TE UVS Tirol 2006/09/19 2006/26/2473-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn J. H., XY-Ring, T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 23.08.2006, Zahl SG-62-2006, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 auf Euro 300,00, bei Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 30,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 23.08.2006, Zl SG-62-2006, wurde Herrn J. H., T., folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 05. Mai 2006 vormittags im Bezirk Kitzbühel im Umherziehen von Ort zu Ort, und zwar von Jochberg nach 6372 Oberndorf, die in dem Lkw, Kennzeichen XY mitgeführten Naturblumen (Balkonblumen) zum Verkauf feilgeboten, somit das freie Gewerbe des Feilbietens von Naturblumen ausgeübt, ohne jedoch die hierfür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 53 Abs 1 der Gewerbeordnung 1994 darf das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus nur ausgeübt werden auf Grund

1. der Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, Brennholz, Butter und Eiern oder

2. einer Bewilligung der Gemeinde, die nur Gewerbetreibenden, die ihre Tätigkeit in kleinerem Umfang ausüben und die nicht im Firmenbuch eingetragen sind, zu deren besserem Fortkommen auf Ansuchen für das Feilbieten ihrer eigenen Erzeugnisse, beschränkt auf das Gemeindegebiet nach Anhörung der zuständigen Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft auf Widerruf zu erteilen ist.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm §§ 5 Abs 1 und 53 Abs 1 GewO 1994 begangen. Über diesen wurde daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00, bei Uneinbringlichkeit 120 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr J. H. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

Gegen die Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 23.8.2006 unter obiger Geschäftszahl erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung

nicht dem Grunde, sondern der Höhe nach mit nachstehender

Begründung:

Mir war beim seinerzeitigen Verkauf von Naturblumen nicht bewusst, dass dies im Rahmen meiner Fleischerberechtigung nicht möglich ist, zumal ich davon ausgegangen bin, dass diese Berechtigung auch den Handel mit Waren allgemein beinhaltet.

 

Ergänzend darf ich noch mitteilen, dass ich in R. im Oberinntal einen landwirtschaftlichen Betrieb betrieben habe und im Rahmen dieser Tätigkeit die Aufzucht von Blumen durchführte. In Summe war es mein mangelnder Wissensstand, der mich dazu bewogen hat, Naturblumen feilzubieten.

 

Ich anerkenne selbstverständlich die Übertretung der Gewerbeordnung, ersuche Sie aber in diesem Fall von einer Strafe abzusehen und es mit einer Verwarnung bewenden zu lassen.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Seitens der Berufungsbehörde war zunächst zu beurteilen, ob sich die vorliegende Berufung gegen das Straferkenntnis insgesamt richtet, also der Schuld- und Strafausspruch angefochten werden, oder aber nur die Strafhöhe bekämpft wird.

 

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Berufung eine Prozesshandlung darstellt und für ihre Auslegung daher ausschließlich der objektive Erklärungswert maßgeblich ist. Das heißt, es kommt lediglich auf die Erklärung des Willens und nicht auf den wahren Willen an (VwGH vom 30.9.1981, Zahl 81/03/0077 ua).

 

Die vorliegende Berufung ist nun nach ihrem objektiven Erklärungswert eindeutig als Berufung gegen die Strafhöhe zu werten. Der Berufungswerber führt nämlich selbst aus, dass das Straferkenntnis ?nicht dem Grunde, sondern der Höhe nach? bekämpft wird. Damit ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen (VwGH v 16.9.1971, Zahl 1268 ua).

 

Seitens der Berufungsbehörde war daher lediglich die Angemessenheit der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu prüfen.

 

A) Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

 

?1. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 15/2006:

 

§ 5

(1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

(2) Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen.

 

§ 53

(1) Das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus darf nur ausgeübt werden auf Grund

1. der Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, Brennholz, Butter und Eiern oder

2. einer Bewilligung der Gemeinde, die nur Gewerbetreibenden, die ihre Tätigkeit in kleinerem Umfang ausüben und die nicht im Firmenbuch eingetragen sind, zu deren besserem Fortkommen auf Ansuchen für das Feilbieten ihrer eigenen Erzeugnisse, beschränkt auf das Gemeindegebiet, nach Anhörung der zuständigen Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft auf Widerruf zu erteilen ist.

....

 

Strafbestimmungen

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, begeht, wer

1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben;

....?

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Absehen von der Strafe

§ 21

(1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

....?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber im gegenständlichen Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich. Die gesetzlichen Bestimmungen, die die Ausübung von gewerblichen Tätigkeiten an die Erlangung einer entsprechenden Berechtigung knüpfen, sollen insbesondere im Interesse des Kundenschutzes sicherstellen, dass nur solche natürlichen oder juristischen Personen bzw Personengesellschaften ein Gewerbe ausüben, die die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Das staatliche Interesse, das Vorliegen dieser Voraussetzungen in einem behördlichen Verfahren abzuprüfen, wurde im gegenständlichen Fall durch die bewilligungslose Ausübung des freien Gewerbes des Feilbietens von Naturblumen in nicht unbeträchtlicher Weise verletzt. Durch die betreffenden Vorschriften soll außerdem vermieden werden, dass durch unbefugte Gewerbeausübung in die berechtigten Interessen anderer Gewerbetreibender eingegriffen wird. Auch diesem Schutzinteresse hat der Berufungswerber in durchaus relevanter Weise zuwidergehandelt.

Bezüglich des Verschuldens war von Vorsatz auszugehen. Der Berufungswerber hat zweifelsfrei willentlich in der ihm angelasteten Weise gehandelt. Wenn dieser rechtsirrig angenommen hat, dass er zu dieser Tätigkeit ohne Vorliegen einer eigenen Gewerbeberechtigung befugt sei, hat ihm damit lediglich das Unrechtsbewusstsein gefehlt, ein Schuldelement, welches von jenem des Vorsatzes zu unterscheiden ist (vgl VwGH 11.9.1997, Zl 96/17/0233). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein juristischer Laie, wenn die Auslegung von Normen für ihn mit Schwierigkeiten verbunden ist, sich insbesondere bei den zuständigen Behörden diesbezüglich erkundigen muss (VwGH 16.11.1993, Zl 93/07/0022, 0023). Dass er dies getan und von der zuständigen Gewerbebehörde die Auskunft erhalten hat, die Ausübung der verfahrensgegenständlichen gewerblichen Tätigkeit bedürfe keiner weiteren Gewerbeberechtigung, hat aber auch der Berufungswerber nicht behauptet. Weiters ist anzumerken, dass vom Berufungswerber, welcher mitteilungsgemäß im Tatzeitpunkt eine andere Gewerbeberechtigung besessen hat, an sich zu erwarten war, dass ihm bekannt ist, dass ihm diese Gewerbeberechtigung nicht auch die Befugnis zum Verkauf der in Rede stehenden Produkte im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus verschafft. Mildernd war zu werten, dass der Berufungswerber bereitwillig an der Klärung des Sachverhaltes mitgewirkt hat, insbesondere was den Herkunftsort der von ihm verkauften Blumen anlangt. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Bezüglich seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber angegeben, dass ihm für die Bestreitung des Lebensunterhalts monatlich ca Euro 1.000,00 verbleiben. An Vermögen besitzt er ein Wohn- und Geschäftshaus (Fleischereibetrieb). Seine Verbindlichkeiten belaufen sich auf Euro 300.000,00, wofür halbjährliche Rückzahlungen von Euro 15.000,00 zu entrichten sind. Der Berufungswerber ist sorgepflichtig für einen minderjährigen Sohn.

 

Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien ist die Berufungsbehörde ausgehend von der durch die Erstinstanz bestimmten Strafe zur Ansicht gelangt, dass für die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von Euro 300,00 zu verhängen ist. Die Strafherabsetzung war dabei insbesondere aufgrund der doch angespannten Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers vorzunehmen. Ebenfalls war dem Berufungswerber zugute zu halten, dass er bereitwillig Angaben zum Herkunftsort der von ihm verkauften Blumen gemacht hat und damit diesbezüglich aufwendige Ermittlungen der Behörde unterbleiben konnten. In der nunmehr bestimmten Höhe ist die Geldstrafe aber jedenfalls gerechtfertigt. Damit wurde der gesetzliche Strafrahmen nur zu ca 8 Prozent ausgeschöpft. Eine geringere Strafe würde dem nicht unerheblichen Schuld- und Unrechtsgehalt der Übertretung nicht ausreichend Rechnung tragen.

 

Die Voraussetzungen für das vom Berufungswerber begehrte Vorgehen nach § 21 Abs 1 VStG haben gegenständlich nicht vorgelegen, weil es bereits an dem in dieser Bestimmung geforderten geringfügigen Verschulden fehlt. Von einem solchen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (vgl VwGH 12.09.1986, Zl 86/18/0059 uva). Es ist nun aber nicht erkennbar, dass der Unrechts- bzw Schuldgehalt gegenständlich wesentlich geringer wäre als bei anderen Übertretungen der betreffenden Verhaltensnorm.

 

Es war daher spruchgemäß eine Herabsetzung der Geldstrafe vorzunehmen. Folgerichtig waren auch die Ersatzfreiheitsstrafe und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu zu bemessen.

Schlagworte
Weiters, ist, anzumerken, dass, vom, Berufungswerber, welcher, im, Tatzeitpunkt, eine, andere, Gewerbeberechtigung, besessen, hat, an, sich, zu, erwarten, war, dass, ihm, bekannt, ist, dass, diese, Gewerbeberechtigung, nicht, auch, die, Befugnis, zum, Verkauf, der, in, Rede, stehenden, Produkte, im, Umherziehen, von, Ort, zu, Ort, oder, von, Haus, zu, Haus, verschafft
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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