TE UVS Tirol 2007/02/27 2007/25/0522-1

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Veröffentlicht am 27.02.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn R. S., XY-Weg 6, H. vom 02.02.2007 gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23.01.2007, Zahl Va-220-722/1/2, betreffend Antrag nach dem Tiroler Grundversorgungsgesetz wie folgt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem bekämpften Bescheid wies die Tiroler Landesregierung den Antrag von Herrn R. S. vom 12.12.2006 auf private Unterbringung und Versorgung mit angemessener Verpflegung für individuell untergebrachte Personen für sich, seine Gattin M. S. und den gemeinsamen Sohn D. S. gemäß § 2 Abs 2 und 6, § 4 lit c, § 5 Abs 1, § 20 und § 21 Tiroler Grundversorgungsgesetz ab. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Tiroler Grundversorgungsgesetzes die Unterbringung, soweit verfügbar, bevorzugt in organisierten Unterkünften zu erfolgen hat. Da der Antragsteller bereits in der organisierten Unterkunft des Landes Tirol untergebracht ist, sei das Land Tirol seiner Verpflichtung ihm gegenüber auf Unterstützung aus der Grundversorgung in Form der Unterbringung einer geeigneten Unterkunft unter Achtung der Menschenwürde sowie der Versorgung mit angemessener Verpflegung ausreichend nachgekommen. Die Grundbedürfnisse eines Grundversorgungswerbers würden durch die Unterbringung in einer organisierten Betreuungseinrichtung samt Verpflegung ausreichend abgedeckt, weshalb sich der Hilfesuchende nicht in einer Notlage im Sinn des Gesetzes befinde.

 

Da gegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr S. im wesentlichen vorbringt, dass er deshalb eine private Unterkunft suche, damit sich der psychische Zustand seiner Frau stabilisieren könne. Wie aus der beigefügten Stellungnahme zu ersehen sei, sei seine Frau vergewaltigt worden und psychisch sehr labil. Das Zusammenleben mit anderen Personen auf so engem Raum mache ihr große Probleme. Im Flüchtlingsheim A. in H. seien derzeit ca 11 Familien und 11 alleinstehende Männer. Er habe für sich und seine Familie ein eigenes Zimmer, die Toiletten und das Bad müssten aber gemeinschaftlich benützt werden. Seine Frau bekomme regelmäßig Angstzustände und traue sich in der Nacht nicht alleine auf den Flur. Sie höre immer wieder Schritte hinter sich und habe Albträume. Sie sei in Behandlung, wodurch sich ihr Zustand schrittweise verbessert habe, dann aber gebe es wieder Rückschritte. Bei einer individuellen Unterbringung erhoffe er sich eine Verbesserung des Zustandes seiner Frau und dass sich die Situation für die ganze Familie, insbesondere auch für seinen 17monatigen Sohn verbessere. Er beantrage deshalb, seinem Ansuchen vom 12.12.2006 auf private Unterbringung und Versorgung mit angemessener Verpflegung für individuell untergebrachte Personen Folge zu geben.

 

Der Berufung beigelegt ist die psychologische Stellungnahme von Mag. V. S. vom 04.07.2006. Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass die Familie S. im Kosovo lebte; Frau S. gehört der Volksgruppe der Goraner an und war als solche von Diskriminierungen betroffen. Sie wurde während ihrer Schwangerschaft von einer Gruppe von Männern vergewaltigt, nachdem ihr Mann davor zusammengeschlagen und gefesselt wurde. Im islamischen Kulturkreis existiert eine Tabuisierung von Vergewaltigung und führt zu einer Stigmatisierung betroffener Frauen als beschmutzt. Die Vergewaltigte verlor dadurch die Unterstützung ihrer Familie, die zuvor ein stabilisierender Faktor war. Die kulturellen Regeln würden es gebieten, dass Frau S. sich von ihrem Mann trennt, sie wäre geduldetes, aber nicht mehr achtbares Mitglied der Familie/Gesellschaft. Aus diesem Grund hatte sie die Vergewaltigung vor ihrer Familie geheim gehalten. Sie leidet seither an Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung, ihr psychischer Zustand ist labil; bei psychologischer/psychotherapeutischer Behandlung könne auf Grund ihres Alters eine Besserung des Zustandes erwartet werden, ansonsten drohe eine Chronifizierung im Sinn einer bleibenden Persönlichkeitsveränderung.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Nach § 2 Abs 2 Tiroler Grundversorgungsgesetz, LGBl. Nr 21/2006, hat die Unterbringung, soweit verfügbar, bevorzugt in organisierten Unterkünften zu erfolgen.

 

Nach § 5 Abs 1 lit a leg cit hat die Unterbringung in geeigneten Unterkünften unter Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit zu erfolgen.

 

Das A. in H. ist eine organisierte Unterkunft des Landes Tirol. Diese Unterkunft ist zur Flüchtlingsunterbringung geeignet und erfolgt diese unter Achtung der Menschenwürde. Diese Umstände wurden in der Berufung auch nicht in Abrede gestellt. Dadurch, dass die Familie S. gemeinsam ein eigenes Zimmer bewohnt, wird die Familieneinheit beachtet. Der Umstand, dass bestimmte Einrichtungen wie Sanitäreinheiten von den Heimbewohnern gemeinschaftlich genutzt werden, entspricht dem üblichen Standard und verletzt nicht die Menschenwürde. Auch liegt es in der Natur der Sache, dass Heime bzw organisierte Unterkünfte nicht nur von einzelnen Familien, sondern von einer Vielzahl von Personen genutzt werden, die sich in der Regel davor nicht kannten. Für die Familie S. ist in der organisierten Unterkunft A. ein Platz verfügbar. Entsprechend dem Auftrag von § 2 Abs 2 Tiroler Grundversorgungsgesetz ist daher die dortige Unterbringung einer individuellen Unterbringung vorzuziehen. Auf individuelle Bedürfnisse der zu Versorgenden nimmt das Gesetz dabei keinen Bezug. Eine individuelle Unterbringung hat im Umkehrschluss nach dieser Gesetzesbestimmung zu erfolgen, wenn in einer organisierten Unterkunft kein Platz zur Verfügung steht.

 

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass eine individuelle Unterbringung in einer eigenen Wohneinheit für die Bewohner einen höheren Wohnkomfort bringen würde, sofern mit den Kostenhöchstsätzen der dafür zu leistenden Unterstützungen eine angemessene Wohnung gefunden werden kann. Dies gilt jedoch nicht nur für die Familie des Berufungswerbers, sondern wohl für die meisten der zu versorgenden Personen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch zum Zweck der besseren und effizienteren Betreuungsmöglichkeit der Flüchtlinge und aus wirtschaftlichen Gründen dafür entschieden, diese bevorzugt in organisierten Heimen unterzubringen und eine individuelle Unterbringung nur vorzunehmen, wenn in einer organisierten Unterkunft kein Platz verfügbar ist.

 

Unabhängig davon ist von der Grundversorgung die Krankenversorgung von Frau S. umfasst.

 

Da das Gesetz bei der Wahl der Unterkunft nicht auf individuelle Bedürfnisse der Bewohner abstellt und diesen dabei keine subjektiven Rechtsansprüche einräumt, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Das, A., ist, eine, organisierte, Unterkunft, des, Landes, Tirol, Diese, Unterkunft, ist, zur, Flüchtlingsunterbringung, geeignet, erfolgt, diese, unter, Achtung, der, Menschenwürde, Diese, Umstände, wurden, in, der, Berufung, auch, nicht, in, Abrede, gestellt, Dadurch, dass, die, Familie, gemeinsam, ein, eigenes, Zimmer, bewohnt, wird, die, Familieneinheit, beachtet, Der, Umstand, dass, bestimmte, Einrichtungen, wie, Sanitätseinheiten, von, den, Heimbewohnern, gemeinschaftlich, genutzt, werden, entspricht, dem, üblichen, Standard, verletzt, nicht, die, Menschenwürde
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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