TE UVS Steiermark 2007/05/07 30.12-46/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2007
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Ing. L L, vertreten durch S und F, Rechtsanwälte, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 21.11.2006, GZ.: 15.1 1519/2006, betreffend eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Der Bezirkshauptmann von Liezen, Politische Expositur Gröbming, hat den nunmehrigen Berufungswerber wegen einer Tat bestraft, die als Verletzung des § 87 Abs 3 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung - BauV qualifiziert wurde und im Straferkenntnis wie folgt umschrieben ist: Tatzeit: 08.05.2006 gegen 11.20 Uhr Tatort: Baustelle, A-A, A 1, Zubau Stallgebäude,

Bauherr J S Ihre Funktion: Arbeitgeber(in) 1. Übertretung

In angeführter Funktion sind Sie für folgende

Verwaltungsübertretungen verantwortlich:

Die Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat hat ergeben:

Von den Arbeitnehmern J K und G E wurden auf der straßenseitigen Dachfläche des herzustellenden Stalldaches bei einer Dachneigung von mehr als 20 Grad (ca. 38 Grad) und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m (ca. 6,0 m) Arbeiten durchgeführt (Aufnageln der Schalung und Weiterreichen der Bretter), ohne dass geeignete Schutzeinrichtungen (Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste) angebracht waren. Die Arbeiten wurden in völlig ungesicherter Art und Weise durchgeführt und waren die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt. Die Herren K und E wurden vom Bauherren als Arbeitnehmer für die Zimmerei Ing. L L zur Verfügung gestellt (überlassen), um für diesen unter dessen Kontrolle zu arbeiten. Die Behörde erster Instanz führte in der Begründung des Bescheides zum Sachverhalt aus: Das Arbeitsinspektorat Leoben zeigte den im Straferkenntnis-Spruch angeführten Sachverhalt an, und würdigt dies rechtlich mit folgenden Sätzen: die Übertretung sei von den Kontrollorganen wahrgenommen worden, die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht ausreichend. Die Arbeiter hätten angegeben, die Weisungen vom Vorarbeiter der Firma bekommen zu haben. Weitere Stichworte betreffen die Strafbemessung, wobei die Bescheidbegründung insgesamt kürzer ist als die Rechtsmittelbelehrung. Der Beschuldigte berief und beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses, allenfalls Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, ein Nachsehen der Strafe oder deren Umwandlung in eine mildere, Anberaumung einer Berufungsverhandlung bzw Erteilung einer Ermahnung, falls erforderlich. Unter lit A) lit a) bis g) wurden die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens aufgelistet. Zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes machte der Berufungswerber unter anderem geltend, J K und G E seien nicht seine Arbeitnehmer gewesen. Beigeschlossen war eine Bestätigung vom 18.04.2006 des H-J S, in der der Bauherr bestätigt, dass die im Rahmen der Eigenleistung bzw Nachbarschaftshilfe beschäftigten Personen in seine alleinige Verantwortung fallen und keine Ansprüche an die bauausführende Firma gestellt werden können. Weiter war ein Schreiben der Zimmerei Bautischlerei GmbH Ing. L L vom 08.09.2006 angeschlossen. Bei der Berufungsverhandlung am 14.03.2007 wurden der Berufungswerber als Partei und folgende Personen als Zeugen vernommen: Ing. C G, Arbeitsinspektorat Leoben, H-J S, J S, G E und J K. Nach Schluss der Verhandlung ersuchte der Unabhängige Verwaltungssenat den Maschinenring E- und

P um Bekanntgabe, um welches rechtliche Gebilde es sich beim Maschinenring handle und ob J K als Arbeitnehmer des Maschinenrings an H-J S als Leasing-Arbeitnehmer überlassen worden sei. Im Antwortschreiben teilte der Maschinenring Service Steiermark, G, H 3, mit, K sei nicht als überlassene Arbeitskraft tätig gewesen. Die Frage, ob er Arbeitnehmer des Maschinenrings war, wurde nicht beantwortet. Beigeschlossen war eine so genannte Auftragnehmerstatistik betreffend die Arbeitsleistung des J K für H-J S, Auszüge aus einer Fachzeitschrift und das Blanko-Formular der Vereinstatuten eines Maschinenrings. Die Parteien, denen das nachträgliche Beweisergebnis bekannt gegeben wurde, verzichteten auf eine Fortsetzung der Verhandlung. Die Berufungsbehörde gelangt zu folgenden Feststellungen: Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der L Zimmerei- und Holzbaugesellschaft mbH mit Sitz in der politischen Gemeinde G, die unter anderem die Gewerbeberechtigung für Zimmermeister besitzt. Der Bauherr H-J S, ein Landwirt in A-A, ersuchte den Berufungswerber mündlich, ihm einen Zimmerer zu schicken. Er wolle selbst mithelfen beim beabsichtigten Stallzu- und -neubau, bei dem die L Zimmerei- und Holzbaugesellschaft mbH den Dachaufbau berechnen, im Detail planen und durchführen sollte. Der Auftrag kam zustande und belief sich auf über ? 18.000,00 ohne Material, da dieses bis auf Nägel, Schrauben und Dübel vom Bauherrn beigestellt wurde. Der Berufungswerber bekam den Auftrag nur unter der Bedingung, dass der Bauherr eigene Helfer beistellen kann. Hätte der Berufungswerber die gesamten Zimmererarbeiten mit eigenen Arbeitnehmern durchgeführt, hätte die Auftragssumme bei einem Regiestundenpreis von ? 42,00 ca. ? 204.000,00 incl. Mehrwertsteuer ergeben. Einer der vom Bauherrn beigestellten Helfer war der selbstständige Landwirt und gelernte Zimmerer G E, der dem Berufungswerber zwei Tage geholfen hat, weil ihm dieser vorher bei Holzführen behilflich gewesen war. Der weitere Helfer J

K war ebenfalls gelernter Zimmerer und von Beruf Bauer und - ebenso wie H-J S - Mitglied beim Maschinenring E- und P. K und S vereinbarten, dass der Erstgenannte im Rahmen einer Bauhilfe beim Bauvorhaben mithilft, weil er so in den Genuss einer Unfallversicherung kam. K meldete die 14-tägigen Arbeiten bei H-J

S dem Maschinenring, an den H-J S für diese Bauhilfe einen Stundensatz von ? 14,00 bezahlte. Der Berufungswerber hat mit dem Maschinenring E- und P keine Vereinbarung betreffend den Arbeitseinsatz von J K beim Dachaufbau der Baustelle S getroffen.

J S war auf dieser Baustelle als Vorarbeiter des Berufungswerbers im Einsatz, beaufsichtigte die Arbeiten und gab die Arbeitsanweisungen. Am 08.05.2006 waren J K und G E auf dem Dach bei einer Absturzhöhe von ca sechs Metern mit dem Aufnageln der Schalung beschäftigt, ohne dass Schutzeinrichtungen wie Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste angebracht waren.

Beweiswürdigung: Die Ermittlung des Sachverhalts beruht auf einer Kontrolle der Baustelle durch Ing. C G am 08.05.2006, der über seine Beobachtungen als Zeuge aussagte und der Anzeige ein Foto beischloss, das die Gegebenheiten an Ort und Stelle dokumentiert. Da nicht bestritten wurde, dass K und E auf dem Dach ohne Schutzeinrichtungen Dacharbeiten durchführten, sind diesbezüglich keine weiteren Ausführungen erforderlich. Hinsichtlich der Beistellung von E und K als Helfer durch den Bauherrn und der Vertragsbeziehung zwischen dem Bauherrn und dem Maschinenring ist auf die Aussagen von H-J S und J K zu verweisen, die im Wesentlichen übereinstimmen. Rechtliche Beurteilung: Im Berufungsfall ist strittig, ob J K und G E Arbeitnehmer des Berufungswerbers waren und der Berufungswerber diesbezüglich als Arbeitgeber die Arbeitnehmerschutzvorschriften zu beachten hatte, wobei nach Lage des Falls eine Überlassung von E und K an den Berufungswerber in Betracht kommt. § 9 ASchG ist mit Überlassung überschrieben und lautet im ersten Absatz: Eine Überlassung im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Arbeitnehmer Dritten zur Verfügung gestellt werden, um für sie und unter deren Kontrolle zu arbeiten. Überlasser ist, wer als Arbeitgeber Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an Dritte verpflichtet. Beschäftiger ist, wer diese Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einsetzt. Im Unterschied zu § 3 Abs 4 AÜG, wonach sowohl Arbeitnehmer, als auch arbeitnehmerähnliche Personen Arbeitskräfte sein können, die überlassen werden können, kommen nach § 9 Abs 1 ASchG nur Arbeitnehmer, nicht aber arbeitnehmerähnliche Personen, in Betracht. Setzt man voraus, dass J K Arbeitnehmer des Maschinenrings E- und P war, wäre zu prüfen, ob er dem Berufungswerber überlassen und von diesem als Beschäftiger zur Arbeitsleistung auf der Baustelle des H-J S eingesetzt wurde. Wie den Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen ist, hat der Maschinenring E- und P mit dem Berufungswerbers nicht kontrahiert. Der Einsatz des J K auf der Baustelle beruhte vielmehr auf einer Abmachung, die zwischen J K und H-J S als Mitgliedern des Maschinenrings getroffen wurde. Da zwischen dem Berufungswerber und dem Bauherrn vereinbart war, dass dieser die Bauhelfer beistellt und jener den Auftrag nur unter dieser Bedingung bekommen hatte und mit dem Maschinenring keinen Vertrag über die Beistellung des J K geschlossen hatte, kann nicht gesagt werden, der Berufungswerber hätte J K im Sinn des § 9 Abs 1 ASchG zur Arbeitsleistung eingesetzt. Eine Beurteilung des Sachverhaltes nach § 4 Abs 2 AÜG führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Bestimmung lautet: Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder 2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder 3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder 4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet. Bedenkt man, dass H-J S Werkbesteller und der Berufungswerber Werkunternehmer war und die Kriterien des § 4 Abs 2 AÜG nur zu dem Ergebnis führen können, dass der Werkbesteller als Beschäftiger gilt und der Werkunternehmer als Überlasser, ergibt sich im konkreten Fall, dass bei Zutreffen der Z 1 bis Z 4 immer nur H-J S als Werkbesteller zum Beschäftiger und der Berufungswerber als Werkunternehmer zum Überlasser würde, d.h. dass der Berufungswerber unter Zugrundelegung dieser Bestimmung auch nach dem wahren wirtschaftlichen Wert gar nicht zum Beschäftiger hätte werden können. Somit hat weder ein Dienstverschaffungsvertrag zwischen dem Maschinenring E- und P und dem Berufungswerber bestanden, noch kann K auf Grund des wahren wirtschaftlichen Gehaltes im Sinn des § 4 Abs 1 AÜG als dem Berufungswerber überlassene Arbeitskraft angesehen werden, für die der Letztgenannte hätte Arbeitnehmerschutzpflichten erfüllen müssen. Der Berufungswerber kann auch nicht als unmittelbarer Arbeitgeber des J K angesehen werden, da die Erteilung fachlicher Weisungen durch seinen Vorarbeiter an K für sich für die Begründung einer Arbeitgebereigenschaft nicht ausreicht. Bezüglich

G E stellt sich der Fall von vornherein so dar, dass es sich um einen Landwirt handelt, der dem Berufungswerber Nachbarschaftshilfe leistete und der kein Arbeitnehmer war. Da der Berufungswerber somit nicht Arbeitgeber von J K und G E war, ist der Berufung Folge zu geben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Bauhelfer Maschinenring Beistellung Kostenersparnis Arbeitskräfteüberlassung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten