TE UVS Tirol 2007/03/12 2007/25/0218-4

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Veröffentlicht am 12.03.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufungen von Frau M. S., 6020 Innsbruck, vertreten durch die Rechtsanwälte K. und K., 6020 Innsbruck, vom 23.11.2006, von Herrn P. M. und Frau P. W., 6020 Innsbruck, vom 24.11.2006, sowie jene von Frau L. S. und den Herren P. S. und T. S., 6020 Innsbruck, vom 30.11.2006, gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Innsbruck vom 08.11.2006, Zl III-2990/2006/RR/P, betreffend Änderung der gastgewerblichen Betriebsanlage im Anwesen Innsbruck, nach § 359b Abs 8 Gewerbeordnung 1994 gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

1.

Die Berufung von Frau M. S. wird als unbegründet abgewiesen.

2.

Die Berufungen von Herrn P. M. und Frau P. W. sowie von Frau L. S., von Herrn P. S. und Herrn T. S. werden als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Mit dem bekämpften Bescheid vom 08.11.2006 stellt die Gewerbebehörde gemäß § 359b Abs 8 GewO 1994 unter Beachtung der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektunterlagen die Beschaffenheit der gastgewerblichen Betriebsanlage im Anwesen XY in Innsbruck, einschließlich der geplanten Änderungen im Sinn des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 unter Anwendung des § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz fest. Zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen und zum Schutz der Arbeitnehmer wurden eine Reihe von Aufträgen erteilt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte Berufung von Frau M. S., in welcher diese im Wesentlichen vorbringt, dass ihr zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, Parteistellung zukomme. Ihr sei im gegenständlichen Verfahren zu Unrecht keine Parteistellung zuerkannt worden, obwohl zweifelsfrei davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nicht gegeben seien. Ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren setze voraus, dass aufgrund der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage nicht zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs 2 GewO auftreten. Demnach dürften gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet werden, wenn diese geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. Die geplante Änderung der Betriebsanlage sehe nunmehr vor, dass das Lokal von 16.00 Uhr bis 06.00 Uhr in der Früh geöffnet bleibt. Trotz dieses Umstandes sei der vom Antragsteller privat beauftragte Sachverständige in seinem schallschutztechnischen Gutachten vom 17.08.2006 davon ausgegangen, dass die zu erwartenden Schallemissionsdaten der Beschreibung Buschenschank, Gasthaus mit leiser Musik und damit einem energieäquivalentem Schallleistungspegel pro Person in der Höhe von 70 dB entsprechen würde. Ausschließlich auf Basis dieses unrichtig prognostizierten Schallemissionspegels sei das amtsärztliche Gutachten zum Schluss gekommen, dass unzumutbare Belästigungen oder Beeinträchtigungen sowie Gesundheitsgefährdungen von Anrainern auszuschließen seien. Aufgrund der geplanten Öffnungszeiten sei der zu erwartende Schallemissionspegel deutlich zu niedrig angesetzt worden. Es gebe in Innsbruck kein einziges Gastlokal, das der Beschreibung Buschenschank, Gasthaus mit leiser Musik entsprechen würde und  bis 06.00 Uhr in der Früh geöffnet hat. Vielmehr sei es amtsbekannt, dass derartige Lokale zumindest der Beschreibung Tanzlokal, Bierlokal, Pub entsprechen, wo ein energieäquivalenter Schallleistungspegel pro Person von 85 dB anzunehmen wäre. Bei Heranziehung dieses Schallemissionspegels sei jedoch aufgrund der vorliegenden schlechten schalltechnischen Isolierung zwischen dem Wohnhaus der Nachbarin und der geplanten Betriebsanlage sehr wohl mit einer unzumutbaren Lärmbelastung der Nachbarin zu rechnen. Dabei würden die Mindestanforderungen der Ö-Norm S5012 mit Sicherheit nicht mehr erfüllt werden. Damit bestünde die Gefahr, dass die Nachbarin durch den von der Betriebsablage ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt und einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt würde. Im Wohnhaus de

r Nachbarin würden auch Kinder wohnen, deren Schutz der Gesundheit im  vorrangigen öffentlichen Interesse liege. Bei einem Lokal, das bis in der Früh geöffnet hat, sei davon auszugehen, dass von den Gästen auch erheblich Alkohol konsumiert wird. Der Eingang der Betriebsanlage liege ca. 1,5 Meter neben dem Eingang des Wohnhauses der Berufungswerberin. Beim Verlassen des Lokals gehe von den Gästen der Betriebsanlage regelmäßig erheblicher Lärm aus. In der Vergangenheit sei es bezüglich gegenständlicher Betriebsanlage zu massiven Anrainerbeschwerden wegen Lärmbelästigung gekommen. Durch die Ausdehnung der Öffnungszeiten bis 06.00 Uhr in der Früh liege es ganz unzweifelsfrei auf der Hand, dass durch die beabsichtigte Änderung zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen und Benachteiligungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO für die Berufungswerberin entstehen werden. Da sich die Betriebsanlage in einem reinen Wohngebiet befinde, bestünde überhaupt kein öffentlicher Bedarf für ein Nachtlokal. Es werde deshalb beantragt, festzustellen, dass für die beantragte Änderung der gastgewerblichen Betriebsanlage die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO 1994 nicht vorliegen und der einschreitenden Nachbarin im durchzuführenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren Parteistellung zukommt; weiters werde Behebung des bekämpften Bescheides, in eventu Ab- bzw Zurückweisung des zugrundeliegenden Antrages beantragt, in eventu Abänderung des bekämpften Bescheides dahingehend, als dem Antragsteller zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen die Öffnungszeit mit maximal 24.00 Uhr begrenzt wird.

 

P. M. und P. W. bringen in ihrer Berufung zusammengefasst vor, dass durch gegenständliche Genehmigung die Wohnqualität auf unabsehbare Zeit zerstört würde; es hätten nahezu alle Anrainer gegen dieses Projekt unterschrieben, da die Beeinträchtigung durch extremen Straßenlärm weit über die unmittelbare Umgebung hinaus gehe. Die Reinigung der umliegenden Gehsteige und Hauseingänge falle den Anrainern zur Last. Bezüglich Lärmbelästigung könne nicht alle zehn Minuten die Polizei verständigt werden. Nur wegen dieses Lokals könnten in der XY in der Nacht die Fenster nicht geöffnet werden. Es lebten dort sowohl junge Familien mit Kindern, als auch ältere und kranke Leute. Nicht alle Parteien hätten die Möglichkeit, ihre Schlafzimmer hofseitig anzulegen. Die angeblich durch das Lokal geschaffenen drei Arbeitsplätze seien kein Ersatz für den Schaden, der den betroffenen Anrainern an ihrer Arbeitskraft entstehe. Das Gutachten des vom Konsenswerber beauftragten Sachverständigen habe keine Frequenzen unter 80 Hertz gemessen. Insofern habe es keinen Gültigkeitsbereich betreffend der Frage der Dämmung tiefer Frequenzen. Gerade solche tiefe Frequenzen seien gesundheitsschädigend. Obwohl es sich dabei nur um gehobenes Allgemeinwissen handle, sei im Gutachten und in der Stellungnahme der Amtsärztin davon nicht die Rede.

 

L., P. und T. S. bringen in ihrer Berufung vor, dass durch die mit der Verlängerung der Sperrstunde verbundene Lärmbelästigung die Lebensqualität in der Schöpfstraße stark gemindert werde.

 

Der Konsenswerber erstattete durch seinen Rechtsvertreter eine Gegenäußerung zu den eingelangten Berufungen. Bezüglich der Berufung von M. S. wird dabei verwaltungsgerichtliche Judikatur zitiert und darauf hingewiesen, dass es die Berufungswerberin unterlassen habe, sich auf gleicher fachlicher Ebene zu dem vorgelegten lärmtechnischen Privatgutachten, dem Gutachten der Amtsärztin und dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen zu äußern. Die behaupteten Unschlüssigkeiten und Unvollständigkeiten müssten durch auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte Argumente bekämpft werden. Dies sei hier nicht geschehen. Die Heranziehung einer Beschreibung als Tanzlokal, Bierlokal oder Pub sei unrichtig und entferne sich die Nachbarin dabei von den Projektunterlagen.

 

Die Berufung von P. M. verfolge den Zweck, eine raumordnungswidrige Nutzung des gegenständlichen, seit Jahrzehnten als Gastlokal genutzten Objektes darzustellen. Eine Berücksichtigung der vorhandenen Raumordnung sei im Gewerbeverfahren gesetzlich nicht vorgesehen. Mangels Einwendung, dass das gemäß § 359b GewO zu führende Verfahren zu Unrecht angewendet worden sei, fehle es diesem Berufungswerber an der Parteistellung.

 

Der Einspruch der Familie S. sei jedenfalls verspätet und schon alleine deshalb zurückzuweisen. Der Schriftsatz enthalte aber auch weder einen begründeten Berufungsantrag noch Ausführungen, die erkennen ließen, welche Ursachen vorliegen würden, davon ausgehen zu müssen, dass das vereinfachte Bewilligungsverfahren zu Unrecht angewendet worden wäre.

 

In weiterer Folge werden noch Ausführungen zum maßgeblichen Emissionspegel getätigt. Entgegen der Annahme der Berufungswerberin S. gehe das Gutachten nicht davon aus, dass die zu erwartenden Emissionsdaten der Beschreibung Buschenschank  Gasthaus mit leiser Musik und dann mit einem energieäquivalenten Schallleistungspegel pro Person von 70 dB entsprechen. Die Behörde habe richtig erkannt, dass die in Punkt 4.1.1 des Gutachtens ausgewiesenen zu erwartenden Emissionspegel der Kategorie Cafe mit lauter Musik zuzuordnen sind. Im Text der entsprechenden Stelle der Ö-Norm stehe außerdem, dass die dort angegebenen Richtwerte die Geräuschentwicklung durch Gäste und Beschallungsanlagen enthalten. Auch P. M. habe den Sachverständigen falsch zitiert. In Punkt 3 des messtechnischen Befundes des Gutachtens werde ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung ein erweiterter Frequenzbereich von 50 Hertz bis 5.000 Hertz herangezogen wurde. Dies sei aus den Messprotokollen ersichtlich. Betrachtungen von Infraschall unterhalb von 50 Hertz (Herr M. spreche von Erdbebenfrequenzen und Katastrophenfrequenzen) seien nicht Gegenstand der einschlägigen Ö-Norm und damit auch nicht des Gutachtens. Die Ausführungen in den vorliegenden Berufungen entbehrten jeder sachlichen Grundlage, weshalb der Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung der vorliegenden Berufungen gestellt werde.

 

Aufgrund der Berufungsausführungen von M. S. holte die Berufungsbehörde eine Sachverständigenäußerung des Gewerbetechnikers zum dortigen Vorbringen ein, wonach der zu erwartende Emissionspegel nicht der Kategorie Cafe  Bistro mit Musik, sondern jener von Tanzlokal, Bierlokal, Pub mit einem energieäquivalenten Schallleistungspegel pro Person von 85 dB anstatt von 75 dB zuzuordnen wäre.

 

Dazu erging die Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 22.02.2007, in welcher dieser folgende wesentliche Ausführungen tätigte:

 

Beurteilungsgrundlagen des Gewerbetechnikers:

Bescheid ZI VI-9158/1987-RR vom 8.7.1988:

Es wurde hier ein Gastronomiebetrieb Cafe/Restaurant mit 90

Verabreichungsplätzen bewilligt.

 

Bescheid nach § 79 der Gewerbeordnung 1994, ZI VI-9158/1987-B/RR vom 26.7.1993:

Es wurden hier aufgrund von Beschwerden zusätzliche Auflagen hinsichtlich der Musikanlage (Limitierung auf 70 dB) vorgeschrieben.

 

Im Zuge des Erstverfahrens durch den Privatgutachter Fa. 4M Quadruple-M Elsässer GmbH beigebrachtes lärmtechnisches Gutachten.

 

Wie bereits in der Stellungnahme vom 29.8.2006 des gewerbetechnischen Sachverständigen mitgeteilt worden ist, wurde das o. a. Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar betrachtet. Es wurde erwähnt, dass vom Gutachter bei der Beurteilung der zu erwartenden lärmtechnischen Situation, von den schlechtesten Ansatzpunkten für den Betreiber abgestellt (Nutzung, Pegelzuschlag und niedrigster Grundgeräuschpegel) worden ist.

 

Seitens des Betreibers wurde hinsichtlich des Verwendungszweckes der Betriebsanlage angeführt, dass der Betrieb als Cafe/Restaurant weiterbetrieben werden soll. Insbesondere wird hier auf die im Zuge des Verfahrens von Mag. S. schriftlich vorliegende Stellungnahme vom 2.7.2006 verwiesen, wo sich der Antragsteller dahingehend äußert, dass der Betrieb in der gehobenen und anspruchsvollen Gastronomie etabliert werden soll. Hinsichtlich der Musikanlage, die mit maximal 70 dB weiterbetrieben werden soll (es liegt diesbezüglich kein Änderungsantrag vor), haben sich für den gewerbetechnischen Sachverständigen keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Einstufung in eine höhere lärmtechnische Kategorie entsprechend der Ö NORM S 5012 rechtfertigen würde.

 

Dies wird wie folgt begründet:

Wie der Gutachter auf Seite 5 unter Punkt 4.1 bereits ausgeführt hat, wurde für die Beurteilung eine angeregte Gästeunterhaltung mit LW, A, 1p mit 70 dB (Zeile 4 der Tabelle 1) angenommen und auf die im Ansuchen angeführten Personenanzahlen hochgerechnet sowie der Betrieb der Musikanlage mit 70 dB, hinzugerechnet. Es wurde hier ein Summenpegel von 77 dB errechnet.

 

Dazu wird angeführt, dass hier vom Privatgutachter als Grundlage ein 5 dB höherer Wert in die Berechnung eingesetzt wurde, als es vom gewerbetechnischen Sachverständigen worden wäre. Bei der Berechnung durch den Gewerbetechniker wäre hier der Wert von LW, A, 1p mit 65 dB eingesetzt worden.

 

Dies wird insbesondere damit begründet, dass ein Lokalbetrieb in der beabsichtigten Art und Weise (gehobene, anspruchsvolle Gastronomie) nicht mit einem lauten Betrieb (Tanzlokal, Bierlokal, Pub) wie dies von den Berufungswerbern vorgebracht wurde, vereinbar wäre.

 

Seitens des Privatgutachters wurde hier nach Ansicht des Sachbearbeiters somit bereits ein stiller Sicherheitszuschlag" von 5 dB vergeben.

 

Auch wurde vom Gutachter für die weitere Beurteilung der Zulässigkeit ein Grundgeräuschpegel von 15 dB in der Nacht in der Berechnung eingesetzt. Auch hier wurde nochmals sozusagen ein gewisser Sicherheitsfaktor vorgesehen, denn die für die Beurteilung damals noch gültige ÖAL Richtlinie Nr 3 (1986) sieht für ein derartiges Gebiet (Tafel 1 Kategorie 3 bzw 4) einen Grundgeräuschpegel von 20 dB in den Nachtstunden vor.

 

Wie die durchgeführte Berechnung des zu erwartenden Lärms in der Betriebsanlage mit 77 dB gezeigt hat, deckt sich dieser Wert gut mit jenem Wert der Ö NORM S 5012 Seite 6 Tabelle 4, Cafe-Bistro mit Musik, sodass die vom Gutachter getroffene Einstufung als ordnungsgemäß zu betrachten ist.

 

Die Einstufung des Betriebes, wie von den Berufungswerbern als Tanzlokal, Bierlokal, Pub gefordert, wäre somit nicht realitätsbezogen und stellt vermutlich auf die in der Vergangenheit mit dem Vorbetreiber gemachten schlechten Erfahrungen und der offensichtlich teilweise nicht limitierten Musikanlage ab.

 

Zu dieser Stellungnahme äußerte sich Frau M. S. durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen dahingehend, dass die Annahme sowohl des Privatgutachters als auch des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, wonach im Lokal tatsächlich nur 90 Verabreichungsplätze existierten und damit auch nur 90 Gäste im Lokal anwesend wären, nicht der Realität entsprechen würde, wie dies die Vergangenheit bewiesen habe. Diese Gästezahl sei viel zu niedrig gegriffen. Auch wenn die Musikanlage mit 70 dB begrenzt sei, müsse davon ausgegangen werden, dass von dem Lokal ein Lärm vergleichbar mit einem Betrieb Tanzlokal, Bierlokal, Pub ausgehe; dies deshalb, da die gehobene, anspruchsvolle Gastronomie in Innsbruck spätestens um 24.00 Uhr schließe und kein einziges derartiges Lokal im Stadtgebiet existiere, welches bis 06.00 Uhr in der Früh offen habe.

Die geplante Öffnungszeit belege vielmehr eindeutig, dass ein Betrieb eines Tanzlokal, Bierlokal, Pub geplant sei. Bereits mit Bescheid vom 26.07.1993 sei die Musikanlage auf einen Wert von 70 dB begrenzt worden. Ungeachtet dessen sei es auch in den drauf folgenden Jahren zu massiven Beeinträchtigungen der Anrainer gekommen. Der gewerbetechnische Sachverständige hätte den tatsächlich in den Nachtstunden vorherrschenden Grundgeräuschpegel messen und die Anhebung desselben durch den zu erwartenden Lärm der Betriebsanlage ausmitteln müssen. Das Verlassen des Lokals von oftmals alkoholisierten Gästen in den Nachtstunden sei für die Anrainer mit ungebührlichem Lärm verbunden. Die Ausweitung der Öffnungszeiten über 24 Uhr führe deshalb zweifelsfrei zu Gefährdungen, Belästigungen und Benachteiligungen der Berufungswerberin bzw ihrer Mieter. Es sei in keiner Weise gesichert, dass sich die mit dem Vorbetreiber gemachten schlechten Erfahrungen nicht wiederholten. Vielmehr sei zu befürchten, dass es noch zu massiven Ausweitungen der Beeinträchtigung kommen werde, zumal einerseits bereits der Vorbetreiber über eine limitierte Musikanlage verfügt hätte und andererseits die Öffnungszeiten nunmehr noch m

assiv ausgeweitet werden sollten. Dass sich in Hinkunft tatsächlich eine gehobene anspruchsvolle Gastronomie im Lokal ansiedeln soll, beruhe einzig und allein auf den nicht verbindlichen Absichtserklärungen des Antragstellers.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

§ 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 bestimmt, dass wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die  elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt, die Behörde das  Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben hat, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Weiters regelt diese Bestimmung, dass die Behörde nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz des gemäß § 74 Abs 2 sowie der gemäß § 77 Abs 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen hat; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.

 

Weiters bestimmt § 359b Abs 1 GewO ausdrücklich, dass Nachbarn keine Parteistellung haben.

 

Nach Abs 8 leg cit sind nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs 1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs 1 Z 1 oder 2, Abs 4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs 2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

 

Nach § 75 Abs 2 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

 

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu (VwGH 15.09.2004, Zl 2002/04/0082). Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinn die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Im Hinblick auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens kommt den Nachbarn jedoch keine Parteistellung zu (VwGH 03.03.2001, VfSlg. 16.103, 24.02.2003, VfSlg. 16.778).

 

Im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 sind allein die Projektunterlagen maßgeblich (VwGH 17.11.2004, Zl 2004/04/0132).

 

Die Berufungswerberin M. S. bestreitet in ihrem Rechtsmittel, dass das Verfahren nach § 359b zu Recht durchgeführt wurde, weil bei der schalltechnischen Beurteilung von falschen Grundlagen ausgegangen worden sei. Aufgrund dieses Umstandes kommt ihr Parteistellung im Sinn der eben zitierten Rechtsprechung zu.

 

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.02.2007 führte der gewerbetechnische Sachverständige ausführlich aus, warum die Zuordnung eines energieäquivalenten Schallleistungspegels pro Person von 75 dB und nicht  von 85 dB vorzunehmen ist. Wenn Frau S. darauf bezugnehmend darauf verweist, dass die Erfahrungen der Vergangenheit beweisen würden, dass die angenommene Gästeanzahl von 90 Personen viel zu niedrig gegriffen sei, so ist darauf zu verweisen, dass die Sachverständigen bei ihrer Beurteilung vom eingereichten Projekt und nicht von der Nutzung der Betriebsanlage in der Vergangenheit auszugehen haben. Der bloße Umstand, dass ein Lokal länger als bis 24.00 Uhr geöffnet hat, schließt nicht aus, dass dort gehobene, anspruchsvolle Gastronomie geboten wird, lediglich weil dies bei keinem anderen Lokal im Innsbrucker Stadtgebiet bisher der Fall wäre. Auch rechtfertigt dieser Umstand keineswegs  die Annahme, dass dieses Lokal deshalb wie ein Tanzlokal, Bierlokal oder Pub betrieben wird (wie dies in der Vergangenheit offenbar der Fall war).

 

Auch wenn in der Vergangenheit das Lokal nicht konsensgemäß betrieben worden sein sollte, ist im gegenständlichen Betriebsanlagenverfahren vom eingereichten Projekt auszugehen und kann dem Betreiber nicht von vorne herein eine Missachtung des bewilligten Rahmens unterstellt werden. Der auf der Straße verursachte Lärm ist nicht der Betriebsanlage zuzurechnen.

 

Die ergänzenden Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 22.02.2007 sind logisch und nachvollziehbar, woran die Ausführungen von M. S. vom 06.03.2007 nichts zu ändern vermögen. Diese Ausführungen erfolgten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene.

 

Das ergänzende Ermittlungsverfahren durch die Berufungsbehörde hat jedenfalls keinen Ansatzpunkt dafür erbracht, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO nicht erfüllt wären. Die Berufung von Frau M. S. war deshalb als unbegründet abzuweisen.

 

Aus der Berufung von Herrn P. M. und Frau P. W. ist nicht zu erkennen, dass damit die Rechtmäßigkeit der Durchführung des Verfahrens nach § 359b GewO bestritten werden soll. Somit kommt diesen beiden Rechtsmittelwerbern im Sinn der eingangs zitierten Gesetzeslage keine Parteistellung zu, weshalb ihre Berufung als unzulässig zurückzuweisen war.

 

Die Berufung der Familie Stein enthält ebenfalls kein Vorbringen, wonach das gemäß § 359b GewO zu führende Verfahren zu Unrecht angewendet worden wäre. Alleine schon deshalb kommt diesen Berufungswerbern ebenfalls keine Parteistellung zu. Im Hinblick darauf konnten weitere Erhebungen zur Frage, inwieweit diese Berufung vom 30.11.2006  verspätet erhoben wurde oder nicht, wegen Irrelevanz unterbleiben. Die Berufung von L., P. und T. S. war deshalb auch als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte
Der, bloße, Umstand, dass, ein, Lokal, länger, als, bis 24.00 Uhr, geöffnet, hat, schließt, nicht, aus, dass, dort, gehobene, anspruchsvolle, Gastronomie, geboten, wird, lediglich, weil, dies, bei, keinem, anderen Lokal, bisher, der Fall, wäre, Auch, rechtfertigt, dieser Umstand, keineswegs, die Annahme, dass, dieses, Lokal, deshalb, wie, ein Tanzlokal, Bierlokal, oder, Pub, betrieben, wird, Auch, wenn, in der Vergangenheit, das, Lokal, nicht, konsensgemäß, betrieben, worden, sein, sollte, ist, im, gegenständlichen, Betriebsanlagenverfahren, vom, eingereichten, Projekt, auszugehen, und, kann, dem Betreiber, nicht, von, vorne, herein, eine Missachtung, des bewilligten, Rahmens, unterstellt, werden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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