TE UVS Tirol 2006/10/02 2006/26/2433-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn M. K. B., XY-Weg 41a, D-C., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 16.08.2006, Zl SG-41-2006-HAM, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 16.08.2006, Zl SG-41-2006-HAM, wurde Herrn M. K. B., D-C., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Der Beschuldigte, Herr M. K. B., geboren am XY in L., wohnhaft in C. (D), XY-Weg 41a, hat im Standort S. i.Z., Haus Nr XY, Festsaal, zumindest am 03.10.2005 um 08.00 Uhr das freie Gewerbe ?Warenpräsentator? ausgeübt, indem er eine Verkaufsveranstaltung durchgeführt hat ohne im Besitze einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes ?Warenpräsentator? zu sein.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 verstoßen und wurde über ihn gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz leg cit eine Geldstrafe von Euro 300,00, Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr M. K. B. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin bestritten, als Warenpräsentator tätig gewesen zu seien. Er habe lediglich die Funktion eines Lagerarbeiters bzw Lagerverwalters ausgeübt. Weiters sei er auch nicht bei der Firma C. beschäftigt gewesen, sondern bei Herrn H. E. und sei der Erstinstanz diesbezüglich bereits ein Dokument vorgelegt worden.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen relevant:

?1. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 85/2005:

 

§ 1

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hierbei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

....

 

§ 5

(1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

(2) Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen.

 

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, begeht, wer

1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben;

....

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Verjährung

§ 31

(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

....

 

Beschuldigter

§ 32

....

(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

....

 

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

....?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in zahlreichen Erkenntnissen dargelegt, dass der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 ua das Tatbestandselement enthält, dass jemand ?ein Gewerbe ausübt?. Zur Verwirklichung dieses Tatbestandes genügt es also nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 GewO 1994 vorliegen. Folgerichtig ist deshalb für eine gesetzmäßige Tatumschreibung eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 GewO 1994 erforderlich (vgl VwGH 15.09.1999, 99/04/0110; 08.10.1996, 96/04/0081 ua). Der vorliegend erhobene Tatvorwurf trägt dem aber nicht Rechnung. Es fehlen darin nämlich hinlänglich klare Anhaltspunkte dafür, dass der Berufungswerber regelmäßig, selbstständig und in der Absicht gehandelt hat, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Aus dem Vorhalt, er habe zu einem minutengenau bezeichneten Zeitpunkt eine Verkaufsveranstaltung durchgeführt, lässt sich zunächst nicht schließen, dass der Berufungswerber regelmäßig die Tätigkeit das freie Gewerbe ?Warenpräsentator? ausgeübt hat. Der Tatvorwurf enthält weiters keine Sachverhaltselemente, aufgrund derer eine Ertrags- oder Gewinnerzielungsabsicht des Berufungswerbers angenommen werden kann. Damit trägt die Tatumschreibung aber den in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Erfordernissen nicht Rechnung. Der erhobene Tatvorwurf lässt also nicht erkennen, dass der Berufungswerber die Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit erfüllt hat. Das Straferkenntnis entspricht sohin nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG und erweist sich damit als rechtswidrig.

 

Eine Richtigstellung des Tatvorwurfes durch die Berufungsbehörde war aus nachstehenden Gründen ebenfalls nicht möglich.

Damit eine taugliche, die Verjährung ausschließende Verfolgungshandlung vorliegt, muss sich diese nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z 2 VStG beziehen (VwGH 18.09.1987, 86/17/0020 uva). Zur Beantwortung der Frage, ob Verjährung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG eingetreten ist, ist also von der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG auszugehen. Die Verfolgungsverjährung wird nur dann unterbrochen, wenn das dem Beschuldigten zur Last gelegte Handeln innerhalb der Verjährungsfrist unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 VStG konkretisiert und individualisiert worden ist (vgl VwGH 14.11.1989, Zl 89/04/0049 ua).

Wie sich nun allerdings aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt, haben auch die innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist gesetzten Verfolgungshandlungen bezüglich der dem Berufungswerber angelasteten Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 denselben Mangel der Tatumschreibung aufgewiesen wie das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis.

Da sohin innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden ist, die sämtliche Elemente der Gewerbsmäßigkeit enthält, hat einer Richtigstellung des Schuldspruches durch die Berufungsbehörde der § 31 Abs 1 VStG entgegengestanden.

 

Folgerichtig war daher der Berufung bereits aus diesem Grund Folge zu geben, der Strafbescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Zur, Verwirklichung, des, Tatbestandes, genügt, es, nicht, dass, eine. Tätigkeit, ausgeübt, wird, die, dem, Tätigkeitsbereich, eines, Gewerbes, vorbehalten, ist, sondern, müssen, auch, die, Merkmale, der, Gewerbsmäßigkeit, im, Sinne, des § 1 Abs 2, GewO, 1994, vorliegen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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