TE UVS Niederösterreich 2008/01/22 Senat-MI-08-2002

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Veröffentlicht am 22.01.2008
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, ? 80,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, es als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen ** *** BJ unterlassen zu haben, der Bezirkshauptmannschaft X über deren schriftliche Anfrage vom 13. April 2007, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 9. April 2007 um 09,54 Uhr auf der B * bei Straßenkilometer 30,2 gelenkt hat. In seiner Rechtfertigung bzw in seiner Berufung, die sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe wendet, hielt der Berufungswerber fest, die ihm zur Last gelegte Übertretung zuzugeben. Aufgrund eines offensichtlichen Versehens seiner Kanzlei sei die Lenkerauskunftsanfrage falsch abgelegt bzw verlegt worden, sodass er keine Auskunft erteilt habe. Er ersuche jedoch bei der Strafzumessung zu beachten, dass durch die Übertretung weder jemand geschädigt noch gefährdet worden sei und keine nachteiligen Folgen eingetreten seien. Ferner sei der subjektive Schuldgehalt gering und lägen zahlreiche Milderungsgründe vor, nämlich die Führung eines ordentlichen Lebenswandels, das reumütig abgegebene Geständnis, die Tatsache, dass durch das Geständnis die Verfahrensdauer wesentlich verkürzt würde und es sich um eine ?Erstlingstat? handle.

 

Die Berufungsbehörde stellt dazu fest:

 

Gemäß §66 Abs4 AVG hat die Berufungsbehörde grundsätzlich, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Wird lediglich seitens des Beschuldigten oder zu seinen Gunsten Berufung erhobenen, so darf in einer Berufungsentscheidung oder Berufungsvorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

 

Im Hinblick darauf, dass sich die Berufung nur gegen die Höhe der verhängten Strafe wendet, hat die Berufungsbehörde ihrer Entscheidung den Schuldausspruch der Erstbehörde zugrunde zulegen.

 

Zur Strafzumessung ist festzuhalten:

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist jeweils das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung (Gefährdung) derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafnorm dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (§19 Abs1 VStG); Ausgangspunkt der Strafzumessung ist daher der durch die Tat verwirklichte, aus Handlungs- und Erfolgsunwert bestehende Tatunwert.

 

Darüber hinaus sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (in sinngemäßer Anwendung der §§32 bis 35 StGB), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und kommt dem Ausmaß des Verschuldens zentrale Bedeutung zu. Schließlich haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden (§19 Abs2 VStG).

 

§103 Abs2 KFG schützt nun das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 16.9.1987, 87/03/0066; 24.2.1988, 87/03/0253; 30.6.1993, 93/02/0109 ua). Das Interesse an der Aufklärung einer mit Verwaltungsstrafe bedrohten Handlung, aber auch jenes an der Verfügung bestimmter Administrativmaßnahmen (zB Entzug der Lenkerberechtigung bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung), sowie allenfalls damit einhergehende mitgeschützte, zivilrechtliche Interessen Dritter (vgl Grubmann, Das österreichische Kraftfahrrecht, KFG Anmerkung 17 zu §103 KFG) bestimmen daher regelmäßig den durch den Verstoß gegen die Auskunftspflicht verwirklichten Handlungsunwert, wenngleich die Behörde nicht angehalten ist, bei der Strafbemessung auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Übertretung besteht, die Anlass für das Auskunftsverlangen war (VwGH 2.9.1992, 92/02/0170 ua). Gleichwohl können diese als Orientierungshilfe dienen.

 

Im konkreten Fall sind insoweit das Strafverfolgungsinteresse hinsichtlich einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf Freilandstraßen (gemessene Geschwindigkeit 154 km/h) zu berücksichtigen, sodass das Interesse an der Befolgung der Auskunftspflicht als massiv zu bewerten ist. Die konkret verhängte Strafe entspricht daher dem verwirklichten Tatunwert.

 

Mildernd war hiebei die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers (§34 Abs1 Z2 StGB) zu werten, erschwerend hingegen nichts. Soweit der Berufungswerber ferner vermeint, dass mildernd sein Geständnis (§34 Abs1 Z17 StGB) zu werten sei, kann diesem Ansinnen nicht näher getreten werden, als dadurch ? angesichts des gegenständlichen Sachverhalts ? kein Beitrag zur Wahrheitsfindung mehr geleistet wurde (dass keine entsprechende Auskunft erteilt wurde, stand unstrittig fest; vgl VwGH 25.6.1992, 91/16/0054 ua). Nicht als mildernd gewertet werden kann aber auch die Tatsache, dass durch die Übertretung niemand geschädigt worden sei, verkennt der Berufungswerber damit nämlich, dass durch die Tat der Staat in seinem konkreten Strafverfolgungsinteresse geschädigt wurde, näherhin dessen Ausübung vereitelt wurde. Auch kann nicht von einem seit der Tathandlung vergangenen längeren Zeitraum die Rede sein, während dessen sich der Berufungswerber wohlverhalten habe, zumal die Tathandlung am 2. Mai 2007 gesetzt und das Straferkenntnis am 29. November 2007 erlassen wurde (vgl etwa zu einer Frist von rund 4 Jahren VwGH 25.5.2007, 2006/02/0322, sowie die Orientierung der kriminalstrafrechtlichen Rechtsprechung an der fünfjährigen Rückfallsverjährung des §39 Abs2 StGB ? hiezu Ebner, in: Höpfel/Ratz [Hrsg], Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 Rz46 zu §32).

 

Die konkret verhängte Strafe erscheint daher (im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert) tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich, um den Berufungswerber und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten. Dies selbst unter Zugrundelegung des von der Erstbehörde (mangels erteilter diesbezüglicher Auskunft des Berufungswerbers) angenommenen und unwidersprochen gebliebenen monatlichen (bereinigten) Einkommens in Höhe von rund ?

850,--.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §64 Abs1 und 2 VStG , wonach der Berufungswerber im Falle einer Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Verfahrenskosten in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch ? 1,50  zu tragen hat.

Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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