TE UVS Steiermark 2007/04/25 30.10-27/2006

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Veröffentlicht am 25.04.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn H B, vertreten durch Mag. L S, Rechtsanwalt in I, C 2, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 22.02.2006, GZ: 15.1 28/2006, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 21.12.2005 ab 12.10 Uhr, wie der Amtstierarzt Dr. H der Bezirkshauptmannschaft Hartberg auf einer Weide links von der Gemeindestraße etwa 200 m oberhalb des Ortsendes von R (Gemeinde G) festgestellt habe, mehrere hundert Schafe, darunter sowohl vor als auch nach dem 09.07.2005 geborene Tiere beiderlei Geschlechts, nicht gekennzeichnet. Er habe es als Tierhalter unterlassen, die Schafe vor dem Verlassen des Geburtsbetriebes zu kennzeichnen. Er habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 63 Abs 1 lit. c Tierseuchengesetz iVm § 12 Abs 1 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 verletzt und wurde eine Geldstrafe von ? 100,00 (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 63 Abs 1 lit. c Tierseuchengesetz verhängt. Dagegen richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Zeitpunkt, wie zu dem das Gesetz eine Kennzeichnung forderte, der 09.01.2006 gewesen sei. Gemäß § 12 Abs 1 Tierkennzeichnungs- Registrierungsverordnung seien Schafe, die nach dem 09.07.2005 geboren worden seien, innerhalb von sechs Monaten nach dem Geburtsdatum, ebenfalls aber vor dem erstmaligen Verlassen des Geburtsbetriebes zu kennzeichnen. Der Beschuldigte betreibe mit seiner Herde die Wanderschäferei. Der Betrieb des Beschuldigten sei daher die wandernde Herde selbst samt Hütern und Schäferhunden. Es gebe keinen festen Betriebsstandort. Die Herde sei von keinem einzigen der beanstandeten Tiere verlassen worden, sodass kein Verlassen des Betriebes vorläge. Eine abweichende Form der Kennzeichnungspflicht hätte die Behörde nicht angeordnet. Weiters verweist der Berufungswerber auf ein Verfahren, anhängig bei der Bezirkshauptmannschaft Baden, welche zum Ergebnis gekommen sei, dass erst dann ein Verlassen des Betriebes vorliege, wenn die Tiere von der Herde abgesondert werden. Es wird daher der Antrag gestellt, der Berufung stattzugeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51e Abs 3 VStG aufgrund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Erwägungen ausgegangen: Der Berufungswerber betreibt eine Wanderschäferei ohne eigene Flächen. Er ist verpflichtet weder irgendwelche Flächen zu besitzen noch zu pachten und wird der geografische und zeitliche Ablauf der Weidewanderung übers Jahr dokumentiert. Am 21.12.2005 um 12.10 Uhr stellte Amtstierarzt Dr. H H auf einer Weide nordwestlich des oberen Ortsendes von R fest, dass mehrere hundert Schafe des Berufungswerbers nicht gekennzeichnet waren. Es habe sich dabei um Tiere beiderlei Geschlechts gehandelt, die sowohl vor als auch nach dem 09.07.2005 geboren worden sind. Gemäß § 8 Tierseuchengesetz (im Folgenden TSG) hat der Bundeskanzler durch Verordnung die dauerhafte Kennzeichnung von Tieren bestimmter Tierarten oder bestimmter Verwendung anzuordnen, wenn und soweit dies nach den Vorschriften der EU geboten ist oder aus anderen Gründen nach den jeweiligen Stand der Wissenschaft im Hinblick auf die jeweilige Seuchensituation zur Gewährleistung einer ausreichenden veterinärpolizeilichen Kontrolle der Tierbestände erforderlich ist. Hierauf stützt sich die Tierkennungs- und Registrierungsverordnung 2005 für die Kennzeichnung und Registrierung von Schweinen, Schafen und Ziegen. Gemäß § 12 Abs 1 dieser Verordnung sind Schafe und Ziegen ohne Anspruch auf Kostenersatz innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Geburtsdatum, jedenfalls aber vor dem erstmaligen Verlassen des Geburtsbetriebes oder auf behördliche Anordnung noch vor diesem Zeitpunkt mit zwei Ohrmarken oder einer Ohrmarke und einem elektronischen Transponder gemäß dieser Verordnung dauerhaft zu kennzeichnen, wenn sie nach dem 09.07.2005 geboren werden. Gemäß Abs 3 leg. cit. sind bis zum 09.07.2005 geborene Schafe und Ziegen, die ihren Geburtsbetrieb nicht verlassen haben, innerhalb von sechs Monaten ab In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu kennzeichnen. Daraus ergibt sich, dass noch nicht gekennzeichnete Schafe und Ziegen, die vor dem 09.07.2005 geboren wurden, spätestens mit 09.01.2006 gekennzeichnet sein müssen. Für nach den 09.07.2005 Geborene sind innerhalb von sechs Monaten ab dem Geburtsdatum zu kennzeichnen. Jedenfalls sind sie aber vor dem erstmaligen Verlassen des Geburtsbetriebes zu kennzeichnen. Im vorliegenden Fall kann aufgrund des Akteninhaltes nicht festgestellt werden wann die mehreren hundert Schafe, welche von Amtstierarzt Dr. H H auf der Weide nicht gekennzeichnet angetroffen wurden, geboren worden sind. Noch nicht gekennzeichnete Schafe und Ziegen mussten nach dieser Verordnung jedenfalls ab 09.01.2006 gekennzeichnet werden, sodass zum Tatzeitpunkt diese Verpflichtung noch nicht bestanden hat. Es bleibt daher zu prüfen, ob die Tiere, welche beanstandet wurden, ihren Geburtsbetrieb verlassen haben, da sie jedenfalls vor dem erstmaligen Verlassen ebenfalls gekennzeichnet hätten werden müssen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 sind unter einem Betrieb im Sinne der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 alle Einrichtungen, Anlagen oder im Falle der Freilandhaltung, Orte, wo Tiere gehalten, aufgezogen, behandelt oder aufgestallt werden, mit Ausnahme von Tierarztpraxen und Tierkliniken, wobei demonstrativ aufgezählt wird, dass es sich dabei um landwirtschaftliche Betriebe, Viehhandelsbetriebe, Schlachtbetriebe, Sammelstellen, Aufenthaltsorte und Transporteure handeln kann. Dass es sich dabei um keine taxative Aufzählung handelt, ist der Wortfolge diese sind insbesondere zu entnehmen. Da die Berufsgruppe der Wanderschäfer bereits fast ausgestorben war und heute wohl zu den kleinsten Berufsgruppen zählt, ist diese wohl im Gesetz nicht extra angeführt. Geht man jedoch vom Schutzzweck der Bestimmung des § 12 der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 im Zusammenhang mit dem Tierseuchengesetz aus, sollte jedenfalls verhindert werden, dass nicht gekennzeichnete Tiere mit anderen Tieren in Kontakt treten. Abstellend auf diesen Sinn der Bestimmung kann nicht davon ausgegangen werden, dass Schafe, welche ihre Herde seit Geburt nicht verlassen haben, ihren Geburtsbetrieb deshalb verlassen haben, weil sie sich mit ihrer Herde von Weide zu Weide begeben. Die Ortsveränderung allein kann nicht als Verlassen des Betriebes angesehen werden und ist eine erweiternde Interpretation einer Strafbestimmung im Strafverfahren nicht gestattet. Für alle Sonderfälle - wie eben auch dem vorliegenden - sieht § 12 Abs 1 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 ohnedies die Möglichkeit vor, dass auf gesonderte behördliche Anordnung eine dauerhafte Kennzeichnung der Tiere noch vor Verlassen des Geburtsbetriebes erfolgen kann. Dass eine derartige behördliche Anordnung vorlag, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt nicht, wurde dem Berufungswerber aber auch mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt. Ebenso lässt sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen, welchen Geburtsbetrieb die Schafe allenfalls verlassen haben, zumal allenfalls auch die Geburt auf der im Spruch bezeichneten Weide links von der Gemeindestraße, 200 m oberhalb des Ortsendes von R, erfolgen hätte können, jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, zumal weder Geburtszeitpunkt noch Geburtsort der mehreren hundert Schafe angeführt sind, sodass der Berufungswerber auch nicht davor geschützt ist, allenfalls wegen desselben Verhaltens nochmals bestraft zu werden. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Schafe Wanderschäfer Betrieb verlassen Geburtsbetrieb Kennzeichnungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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