TE UVS Tirol 2007/04/30 2007/11/0138-1

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Veröffentlicht am 30.04.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung des Herrn H. K., XY-Straße 12, L., vertreten durch RA Dr. B. H., XY-Sstraße 3, I., gegen das Straferkenntis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 22.11.2006, Zl VK-47891-2006, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 44,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 12.02.2006, 22.45 Uhr

Tatort: Nauders, auf der Reschenbundesstraße B 180, bei km 46.070 in Fahrtrichtung Italien

Fahrzeug: Sattelkraftfahrzeug mit einem höchst zulässigen

Gesamtgewicht von mehr als 3,5t

Kennzeichen: XY und XY

 

Der Beschuldigte, K. H., geb XY, wohnhaft L., XY-Straße 12, hat als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen. Es wurde festgestellt, dass er am 12.02.2006 die Schaublätter der laufenden Woche und des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt hat. Es haben folgende Schaublätter gefehlt: vom 05.02.2006 bis zum 09.02.2006.?

 

Hierdurch habe er die Rechtsvorschrift des § 134 Abs 1 KFG iVm Art 15 Abs 7 EG-VO 3821/85 verletzt, weshalb eine Geldstrafe in Höhe von Euro 220,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bringt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass ihm für sechs verschiedene Tage vorgeworfen werde, das jeweilige Tachographenschaublatt nicht vorgelegt zu haben. Unter Verweis auf die verwaltungsgerichtliche Judikatur wird weiters ausgeführt, dass bei in engem zeitlichem Konnex stehenden und ineinander greifenden Transporten ein einheitlicher Gesamtplan zu Grunde liege und dies die Annahme eines fortgesetzten Deliktes rechtfertige. Die einzelnen Tathandlungen müssten jedoch von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, einem so genannten Gesamtvorsatz getragen sein. Der Berufungswerber habe seine Arbeitswoche am Sonntag, den 12.02.2006, eine Stunde vor Wochenbeginn, angefangen. Wäre er eine Stunde später abgefahren, so hätte er keine Verpflichtung gehabt, die Schaublätter vorzulegen. Über die rechtliche Konsequenz seines Verhaltens sei er sich nicht bewusst gewesen. Die Behörde habe diese Einwendungen nicht ausreichend berücksichtigt und sei die rechtliche Begründung mangelhaft geblieben. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe absehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

Der Berufungswerber lenkte am 12.02.2006 um 22:45 das Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY samt Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen XY auf der Reschenbundesstraße B180 in Fahrtrichtung Italien. Im Zuge einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle wurde der Berufungswerber bei km 46.070 angehalten. Über Aufforderung der Polizeibeamten konnte er die Schaublätter vom 05.02.2006 bis 09.02.2006 nicht vorweisen. Der Beschuldigte gab an, diese wegen der Abrechnung in der Firma abgegeben zu haben

 

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich eindeutig und nachvollziehbar aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes. Diese Feststellungen wurden vom Berufungswerber auch nicht bestritten.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

 

Art 15 Abs 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr 2135/1998, sieht vor, dass der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können muss.

 

Die Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr verweist auf die obgenannte VO Nr 3821/85 und definiert in ihrem Art 1 Nr 4 den Begriff ?Woche?. Demnach ist darunter der ?Zeitraum zwischen Montag 00:00 Uhr und Sonntag 24:00 Uhr? zu verstehen. Der Begriff des ?letzten Tages der vorangegangenen Woche? bezieht sich auf den letzten Lenktag, welcher der laufenden Woche vorangegangenen ist (vgl hierzu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-158/90, Slg 1991 I-06035).

 

Gegenständlich hat der Berufungswerber nach seinen eigenen Angaben die Arbeitswoche am Sonntag, den 12.02.2006, begonnen. Nach obiger Definition erstreckt sich die Vorlagepflicht für die laufende Woche vom Montag, den 6.02.2006, bis zum Sonntag, den 12.02.2006. Beim letzten Lenktag der vorangegangenen Woche handelt es sich demnach um den Sonntag, den 05.02.2006. Im vorliegenden Fall ist zweifelsfrei hervorgekommen, dass der Berufungswerber die Schaublätter vom 05.02.2006 bis 09.02.2006 nicht vorlegen konnte; vorgelegt wurden die nachfolgenden Schaublätter. Der objektive Tatbestand des § 134 Abs 1 KFG iVm Art 15 Abs 7 EG-VO Nr 3821/85 ist daher verwirklicht, zumal sich die Vorlagepflicht auf die gesamte laufende Woche bezieht und sich insofern die teilweise Vorlage der Schaublätter nicht strafbefreiend auswirkt.

 

Die Ausführungen des rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerbers zum Zusammentreffen von strafbaren Handlungen (§ 22 VStG) sowie zur strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Delikts erweisen sich für den vorliegenden Fall als unzutreffend. Zunächst ist festzuhalten, dass sich der strafrelevante Vorwurf nicht auf sechs, sondern auf fünf Tage bezieht und auch nicht eine Geldstrafe in Höhe von Euro 218,00, sondern vielmehr von Euro 220,00 verhängt wurde. Unabhängig davon ist den Berufungsausführungen entgegenzuhalten, dass der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt (ist die als erwiesen angenommene Tat) die Nichtvorlage der Schaublätter für die ?laufende Woche? sowie für den ?letzten Tag der vorangegangenen Woche? zum Inhalt hat. Es handelt sich hierbei um ein einziges Delikt und nicht ? wie offenbar der Berufungswerber vermeint ? um das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, bezogen auf die jeweils einzelnen Tage der ?laufenden Woche?.

 

Umstände, die den Berufungswerber die Einhaltung der betreffenden Verwaltungsvorschrift verunmöglicht hätten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber hat lediglich vorgebracht, dass er die Arbeitswoche kurz vor Beginn der neue Woche angefangen habe. Wäre er eine Stunde später abgefahren, so hätte ihn die Vorlagepflicht für den vorgeworfenen Zeitraum nicht getroffen. Über die rechtliche Konsequenz sei er sich nicht bewusst gewesen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es einem berufsmäßigen Kraftfahrer zuzumuten ist, sich über die für ihn einschlägigen Vorschriften zu informieren. Seitens des Berufungswerbers wurde auch nicht behauptet, dass ihm die gegenständliche Regelung nicht bekannt gewesen sei. Die gegenüber den Beamten geäußerte Behauptung, wonach er die Schaublätter zur Abrechnung in der Firma abgeben habe müssen, vermag ihn jedenfalls nicht zu entlasten. Vielmehr ist dem Berufungswerber zumindest bedingter Vorsatz zur Last zu legen.

 

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 21 legcit kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist keinesfalls unerheblich. Die gegenständliche Norm soll den Straßenaufsichtsorganen insbesondere eine effiziente Kontrolle der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten gemäß der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 ermöglichen. Ohne diese Schaublätter wird den Kontrollorganen insbesondere die Beurteilung, ob der Lenker zur Durchführung der betreffenden Fahrt überhaupt berechtigt ist oder aber wegen Verletzung der Lenk- und Ruhezeitbestimmungen eine Weiterfahrt unterbleiben muss, verunmöglicht. Der Berufungswerber hat durch sein Fehlverhalten ganz entscheidend den staatlichen Interessen an einem effizienten Gesetzesvollzug zuwidergehandelt. Als Verschuldensgrad wird dem Berufungswerber ? wie erwähnt ? bedingter Vorsatz zur Last gelegt.

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als erschwerend war kein Umstand zu werten.

Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Berufungswerber keine Angaben gemacht, weshalb eine Einschätzung zu erfolgen hatte und zumindest von einer durchschnittlichen Einkommens- und Vermögenssituation auszugehen war.

 

In Anbetracht des nach § 134 Abs 1 KFG anwendbaren Strafrahmens von bis zu Euro 5.000,00 und unter Berücksichtigung obgenannter Strafzumessungsgründe erscheint die verhängte Geldstrafe auf jeden Fall schuld- und tatangemessen. Die verhängte Geldstrafe bewegt sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, sodass diese auch bei allenfalls bestehenden ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen geboten war, um den Berufungswerber künftighin von gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG haben nicht vorgelegen. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach von einem geringfügigen Verschulden nur dann gesprochen werden kann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 17.04.1996, Zl 94/03/0003 ua). Im gegenständlichen Fall haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Berufungswerber ein wesentlich geringerer Sorgfaltsverstoß zur Last liegt als bei anderen Übertretungen der betreffenden Verhaltensnorm.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Der Kostenspruch stützt sich auf die angeführte Gesetzesbestimmung.

Schlagworte
Begriff, ?Woche?, Zeitraum, zwischen, Montag 00:00 Uhr, Sonntag 24:00 Uhr, Begriff, des, ?letzten, Tages, der, vorangegangenen, Woche?, bezieht, sich, auf, den, letzten, Lenktag, welcher, der, laufenden, Woche, vorausgegangen, ist, C-158/90, Slg 1991 I-06035
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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