TE UVS Tirol 2007/03/26 2006/15/1645-3

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Veröffentlicht am 26.03.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn H. B., geb am XY, vertreten durch V, H., RA in D-M., XY-Straße 6, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 11.05.2006, Zl SI-757-2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24 und 51 VStG wird der gegenständlichen Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich der Punkte 1a und 1b), 2a und 2b) und 3a und 3b) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

 

?Sie haben vorsätzlich

Frau M. P., geb XY, als Präsidentin des Vereines ?N. B. e.V.?

Herrn R. P., geb XY, als Vorstand des Vereines ?N. B. e.V.?

Herrn K. M., geb XY, als Vorstand des Vereines ?N. B. e.V.?

jeweils die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, nämlich die Heranziehung der Vereinsmitarbeiter

R. S. W., geb XY und

S. K. L., geb XY

zur Beobachtung, Betreuung und Pflege von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen und mit psychischen Störungen, im konkreten mit drogenabhängigen Personen, bei der in E., XY-Weg 34, stationär aufgenommenen Suchtmittelentwöhnung und damit zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für (psychiatrische) Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegehilfe, ohne dass die Herren R. S. W. und S. K. L. durch die Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes oder eine andere gesetzliche Vorschrift zu dieser Tätigkeit berechtigt gewesen sind,

erleichtert, indem Sie zumindest im Zeitraum vom 21.12.2004 bis zum 23.01.2006 im N. -Zentrum E. in E., XY-Weg 34, als leitender Direktor die Verwaltung des Narconon-Zentrums geführt haben und auch die Öffentlichkeitsarbeit wahrgenommen haben.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch zu 1a und b), 2a und b) und 3a und b) jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 105 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 19 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz iVm § 7 Verwaltungsstrafgesetz begangen und wurde über ihn jeweils eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 12 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Vertreter Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, Tatbestandsmerkmal des einschlägigen § 19 Abs 2 Z 1 GuKG sei das Vorliegen einer Abhängigkeitserkrankung. Eine solche liege bei den Personen, die einen kalten Entzug im N. Selbsthilfezentrum durchführen nicht vor. Ein Vertrauen der N. Mitarbeiter in die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen sei jedenfalls gegeben gewesen. Auch seien Maßnahmen ergriffen worden, um sich mit der rechtlich und medizinischen Situation vertraut zu machen. Insbesondere sei eine Rechtsanwältin hinzugezogen worden. Ein Verschulden sei daher zu verneinen. Am Anfang seiner Vernehmung sei er nicht über seine Rechte aufgeklärt worden, obwohl er Beschuldigter gewesen sei. Dies sei erst am Ende nachgeholt worden. Verschiedene andere Mitglieder seien als Beteiligte nach dem AVG vorgeladen worden, wobei ein Verwaltungsverfahren nach dem AVG überhaupt nicht anhängig gewesen sei.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und dem gemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Im vorliegenden Fall wurde dem Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung als mittelbarer Täter gemäß § 7 VStG zur Last gelegt.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Anstiftung und Beihilfe sind also nur dann strafbar, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht.

 

Bei Angabe der als erwiesenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses muss also zum Ausdruck kommen, dass der Angestiftete oder derjenige zu dessen Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat und weiters, dass sich die Anstiftung oder Beihilfe in der im § 7 VStG verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog.

 

Im Sinne des § 44a Z 1 und 2 VStG ist daher auch eine Ausführung über das Verschulden im Spruch des Straferkenntnisses erforderlich. Der Spruch hat also einerseits die Tatzeit hinsichtlich der Anstiftung oder Beihilfe zu enthalten bzw. hat ein gemäß § 7 verurteilendes Straferkenntnisses jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen, durch das der Tatbestand der Anstiftung oder Beihilfe verwirklicht wird. Dabei sind eben auch Angaben hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfe - oder Anstiftungshandlung anzugeben.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis der Beihilfe für schuldig erkannt. Unter Beihilfe ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines Anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden müssen; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines Anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann.

 

Entsprechend des Straferkenntnisses habe der Berufungswerber vom 21.12.2004 bis zum 23.01.2006 als leitender Direktor die Verwaltung des N. -Zentrums geführt. Dieser von der Erstbehörde angeführte Zeitraum ist in Anbetracht der vorliegenden Beweisergebnisse nicht schlüssig. Auch, wenn die Mitarbeiter des Berufungswerbers, S. L. und S. R., zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung als Zeugen am 23.01.2006, vor der Erstbehörde ausgesagt haben, der Berufungswerber sei leitender Direktor, so ist der dem Spruch des Straferkenntnisses zugrunde liegende Zeitraum dennoch nicht nachvollziehbar. S. L. hat nämlich bei seiner Einvernahme als Beschuldigter vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol zu 2006/18/1137 und 1134 ausgesagt, er sei leitender Direktor im ersten Halbjahr 2005 in E. gewesen. Genau genommen sei er in der Funktion etwa April 2005 abgelöst worden. Sodann sei Herr B. Leiter geworden. Insofern ist nicht richtig, dass der Berufungswerber in dem im Straferkenntnis angegebenen Zeitraum leitender Direktor des N. -Zentrums gewesen ist.

 

Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich, dass der Berufungswerber Mitarbeiter des Vereines ?N. B. e.V.? und insbesondere für Koordinierungsaufgaben und behördliche Kontakte zuständig gewesen ist. Unstrittig ist auch, dass er für einen unbestimmten Zeitraum die Funktion eines Leiters ausgeübt hat. Aus dem Verhalten des Berufungswerbers kann aber nicht geschlossen werden, dass der Berufungswerber die Begehung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert hat bzw gibt es hiefür keinerlei Beweise.

 

Auch der Inhalt der Beihilfenhandlung kommt im Spruch des Straferkenntnisses nicht zum Ausdruck. Der Umstand, dass der Berufungswerber auch die Öffentlichkeitsarbeit wahrgenommen hat, reicht für das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot nicht aus. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber auch die Öffentlichkeitsarbeit nicht im gesamten, im Straferkenntnis angegebenen, Zeitraum ausgeübt hat, zumal sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass auch Frau P. M. in der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt war.

 

Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a VStG entspricht, war im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieses Mangels durch die erkennende Behörde auf Grund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Insofern, ist, es, nicht, richtig, dass, der, Berufungswerber, in, dem, im, Straferkenntnis, genannten, Zeitraum, leitender, Direktor, war, Aus, dem, Verhalten, des, Berufungswerbers, kann, nichht, geschlossen, werden, dass, der, Berufungswerber, die, in, Rede, stehende, Verwaltungsübertretung, vorsätzlich, erleichtert, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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