TE UVS Burgenland 2006/10/13 166/02/06044

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Veröffentlicht am 13.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch seinen Präsidenten Mag Grauszer als Einzelmitglied über die mit 24 08 2006 datierten Beschwerden gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG 1. des Herrn *** (Erstbeschwerdeführer, EBF), geboren am ***, wohnhaft in RO ***, und

2. des Herrn *** (Zweitbeschwerdeführer, ZBF), geboren am ***, wohnhaft in ***, beide rumänische Staatsbürger und vertreten durch die Rechtsanwälte *** in ***, wegen ihrer fremdenpolizeilichen Zurückweisung durch ein Grenzkontrollorgan im Verantwortungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (belangte Behörde, BH) am 22 07 2006 gegen 19 Uhr nach der Einreise von Ungarn nach Österreich bei der Grenzkontrollstelle (Greko) Nickelsdorf zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 67c Abs 3 AVG werden obige Zurückweisungen für rechtswidrig erklärt.

 

Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 hat der Bund (Bundesminister für Inneres) jedem Beschwerdeführer Kosten für Schriftsatzaufwand von 660,80 Euro zu ersetzen.

Text

1.1. Die BF begehren in gleichlautenden Schriftsätzen die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer oben genannten und auf ?§ 42 / 4 a? (richtig: § 41 Abs 2 Z 4 lit a) des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) gestützten Zurückweisungen mit der wesentlichen Begründung, dass ihre Einreise zulässig gewesen wäre und kein Grund für die Annahme einer von ihnen ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit bestanden habe. Pauschalkosten von jeweils 660,80 ? wurden verzeichnet.

 

1.2. Der Verwaltungssenat ersuchte die BH um Aktenvorlage und Einvernahme der Grenzkontrollbeamten. RevI T. W. (siehe NS vom 15 9 2006) und  RevI M. F. (siehe NS vom 20 9 2006) sagten als Zeugen übereinstimmend aus, dass sich die beiden BF als Lenker eines rumänischen Reisebusses am 22 07 2006 gegen 16 Uhr der Einreisekontrolle bei der Greko Nickelsdorf gestellt hätten. Nach der Reisepasskontrolle seien sechs Buspassagiere zurückgewiesen worden, welche der ZBW zu Fuß nach Ungarn freiwillig zurück begleitet habe, um ihnen bei der Heimfahrt nach Rumänien behilflich zu sein. Damit sei die Grenzkontrolle beendet gewesen. Der EBF sei mit dem Bus und den anderen Passagieren nach Österreich eingereist und bis zur nächsten Tankstelle gefahren, da ihm gesagt worden sei, dass er nicht bei der Grenze auf seinen Kollegen warten dürfe. Die Zeugin RevI S. P. (siehe NS vom 20 9 2006) gab an, dass sie am 22 7 2006 gegen 17 Uhr 45 einen rumänischen Bus kontrolliert habe, wobei sie eine Passagierin entdeckt habe, die kurz zuvor zurückgewiesen worden sei. Sie sei auch von ihrem Kollegen RevI T. W. erkannt worden und habe er von fünf anderen Zurückgewiesenen berichtet. In der Zwischenzeit sei der Bus nach Österreich eingereist. Die Beamten seien dem Bus nachgefahren und hätten ihn bei der Tankstelle entdeckt. Dort seien auch der ZBF und die fünf anderen Zurückgewiesenen angetroffen worden. Die Lenker seien aufgefordert worden, zur Dienststelle mitzufahren,  was sie auch getan hätten. Dort hätten Kollegen die Amtshandlung übernommen. Dazu berichten die Zeugen RevI C. F. (siehe NS vom 3 10 2006) und RevI K. W. (siehe NS vom 18 9 2006), dass sie gegen 19 Uhr von den Kollegen von dem Vorfall informiert worden wären. Diese hätten gesagt, dass die Seiten der Reisepässe zusammengeklebt gewesen seien (gemeint wohl:

um den eingedrückten Zurückweisungsstempel zu verschleiern bzw ein Überblättern bei der Durchsicht wahrscheinlicher zu machen). Bei ihrer Betrachtung der Reisepässe seien die Seiten der Pässe zwar feucht gewesen, hätten jedoch n

icht zusammen geklebt. Die beiden Lenker seien im Verdacht der ?Schlepperei? gestanden. Sie hätten ?gewusst, dass die Personen bereits zurückgewiesen wurden?, weshalb eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit  angenommen worden sei. Dabei sei übersehen worden, dass sich die beiden Lenker bereits im Bundesgebiet aufgehalten hätten.

Einem von RevI T. W. verfassten Aktenvermerk vom 23 7 2006, GZ ***/2006, zufolge hätte ihm eine von ihm bei ihrer zweiten Einreise entdeckte Passagierin mitgeteilt, dass die anderen Zurückgewiesenen im bereits eingereisten Bus seien, weshalb er diesem nachgefahren sei und sie im Restaurant der Tankstelle entdeckt habe. Dort habe er auch den ZBW aufgegriffen. Diese Passagiere hätten ihm mitgeteilt, dass ihnen der ZBF geholfen habe, die Seiten in den Reisepässen zusammen zu kleben. Wegen dieser Angaben und da die Lenker gewusst hätten, dass die zurückgewiesenen Passagiere des Busses nicht berechtigt gewesen seien, nach Österreich einzureisen, seien sie wegen Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zurückgewiesen worden.

1.3. Die BH erstattete keine Gegenschriften und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

 

2.0. Über die zulässigen und rechtzeitigen  Beschwerden  wurde erwogen:

 

2.1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist für den Verwaltungssenat erwiesen, dass die BF am 22 7 2006 gegen 16 Uhr anlässlich ihrer Einreise von Ungarn einer Grenzkontrolle unterzogen wurden und ihnen nach deren Beendigung die Einreise nach Österreich erlaubt wurde. Der EBF reiste sofort bis zur Tankstelle weiter. Der ZBW kehrte freiwillig nach Ungarn zurück und reiste gegen 17 Uhr 45 neuerlich nach Österreich ein, was ihm bei der Grenzkontrolle erlaubt wurde. Er fuhr auch zur Tankstelle, wo beide BF von Grenzkontrollorganen aufgegriffen und ihre geplante Weiterreise in Österreich insoweit verhindert wurde, als sie zur Grenzkontrollstelle gebracht und dort veranlasst wurden, Österreich in Richtung Ungarn zu verlassen. Gegen 19 Uhr wurden sie gemäß § 41 Abs 2 Z 4 lit a FPG zurückgewiesen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den Zeugenaussagen, die relevanterweise  im Einklang mit den Beschwerdeausführungen stehen.

 

2.2. In rechtlicher Hinsicht:

 

2.2.1.   § 41 FPG lautet:

?(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Fremde, die versuchen, nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen, an der Einreise zu hindern.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Fremde, die versuchen, in das Bundesgebiet einzureisen oder die eingereist sind, bei Landgrenzübergangsstellen anlässlich der Grenzkontrolle sowie auf Flugplätzen, in Häfen und im Zugsverkehr innerhalb des Grenzkontrollbereiches an der Einreise oder Weiterreise zu hindern (Zurückweisung), wenn

1.

deren Einreise nicht rechtmäßig ist;

2.

gegen sie ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht und ihnen keine Bewilligung zur Wiedereinreise (§ 72) erteilt wurde;

 3. ein Vertragsstaat mitgeteilt hat, dass ihr Aufenthalt im Gebiet der Vertragsstaaten die öffentliche Ordnung oder nationale Sicherheit gefährden würde, es sei denn, sie hätten einen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates oder einen von Österreich erteilten Einreisetitel;

 4. sie zwar zur rechtmäßigen Einreise berechtigt sind, aber bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

 a) ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat gefährden würden;

 b) sie ohne die hierfür erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

 c) sie im Bundesgebiet Schlepperei begehen oder an ihr mitwirken werden;

 5. sie keinen Wohnsitz im Inland haben und nicht über die Mittel zur Bestreitung der Kosten ihres Aufenthaltes und ihrer Wiederausreise verfügen;

 6. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie wollten den Aufenthalt im Bundesgebiet zur vorsätzlichen Begehung von Finanzvergehen, mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten, oder zu vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften benützen.

(3) Über die Zulässigkeit der Einreise ist nach Befragen des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden. Die Zurückweisung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch den unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt worden ist.?

 

2.2.2. Daraus ergibt sich für die Anlassfälle:

 

Der § 41 Abs 2 FPG ermächtigt Sicherheitsorgane, Personen, die (wie hier bereits) eingereist sind, ?bei Landgrenzübergangsstellen anlässlich der Grenzkontrolle? an der Weiterreise zu hindern (Zurückweisung). Diese Vorschrift deckt eine Zurückweisung von Personen, die außerhalb (nach) der Grenzkontrolle bei einem Landgrenzübergang aufgegriffen wurden, nicht. Beiden BF wurden nach dem Überschreiten der Staatsgrenze und nach Beendigung der Grenzkontrolle bei der Greko Nickelsdorf die Weiterreise nach Österreich gestattet. Sie sind danach zur Tankstelle gefahren und wurden dort in einem Restaurant von Grenzkontrollbeamten ?aufgegriffen?. Dies war beim EBF ca drei Stunden und beim ZBW ca eine Stunde nach Beendigung der jeweiligen Einreisekontrolle und außerhalb des Landgrenzübergangs Nickelsdorf. Deshalb hätten die BF nicht zurück gewiesen werden dürfen (vgl auch UVS Bgld 11 5 1999, E 013/02/98130). Bei diesem Ergebnis kommt es auf den von der Polizei angegebenen Grund für die Zurückweisung nicht mehr an.

 

2.3. Der Kostenersatzausspruch stützt sich auf den Antrag und die zitierten Normen.

Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde, Zurückweisung bei der Einreise
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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