TE UVS Tirol 2007/05/23 2007/25/0893-3

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Veröffentlicht am 23.05.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. R., XY Straße 33, D-M., vom 21.3.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 28.2.2007, Zahl VK-17883-2006, betreffend Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 80,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn R. zur Last gelegt, er habe am 21.11.2006 um 14.26 Uhr im Gemeindegebiet von Langkampfen, Inntalautobahn A 12, km 12,580, als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen XY die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 86/2006, im Sanierungsgebiet auf der A 12 Inntalautobahn erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h überschritten, obwohl die Fahrt bzw das Fahrzeug nicht unter die in § 3 der zitierten Verordnung angeführten Ausnahmen gefallen sei und die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde. Er habe dadurch gegen § 30 Abs 1 Z 4 IG-L iVm der zitierten Verordnung verstoßen, weshalb gemäß § 30 Abs 1 Z 4 IG-L über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 96 Stunden Ersatzarreststrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 40,00 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr R. vorbringt, dass er zur Tatzeit im Ausland gewesen wäre. Die eingesandten Fahndungsfotos (Vorderansicht) ließen keinen Täter erkennen, sodass seine Identifizierungshilfe ohne Erfolg geblieben wäre. Er ersuche deshalb um Verfahrenseinstellung.

 

Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol vom 2.5.2007 wurde Herr R. daraufhin aufgefordert, Beweismittel dafür zu benennen, dass er selbst zum Vorfallzeitpunkt nicht Lenker des PKWs war (zum Beispiel über seinen Aufenthaltsort zur Tatzeit).

 

Mit Schreiben vom 14.5.2007 antwortete Herr R. dazu, dass er zur Tatzeit erstens nicht Lenker des Fahrzeuges gewesen wäre und zweitens sich in seinem Eigenheim in der XY Straße 33 in D-M. aufgehalten habe. Da der erforderliche Beweis seitens der Behörde nicht erbracht worden wäre, beantrage er Verfahrenseinstellung. Als an der Tat Unbeteiligter möchte er noch darauf aufmerksam machen, dass damit gegen ihn die Gerichtsbarkeit des Tatortes entfalle.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die Feststellungen zum gegenständlich verwendeten Kraftfahrzeug, zum Tatzeitpunkt und zum Tatort ergeben sich aus der Anzeige der Verkehrsabteilung Tirol sowie aus dem ebenfalls vorgelegten Videoausdruck. Auf dem Lichtbild ist der in Rede stehende PKW von vorne aufgenommen, und zwar insbesondere auch dessen Kennzeichen, klar zu erkennen. Ebenfalls ergibt sich aus dem Videoausdruck der Tatzeitpunkt. Dass der Tatort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist, steht für die Berufungsbehörde ebenfalls außer Zweifel. Dem Anzeiger ist jedenfalls zuzubilligen, dass er dieses verwaltungsstrafrechtlich relevante Faktum richtig angegeben hat. Die diesbezüglichen Daten in der Anzeige hat im Übrigen auch der Berufungswerber selbst nicht bestritten.

Dass die mit dem betreffenden PKW zum Tatzeitpunkt eingehaltene Geschwindigkeit unter Abzug der Messtoleranz 153 km/h betragen hat, steht aufgrund der mittels eines Provida mit Videoaufzeichnung durchgeführten Geschwindigkeitsmessung fest. Der Berufungswerber hat die Richtigkeit des Messergebnisses nicht bestritten und insbesondere auch keine Umstände aufgezeigt, die Zweifel am ordnungsgemäßen Funktionieren des Messgerätes erwecken könnten. Der Berufungswerber behauptet nun allerdings, damals nicht Lenker des PKWs gewesen zu sein. Dabei handelt es sich aber nach Ansicht der Berufungsbehörde um eine bloße Schutzbehauptung. Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen, somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen mehrfach auf die verstärkte Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl VwGH 26.06.1984, Zl 84/04/0055 ua). Der Berufungswerber, der die Lenkereigenschaft bestritten hat, wurde nun mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2.5.2007 aufgefordert, Beweismittel bekannt zu geben, wonach er als Lenker des betreffenden Fahrzeuges zum angenommenen Tatzeitpunkt ausscheidet. In seinem Antwortschreiben darauf brachte der Rechtsmittelwerber nur vor, dass er zur Tatzeit bei sich zu Hause gewesen wäre. Irgendwelche Beweismittel dafür wurden weder vorgelegt noch angeboten. Damit hat Herr R. der Aufforderung vom 2.5.2007 nicht entsprochen. Für die Behörde ist die Angabe, zur Tatzeit zu Hause gewesen zu sein, in solcher Art nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar. Diese Verletzung der Mitwirkungspflicht ist im Rahmen der Beweiswürdigung ins Kalkül zu ziehen. Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde davon auszugehen, dass der Berufungswerber selbst das betreffende Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat. Von einem Zulassungsbesitzer, der das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat, ist nämlich nach Ansicht der Berufungsbehörde zu erwarten, dass er zumindest konkret darlegen kann, weshalb er als Lenker ausscheidet. Der Umstand, dass der Berufungswerber eine Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung verweigert hat, obgleich ihm die Beantwortung der an ihn gerichteten

Frage bei Richtigkeit seines Vorbringens nicht nachteilig sein konnte, führt die Berufungsbehörde zur Schlussfolgerung, dass er trotz seiner gegenteiligen Behauptung zum Tatzeitpunkt der Lenker des PKWs war (vgl VwGH 20.09.1996, Zl 96/17/0320).

 

Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung um ein sog Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH vom 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).

Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Dieser hat nämlich kein Vorbringen erstattet, wodurch ein fehlendes Verschulden aufgezeigt werden könnte.

Sofern ihm die betreffende Geschwindigkeitsbeschränkung allenfalls nicht bekannt war, ist für ihn auch damit nichts zu gewinnen. Nach § 5 Abs 2 VStG ist nämlich die Unkenntnis der übertretenen Verwaltungsvorschriften nur dann beachtlich, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Wie nun aber der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, muss sich ein ausländischer Fahrzeuglenker über die Vorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend, und zwar insbesondere durch eine Rückfrage bei den zuständigen österreichischen Behörden, informieren (vgl VwGH 30.10.1990, Zl 90/02/0149 uva). Dass er entsprechende behördliche Auskünfte eingeholt, bzw sich bei den zuständigen Behörden vor Durchführung der betreffenden Fahrt über die maßgeblichen Vorschriften informiert hat, bringt der Berufungswerber selbst nicht vor. Außerdem ist die betreffende Geschwindigkeitsbeschränkung zusätzlich zur Veröffentlichung im Landesgesetzblatt auch durch Verkehrszeichen kundgemacht. Wenn der Berufungswerber diese Verkehrszeichen nicht wahrgenommen hat, stellt dies ebenfalls einen erheblichen Sorgfaltsverstoß dar. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, ist von einem verkehrstüchtigen Verkehrsteilnehmer zu erwarten, dass er rechtmäßig aufgestellte Straßenverkehrszeichen samt Zusatztafeln beachtet (vgl VwGH 27.10.1997, Zl 96/17/0456).

 

Die Bestrafung ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

 

Der Schutzzweck der übertretenen Verordnung liegt nicht in der Hebung der Verkehrssicherheit sondern deren Ziel besteht in einer Verbesserung der Luftqualität. Es ist eine notorische Tatsache, dass PKWs bei Tempo 130 einen höheren Treibstoffverbrauch und damit Schadstoffaustausch aufweisen als bei Tempo 100. Bei Tempo 153 gilt dies umso mehr, da der Luftwiderstand mit dem Quadrat zur Geschwindigkeit wächst und damit auch der Treibstoffverbrauch und Schadstoffausstoß. Der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung ist nicht unerheblich, weil durch die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in diesem großem Ausmaß dem Ziel der Maßnahme, nämlich der Verringerung der durch den Menschen beeinflussten Emissionen, die zu einer Immissionsgrenzwertüberschreitung geführt haben und somit in einer Verbesserung der Luftqualität liegt, zuwidergehandelt wurde. Als Schuldform ist zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, da Herr R. mit der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit auch die sonst nach § 20 Abs 2 StVO auf Autobahnen geltende Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritten hat.

 

Mildernd war zu werten, dass der Berufungswerber  zumindest im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Kufstein  bislang nicht strafvorgemerkt aufscheint. Sonstige Milderungsgründe oder Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat der Berufungswerber, obwohl für ihn dazu im Verfahren durchaus die Gelegenheit bestanden hätte, nicht gemacht. Es war daher insofern eine Einschätzung vorzunehmen (VwGH v 14.01.1981, Zl 3033/80 ua), wobei mangels gegenteiliger Anhaltpunkte jedenfalls von einem durchschnittlichen Einkommen und Vermögen auszugehen war.

 

Im Hinblick auf diese Strafzumessungkriterien konnte nun die verhängte Geldstrafe nicht als überhöht angesehen werden. Schon aufgrund des erheblichen Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung war eine Bestrafung in dieser Höhe erforderlich, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ausreichend Rechnung zu tragen.

Schlagworte
Der, Schutzzweck, der, übertretenen, Verordnung, liegt, nicht, in, der, Hebung, der, Verkehrssicherheit, sondern, deren, Ziel, besteht, in, der, Verbesserung, der, Luftqualität, Es, ist, eine, notorische, Tatsache, dass, Pkws, bei, Tempo 130, einen, höheren, Treibstoffverbrauch, damit, Schadstoffaustausch, aufweisen, als, bei, Tempo 100, bei, Tempo 153, gilt, dies, umso, mehr, da, der, Luftwiderstand, mit, dem, Quadrat, zur, Geschwindigkeit, wächst, damit, auch, der Treibstoffverbrauch, Schadstoffausstoß
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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