TE UVS Tirol 2006/09/14 2006/26/0918-8

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Veröffentlicht am 14.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn J. J., XY-Straße, I., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 29.12.2005, Zl II-STR-00804e/2005, betreffend eine Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wie folgt:

 

Die Berufung wird insofern Folge gegeben, als der gegen den Berufungswerber erhobene Tatvorwurf, wonach er am 02.03.2005 hunderte aus Holzlatten bestehende, nach oben offene und ursprünglich für die Lagerung und den Transport von Obst und Gemüse bestimmte Behältnisse (Steigen) auf Gst XY/XY KG H. gelagert und damit gegen § 15 Abs 3 AWG 2002 verstoßen habe, zu entfallen hat, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird sowie die verhängte Geldstrafe für den verbleibenden Tatvorwurf der Lagerung von biogenen Abfällen in Anwendung des § 20 VStG von derzeit Euro 300,00 auf Euro 180,00, bei Uneinbringlichkeit 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG daher mit Euro 18,00 neu festgesetzt werden.

 

Bei der als erwiesen angenommen Tat hat es demnach nunmehr wie folgt zu lauten:

?Sie haben als Abfallbesitzer am 02.03.2005 auf Gst XY/XY KG H. (südöstlicher Bereich) ca 2 m3 biogene Abfälle, nämlich Gemüse und Südfrüchte, außerhalb einer hiefür genehmigten Anlage und außerhalb eines für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes gelagert.?

Die Strafsanktionsnorm hat richtig ?§ 79 Abs 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002? zu lauten.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 29.12.2005, Zl II-STR-00804e/2005, wurde Herrn J. J., I., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Gemäß § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz, (AWG), BGBI I Nr 102/2002, dürfen Abfälle außerhalb hiefür genehmigter Anlagen oder außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

 

Ihrerseits wurde als Abfallbesitzer zufolge Ihrer nachangeführten Verhaltensweise gegen § 15 Abs 3 AWG verstoßen:

 

Sie haben als Abfallbesitzer im Rahmen Ihres in I. auf der Gp Nr XY/XY, KG H., gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes (Gärtnereibetriebes) angefallene Abfälle, und zwar einerseits hunderte aus Holzlatten bestehende, nach oben offene und ursprünglich für die Lagerung und den Transport von Obst und Gemüse bestimmte, Behältnisse (Steigen) am 2.3.2005 in I. auf der Gp Nr XY/XY, KG H., entlang der dortigen Mauer auf solche Art und Weise gelagert, wie dies auf den dieser Aufforderung zur Rechtfertigung als Beilagen A) und B) angeschlossenen Fotografien abgebildet ist, und haben somit diese Abfälle entgegen § 15 Abs 3 AWG außerhalb einer hiefür genehmigten Anlage und außerhalb eines für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes gelagert und andererseits darüberhinaus biogene Abfälle, und zwar natürliche organische Abfälle, nämlich Obst, Gemüse und Südfrüchte, in einem Ausmaß von ca 2 m3 am 2.3.2005 in I. auf der Gp Nr XY/XY, KG H., auf solche Art und Weise gelagert, wie dies auf den dieser Aufforderung zur Rechtfertigung als Beilage C) und D) angeschlossenen Fotografien abgebildet ist, und haben somit diese Abfälle entgegen § 15 Abs 3 AWG außerhalb einer hiefür genehmigten Anlagen und außerhalb eines für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes gelagert.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 79 Abs 2 Z 3 iVm § 15 Abs 3 AWG 2002 verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 79 Abs 2 leg cit eine Geldstrafe von Euro 300,00, Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr J. J. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und dazu im Wesentlichen begründend ausgeführt wie folgt:

 

?Ergänzend zu meinem Berufungsvorbringen vom 5. Januar 2006 möchte ich darauf hinweisen, dass entgegen der Begründung im Straferkenntnis weder die beanstandeten organischen Abfälle im Ausmaß von ca 2 m3, noch die besagten Holzsteigen den Abfallbegriff im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes erfüllen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Abfällen im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse erforderlich, solange eine Sache in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht. Es wird hoffentlich nachvollziehbar sein, dass ein landwirtschaftlicher Gärtnereibetrieb wie der unsrige, insbesondere Holzsteigen regelmäßig (wieder)verwendet. So wird es auch mit den besagten Holzsteigen, die ua Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens sind, passieren. Selbstverständlich werden wir diese Holzsteigen auch in Zukunft wiederverwenden, sodass ich der Meinung bin, dass wir diese Holzsteigen ganz im Sinne der soeben zitierten Gesetzesstelle ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zuführen. Diese Holzsteigen stellen daher nicht ?Abfall? iSd AWG dar.

Weiters führt § 2 Abs 3 aus, dass die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung ... von organisch kompostierbarem Material als Abfall ebenso dann nicht im öffentlichen Interesse erforderlich ist, wenn dies im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes anfällt (wozu auch eine landwirtschaftliche Gärtnerei zählt) und im unmittelbaren Bereich eines landwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden. Wie viele andere landwirtschaftliche Gärtnereien in Tirol auch, haben wir bisher schon das an Ort und Stelle (Anbaufläche) anfallende organische Material (Reste vom Ausputzen von Gemüse), sobald die natürlichen Gegebenheiten dies ermöglichen, wiederum an Ort und Stelle in den Boden eingebaut. Nichts anderes haben wir auch mit den nunmehr beanstandeten sogenannten ?organischen Abfällen? im Ausmaß von ca 2 m3 vor. Sobald der Boden aufgefroren ist, werden wir diese ohnedies sehr kleine Menge in unseren eigenen Boden einarbeiten und damit einer zulässigen Verwertung zuführen. Es handelt sich dabei um eine alte Tradition in der landwirtschaftlichen Urproduktion.?

 

Der Berufungswerber hat daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt sowie durch Einvernahme des Berufungswerbers und des Zeugen Ing. S. S. in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.04.2006. Weiters wurden gutachterliche Stellungnahmen eines landwirtschaftlichen und wasserfachtechnischen Amtssachverständigen eingeholt und in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.08.2006 dargetan.

 

Sachverhaltsfeststellungen:

Herr J. J., geb am XY, wohnhaft in XY-Straße, I., hat ? wie durch einen Bediensteten des Stadtmagistrats Innsbruck anlässlich einer Kontrolle am 02.03.2005 festgestellt werden konnte ? auf dem Gst XY/XY KG H. entlang der nordöstlich verlaufenden Mauer auf einer Länge von ca 100 m Holzsteigen gelagert. Die betreffenden Holzsteigen finden als Transportbehältnisse bzw für die Aufzucht von Pflanzen Verwendung. Ebenfalls waren im südöstlichen Bereich des betreffenden Grundstückes unsortiert biogene Materialien, wie Salatköpfe, Petersilienreste, Orangen und Ananasteile, in einer Menge von ca 2 m3 gelagert. Diese Materialen stammten teilweise aus dem Landwirtschaftsbetrieb des Herrn J., teilweise aber, und zwar insbesondere die Südfrüchte, aus den von der landwirtschaftlichen Gärtnerei des Herrn J. belieferten Obst- und Gemüsegeschäften. Die betreffenden biogenen Materialien wurden sukzessive am betreffenden Ort angesammelt, und zwar zu dem Zweck, diese im Frühjahr einzupflügen.

 

Beweiswürdigung:

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich unstrittig aus dem erstinstanzlichen Strafakt sowie aufgrund der Angaben des Berufungswerbers bei seiner Einvernahme in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.04.2006.

 

B) Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

 

?1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der im Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 181/2004:

 

Ziele und Grundsätze

§ 1

....

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

 7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.

Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Begriffsbestimmungen

§ 2

(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1.

deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.

deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) nicht zu beeinträchtigen.

....

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

....

 

Allgemeine Behandlungspflichten für

Abfallbesitzer

§ 15

 

....

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

....

 

Strafhöhe

§ 79

....

(2) Wer

....

3. nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,

....

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von Euro 360,00 bis Euro 7.270,00 zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von Euro 1800,00 bedroht.

....

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

....?

 

C) Rechtliche Beurteilung:

Schuldspruch:

1.1. Die Erstinstanz hat einen Verstoß gegen § 15 Abs 3 AWG 2002 zunächst darin erkannt, dass der Berufungswerber auf Gst Nr XY/XY KG H. Holzsteigen gelagert hat.

 

Dieser Vorwurf kann nicht aufrechterhalten werden.

Bei den in Rede stehenden Holzsteigen hat es sich nämlich auch nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht um Abfälle iSd § 2 Abs 1 AWG 2002 gehandelt.

Der Berufungswerber hat glaubhaft ausgeführt, dass diese Holzsteigen am betreffenden Ort lediglich zwischengelagert worden sind und diese wiederum als Transportbehältnisse oder als Behältnisse für die Aufzucht von Pflanzen in der landwirtschaftlichen Gärtnerei des Berufungswerbers Verwendung finden sollen. Die Richtigkeit dieser Behauptung wird auch durch die vorliegenden Lichtbilder belegt. Diese lassen nämlich erkennen, dass die Holzsteigen offenbar keine Beschädigungen aufweisen. Auch die Art der Lagerung (geordnete Aufschlichtung) lässt darauf schließen, dass die Holzsteigen wiederum verwendet werden sollen.

Damit kommt der subjektive Abfallbegriff gegenständlich nicht zum Tragen, weil es an der Entledigungsabsicht fehlt.

Die Holzsteigen können aber auch nicht als Abfälle im objektiven Sinn qualifiziert werden. Hier ist auf § 2 Abs 3 AWG 2002 zu verweisen. Die betreffenden Holzsteigen sind zwar nicht neu im Sinne der Z 1 dieser Bestimmung, weil darunter nur solche Sachen zu verstehen sind, die noch nie bestimmungsgemäß verwendet worden sind, allerdings ist aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers davon auszugehen, dass die Holzsteigen nach wie vor in bestimmungsgemäßer Verwendung stehen und daher Z 2 der zitierten Bestimmung Anwendung findet.

 

Folgerichtig war daher der Berufung insofern Folge zu geben, als dem Berufungswerber ein Verstoß gegen § 15 Abs 3 AWG 2002 wegen der Lagerung von Holzsteigen außerhalb einer genehmigten Anlage oder eines dafür vorgesehenen geeigneten Ortes vorgeworfen worden ist. Folgerichtig war das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit einzustellen.

 

1.2. Soweit dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis allerdings die Lagerung von biogenen Abfällen auf dem betreffenden Grundstück zur Last gelegt wird, erweist sich der Schuldspruch nach Ansicht der Berufungsbehörde als berechtigt.

 

Die Obst- und Gemüseteile wurden auf unbefestigtem Untergrund neben einem Spazierweg frei zugänglich gelagert. Zur Anzeigenerstattung ist es deshalb gekommen, weil der Hund eines Spaziergängers von den biogenen Materialien gefressen und sich dann erbrochen hat. Aufgrund der ungeschützten Lagerung wurden die biogenen Materialien außerdem ? wie die Lichtbilder zeigen und auch der Berufungswerber erklärt hat - von wildlebenden Tieren am Grundstück verstreut. Die Lagerung der betreffenden Materialien hatte daher unzweifelhaft zur Folge, dass die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt worden ist. Die Lagerung hat zweifelsfrei auch zu Belästigungen Dritter, insbesondere der den betreffenden Spazierweg nutzenden Personen, geführt. Weiters sind die biogenen Materialien im Landschaftsbild erheblich störend in Erscheinung getreten. Die Behandlung der in Rede stehenden biogenen Materialien als Abfall war daher bereits im öffentlichen Interesse geboten.

Wenn der Berufungswerber demgegenüber mit Hinweis auf § 2 Abs 3 letzter AWG 2002 auch hinsichtlich dieser biogenen Materialien die Abfalleigenschaft bestreitet, kann dem nicht gefolgt werden. Zunächst kommt diese Bestimmung nur dann zum Tragen, wenn organisch kompostierbares Material in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anfällt und auch in einem solchen verwendet wird. Dies trifft jedenfalls für die aus Obstgeschäften stammenden biogenen Materialien nicht zu. Eine Differenzierung zwischen den aus Geschäften stammenden und den im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb angefallenen biogenen Materialien hatte dabei nicht zu erfolgen. Die biogenen Materialien wurden, wie auch die Lichtbilder belegen, unsortiert in einem Haufen gelagert. Der betreffende Haufen ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde rechtlich als einheitliches Ganzes zu behandeln. Nachdem nun zumindest für einen Teil der im Haufen befindlichen biogenen Materialien die Herkunft aus einem landwirtschaftlichen Betrieb zu verneinen ist, kann sich der Berufungswerber nicht auf die Begünstigung des § 2 Abs 3 letzter Satz AWG 2002 berufen. Außerdem hat der landwirtschaftliche Amtssachverständige ausgeführt, dass sich verdorbenes Obst und Gemüse bzw Südfrüchte nicht für die Gründüngung eignen. Das Einpflügen dieser Materialien, welche sich ? wie erwähnt ? unstrittig im betreffenden Haufen befunden habe, hat sohin auch keine zulässige Verwendung iSd § 2 Abs 3 letzter Satz AWG 2002 dargestellt. Auch dies spricht gegen die Anwendbarkeit der vorerwähnten Ausnahmebestimmung.

Schließlich ist anzumerken, dass hinsichtlich der aus Obst- und Gemüsegeschäften stammenden biogenen Materialien auch eine Entledigungsabsicht der vorherigen Abfallbesitzer anzunehmen ist. Damit kommt gegenständlich aber auch der subjektive Abfallbegriff zum Tragen.

 

Die Lagerung der in Rede stehenden biogenen Abfälle ist unstrittig außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage erfolgt. Da sich der Lagerort unmittelbar neben einem Spazierweg befunden hat, dieser zudem frei zugänglich war, sodass der Hund eines Spaziergängers davon fressen konnte und sich erbrochen hat, bzw die Abfälle außerdem von wildlebenden Tieren verstreut werden konnten, muss jedenfalls auch eine Eignung des betreffenden Ortes für die Abfalllagerung verneint werden.

Im Ergebnis steht für die Berufungsbehörde daher außer Zweifel, dass der Berufungswerber durch die Lagerung der in Rede stehenden biogenen Abfälle den objektiven Tatbestand einer Übertretung nach § 15 Abs 3 AWG 2002 verwirklicht hat.

 

Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung um ein sog Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH vom 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).

Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber aber nicht gelungen. Dieser hat keine Umstände vorgebracht, die ein fehlendes Verschulden aufzeigen könnten.

Sofern ihm die Verbotswidrigkeit seines Verhaltens nicht bekannt war, kann ihn auch dies nicht entschuldigen. Wie sich nämlich aus § 5 Abs 2 VStG ergibt, entschuldigt Rechtsunkenntnis nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist. Hier ist nun wiederum auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dann, wenn die Auslegung von Normen für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden ist, es an ihm liegt, insbesondere bei der zuständigen Behörde die entsprechenden Auskünfte einzuholen (vgl VwGH 16.11.1993, Zl 93/07/0022, 0023). Dass er die Abfallbehörde kontaktiert hat und ihm von dort mitgeteilt worden ist, dass die Lagerung der biogenen Abfälle auf dem betreffenden Grundstück zulässig ist, hat aber der Berufungswerber selbst nicht behauptet. Diese kommt sohin kein entschuldigender Rechtsirrtum zugute.

Im Ergebnis war von Vorsatz auszugehen. Die Lagerung der betreffenden biogenen Abfälle ist zweifelsfrei mit Wissen und Wollen des Berufungswerbers erfolgt. Wenn dieser rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass sein Verhalten nicht gegen die abfallwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen verstößt, hat ihm lediglich das Unrechtsbewusstsein gefehlt, ein Schuldelement, welches von jenem des Vorsatzes zu unterscheiden ist (vgl VwGH v 11.9.1997, Zl 96/07/0223).

 

Strafbemessung:

Im vorliegenden Straferkenntnis wurde eine Geldstrafe verhängt, die unterhalb der gesetzlichen Mindeststrafe liegt. Dies ist nur damit erklärbar, dass die Erstbehörde von der Anwendbarkeit des § 20 VStG ausgegangen ist. Begründet werden kann die Anwendung dieser Bestimmung damit, dass die Rechtslage komplex ist. Dies gilt insbesondere für die rechtliche Differenzierung zwischen biogenen Materialien, welche in einem landwirtschaftlichen Betrieb anfallen, und solchen, für die dies nicht zutrifft. Der Berufungswerber hat sich daher offenkundig in einem Rechtsirrtum befunden. Diese Rechtsunkenntnis kann ihn zwar ? wie erwähnt ? nicht gänzlich entschuldigen, dennoch wirkt dieser Umstand mildernd. Dem Berufungswerber ist auch zugute zu halten, dass er bereitwillig an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt hat. Die aus den Geschäften stammenden Materialien wurden außerdem offenbar auch nicht ?organisiert? entsorgt ? gegen diese Annahme spricht schon die relativ geringe Menge der biogenen Abfälle - sondern wohl aus Gefälligkeit übernommen. Es ist daher von einem Verhalten aus Unbesonnenheit auszugehen. Sohin liegen mehrere Milderungsgründe vor, währenddessen Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Geht man nun von der Anwendbarkeit des § 20 VStG aus, so war aufgrund des Umstandes, dass der Schuldvorwurf nur teilweise aufrechterhalten werden konnte, eine weitere Strafmilderung vorzunehmen. Im Zusammenhalt sämtlicher für die Strafbemessung relevanter Kriterien ist die Berufungsbehörde ausgehend von der durch die Erstinstanz bestimmten Strafe dabei zur Ansicht gelangt, dass für das dem Berufungswerber vorwerfbare Verhalten mit einer Geldstrafe von Euro 180,00 das Auslangen gefunden werden kann.

 

Es war daher die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen. Folgerichtig waren auch die Ersatzfreiheitsstrafe und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu zu bestimmen.

 

Ebenfalls hatte aufgrund der teilweisen Einstellung des Strafverfahrens im Interesse der Rechtklarheit eine Neufassung des Schuldspruches hinsichtlich der als erwiesen angenommenen Tat zu erfolgen. Außerdem war die Strafsanktionsnorm zu präzisieren. Die Befugnis der Berufungsbehörde dazu hat sich aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG ergeben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Bei, den, in, Rede, stehenden, Holzsteigen, hat, es, auch, nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, nicht, um, Abfälle, gehandelt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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