Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Klaus Dollenz über die Berufung des Herrn A. G. H., D-S., vertreten durch die Anwaltskanzlei R. K., XY-Straße 41, D-S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 04.01.2007, Zl VK-3531-2005, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24 und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 04.01.2007, Zl VK-3531-2005, wurde dem Berufungswerber Nachstehendes zur Last gelegt:
?Tatzeit: 23.12.2005 um 11.15 Uhr
Tatort: Lermoos, B 187, km 1.740
Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY
Der Verkehr wurde zum angeführten Zeitpunkt im Ortsgebiet von Lermoos auf der Kreuzung B187 mit der L 71 durch ein Straßenaufsichtsorgan der Polizei geregelt. In der Folge sagten sie deutlich und unmissverständlich zur Lenkerin, dass sie weiterfahren solle. Daraufhin durchfuhr die Lenkerin die für sie gesperrte Kreuzung in gerader Richtung.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 7 VStG iVm § 97/4 StVO?
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 99 Abs 3a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00, Ersatzarrest 50 Stunden, unter gleichzeitiger Festsetzung von Verfahrenskosten verhängt.
Das Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zu Handen seines Vertreters zur Handen der Zustellbevollmächtigten Dr. M. T. U. am 09.01.2007 zugestellt.
Innerhalb offener Frist wurde nachstehende Berufung erhoben:
?Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorbezeichneter Strafangelegenheit lege ich namens und in Vollmacht meines Mandanten, Herrn A. H., gegen die Straferkenntnis vom 04,01.2007 den Rechtsbehelf der Berufung
ein.
Ich beantrage, die Straferkenntnis abzuändern und den Betroffenen, Herrn A. H., freizusprechen sowie die Verhängung der Geldstrafe und der Verwaltungsgebühr aufzuheben.
Zunächst nehme ich Bezug auf die seitherige Begründung. Eine ergänzende Begründung wird noch nachgereicht werden?
?Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorbezeichneter Angelegenheit begründe ich die Berufung und den Berufungsantrag gemäß Schreiben vom 16.01.2007 wie folgt:
1. Zur Vermeidung von Wiederholungen beziehe ich mich auf die Begründung im Straferkenntnisverfahren und insbesondere die Angaben des Betroffenen und der Zeugin B. H. Diese Angaben sind aktenkundig
Diese Angaben sind in dem Straferkenntnisbescheid im Wesentlichen zutreffend zusammengefasst.
Diesen Angaben wurde kein Glauben geschenkt, unter Bezug auf die Angaben des Ermittlungsbeamten. Weshalb die ebenso klaren und widerspruchslosen Zeugenaussagen der Frau B. H. und die damit stimmigen Angaben des Betroffenen A. H. weniger glaubwürdig sein sollen, als die Angaben des Beamten, ist nicht nachvollziehbar.
2. Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass die erkennende Behörde den Angaben eines Beamten a priori eine höhere Glaubwürdigkeit zubilligt, als den Angaben unbescholtener Bürger.
Der Betroffene und die Zeugin B. H. haben von Anfang an, noch bevor die Aussage des Beamten vorlag, deutlich gemacht, dass der Beamte deutlich verärgert war und aus einer emotional belasteten Reaktion heraus agierte,
Auch einem erfahrenen Beamten sind Emotionen und emotional geleitete Wahrnehmungen und Verzerrungen der Wahrnehmung keineswegs fremd. Lichtbilder, Schäden an Fahrzeugen etc, welche eine objektive Verifizierung ermöglichen könnten, sind nicht vorhanden.
3. Es ist daher bei einer derartigen widersprüchlichen Sachlage festzustellen, dass zumindest Zweifel an der Feststellung des zutreffenden Sachverhaltes bestehen. Im Falle derartiger Zweifel müssen diese zugunsten des Betroffenen bzw des Angeklagten berücksichtigt werden. Diese Zweifel müssen sich zugunsten der Betroffenen auswirken, so dass das Verfahren einzustellen ist.
Diese Einstellung, hilfsweise den Freispruch beantrage ich hiermit.?
Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass von Seiten der Polizeiinspektion Lermoos eine Anzeige erstattet wurde, wonach vom Meldungsleger am 23.12.2005 um 11.15 Uhr auf der B187 bei Strkm 1,740 bei der Kreuzung der B187 mit der L71 der Verkehr geregelt wurde. Der Meldungsleger stand in der Mitte der B187, der linke Arm war quer zur Fahrtrichtung der B187 ausgestreckt und mit dem rechten Arm wurden die Fahrzeuge von der L71 zum Einfahren auf die B187 gewunken. Die Lenkerin des angeführten Pkws fuhr dann auf der dem Beamten abgewandten Seite in die Kreuzung ein und blieb neben dem Beamten mitten in der Kreuzung stehen. Der Anweisung des Beamten, den Pkw zwei Meter zurückzusetzen, um die Kreuzung für die Schwerfahrzeuge und Busse passierbar zu machen, kam sie nicht nach. Sie und der beschuldigte Beifahrer H. A. meinten provokant, ob der Beamte ein Metermaß bei sich habe, damit man die zwei Meter zurückfahren könne. In der Folge sagte der Beifahrer A. H. deutlich und unmissverständlich zur Lenkerin, dass sie weiterfahren solle. Daraufhin habe die Lenkerin die für sie gesperrte Kreuzung in gerader Richtung durchfahren.
Wegen dieses Sachverhalts wurde von der Bezirkshauptmannschaft Reutte am 29.12.2005 an den Beschuldigten eine Strafverfügung gesandt, gegen die er einen Einspruch erhob und erging in weiterer Folge das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis.
Nach § 7 VStG unterliegt derjenige der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist, der vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder der vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert.
Im vorliegenden Fall wurde dem Berufungswerber ein vorsätzliches Veranlassen zur Last gelegt, wobei sowohl im Spruch der Strafverfügung als auch im Spruch des Straferkenntnisses nicht dezidiert ausgeführt wurde, worin die Anordnung des Straßenaufsichtsorganes der Polizei bestanden hat und wird auch die Anstiftungshandlung nicht dezidiert genug angeführt. Sowohl in der Strafverfügung als auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Straferkenntnis ist nur die Rede davon, dass der Beschuldigte ?deutlich und unmissverständlich? gesagt haben soll, dass sie weiterfahren soll. Daraufhin habe die Lenkerin die für sie gesperrte Kreuzung in gerader Richtung durchfahren.
Diese Umschreibung reicht jedoch nicht aus, um dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 7 VStG iVm § 97/4 StVO vorwerfen zu können. Die Anweisung ?weiterzufahren? beinhaltet noch nicht die Aufforderung an die Lenkerin, der Anordnung nicht Folge zu leisten, würde doch durch die Aufforderung auch das Verhalten der Lenkerin gedeckt sein, wenn die Lenkerin mit ihrem Fahrzeug etwas zurück fährt, in die angegebene Richtung fährt und somit weiterfährt. Der von der Erstbehörde erhobene Schuldvorwurf ist zu ungenau und zu wenig substantiiert, sodass der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.