TE UVS Tirol 2006/05/17 2006/25/1294-1

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Veröffentlicht am 17.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. B., XY-Weg, D-K., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt W. H., XY-Straße, D-B., vom 19.04.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 28.03.2006, KS-6674-2005, betreffend Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung und dem Immissionsschutzgesetz-Luft wie folgt:

 

I.

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird hinsichtlich der Übertretung zu Spruchpunkt 2. der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gamäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird hinsichtlich der Übertretungen zu Spruchpunkten 1. und 3. die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 55,60, zu bezahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn B. zur Last gelegt, er habe am 16.11.2005 um 03.05 Uhr auf der A12 Inntalautobahn, km 28,310, Gemeinde Radfeld, Fahrtrichtung Osten, als des Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit den Kennzeichen XY und XY.

 

1. das Kraftfahrzeug später als 2 Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt, obwohl das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr verboten ist. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs 4 KDV 1967 mitgeführt wird. Eine solche Bestätigung sei von ihm nicht mitgeführt worden.

2. Er habe das Sattelkraftfahrzeug, bei dem die höchste zulässige Gesamtmasse mehr als 7,5 t beträgt, zu genannter Zeit am genannten Ort gelenkt und dadurch die Bestimmungen des § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.10.2004, LGBl Nr 79/2004, missachtet, da an Werktagen von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr, in der Zeit zwischen 1. November und 30. April eines jeden Jahres von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr auf der A12 Inntalautobahn zwischen Strkm. 20,359 im Gemeindegebiet von Kundl und Strkm 66,780 im Gemeindegebiet von Ampass das Fahren mit Sattelkraftfahrzeugen mit einer höchsten zulässigen Gesamtmasse von mehr als 7,5 t verboten ist. Die Fahrt sei nicht unter die Ausnahmebestimmungen der zitierten Verordnung gefallen und er auch nicht im Besitze einer Ausnahmegenehmigung gewesen.

3. Er habe als Lenker des angeführten Fahrzeuges die für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 24 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1. § 42 Abs 6 StVO,

zu 2. § 30 Abs 1 Z 4 IG-L iVm § 3 der VO des LH von Tirol, LGBl Nr 79/2004, und

zu 3. § 42 Abs 8 StVO.

 

Deshalb wurden über ihn folgende Geldstrafen verhängt:

Zu 1. gemäß § 99 Abs 2 a StVO eine Geldstrafe von Euro 218,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Zu 2. gemäß § 30 Abs 1 Z 4 IG-L eine Geldstrafe von Euro 180,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Zu 3. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von Euro 60,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Die Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurden mit Euro 45,80 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, die Herr B. durch seinen Rechtsvertreter damit begründet, dass zu 1. die Bestätigung nach § 8 Abs 4 KDV 1967 mitgeführt worden sei und hinsichtlich Punkt 2. ein Verstoß gegen die zitierten Bestimmungen nicht vorliege, da die Ausnahmebestimmungen von § 4 Z 1 und 7 greifen würden.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Zu Punkt 1):

Nach § 8b Abs 4 KDV ist zum Nachweis, dass es sich um ein lärmarmes Kraftfahrzeug handelt, die Bestätigung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten im Zulassungsstaat auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Somit ist es nicht ausreichend, wenn der Lenker eines betroffenen Kraftfahrzeuges die Lärmarmbestätigung zwar mitführt aber den Straßenaufsichtsorganen nicht vorweisen kann, weil er die Bestätigung zum Beispiel nicht findet. Die zitierte Bestimmung der KDV besagt ausdrücklich, dass die Bestätigung auf Verlangen auszuhändigen ist. Wenn dies nicht möglich ist ? egal aus welchem Grund ? kann nicht überprüft werden, ob das betreffende Kraftfahrzeug unter die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs 6 lit c StVO fällt oder nicht. Auch ein Nachreichen dieser Bestätigung entspricht nicht dem zitierten Gebot, weil auf diese Art bei einer Verkehrskontrolle nicht festgestellt werden kann, ob das betreffende Kraftfahrzeug in den gegebenen Nachtstunden weitergefahren lassen werden kann oder nicht. Auch wenn der Berufungswerber im Nachhinein eine gültige Lärmarmbestätigung vorgelegt hat, ändert dies nichts an der Strafbarkeit seines Verhaltens und an seinem Verschulden, weil ein Vollzug des Nachtfahrverbotes nur möglich ist, wenn die Fahrer jederzeit bei einer Kontrolle bescheinigen können, dass ihr Fahrzeug unter die Ausnahmebestimmung fällt. Herr B. hat damit die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen, weshalb in diesem Punkt die Berufung abzuweisen war.

 

Zu Punkt 2):

Die bloße Behauptung im Verfahren, dass die Ausnahmetatbestände des § 4 Z 1 und 7 der Verordnung LGBl 79/2004 vorgelegen wären, stellt keinen Beweis dar. Es wird nicht einmal behauptet, welche Ladung transportiert worden sei. Nach Angaben des Lenkers gegenüber der Polizei handelte es sich um eine Leerfahrt, was durch das Wiegeprotokoll bestätigt wird (Gesamtgewicht Zugfahrzeug 11,1 t zuzüglich Gesamtgewicht des Sattelanhängers von 7,7 t ergab ein Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges von 18,8 t; dem gegenüber steht ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 40 t). Die Behauptung des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes nach Z 1 stellt somit eine bloße Schutzbehauptung dar.

 

Bezüglich des Ausnahmetatbestandes Z 7 (Euro IV) hat der Berufungswerber ein Schreiben der MAN Nutzfahrzeuge AG mit Beispielen zu den Euroklassen und dazu gehörenden Schlüsselnummern sowie eine Kopie des Fahrzeugscheines des Sattelzugfahrzeuges vorgelegt. Aus dem Schreiben der Firma MAN ergebe sich, dass LKW der Klasse Euro IV die Schlüsselnummern 80 und 81 hätten; dies sei bei gegenständlichem Kraftfahrzeug mit der Schlüsselnummer 880081 gegeben.

 

In § 4 Z 7 der Verordnung des Landeshauptmannes vom 20.10.2004, mit der in Tirol verkehrsbeschränkende Maßnahmen erlassen werden, LGBl Nr 79/2004, wird bei den Ausnahmen unter § 4 Z 7 folgendes angeführt:

?Fahrten mit Fahrzeugen deren NOx Emission nicht mehr als 3,5/pro KWh beträgt (Euroklassen IV und V) wenn dies durch ein entsprechendes Dokument nachgewiesen werden kann, das mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen und auszuhändigen ist?.

 

Folgende Dokumente sind geeignet, einen Nachweis über die NOx-Emission des Fahrzeuges zu liefern:

1.

das COOP Dokument,

2.

das Green-Lorry Dokument,

3.

die Zulassung für das Fahrzeug dann, wenn die NOx Emission direkt aus der Zulassung ersichtlich ist, ansonsten wenn der Verweis auf die EG-Richtlinie 1999/96/EG in Zusammenhang mit dem Verweis auf die Z B1 folgende vorliegt,

 4. ein Herstellernachweis, mit Fahrgestellnummer und Motornummer der eine eindeutige Identifikation mit dem Fahrzeug zulässt, im Original. Aus dem Herstellernachweis muss jedenfalls der Aussteller erkennbar sein. Das Anführen der Schadstoffklasse Euro IV alleine in den jeweiligen Dokumenten reicht nicht aus, da damit noch nicht gewährleistet ist, dass die NOx Immission der entsprechenden Fahrzeuge weniger als 3,5g/KWh beträgt.

Ein Nachweis, der den angeführten Vorgaben nicht entspricht, ist nicht geeignet, den Nachweis über die Emission des Fahrzeuges zu liefern und kann damit eine Ausnahme vom Nachtfahrverbot nicht begründen.

 

Das vorgelegte Schreiben der Fa MAN ist kein Herstellernachweis in oben beschriebenen Sinn und aus dem übermittelten Fahrzeugschein ist die NOx-Emission nicht direkt ersichtlich. Im Fahrzeugschein befindet sich jedoch der Verweis auf die EG-Richtlinie 1999/96/EG im Zusammenhang mit dem Verweis auf die Z B1. Somit handelt es sich bei gegenständlichem Sattelzugfahrzeug um ein solches der Euroklasse IV. Folglich fiel gegenständliches Kraftfahrzeug unter die Ausnahmebestimmung des § 4 der Verordnung LGBl Nr 79/2004. Die angelastete Übertretung nach dem IG-L liegt somit nicht vor, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen war.

 

Zu Punkt 3) (Übertretung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h während der Nachtstunden für betreffendes Kraftfahrzeug) wurde in der Berufung nichts dagegen vorgebracht. Es besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel an der Richtigkeit der von der Polizei angezeigten Geschwindigkeitsübertretung. Die Berufung dagegen war daher abzuweisen.

Wie von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt, bezweckt gegenständliches Fahrverbot bzw die Geschwindigkeitsbeschränkung während der Nachtstunden den Schutz der Bevölkerung vor den Lärmimmissionen, die vom schweren Güterverkehr auf der Straße ausgehen. Durch eine Nichteinhaltung dieser Verbote wird dieses Schutzziel unterlaufen, weshalb der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen erheblich ist.

 

Als Schuldform ist Herrn B. grobe Fahrlässigkeit zur Last zulegen, da er sich einerseits über die seine Fahrzeugkategorie betreffenden Verbote bzw Beschränkungen auf der von ihm zu befahrenden Strecke vor Fahrtantritt in Kenntnis zu setzen und andererseits die zum Beweis des Vorliegens von Ausnahmebestimmungen notwendigen Dokumente in einer Weise mitzuführen hat, dass er sie bei Verkehrskontrollen jederzeit vorweisen kann. Dadurch, dass er dies unterlassen hat, hat er jedes Maß an Sorgfalt unterlassen, welches von einem durchschnittlich sorgfältigen Lenker eines Schwerfahrzeuges erwartet werden kann.

 

Zu Spruchpunkt 1) wurde mit Euro 218,00 die gesetzliche Mindeststrafe zur Anwendung gebracht und zu Punkt 3) der Rahmen von bis zu Euro 726,00 zu 8,26 Prozent ausgeschöpft. Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat der Berufungswerber nicht gemacht, weshalb von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen war. Die von der Erstbehörde ausgesprochenen Strafen können deshalb nicht als unangemessen hoch bezeichnet werden.

Schlagworte
Das, vorgelegte, Schreiben, der Fa. M., ist, kein, Herstellernachweis, NOx-Emission, nicht, direkt, ersichtlich
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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