TE UVS Tirol 2007/05/21 2006/14/1512-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.05.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Klaus Dollenz über die Berufung des Herrn S. F.,XY 18, D D., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19.04.2006, Zahl VK-1088-2006, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die zu Punkt 1 verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 auf Euro 350,00, bei Uneinbringlichkeit 5 Tage Ersatzarrest, herabgesetzt wird.

 

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Dementsprechend wird zu Punkt 1 der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 35,00 neu festgesetzt.

 

Zu den Punkten 2 und 3 hat der Berufungswerber als weitere Kosten als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das ist Euro 4,00 und Euro 20,00, somit Euro 24,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Nachstehendes angelastet:

 

Am 24.03.2006 wurde um 21.22 Uhr auf der B 100 Drautal Straße im Bereich des Strkm 142,400, Gemeindegebiet von Sillian, festgestellt, dass Sie als Lenker des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY,

 

1 über Verlangen des Kontrollbeamten die Schaublätter für die laufende Woche sowie für den letzten Tag der Vorwoche, an dem Sie gelenkt haben, nicht vorlegen konnten, zumal Sie anlässlich der Kontrolle den Zeitraum vom letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem Sie gelenkt haben, bis zum 23.03.2006, 09.14 Uhr, nicht dokumentieren konnten, obwohl der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können muss.

 

2. am 24.03.2006 zwischen 14.53 Uhr und 21.22 Uhr (6 Stunden 29 Minuten) keine Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten im Gesamtausmaß von mindestens 45 Minuten eingehalten haben, die in oder unmittelbar nach einer maximal 4,5stündigen Lenkzeit so einzufügen sind, dass Artikel 7 Abs 1 der VO (EWG) 3820/85 eingehalten wird. Sie haben während des oben angeführten Zeitraumes lediglich eine Unterbrechung im Ausmaß von 41 Minuten eingelegt (Unterbrechungen von unter 15 Minuten können nicht berücksichtigt werden).

 

3. am 24.03.2006; das Schaublatt bereits um 14.20 Uhr entnommen und das Fahrzeug anschließend weiterhin gelenkt haben, obwohl Sie es bis zum Ende der täglichen Arbeitszeit benützen hätten müssen, zumal das Schaublatt erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen werden darf, und eine Entnahme auf andere Weise nicht zulässig war.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.

Art 15 Abs 7 VO (EWG) 3821/85

2.

Art 7 Abs 1 VO (EWG) 3820/85 iVm Art 7 Abs 2 VO (EWG) 3820/85

3.

Art 15 Abs 2, 2. Satz, VO (EWG) 3821/85

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

1.

Euro 600,00, 12 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 134 Abs 1 KFG

2.

Euro 20,00, 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 134 Abs 1 KFG

3.

Euro 100,00 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 134 Abs 1 KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

Euro 72,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe.

 

Das Straferkenntnis wurde nach dem 19.04.2006 zugestellt.

 

Innerhalb offener Frist wurde eine Berufung erhoben. In dieser ist ausgeführt, dass die Begründung durch einen Rechtsanwalt der Arbeitskammer erfolge.

 

Mit Schreiben vom 26.09.2006 wurde der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass seine Berufung nicht begründet ist und wurde er aufgefordert binnen zwei Wochen nach Zustellung diesen Mangel zu beheben.

 

Vom Berufungswerber wurde Nachstehendes ausgeführt:

Meine Berufung möchte ich aufrechterhalten und begründen wieso:

Zum Besagten Zeitpunkt war ich bei. der Firma N. in St. U. a. P. als Kraftfahrer Beschäftigt.

Auf Anweisung meines damaligen Chefs Herrn N. sen. war ich gezwungen meine Fahrzeit erheblich zu überschreiten und meine Ruhepausen nicht einzuhalten.

Über viele Monate wurde ich gezwungen mit so genannten Urlaubsschein zu fahren obwohl ich nie Urlaub hatte. Weiterhin musste ich auf Anordnung den Tachographen manipulieren und Angaben auf Tachoscheiben fälschen.

Am 21.03.06 erhielt ich die Anweisung keine Pausen zu machen und durchzufahren. Sollte ich trotzdem in eine Polizeikontrolle kommen sollte ich angeben dass ich meine Tachoscheiben verloren hätte. Gezwungenermaßen musste ich mit dieser Lüge den Polizeibeamten in Sillian erklären warum ich keine Tachoscheiben dabei hatte. Am nächsten morgen habe ich dem Junior Chef K. N. berichten müssen was sich an der Grenze zugetragen hätte und ihm die Bescheinigung über die Beschlagnahmung der Tachoscheiben ausgehändigt. Er sagte mir zu das er sich darum kümmern würde. Da ich noch des Öfteren nach diesem Vorfall mit Urlaubsschein und manipulierten Tachoscheiben fahren sollte habe ich mich dazu entschlossen das Arbeitsverhältnis zu kündigen und mir eine neue Arbeitsstelle gesucht. Aufgrund eines aktuellen Verfahrens das ich mit meinem Rechtsanwalt Dr. S. in L. gegen die Fa N. anstrebe habe ich ihm sämtliche Unterlagen wie Tachoscheiben und Urlaubsscheine ausgehändigt. Am 19.10.2006 habe ich ein Termin vor dem Gericht in Innsbruck wo ich meine Aussage gegen diese Firma machen werde. Nach dieser Verhandlung werde ich Ihnen falls gewünscht sämtliche Unterlagen zukommen lassen. Ich möchte bei Ihnen den Antrag stellen das Sie das Verfahren gegen mich einstellen und die geforderte Strafe in Höhe von 792 Euro aussetzen. Sollten Sie eine Zeugenaussage gegen die Fa N. von mir benötigen werde ich diese auf jeden Fall machen

 

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass der Berufungswerber am 24.03.2006 um 21.22 Uhr auf der B 100 bei Strkm 142,400 in Richtung Lienz unterwegs war und zwar mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY. Der Berufungswerber wurde von Beamten der Polizeiinspektion Sillian kontrolliert und zwar die Schaublätter und konnten die Beamten feststellen, dass der Berufungswerber die Schaublätter vom 20.03.2006 bis 23.03.2006, 09.14 Uhr nicht vorlegte. Ferner konnten sie feststellen, dass er am 24.03.2006 zwischen 14.53 und 21.22 Uhr keine Unterbrechung von jeweils mindestens 15 Minuten im Gesamtausmaß von mindestens 45 Minuten eingehalten hatte und nahmen die Beamten wahr, dass das Schaublatt am 24.03.2006 bereits um 14.20 Uhr entnommen und das Fahrzeug weiterhin gelenkt wurde, obwohl dieses bis zum Ende der täglichen Arbeitszeit hätte benützt werden müssen.

 

In seiner Berufung bestreitet der Berufungswerber die angelasteten Übertretungen in objektiver Hinsicht nicht. Er gab an, dass er gezwungen gewesen sei über Anweisung seines damaligen Chefs, Herrn N. sen., die Fahrzeit erheblich zu überschreiten und Ruhepausen nicht einzuhalten. Er sei gezwungen gewesen mit Urlaubsschein zu fahren, obwohl er nie Urlaub gehabt habe. Er habe auf Anordnung den Tachografen manipulieren und falsche Angaben auf die Tachoscheibe schreiben müssen. Ihm sei gesagt worden, dass, wenn eine Polizeikontrolle vorkomme, er angeben müsse, dass er seine Tachoscheiben verloren hätte. Er habe gezwungener Maßen lügen müssen. In Folge dieser Umstände habe er sich entschlossen das Arbeitsverhältnis zu kündigen und eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Er stelle den Antrag, das Verfahren gegen ihn einzustellen oder die Strafe in Höhe von Euro 792,00 auszusetzen.

 

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine allgemein strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die  Freiheit oder das Vermögen handeln; dies trifft aber selbst bei  Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu.

 

Der Berufungswerber kann sich daher nicht auf Notstand berufen, sondern hätte gesetzeskonform handeln müssen. Er hätte auch schon früher die Konsequenzen ziehen können und allenfalls bei der Firma N. kündigen müssen.

 

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass der Berufungswerber unbescholten ist, ferner ist mildernd zu berücksichtigen, dass er mittlerweile Konsequenzen gezogen hat, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die verhängte Geldstrafe zu Punkt 1 zu hoch ausgefallen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hält eine Geldstrafe in Höhe von Euro 350,00 (Ersatzarrest 5 Tage) als schuld- und tatangemessen. Der Berufung konnte hinsichtlich Punkt 1 insoferne Folge gegeben werden und war spruchgemäß zu entscheiden. Es waren daher auch zu Punkt 1 die Verfahrenskosten neu zu bestimmen.

 

Was die verhängten Geldstrafen zu Punkt 2 und 3 anlangt, so ist der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol der Ansicht, dass diese Geldstrafen im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt sind, da Geldstrafen bis Euro 5.000,00 möglich sind. Dieser Strafrahmen wurde von der Erstbehörde bei weitem nicht ausgeschöpft, sondern die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich angesiedelt, sodass eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt.

 

Der Berufung konnte diesbezüglich daher nicht stattgegeben werden und war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
In, der, Berufung, bestreitet, der, Berufungswerber, die, angelasteten, Übertretungen, nicht. Er, gab, an, gezwungen, gewesen, zu, sein, über, Anweisung, seines, damaligen, Chefs, die, Fahrtzeit, erheblich, zu, überschreiten, und, Ruhepausen, nicht, einzuhalten. Der, Berufungswerber, kann, sich, daher, nicht, auf, Notstand, berufen, sondern, hätte, gesetzeskonform, handeln, müssen. Er, hätte, auch, schon, früher, die, Konsequenzen, ziehen, können, und, allenfalls, bei, der, Firma, kündigen, müssen.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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