder Wirkung im Sinne der Verkehrs- und Betriebssicherheit herabgesetzt wurden. Es war(en) die vorderen Seitenscheiben mit verdunkelnden Folien beklebt. Das KFZ wurde zum Tatzeitpunkt von S. D. verwendet.?

 

Dadurch habe die Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs 6 KFG begangen. Über diese wurde daher gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe von Euro 80,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe bestimmt.

 

Dagegen hat Herr M. P., rechtsfreundlich vertreten durch die O. und P. KEG Rechtsanwälte, 6020 Innsbruck, fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes geltend gemacht. Begründend hat er im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

 

?4. Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens:

4.1. Nach der Erstinstanz habe der Berufungswerber die ?Übertretung in Abrede gestellt?, es bestünde kein Grund für die Behörde, an den Angaben des Anzeigers zu zweifeln, einem geschulten Organ der Strassenaufsicht müsste zugebilligt werden, ?derartige Übertretungen? richtig festzustellen.

 

Diese Begründung nimmt auf das Vorbringen des Berufungswerbers überhaupt nicht Bezug, hat jedes Beweismittel, das der Berufungswerber zu seiner Entlastung angeboten hat, ausser Acht gelassen und haben diese Ausführungen mit dem konkreten Strafverfahren nichts zu tun. In Wirklichkeit wurde diese standardisiert in den gegenständlichen Bescheid übernommen. Das zeigt sich etwa daran, dass die angeklebten Folien nie bestritten waren, wohl aber, dass diese nachträglich vom Berufungswerber oder seinem Fahrer angebracht worden seien. In dieser Richtung konnte das ?anzeigende Organ? zu keinem Zeitpunkt eine Wahrnehmung machen, sondern nur feststellen, dass die Klebefolien am KFZ vorhanden waren. Wie gesagt, hat die Begründung mit dem individuellen Verfahren nichts zu tun.

 

Bescheide, die an ?Scheinbegründungen? leiden, sind mangelhaft und schon aus diesem Grunde zu beheben (vgl statt vieler: VwGH 24.02.1981, SLG 10, 378 1 A oder VwGH 22.03.1996, 94/17/0150).

 

4.2. Im einzelnen:

Der Beschuldigte legte die Kopie der Einzelgenehmigung des LH von Tirol vom 03.09.2004 für das gegenständliche KFZ zum Akt und beantragte ausdrücklich, ihn vor die BH Innsbruck zu laden, um diesen Bescheid im Original vorzulegen, weil sich aus den Lichtbildern, die Bestandteil des Originals sind, ergab, dass diese Folien schon zur Zeit der Genehmigung vorhanden und damit bewilligt waren. Noch einmal: Diese Folien - angeblich nicht genehmigt - waren bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über die Einzelgenehmigung am KFZ angebracht und von vorne herein von dieser Bewilligung umfasst. Sie wurden weder von M. P. noch von seinem Fahrer, Herr D. S., irgendwann später - angebracht oder verändert.

 

Aus dem Bescheid (dh den Lichtbildern), den Herr P. mitgebracht hätte, um Einsicht zu ermöglichen, hätten sich die Folien schon im Zeitpunkt des Bescheides gezeigt.

 

Dies bestätigt auch der von der BH Innsbruck kontaktierte TÜV bzw dessen Sachbearbeiter, Herr Ing. M. O., der am 21.02.2006 ausdrücklich ausführt, dass beim Genehmigungsverfahren gemäss § 34 KFG für das KFZ offensichtlich die Klebefolien an den vorderen Seitenscheiben übersehen worden seien. Wenn überhaupt, war es damit ein Versehen/ein Fehler der genehmigenden Behörde (TÜV) bzw in weiterer Folge der Tiroler Landesregierung, nicht aber des Berufungswerbers, der einem genehmigenden Bescheid vertraute.

 

Wie die BH Innsbruck anhand dieser Sach- und Rechtslage ein Straferkenntnis verhängen kann, ist nicht nachvollziehbar.

 

Die Vernehmung des Beschuldigten sowie seines Fahrers D. S. hätte gezeigt, dass es nie eine Änderung der Klebefolien gab, etwa durch späteres Anbringen. Der Originalbescheid hatte dies auch gezeigt. Das Verfahren blieb insoweit wesentlich mangelhaft. Wären diese Beweismittel aufgenommen worden, wäre es zur Einstellung des Strafverfahrens gekommen.

 

Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes:

4.3. Die für die Prüfung des KFZ zuständige Behörde/der Sachverständige hat dieses in jener Form bewilligt, in der es der Behörde präsentiert wurde, also einschliesslich Klebefolien an den vorderen Seitenscheiben.

 

Damit konnte - und musste - Herr M. P. selbstverständlich davon ausgehen, dass diese Folien, die ihm zum Vorwurf gemacht werden, genehmigt sind und selbstverständlich gegen keine Norm verstossen.

 

Es fehlt jede Rechtswidrigkeit seines Verhaltens, auch jegliches Verschulden. Herr P. kann nicht mehr tun, als sein KFZ der Behörde zur Prüfung überlassen, die in Folge einen positiven Bescheid einschliesslich Folien erliess.

 

Dem Beschuldigten ist nicht - im nach hinein - vorwerfbar, er hätte Klebebänder (vorne) zu entfernen gehabt, nachdem die Behörde dies selber gut geheissen hat. Es gab damit für ihn nie eine Verpflichtung in dieser Richtung, weil er sich weder eines diesbezüglichen Verschulden noch rechtswidrigen Verhaltens bewusst gewesen sein konnte. Anderes hiesse, den rechtskräftigen, bewilligenden Bescheid der Behörde in Frage zu stellen, wofür nicht einmal ansatzweise ein Grund bestand. Es kann nicht sein, allfällige Fahrlässigkeiten der Behörde in solche des Beschuldigten umzudeuten.

 

Zwischenzeitlich wurden die Klebefolien im Rahmen der Amtshandlung entfernt und sind nicht neu angebracht.

 

4.4. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat Herr P. getan und machte glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift keinerlei Verschulden trifft.

 

Sofern man ein Verschulden des Beschuldigten im Sinne des 5 VSTG annehmen will - was jedenfalls bestritten bleibt - liegt ein Schuldausschliessungsgrund als Rechtsirrtum vor. Herr P. konnte die rechtliche Seite seiner Tat aus den geschilderten Gründen nie erkennen und damit nicht eine allfällige Rechtswidrigkeit.

 

Der Beschuldigte hat - siehe oben - sich an geeigneter Stelle erkundigt, ob das KFZ verkehrstauglich ist, was ihm bescheidmässig durch die zuständige Behörde bestätigt wurde.

 

Beweis: M. P., c/o M., in XY.

Kopie siehe einliegender Bescheid über die Einzelgenehmigung des Landeshauptmannes für Tirol vom 03.09.2004 - dieser wird jederzeit über Verlangen im Original vorgelegt

D. S., c/o M., in XY.

Ing. M. O., c/o TÜV Bayern LGO, Trientlgasse 8, 6020 Innsbruck

 

5.1. Am Rande:

Ein praktisch gleichartiger Sachverhalt hat sich 2004 zugetragen. Die BH Innsbruck leitete gegen Herrn P. zu VK-31990-2004 ein Verwaltungsstrafverfahren wegen behaupteter Änderungen am KFZ ein. Auch hier konnte der Berufungswerber darlegen, dass ihm kein Vorwurf zu machen ist, nachdem er das (damalige) KFZ ebenfalls der Behörde zur Genehmigung vorlegte, die den Wagen, wie er der Behörde zur Verfügung überlassen wurde, bewilligte. Dieses Strafverfahren Zl VK-31990-2004 wurde eingestellt. Gleich wäre in diesem Verfahren vorzugehen gewesen.

 

Beweis: Wie vor

Verfahren VK-31990-2004 BH Innsbruck, dessen Beiholung ausdrücklich beantragt wird?

 

Der Berufungswerber hat daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Eventualiter wurde die Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz begehrt.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt und in den Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit der Gzl VK-31990-2004 sowie durch Einvernahme des Berufungswerbers und des Zeugen Ing. M. O. in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.04.2006. Außerdem wurde der Einzelgenehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY eingesehen.

 

Sachverhaltsfeststellungen:

Herr P. M., geb. am XY, wohnhaft in XY, ist Zulassungsbesitzer des PKWs mit dem behördlichen Kennzeichen XY.

Das betreffende Kraftfahrzeug wurde am 11.11.2005 um 20.20 Uhr von Herrn S. D. in Innsbruck, auf Höhe des Hauses Albin-Egger-Straße 120 (WIFI), in Fahrtrichtung Westen gelenkt. Bei der dort erfolgten Anhaltung wurde festgestellt, dass an den vorderen Seitenscheiben des PKWs verdunkelnde Folien angebracht sind. Diese Folien wurden vom Fahrzeuglenker nach Rücksprache mit dem Zulassungsbesitzer entfernt.

Das betreffende Kraftfahrzeug wurde aus den USA importiert. Herr M. P. hat für diesen PKW in der Folge beim Landeshauptmann für Tirol um die Erteilung einer Einzelgenehmigung nach den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 angesucht. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 03.09.2004 wurde diese Einzelgenehmigung gemäß §§ 28 und 34 KFG unter der Bedingung erteilt, dass die Genehmigung nur gültig ist, wenn das Fahrzeug unter den auf Seite 7 angeführten Auflagen zugelassen wurde. Die Genehmigung wurde laut Spruch für das auf den Seiten 6 und 7 beschriebene und auf Seite 8 dargestellte Fahrzeug erteilt. Auf den Seiten 6 und 7 finden sich insbesondere die technischen Kenndaten des Fahrzeuges sowie Angaben, welche Abweichungen des betreffenden Fahrzeuges von den kraftfahrrechtlichen Vorschriften konsentiert werden (Fehlen der Typengenehmigung für Scheinwerfer und Leuchten), auf der Seite 8 aber zwei Lichtbilder, auf denen erkennbar ist, dass an den vorderen Seitenscheiben des PKW bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Einzelgenehmigung verdunkelnde Folien angebracht waren.

 

Beweiswürdigung:

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich, was die Verwendung des Fahrzeuges mit angebrachten Tönungsfolien auf den vorderen Seitenscheiben zum angenommenen Tatzeitpunkt an der betreffenden Straßestelle anlangt, aus der Anzeige der Verkehrsinspektion Innsbruck vom 11.11.2005, Zl A2/94280/2005-LPK. Die Richtigkeit dieser Angaben wird auch vom Berufungswerber nicht bestritten.

Was die Feststellungen zur Erteilung der Einzelgenehmigung anlangt, ergeben sich diese aus den Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen Ing. M. O. sowie aus dem in der Berufungsverhandlung in vollem Umfang vorgelegten Einzelgenehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 03.09.2004.

 

B) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen zu beachten:

?1. Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, in der im Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 117/2005:

 

§ 33

Änderungen an einzelnen Fahrzeugen

(6) Änderungen an Teilen und Ausrüstungsgegenständen von genehmigten Fahrzeugen, durch die deren Eigenschaften oder deren Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt werden können, sind unzulässig.

 

§ 103

Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

(1) Der Zulassungsbesitzer

1. hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

 

§ 134

Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

2. Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, in der im Zeitpunkt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 107/2004:

 

§ 28

Allgemeines

(1) Typen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder von Fahrgestellen solcher Fahrzeuge und einzelne Kraftfahrzeuge oder Anhänger oder Fahrgestelle solcher Fahrzeuge sind auf Antrag behördlich zu genehmigen, wenn sie den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen.

 

§ 34

Ausnahmegenehmigung

(2) Der Landeshauptmann kann auf Antrag des Besitzers einzelne Fahrzeuge oder Fahrgestelle, die den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht entsprechen, zum Zwecke der Erprobung, für die Beförderung unteilbarer Güter oder wegen anderer besonderer Gegebenheiten, unter denen diese Fahrzeuge verwendet werden (zB historische Fahrzeuge), gemäß § 31 einzeln genehmigen, wenn dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen (Ausnahmegenehmigung). Der Landeshauptmann kann weiters Ausnahmegenehmigungen erteilen, wenn in einem Genehmigungsverfahren die erforderlichen Nachweise im Sinne der Richtlinien 70/156/EWG und 2002/24/EG nicht erbracht werden können und wenn vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen. Solche Ausnahmen sind aber nur jeweils für eine bestimmte Anzahl gleichartiger Fahrzeuge zu erteilen. Bei der Bemessung der Zahl der allenfalls zu genehmigenden Fahrzeuge sind die Vorgaben der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu berücksichtigen.

 

3. Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl Nr 399/1967 (KDV 1967), in der im Zeitpunkt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung maßgeblichen Fassung der Verordnung BGBl II Nr 535/2004:

 

Anbringung von Folien auf Scheiben von Kraftfahrzeugen

§ 7a

(3) Das Anbringen von Splitterschutzfolien ist auf allen Seitenscheiben, auf der Heckscheibe und auf Dachfenstern zulässig. Das Anbringen von Tönungsfolien ist auf Seitenscheiben ab der zweiten Sitzreihe nach hinten, auf der Heckscheibe und auf Dachfenstern zulässig, sofern es sich nicht um Scheiben handelt, die gemäß der ECE-Regelung Nr. 43 mit dem Symbol ?V? im Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Das Glas darf mit der Folie nur bis zur Scheibenhalterung beschichtet werden, ein Verklemmen mit dem Rahmen oder der Dichtung ist auszuschließen. Durch das Anbringen der Folie darf keine Erhöhung des Verletzungsrisikos durch Glassplitter eintreten. Keinesfalls dürfen mehrere Folien übereinander angebracht werden.

 

4. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Dem Berufungswerber wird als Zulassungsbesitzer angelastet, dass er nicht für einen den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges gesorgt hat. Konkret wird ihm offenbar ein Verstoß gegen § 7a Abs 3 KDV vorgeworfen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich im Umkehrschluss, dass das Anbringen von Tönungsfolien im Bereich der vorderen Seitenscheiben nicht zulässig ist.

 

Der Berufungswerber rechtfertigt sich nun damit, dass für das betreffende Kraftfahrzeug durch den Landeshauptmann eine Einzelgenehmigung erteilt worden sei, wobei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Tönungsfolien bereits am Fahrzeug angebracht gewesen seien.

Aufgrund dieses Vorbringen war daher zunächst der Inhalt des in Rede stehenden ?Bescheides über die Einzelgenehmigung? zu beurteilen. Nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens trifft es zu, dass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die beanstandeten Tönungsfolien bereits am Fahrzeug angebracht waren. Dies ergibt sich aus den in den Bescheid (Seite 8) aufgenommenen, bei der Prüfung angefertigten Lichtbildern, die die Tönungsfolien erkennen lassen. Auf die Darstellung des Fahrzeuges auf Seite 8 wird im Bescheidspruch auch ausdrücklich Bezug genommen. Daraus könnte man folgern, dass auch die Anbringung der Folien an den vorderen Seitenscheiben genehmigt worden ist.

Dagegen ist allerdings ins Treffen zu führen, dass sich der Bescheid laut seinem Spruch auf § 34 KFG stützt. In dieser Bestimmung ist die Erteilung einer Einzelgenehmigung für Fahrzeuge geregelt, die den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht entsprechen (Ausnahmegenehmigung). Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist dabei, dass dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen. Auf der im Spruch ebenfalls bezogenen Seite 7 des Bescheides ist nun ausdrücklich angeführt, welche Abweichung von den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit dem vorliegenden Bescheid konsentiert wird, nämlich lediglich die Verwendung von nicht typengenehmigten Scheinwerfern und Leuchten am betreffenden Fahrzeug, nicht aber auch die Verwendung von Tönungsfolien an den vorderen Seitenscheiben. Auch Bescheide von Verwaltungsbehörden sind im Zweifel gesetzeskonform auszulegen. Dies führt nun nach Ansicht der Berufungsbehörde zum Ergebnis, dass mit dem vorliegenden Einzelgenehmigungsbescheid die Anbringung der beanstandeten Tönungsfolien nicht genehmigt worden ist. Auch wenn im Spruch auf die bildliche Darstellung des Fahrzeuges auf Seite 8 des Bescheides Bezug genommen wird, welches die Tönungsfolien erkennen lässt, ist doch zu berücksichtigen, dass bei der Auflistung der konsentierten Ausnahmen von den kraftfahrrechtlichen Vorschriften diese Folien nicht angeführt worden sind. Es war daher offenkundig nicht Wille der bescheiderlassenden Behörde, die Anbringung dieser Folien abweichend von § 7a Abs 3 KDV zu genehmigen. Die Bezugnahme auf das Lichtbild hat offenbar lediglich den Zweck, die erteilte Ausnahmegenehmigung für die nicht typengenehmigten Scheinwerfer und Leuchten durch bildliche Darstellung derselben zu konkretisieren. Dies zeigt sich auch darin, dass abweichend von der sonstigen Praxis zwei Fotos angefertigt wurden, um die Beleuchtungsvorrichtungen vorne und hinten am Fahrzeug abzubilden.

Den Ausführungen des Berufungswerbers zur objektiven Tatseite kann daher nicht gefolgt werden.

 

Dennoch kommt der Berufung nach Ansicht der gefertigten Behörde Berechtigung zu.

Die Auslegung des Bescheides im vorbeschriebenen Sinne ist einem juristischen Laien nicht ohne weiteres möglich. Es ist dem Berufungswerber auch nicht vorwerfbar, dass ihm die vorerwähnte ?Unstimmigkeit? im Bescheid nicht aufgefallen ist, weshalb ihm auch nicht angelastet werden kann, diesbezüglich keine Abklärung über die Behörde herbeigeführt zu haben. Dass die Anbringung der Folien bereits im Jahr 2004 beanstandet worden ist, führt insofern ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Auch in diesem Verfahren wurde vom Berufungswerber bzw seinem Rechtsvertreter ein rechtswidriges Verhalten ua mit dem Hinweis bestritten, dass für das betreffende Fahrzeug ? einschließlich der nunmehr beanstandeten Tönungsfolien ? eine Ausnahmegenehmigung vorliegt. In der Folge hat die Behörde das Verfahren eingestellt, ohne die Gründe dafür näher zu erläutern. Es ist dem Berufungswerber daher nicht anzulasten, wenn er laut eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung am 21.04.2006 davon ausgegangen ist, dass die Strafbehörde seiner Argumentation im vorausgegangenen Strafverfahren gefolgt ist. Dies gilt umso mehr, als behördenseits in der Folge offenkundig auch keine Überprüfungen dahingehend vorgenommen wurden, ob der Berufungswerber die beanstandeten Folien beseitigt hat. Im Ergebnis ist sohin festzuhalten, dass dem Berufungswerber nach Ansicht der Berufungsbehörde ein entschuldigender Rechtsirrtum zugute kommt, diesen also kein Verschulden an der ihm angelasteten Übertretung trifft.

 

Folgerichtig war der Berufung daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Auch, Bescheide, von, Verwaltungsbehörden, sind, im Zweifel, gesetzeskonform, auszulegen, Tönungsfolien, nicht, genehmigt, Auslegung, des, Bescheides, im, vorbeschriebenen, Sinne, juristisch, Laien, nicht, ohne, weiteres, möglich
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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