Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung des Herrn W. W., vertreten durch Mag. M. T., Mag. A. F., Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23.10.2006, Zl VK-20008-2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsgesetz (AVG) in Verbindung mit den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 01.06.2006 um 21.15 Uhr in Innsbruck auf der Tschamlerstraße auf Höhe der HNr. 7 als Lenker das Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen XY im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? mit der Zusatztafel ?Ausgenommen Taxi von 18.00 bis 08.00 Uhr? gehalten, obwohl kein kurzes Halten zum Aus- und Einsteigen vorgelegen sei.
Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 lit a iVm § 99 Abs 3 lit a StVO begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 43,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht durch seine ausgewiesenen Vertreter Berufung und brachte vor wie folgt:
?Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe als Lenker das Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? mit der Zusatztafel ?ausgenommen Taxi von 18.00 Uhr bis 08.00 Uhr? gehalten, obwohl kein kurzes Halten zum Aus- und Einsteigen vorgelegen sei. Dadurch habe der Beschuldigte die Bestimmung des § 24 Abs 1 lit a StVO verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 43,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.
Eine korrekte Begründung dieses Spruches bleibt die belangte Behörde schuldig. Es wird darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte zwei Stellungnahmen, nämlich am 17.10.2006 sowie am 27.09.2006 abgegeben hat, welche vom angefochtenen Straferkenntnis in keinster Weise berücksichtigt worden sind.
Das gegenständliche Vorschriftszeichen weist folgendes Zusatzschild auf:
?ausg. Taxi
18.00 ? 8.00 Uhr
werktags, Mo ? Fr
8.00 ? 18.00 Uhr
ausg. Ladetätigkeit
mit LKW und Kombi?
Es wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass sich aus dieser Zusatztafel verschiedenste Interpretationsmöglichkeiten ableiten lassen.
Aus dieser Zusatztafel ergibt sich nämlich einerseits eine Konkretisierung der Zeitzone im positiven Sinn, wonach das Halte- und Parkverbot auf Werktags, Montag bis Freitag 8.00 Uhr bis 18.00, ausgenommen Ladetätigkeiten mit Lkw und Kombi, normiert ist, gleichzeitig findet sich auf der selben Zusatztafel eine Ausnahme für Taxifahrzeuge zwischen 18.00 Uhr und 8.00 Uhr.
Damit ergibt sich aus dieser Zusatztafel ein unauflösbarer Widerspruch, da einer Konkretisierung auf eine Zeitzone von Werktags 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr eine Ausnahmebestimmung für die Zeitzone zwischen 18.00 Uhr und 8.00 Uhr gegenüber steht.
Man kann genauso zur Ansicht gelangen, dass sich die Ausnahme auf die Zeitzone ?Werktags von Montag bis Freitag? bezieht, nachdem das Zusatzschild so ausgeführt wird, dass als erster Begriff die Bezeichnung ?ausge.? verwendet wird, sodass abgeleitet werden kann, dass sämtliche nachfolgenden Angaben als Ausnahme vom generell geltenden Halte- und Parkverbot umfasst sind. Sohin wäre das Parken in der Zeitzone zwischen 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr werktags erlaubt.
Das gegenständliche Halte- und Parkverbot ist sohin nicht ordnungsgemäß kundgemacht und kann nicht als taugliche Grundlage für eine Bestrafung des Beschuldigten herangezogen werden.
Gebote und Verbote sind schon aufgrund der diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen bzw dem verfassungsmäßig vorgeschriebenen Bestimmtheitsgebot so festzulegen, dass sie einen nachvollziehbaren, bestimmbaren Inhalt aufweisen, was jedoch im gegenständlichen Fall nicht vorliegt.
All diese Umstände können jedenfalls nicht zu Lasten des Beschuldigten gehen und erweist sich daher das angefochtene Straferkenntnis sowohl inhaltlich als auch formell als mangelhaft.
Es wird sohin gestellt der ANTRAG:
Der Unabhängige Verwaltungssenat Tirol wolle der Berufung Folge geben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23.10.2006, VK-20008-2006, ersatzlos beheben und das behängende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten zur Einstellung bringen.?
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, Zl VK-20008-2006 sowie in die seitens der Berufungsbehörde eingeholte Verordnung vom 02.05.2001 und in die von den Örtlichkeiten angefertigten Lichtbilder.
Die Berufungsbehörde hat darüber wie folgt erwogen:
Der Berufungswerber hielt den Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen XY am 01.06.2006 um 21.15 Uhr als Lenker in Innsbruck auf der Tschamlerstraße auf Höhe der HNr. 7 im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? mit der Zusatztafel ?ausg. Taxi
18.00 ? 8.00 Uhr
werktags, Mo-Fr
8.00 ? 18.00 Uhr
ausg. Ladetätigkeit
mit LKW und Kombi?
an.
Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 16.06.2006, Nummer 9660 04 000868. Daraus ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber das genannte Personenkraftfahrzeug am angeführten Ort zum Tatzeitpunkt anhielt. Die Angaben auf der Zusatztafel ergeben sich aus der seitens der Berufungsbehörde eingeholten Verordnung sowie aus den im Akt befindlichen Lichtbildern.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus wie folgt:
Nach § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.
Nach § 24 Abs 1 lit a StVO ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Ziffer 13b verboten.
Das Vorschriftszeichen ?Halten und Parken verboten? ist unter
§ 52 lit a Z 13b StVO geregelt. Danach zeigt das Zeichen mit der Zusatztafel ?Anfang? den Beginn und mit der Zusatztafel ?Ende? das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet. Eine Zusatztafel mit der Aufschrift ?ausgenommen Ladetätigkeit? zeigt eine Ladezone an. Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z. 13a sinngemäß.
§ 52 lit a Z 13a StVO normiert für das Vorschriftszeichen ?Parken verboten?, dass diese Zeichen mit der Zusatztafel ?Anfang? den Beginn und mit der Zusatztafel ?Ende? das Ende eines Straßenabschnittes anzeigt, in dem das Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet. Folgende unter dem Zeichen angebrachte Zusatztafeln zeigen an:
a)
Eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Stunden, dass das Verbot während der angegebenen Stunden gilt;
b)
eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Tage, dass das Verbot an den angegebenen Tagen gilt; beginnt das Verbot nicht um 00 Uhr oder endet es nicht um 24 Uhr, so ist auf der Zusatztafel überdies auch noch der Zeitpunkt des Beginnes oder des Endes des Verbotes anzugeben;
c)
eine Zusatztafel mit Pfeilen den Verlauf des Straßenabschnittes, in dem das Verbot gilt; solche Pfeile können statt auf einer Zusatztafel auch im Zeichen selbst angebracht werden, sind dort aber in weißer Farbe auszuführen. Wenn der Geltungsbereich des Verbotes auf diese Weise unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden kann, so genügt ein Vorschriftszeichen.
Nach § 54 Abs 1 StVO können unter den in den §§ 50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden. Nach Abs 2 leg cit müssen die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.
Im gegenständlichen Fall wurde das Verbotszeichen ?Halten und Parken verboten? aufgrund der §§ 43 Abs 1 lit b und 94 d StVO wie folgt verordnet:
?Tschamlerstraße:
?Halten und Parken verboten? (§ 52 13b StVO 1960)
1. ausgenommen Taxi von 18.00 bis 8.00 Uhr
ostseitig, für die ausgebaute Parkbucht gegenüber der Zufahrt zur Veldidenagarage
2. werktags Montag bis Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr ausgenommen Ladetätigkeit mit Lkw und Kombi ostseitig, für die ausgebaute Parkbucht gegenüber der Zufahrt zur Veldidenagarage.?
Dem Berufungswerber ist beizupflichten, dass die genannte Verordnung bzw die entsprechende Zusatztafel auf verschiedene Weise interpretiert werden kann. Zum einen können die unter den Punkten 1. und 2. der Verordnung genannten Inhalte getrennt voneinander betrachtet werden. Dies würde dazu führen, dass nach der ersten Regelung das Verbotszeichen ?Halten und Parken verboten? generell, 24 Stunden lang gelten würde, wobei Taxis im Zeitraum von 18.00 bis 8.00 Uhr hievon ausgenommen wären. Nach dem Wortlaut der zweiten Regelung wäre das Verbotszeichen ?Halten und Parken verboten? auf ?werktags Montag bis Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr ausgenommen Ladetätigkeit mit Lkw und Kombi?, und damit vor allem auch zeitlich eingeschränkt. Diese zweite Regelung könnte allerdings auch dahingehend verstanden werden, dass eine weitere Ausnahme vom generellen ? zeitlich unbefristeten ? Verbot vorliegt. Dies würde wohl auch dem Sinn und Zweck dieser Verordnung insgesamt entsprechen. Richtigerweise müsste diesfalls allerdings Punkt 2 wie folgt lauten: ?Ausgenommen Ladetätigkeit mit Lkw und Kombi, werktags ? Montag bis Freitag ? von 8.00 bis 18.00 Uhr?.
Da die gegenständliche Verordnung bzw die entsprechende Zusatztafel sohin ?mehrere Deutungen? zulässt, hat die Behörde die Anordnung des § 54 Abs 2 StVO, betreffend die leichte Verständlichkeit der Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln, nicht befolgt. Aus diesem Grund kann sich der Berufungswerber als Lenker eines Fahrzeuges auf die Unkenntnis der Vorschrift berufen und fällt diese nicht ihm, sondern der Behörde zur Last (so der VwGH in seinem Erk. vom 14.06.2005, Zl 2005/02/0047).
Da der Berufungswerber die im angelastete Verwaltungsübertretung mangels Verschuldens daher nicht begangen hat, war das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 einzustellen.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.