TE UVS Tirol 2006/06/12 2006/20/1152-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn V. H., vertreten durch Frau Rechtsanwältin Dr. S. P., 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.3.2006, Zahl VK-25303-2005, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung hinsichtlich des Faktums 1. als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 43,60, zu bezahlen.

 

Der Berufung in Bezug auf das Faktum 2. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Folgendes vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 12.09.2005 um 14.30 Uhr

Tatort: Gemeinde W., Gasthof W. in XY

Fahrzeug: LKW, XY

 

1. Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, noch haben Sie den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen.

2. Sie sind als Lenker des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.?

 

Dadurch habe der Berufungswerber zu 1. gegen § 4 Abs 5 StVO und zu

2. gegen § 4 Abs 1 lit a StVO verstoßen und wurden über ihn jeweils Geldstrafen in der Höhe von Euro 218,-- verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wurde im wesentlichen vorgebracht, dass der Berufungswerber keineswegs beim Rückwärtsfahren das Mauerwerk beschädigt hätte. Es wurden auch Begründungsmängel geltend gemacht, zumal die Anzeige etwa auch nicht von einem geschulten Organ der Straßenaufsicht wahrgenommen worden sei.

 

Das Straßenaufsichtsorgan habe lediglich Stunden später, nachdem sich der vermeintliche Verkehrsunfall ereignet hätte, das Fahrzeug bei der PI O. besichtigt und mit bloßen Händen die vermeindliche Kollisionsstelle am Fahrzeug abgegriffen. Es sei völlig unnachvollziehbar, dass er am Fahrzeug haftende ?Mauerreste? feststellen hätte können. Es fehle dem Straßenaufsichtsorgan diesbezüglich auch an der entsprechenden Fachkunde. Auf der Grundlage der im Akt befindlichen Lichtbilder hätte bei einer derartigen Beschädigung des Mauerwerkes nicht  nur ein Kratzer, sondern eine doch beträchtliche Eindellung am LKW ersichtlich sein müssen. Der Berufungswerber hätte auch nicht den geringsten Grund gehabt, den vermeidlichen Verkehrsunfall zu verheimlichen, zumal es beim gegenständlichen Fahrzeug auch keine Bonus-Malus-Einstufung gäbe.

 

Die Erstbehörde habe es auch verabsäumt, ein kfz-technisches Sachverständigengutachten einzuholen. Der Berufungswerber sei selbst umgehend nach seiner Ausforschung zur PI O. gefahren, um die Sache aufzuklären. Der Berufungswerber habe auch, wie er auch gegenüber der PI O. zum Ausdruck gebracht habe, keineswegs den ihm nunmehr zur Last gelegten vermeintlichen Sachschaden bemerkt und hätte er daher auch nicht die nächste Polizeidienststelle davon verständigen können. Es verwundere auch, warum er von der Anzeigerin nicht unmittelbar zur Rede gestellt worden sei, zumal er sich nachweislich einige Zeit im gegenüberliegenden Geschäft zur Zustellung von Waren aufgehalten habe.

 

Auf Grund dieser Berufung wurde am 12.6.2006 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

 

Beweis aufgenommen wurde durch Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Zeugin B. S., weiters durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Erstbehörde unter dem Spruchpunkt 1. näher umschriebene Sachverhalt als erwiesen fest. Insbesondere steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber im Zuge eine Reversiermanövers beim Haus XY Gasthof W., die Mauer beim Stiegenaufgang zum vorgenannten Gasthof beschädigt hat. Der Berufungswerber hat es unterlassen, die nächste Polizeidienststelle von dieser Beschädigung zu verständigen. Er unterließ es aber auch, mit der Geschädigten in Kontakt zu treten.

 

Der Berufungswerber lenkte das Fahrzeug unmittelbar nach dem Anstoß auf den in unmittelbarer Nähe des Unfallortes gelegenen Parkplatz des Geschäftes ?K.?, wo er einen Entladevorgang durchführte. Die Distanz zwischen der Unfallsstelle und dem Anhalteort betrug nur wenige Meter (jedenfalls nicht mehr als 10 bis 12 Meter).

 

Diese Feststellungen ergeben sich auf Grund nachfolgender Beweiswürdigung:

 

Unstrittig ist, dass der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt mit einem von ihm gelenkten LKW beim Gasthof W. in der W. ein Reversiermanöver durchgeführt hat. Auf der Grundlage der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Schilderung der Zeugin S. besteht kein Zweifel, dass der Berufungswerber im Zuge des Zurücklenkens auch die Mauer im Bereich des Stiegenaufganges beschädigt hat. Die Zeugin S. erklärte, dass sie auf Grund des Fahrmanövers des Berufungswerbers anhalten hätte müssen. Sie führte weiter aus, dass die das Zurückstoßen des LKWs beobachtet habe und auch gesehen habe, dass der Berufungswerber das Lenkrad immer weiter eingeschlagen habe, sodass der LKW nicht gerade auf der Gemeindestraße zurückgefahren sei, sondern schräg in Richtung Stiegenaufgang gelenkt worden sei. Sie habe in weiterer Folge beobachtet, dass der LKW gegen die Mauer beim  Stiegenaufgang gestoßen sei und sich dabei die Mauer ?wie in Zeitlupe? gedreht habe.

 

Die Örtlichkeiten wurden anhand von Ausdrucken aus dem tiris (Tiroler Raumordnungsinformationssystem) in Verbindung mit den Angaben des Berufungswerbers und der Zeugin S. genau erörtert. Auf Grund der Schilderung der Zeugin S. ergibt sich kein Zweifel, dass diese zum Zeitpunkt des Rückfahrmanövers des Berufungswerbers Sicht auf den Stiegenaufgang hatte. Die Beschädigung der Mauer ist durch im Akt befindliche Lichtbilder hinreichend objektiviert. Anhand von den Lichtbildern ergibt sich auch, dass das vom Berufungswerber gelenkte Kraftfahrzeug im Bereich links hinten Beschädigungen aufweist. Wenngleich der Berufungswerber diesbezüglich ausführte, dass es sich um Altschäden gehandelt hätte, sprechen die Beschädigungen im Bereich des linken Hecks jedenfalls nicht für sondern gegen den Berufungswerber.

 

In Bezug auf die Zeugin S. ergab sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sie den Berufungswerber wahrheitswidrig falsch belasten würde. Vielmehr machte sie einen guten und überzeugenden Eindruck. Da bereits auf Grund ihrer Aussage keinerlei Zweifel an der Verursachung der Beschädigung beim Stiegenaufgang bestanden, war auch die Einholung eines kfz-technischen Sachverständigengutachtens entbehrlich.

 

Sowohl die Zeugin als auch der Berufungswerber gaben übereinstimmend an, dass das vom Berufungswerber gelenkte Kraftfahrzeug in unmittelbarer Nähe des Gasthofes W. zum Stillstand gebracht wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

§ 4 Abs 1 lit a und § 4 Abs 5 StVO normieren im Falle der ursächlichen Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die Anhalte- bzw Meldepflicht. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen trafen den Berufungswerber diese beiden Pflichten. Unbestritten ist, dass er diesen Verpflichtungen nicht entsprochen hat. In Bezug auf das Verschulden ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darauf verweist, dass die hier in Rede stehenden Delikte in subjektiver Hinsicht das Wissen um einen Verkehrsunfall voraussetzen, wobei aber nicht nur das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern viel mehr genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH vom 20.5.1992, Zl 91/03/0347). Das Höchstgericht hat in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass selbst dann, wenn der Verkehrsunfall weder akustisch noch als Stoßreaktion für den Schuldigen wahrnehmbar ist, den Beschuldigten ein Verschulden trifft, zumal der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine besondere Aufmerksamkeit, und zwar sogar durch einen Blick in den Rückspiegel oder nach hinten über die Schulter zuzuwenden hat. Im vorliegenden Fall führte der Berufungswerber ein Reversiermanöver durch, wobei er gegen die Mauer eines Stiegenaufganges zum Gasthaus W. gestoßen ist und diese beschädigt hat.

 

Der Berufungswerber wäre aufgrund der gegebenen Situation verpflichtet gewesen, das Geschehen sorgfältig zu beobachten und sich zu vergewissern, ob sein Verhalten nicht für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Der Berufungswerber hätte sich daher davon überzeugen müssen, ob sein Fahrmanöver nicht zu einer Beschädigung geführt hat oder ohne Folgen geblieben ist. Diese Verpflichtung wurde bereits durch die Wahl der ? bezogen auf das GH W. engen Fahrlinie und die Gefahr bringende Annäherung an den Stiegenaufgang ausgelöst.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm angelastete Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen.

 

In  Bezug auf die Strafhöhe ist darauf zu verweisen, dass der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung nicht als unerheblich angesehen werden kann, zumal dem Interesse an einer raschen und komplikationslosen Ermittlung des Schadensverursachers zuwider gehandelt wurde. In subjektiver Hinsicht liegt Fahrlässigkeit vor. Der Berufungswerber vermittelte glaubhaft den Eindruck, dass er seiner Meldeverpflichtung nachgekommen wäre, wenn er vom Schadenseintritt positive Kenntnis gehabt hätte. Dem Berufungswerber kommt der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zu Gute. Erschwerend war nichts. Unter Bedachtnahme auf den zur Verfügung stehenden Strafrahmen erweist sich die Geldstrafe nicht als unangemessen hoch und lässt sich auch mit den vom Berufungswerber bekannt gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen in Einklang bringen.

 

Zum Faktum 2.:

§ 4 Abs 1 lit a StVO umschreibt die Anhalteverpflichtung für den Fall der ursächlichen Beteiligung an einem Verkehrsunfall. Da der Berufungswerber nach dem Anstoß nur wenige Meter vom beschädigten Stiegenaufgang auf der gegenüberliegenden Straßenseite abstellte, kann von einem Verstoß der Anhalteverpflichtung nicht gesprochen werden, weshalb der Berufung diesbezüglich ein Erfolg zukommt.

Schlagworte
Da, der Berufungswerber, nach, dem Anstoß, nur, wenige Meter, vom, beschädigten, Stiegenaufgang, auf, der, gegenüberliegenden, Straßenseite, abstellte, kann, von, einem Verstoß, der, Anhalteverpflichtung, nicht, gesprochen, werden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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