TE UVS Wien 2006/11/06 06/42/6239/2006

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Veröffentlicht am 06.11.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Mag. Dr. Tessar über die Berufung von Herrn Dr. Richard P., vertreten durch die P. & Partner OEG, gegen Punkt I.) des Straferkenntnisses des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 30.6.2006, MBA 11 - S 4704/05, wegen Übertretung des § 37 iVm § 79 Abs 1 Z 9 und § 79 Abs 2 Z 11 AWG, und durch Mag. Kummernecker als Vorsitzenden, Mag. Mag. Dr. Tessar als Berichter und Mag. Burda als Beisitzerin über die Berufung des Herrn Dr. Richard P., vertreten durch die P. & Partner OEG, gegen Punkt II.) des Straferkenntnisses des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 30.6.2006, MBA 11 - S 4704/05, wegen Übertretungen des § 37 iVm § 79 Abs 1 Z 9 und des § 37 iVm § 79 Abs 2 Z 11 AWG, wie folgt entschieden:

I.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt I. Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren hinsichtlich des Spruchpunktes I. gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

II.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt II. Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren hinsichtlich des Spruchpunktes II. gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

"Sie haben als Masseverwalter und somit zur Vertretung nach außen Berufener der Ö-Ges m.b.H. die persönlich haftende Gesellschafterin der Ö-Gesellschaft m.b.H. & Co KG ist, zu verantworten, dass diese Gesellschaft von 13.9.2005 bis 2.12.2005 in Wien, G-gasse:

I.) In dem mit rechtskräftigen Bescheiden vom 28.10.1985, MBA 11 ? Ba 10934/19/85 und vom 15.1.1988,

MBA 11 ? Ba 10934/3/87 genehmigten 270m² großem

Behandlungsraum ca. 100.000 Liter an gefährlichen Abfällen gelagert wurden, statt der mit oa angegebenen Bescheiden genehmigten 10.800 Liter, ohne dass für diese Menge eine Genehmigung vorliegt. Es wurde keine Anzeige gem. § 37 Abs 4 Z 2 AWG 2002 erstattet und auch nicht im Bescheid gemäß § 51 Abs 1 AWG 2002 zur Kenntnis genommen.

II.) folgende Auflagen des rechtskräftigen

Bescheides vom 28.10.1985, MBA 11 ? Ba 10934/19/85, nicht

eingehalten wurden, und zwar:

1.) die Auflage Nr. 90 des Bescheides

des MBA 11 vom 28.10.1985 zur Zahl: MBA 11 ? Ba

10934/19/85 die lautet: ?Die Lagerboxen im Zwischenlager sind als ?sauer? oder ?basisch? und nach ihren

Inhaltsstoffen dauerhaft zu kennzeichnen.?, insofern nicht eingehalten war, als im Zwischenlager keine Lagerboxen vorhanden waren,

2.) die Auflage Nr. 159 des Bescheides des MBA 11 vom 29.10.1985 zur Zahl: MBA

11 ? Ba 10934/19/85 die lautet: ?Die Filterkuchen,

Abfallstoffe und Sonderabfälle sind getrennt so zu lagern,

dass keine chemischen Reaktionen mehr auftreten

können.?, insofern nicht eingehalten war, als die

verschiedenen Abfallarten im Zwischenlager in

200 l-Fässern nicht getrennt gemäß ihrer

Gefährdungspotentiale gelagert werden und nicht in Lagerboxen gelagert werden und daher im Falle eines

undichten Fasses eine chemische Reaktion nicht

ausgeschlossen werden kann.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 37 iVm § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 und § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

1 mal EUR 900 oder Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche(n) 4 Tag(en) 5 Stunde(n)

2 mal EUR 3.630,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche(n) 4 Tag(en) 5 Stunde(n) Gesamt: EUR 9.060,-- Summe der Ersatzfreiheitsstrafen 4 Woche(n) 5 Tag(e) 15 Stunde(n) gemäß § 79 Abs 1 Z 9 und Abs 2 Z 11 AWG 2002 iVm § 9 VStG 1991"

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber vorbringt wie folgt:

?Mit Beschlüssen des Handelsgerichtes Wien je vom 10.8.2005, 6 S 88/05s und 6 S 90/05k, wurde über das Vermögen der Ö-Gesellschaft m.b.H. & Co KG sowie der Ö-Gesellschaft m.b.H. als persönlich haftende Gesellschafterin der Ö-Gesellschaft & Co KG das Konkursverfahren eröffnet und der Berufungswerber in beiden Konkursverfahren zum Masseverwalter bestellt. Vom 1.8. bis 15.8.2005 war die Belegschaft auf Betriebsurlaub, sodass die Betriebsanlage vom Berufungswerber erst am 16.8.2005 besichtigt werden konnte. Bei dieser Besichtigung wurden die beigeschlossenen Fotos angefertigt, aus denen die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gehandhabte Lagerung von Abfällen sowie die Menge der gelagerten Abfälle ersichtlich sind. Der Dienstnehmer der Gemeinschulderin Dipl.-Ing. R., der auch gewerberechtlicher und abfallwirtschaftlicher Geschäftsführer der Gemeinschulderin war, hat dem Berufungswerber am 16.8.2005 um

13.58 Uhr eine handschriftliche Erklärung übergeben, wonach er sein Arbeitsverhältnis mit der Gemeinschulderin per 31.8.2005 aufkündigt. Ergänzend ist dazu auszuführen, dass nach den dem Berufungswerber erst danach erteilten Informationen Dipl.-Ing. R. seine beiden Funktionen als gewerberechtlicher und abfallwirtschaftsrechtlicher Geschäftsführer bereits am 8.8.2005, sohin vor Konkurseröffnung, zurückgelegt hat.

Am 22.8.2005 hat der Berufungswerber dem Konkursgericht den in Kopie beigeschlossenen Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vorgelegt und darin bereits ausgeführt, dass nur ganz kurzfristig die Möglichkeit bestünde, den Betrieb zur Durchführung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen aufrecht zu erhalten, weil dies im Interesse der Gäubiger gelegen ist und dadurch größere Schäden vermieden werden können. In diesem Bereich hat der Berufungswerber auch ausführlich zu den Problemen mit der Entsorgung des Sondermülls Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, im Rahmen des Konkursverfahrens raschest möglich ein Unternehmen zu finden, das die Entsorgung durchführt. Die vom Masseverwalter geschätzten Kosten der Entsogung beliefen sich ? im Fall der Entsorgung durch die Gemeinschuldnerin ? auf rund

EUR 450.000,00 bis EUR 470.000,00, im Falle der Entsorgung durch ein Drittunternehmen auf EUR 550.000,00 bis EUR 600.000,00.

In diesem Zusammenhang ist auf die in § 81a KO normierten Verpflichtungen des Masseverwalters zu verweisen, wonach der Masseverwalter unter anderem verpflichtet ist, unverzüglich zu prüfen, ob das Unternehmen fortgeführt oder wiedereröffnet werden kann. Die Entscheidung über die weitere Vorgangsweise (Fortführung oder Schließung des Unternehmens, Zwangsausgleich) ist in einer vom Konkursgericht gemäß § 91a KO anzuberaumenden Berichtstagssatzung zu treffen, die spätestens 90 Tage nach Eröffnung des Konkurses stattzufinden hat. Die Beschlussfassung über die Schließung des Unternehmens obliegt also dem Konkursgericht.

Die erste Gläubigerversammlung wurde vom Konkursgericht auf den 25.8.2005 anberaumt. Bei dieser Tagsatzung wurde unter anderem der Bericht des Masseverwalters vom 22.8.2005 er erörtert und dem Masseverwalter ein Gläubigerausschuss gem. § 88 Abs 1 KO beigeordnet.

Bereits am 23.8.2005 hat der Berufungswerber die Zustimmung des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Gemeinschulderin zur Schließung des Betriebes eingeholt und am 31.8.2005 beim Handelsgericht Wien als zuständigem Konkursgericht den Antrag auf Schließung des Unternehmens gemäß § 115 KO gestellt. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 2.9.2005 in den verbundenen Konkursverfahren 6 S 88/05a und 6 S 90/05k des Handelsgerichtes Wien wurde gemäß § 115 KO die Schließung des gemeinschuldnerischen Unternehmens konkursgerichtlich bewilligt.

Am 5.9.2005 sind sämtliche Dienstnehmer der Gemeinschulderin aus dem Dienst der Gemeinschulderin ausgetreten; ab diesem Zeitpunkt hat kein Betrieb stattgefunden; lediglich Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen wurden durchgeführt.

Mit Schreiben vom 5.9.2005 hat der Berufungswerber auch dem Magistrat der Stadt Wien, MBA 11, mitgeteilt, dass die konkursgerichtliche Schließung beantragt wurde und vom Fortbetrieb kein Gebrauch gemacht wird. Mit Verständigung vom 7.9.2005 hat der Magistrat der Stadt Wien, MBA 11, das Ausscheiden des (gewerberechtlichen) Geschäftsführers sowie die Auflösung des Rechtsverhältnisses per 31.8.2005 bestätigt....?

Aus dem der Berufung beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass am 15.9.2005 durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 22, eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Verantwortlichen der Ö-Gesellschaft m.b.H. & Co KG zur Last gelegt, vom 13.9.2005 bis zum 2.12.2005 in Wien, G-gasse, in dem mit rechtskräftigen Bescheiden des Magistrats vom 28.10.1985, MBA 11 ? Ba 10934/19/85 und vom 15.1.1988, MBA 11 ? Ba 10934/3/87 genehmigten 270m² großen Behandlungsraum ca. 100.000 Liter an gefährlichen Abfällen, statt der mit oa. angegebenen Bescheiden genehmigten 10.800 Liter, gelagert zu haben, ohne dass für diese Menge eine Genehmigung vorgelegen sei. Es sei keine Anzeige gem. § 37 Abs 4 Z 2 AWG 2002 erstattet und auch nicht mit Bescheid gemäß § 51 Abs 1 AWG 2002 zur Kenntnis genommen worden. Weiters wurde ihm zur Last gelegt, 1. die Auflage Nr. 90 des Bescheides des Magistrats, MBA 11 vom 28.10.1985 zur Zahl MBA 11 ? Ba 10934/19/85 wonach: ?die Lagerboxen im Zwischenlager als ?sauer? oder ?basisch? und nach ihren Inhaltsstoffen dauerhaft zu kennzeichnen (sind).?, insofern nicht eingehalten zu haben, als im Zwischenlager keine Lagerboxen vorhanden gewesen seien, und 2. die Auflage Nr. 159 des Bescheides des MBA 11 vom 29.10.1985 zur Zahl MBA 11 ? Ba 10934/19/85 wonach: ?die Filterkuchen, Abfallstoffe und Sonderabfälle getrennt so zu lagern (sind), dass keine chemischen Reaktionen mehr auftreten können?, insofern nicht eingehalten zu haben, als die verschiedenen Abfallarten im Zwischenlager in 200 l-Fässern nicht getrennt gemäß ihrer Gefährdungspotentiale gelagert worden seien und nicht in Lagerboxen gelagert worden seien und daher im Falle eines undichten Fasses eine chemische Reaktion nicht ausgeschlossen werden habe können.

Aus dem Firmenbuchauszug (beigeschafft über das zentrale Gewerberegister am 22.2.2006) FN 4371d geht hervor, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10.8.2005, Zl. 6 S 88/05s, über die Ö-Gesellschaft m.b.H. der Konkurs eröffnet wurde und Herr Dr. Richard P. seit dem 11.8.2005 als Masseverwalter bestellt ist.

Anlässlich der Einvernahme des Vertreters des Berufungswerbers Herrn Dr. Georg Alexander N. vor der Erstbehörde am 5.4.2006 führte dieser unter anderem aus wie folgt:

?Ich verweise auf unseren Brief vom 4.4.2006 an die MA 22 vor allem auf letzten Absatz dieses Briefes. Wir haben als Masseverwalter alles getan um die gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen. Wir haben trotz geringer Masse einen eingeschränkten Betrieb aufrechterhalten bis Dezember 2005, um größeren Schaden zu vermeiden. Bei der Revision am 13.9.2005 hat der handelsrechtliche Geschäftsführer der Ö. angegeben, dass bei den Lagerungen seit Konkurseröffnung lediglich minimale Änderungen vorgenommen wurden. Daher trifft uns kein Verschulden.?

Mit Telefax vom 28.7.2006 legte der Berufungswerber die Auszüge aus der Ediktsdatei zu den von ihm als Masseverwalter betreuten Konkursen der Ö-Gesellschaft m.b.H. und der Ö-Gesellschaft m. b.H. & Co KG vor. Erläuternd führte er dazu aus, dass aus diesen Auszügen insbesondere ersichtlich sei, dass das Unternehmen mit Gerichtsbeschluss vom 2.9.2005 geschlossen worden sei.

Diesem Telefax ist der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 2.9.2005, Zlen: 6 S 88/05s und 6 S 90/05k, beigelegt, mit welchem im Konkurs über das Vermögen der prot. Firma Ö-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, mit Sitz in Wien, G-gasse, sowie über die persönlich haftende Gesellschafterin Ö-Gesellschaft m.b.H., mit Sitz in Wien, G-gasse, gemäß

§ 115 KO die Schließung des gemeinschuldnerischen Unternehmens konkursgerichtlich bewilligt wurde. Begründend wurde hiebei ausgeführt,

dass die Gemeinschuldnerin der Schließung des Unternehmens ausdrücklich zugestimmt habe, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen

für einen Fortbetrieb dieses Betriebes nicht gegeben seien. Eine Fortführung des Betriebes würde aufgrund der auflaufenden Masseforderungen den Ausfall, den die Konkursgläubiger erleiden würden,

offensichtlich erhöhen. Mit Schriftsatz vom 28.7.2006 wurde der Berufungswerbervertreter aufgefordert, zu der Niederschrift vor der Erstbehörde vom 5.4.2006 Stellung zu nehmen.

Mit Stellungnahme vom 1.8.2006 brachte der Berufungswerber vor, dass unter einem eingeschränkten Betrieb lediglich die Weiterführung von Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen zu verstehen gewesen wäre. In der Beilage wurde ein Protokoll anlässlich der Revision vom 13.9.2005 vorgelegt, in welchem sich unter anderem nachfolgende Passage findet:

?Der Betrieb der Anlage ist derzeit unterbrochen.

Die Vertreterin des Masseverwalters führt aus, dass an eine Stilllegung des Betriebes momentan nicht gedacht ist; der Betrieb wird derzeit allerdings lediglich eingeschränkt fortgesetzt; dass bedeutet:

Kontrollmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen werden

durchgeführt. In diesem Zusammenhang wird unter anderem Oberflächenwasser der äußeren Wanne der Betriebsanlage sporadisch über die CP-Anlage aufgearbeitet.

Eine über diesen Not- bzw. Sicherungsbetrieb hinausgehende Abfallbehandlung findet allerdings derzeit nicht statt; auch werden seit Konkurseröffnung keine Abfälle mehr übernommen. Zur Durchführung der Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen ist ein Dienstnehmer ständig beschäftigt, ein weiterer fallweise. Weiters ist Herr Karl M., der handelsrechtliche Geschäftsführer der Ö-Gesellschaft m.b.H.= persönlich haftende Gesellschafterin der betreibenden Gesellschaft Ö-Gesellschaft m.b.H & Co KG, mindestens einmal täglich anwesend und führt Kontrollrundgänge durch.?

Weder aus dieser Beilage noch aus den weiteren anlässlich dieses Schriftsatzes übermittelten Beilagen geht aber mit Gewissheit hervor, dass nach dem 2.9.2005 keine abfallwirtschaftliche Tätigkeit auf dem gegenständlichen Betriebsgelände ausgeübt worden ist.

Mit Schriftsatz vom 7.8.2006 wurde daher der Berufungswerber seitens des erkennenden Senates aufgefordert, alle Rechnungen und Zahlungseingänge, die die Ö-Gesellschaft m.b.H. & Co KG ab dem 1.8.2005 gestellt hat bzw. welche ab dem Zeitpunkt eingegangen sind, vorzulegen, wobei bei jedem Zahlungseingang der entsprechende Zahlungsbeleg oder der sonstige

Zahlungsgrund anzugeben sei.

Anlässlich der Urkundenvorlage vom 17.8.2006 wurde vom Berufungswerber im Wesentlichen lediglich eine dem Konkursgericht zur Zahl 6 S 88/05s vorgelegte Zwischenrechnung betreffend die Einnahmen bis zum 16.8.2006 vorgelegt. Daraufhin wurde der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 22.8.2006 neuerlich zur Vorlage der bereits mit Schriftsatz vom 7.8.2006 vorgeschriebenen Belege aufgefordert.

Mit Schriftsatz vom 12.9.2006 wurden alle Zahlungseingänge, welche nach der Konkurseröffnung eingelangt sind, mittels entsprechenden Belegen nachgewiesen und wurde hinsichtlich jedes dieser Zahlungseingänge dargelegt, aus welchen Umständen zu erschließen ist, dass keiner der jeweiligen Zahlungseingänge aufgrund einer nach dem 2.9.2005 erbrachten abfallwirtschaftlichen Leistung erfolgte.

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT

ERWOGEN:

Gemäß § 37 Abs 1 Abfallwirtschaftsgesetz bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde.

Gemäß § 79 Abs 1 Z 9 AWG begeht, wer eine Behandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert, ohne im Besitz der nach § 37 AWG erforderlichen Genehmigung zu sein, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 ? bis 36 340 ? zu bestrafen ist. Wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 ?

bedroht.

Gemäß § 79 Abs 2 Z 11 AWG begeht, wer die gemäß § 43 Abs 4, § 44, § 54 Abs 2 AWG oder § 58 Abs 2 AWG vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen oder die gemäß § 48 Abs 1 AWG vorgeschriebenen Befristungen nicht einhält, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7 270 ? zu bestrafen ist. Wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 ? bedroht.

Gemäß § 115 Konkursordnung darf das Konkursgericht die Schließung eines Unternehmens nur anordnen oder bewilligen (§ 78 Abs 1, § 114a Abs 2), wenn auf Grund der Erhebungen feststeht, dass anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Konkursgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist.

Zu Spruchpunkt I)

Aufgrund des Akteninhaltes, wonach nach der Konkurseröffnung der Betrieb der Abfallbehandlungsanlage nahezu nicht mehr fortgesetzt worden ist, steht fest, dass die zum Betriebsstilllegungszeitpunkt am 2.9.2005 am Betriebsgelände gelagerten Abfälle zur Gänze bzw. nahezu zur Gänze vor dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 10.8.2005 am

gegenständlichen Gelände abgelagert worden sind.

Der von der Erstbehörde als Änderung des Umfangs der Abfallbehandlungsanlage gewertete Umstand, dass auf dem gegenständlichen Betriebsgelände mehr als 10.800 Liter an gefährlichen Abfällen gelagert worden sind, ist daher keinesfalls vom Berufungswerber herbeigeführt worden, sodass - unabhängig von der Frage, ob seitens der Erstbehörde in diesem Fall zu Recht von einer Abfallbehandlungsanlagenänderung ausgegangen ist - schon deshalb die Verwirklichung des unter dem Spruchpunkt I) konkretisierten Tatbilds nicht dem Berufungswerber angelastet werden kann.

Zu Spruchpunkt II)

Aufgrund der erstbehördlichen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Betrieb der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage durch einen Abfallbehandlungsbewilligungsbescheid, welcher nicht als Deponiebewilligungsbescheid zu klassifizieren ist, nämlich durch den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 28.10.1985, Zl. MBA 11 ? Ba 10934/19/85 und den Zusatzbescheid vom 15.1.1988, Zl. MBA 11 ? Ba 10934/3/87, (grundsätzlich) genehmigt gewesen ist. Die gegenständliche Anlage ist daher nicht konsenslos betrieben worden.

Aus dem vom Berufungswerber vorgelegten gerichtlichen Schließungsbeschluss vom 2.9.2005 und den Erhebungen des erkennenden Senats ist außerdem abzuleiten, dass ab diesem Tag die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage nicht mehr betrieben worden ist. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Angabe des Vertreters des Berufungswerbers anlässlich der erstbehördlichen Niederschrift vom 5.4.2006. Aufgrund der Urkundenvorlagen des Berufungswerbers und dem

erstinstanzlichen Akteninhalt ist nämlich davon auszugehen, dass im Bereich Wien, G-gasse, lediglich bis zum 2.9.2005 eine Abfallbehandlungsanlage betrieben worden ist, und dass danach am Betriebsgelände dieser Abfallbehandlungsanlage keine abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinn, sondern lediglich Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden sind.

Aus diesem Umstand ist nun aber zu folgern, dass der Betrieb der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage am 2.9.2005 beendet (bzw. allenfalls lediglich unterbrochen) worden ist. Nach Ansicht des erkennenden Senates finden nun aber die abfallbehandlungsanlagenrechtlichen Regelungen und Vorschriften des AWG, sofern nichts ausdrücklich Gegenteiliges normiert ist, nur auf in Betrieb stehende, (nicht konsenslos betriebene) Abfallbehandlungsanlagen Anwendung.

Diese Auslegung gründet auf der Überlegung, dass der Zweck des Abfallbehandlungsanlagenrechts jedenfalls darin liegt, die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen zu genehmigen und deren Betrieb näher zu regeln. Durch das Abfallanlagengenehmigungsregime der §§ 37ff AWG wurden daher faktisch für alle Abfallbehandlungsanlagen entweder aus dem Gesetz oder aus einem Bescheid Anforderungen für die Abfallanlagenerrichtung und den Abfallanlagenbetrieb konkretisiert. Im Gegensatz etwa zur Bestimmung des § 80 GewO, wonach der Anlagenbetreiber im Falle einer Betriebsunterbrechung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen hat, finden sich dagegen im AWG bzw. den aufgrund des AWG erlassenen Verordnungen für den Fall der Betriebsunterbrechung bzw. der Betriebsstilllegung bzw. der Betriebsauflassung - abgesehen für Deponien - nur Ermächtigungen für die behördliche Erteilung von (für die jeweilige Abfallbehandlungsanlage spezifizierten) behördlichen Aufträgen. Generelle Verpflichtungen eines Abfallanlageninhabers im Falle der Betriebsunterbrechung bzw. der Betriebsstilllegung bzw. der Betriebsauflassung sind dagegen, abgesehen von diesen Aufträgen bzw. allfälligen gesetzlichen Sonderbestimmungen, nicht aus abfallanlagenrechtlichen Bestimmungen, sondern aus den für alle Abfallbesitzer zu beachtenden Regelungen (vgl. etwa die §§ 15 ff AWG) zu erschließen.

Aus diesem Befund ist daher nach Ansicht des erkennenden Senats abzuleiten, dass, abgesehen von gesetzlich gesondert geregelten Fällen, aus den abfallanlagenrechtlichen Bestimmungen lediglich Verpflichtungen für die (beantragte oder angezeigte) Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage und für den (nicht konsenslosen) Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage, nicht aber die einen Abfallanlagenbesitzer im Falle der Betriebsunterbrechung bzw. der Betriebsstilllegung bzw. der Betriebsauflassung einzuhaltenden Verpflichtungen geregelt sind.

Da grundsätzlich nur der nicht konsenslose Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage durch die anlagenrechtlichen Regelungen erfasst wird, finden somit nur die abfallanlagerechtlichen Bestimmungen auf einen konsenslosen Abfallbehandlungsbetrieb Anwendung, welche ausdrücklich (auch) den konsenslosen Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage (vgl. etwa § 62 Abs 2a AWG und wohl auch § 62 Abs 2b AWG) regeln. Dasselbe gilt auch sinngemäß für den Falle der Betriebsunterbrechung bzw. der Betriebsstilllegung bzw. der Betriebsauflassung (einer nicht konsenslos betriebenen Abfallbehandlungsanlage). Im Falle der Betriebsunterbrechung bzw. der Betriebsstilllegung bzw. der Betriebsauflassung (einer nicht konsenslos betriebenen Abfallbehandlungsanlage) sind daher vom Abfallbehandlungsanlagenbesitzer grundsätzlich (daher abgesehen etwa von Aufträgen i.S.d. § 51 Abs 2 i.V.m. § 37 Abs 4 Z 5 oder 7 AWG) lediglich die von allen Abfallbesitzern zu beachtenden Vorschriften (daher in erster Linie die §§ 15ff AWG) zu beachten bzw. können von der Behörde daher grundsätzlich lediglich die grundsätzlich (daher abgesehen etwa von Aufträgen i. S.d. § 51 Abs 2 i.V.m. § 37 Abs 4 Z 5 oder 7 AWG) jedem Abfallbesitzer bzw. Grundeigentümer vorschreibbaren Aufträge (daher in erster Linie Behandlungsaufträge i.S.d. § 73 AWG) vorgeschrieben werden.

Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber grundsätzlich, daher etwa abgesehen von der durch § 51 Abs 2 i. V.m. § 37 Abs 4 Z 7 AWG normierten Möglichkeit der Vorschreibung von behördlichen Aufträgen im Falle einer Abfallbehandlungsanlagenauflassung bzw. der durch § 51 Abs 2 i. V.m. § 37 Abs 4 Z 5 AWG normierten Möglichkeit der Vorschreibung von behördlichen Aufträgen im Falle einer Abfallbehandlungsanlagenbetriebsunterbrechung (worunter wohl auch eine Betriebsbeendigung zu fallen hat) bzw. der über den Zeitpunkt der Deponiestilllegung hinausgehende,

anlagenbezogene Verpflichtungen auflegenden Bestimmung des § 28 DeponieVO, im Falle der Beendigung (der Unterbrechung) des Betriebes einer Abfallbehandlungsanlage dem Anlagenbetreiber keine spezifischen abfallanlagenrechtlichen Verpflichtungen auferlegt.

Da die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage nicht als Deponie genehmigt worden ist, auch kein Auftrag i.S.d. § 51 Abs 2 i. V.m. § 37 Abs 4 Z 5 AWG, auch kein Auftrag i.S.d. § 51 Abs 2 i. V.m. § 37 Abs 4 Z 7 AWG erteilt worden ist, und nach Ansicht des erkennenden Senates auch keine andere abfallanlagenrechtliche Bestimmung im bezughabenden Fall zur Anwendung zu gelangen hat, waren vom Berufungswerber nach dem Zeitpunkt der Betriebsbeendigung (Betriebsunterbrechung) keine abfallanlagenrechtlichen Bestimmungen mehr zu beachten. Gegen diese Auslegung kann nach Ansicht des erkennenden Senats auch nicht ins Treffen geführt werden, dass gemäß § 55 AWG der Umstand der bloßen Beendigung des Abfallbehandlungsanlagenbetriebs nicht sogleich zum Erlöschen der für die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage erteilten Abfallbehandlungsanlagengenehmigung führt. Der Umstand, dass ein aus einer Abfallbehandlungsanlagengenehmigung erfließendes Betriebsrecht nicht untergeht, berechtigt nämlich nicht zur Schlussfolgerung, dass die den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage regelnden Bestimmungen auch auf Abfallbehandlungsanlagen, welche nicht mehr in Betrieb stehen oder noch nicht in Betrieb genommen worden sind, Anwendung zu finden haben.

Wie zuvor ausgeführt, finden im Fall einer Beendigung des Betriebes einer Abfallbehandlungsanlage weiterhin die allgemeinen für Abfälle zu beachtenden Bestimmungen, daher etwa die §§ 15ff AWG und § 73 AWG, Anwendung, sodass der Umstand der Nichtmehranwendbarkeit der abfallanlagenrechtlichen Bestimmungen auf stillgelegte Abfallbehandlungsanlagen grundsätzlich keine zusätzliche Gefahr für die Umwelt zu bewirken vermag.

Im gegenständlichen Fall treffen daher den Abfallbehandlungsanlageninhaber ab dem Zeitpunkt der Betriebsbeendigung - ungeachtet allfälliger nicht aus dem Abfallbehandlungsanlagenrecht abzuleitender Verpflichtungen (vgl. etwa die unberührt bleibenden Verpflichtungen aus den §§ 15ff AWG oder den Pflichten im Falle eines Behandlungsauftrages gemäß § 73 AWG) - nach dem Zeitpunkt der Betriebsstilllegung keinerlei abfallbehandlungsanlagenrechtliche Verpflichtungen, wie etwa Verpflichtungen aus dem gegenständlichen Abfallbehandlungsgenehmigungsbescheid.

Da der zu Spruchpunkt II) angelastete Betriebszeitraum erst mit dem 13.9.2005, daher zu einem nach der erfolgten Betriebsstilllegung liegenden Zeitpunkt beginnt, kann dem Berufungswerber schon deshalb keinesfalls die Verwirklichung des zu Spruchpunkt II) angelasteten Tatbildes (Nichteinhaltung von Auflagen des Abfallbehandlungsanlagenbescheides) angelastet werden.

Sohin war das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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