TE UVS Burgenland 2008/01/28 015/11/07009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Latzenhofer über die Berufung vom 25.09.2007 des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, vom 03.09.2007, Zl. 300-9700-2007, wegen Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 - GewO zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG, § 81 Abs. 2 Z. 9, § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

Text

Der Spruch des erstinstanzlichen, dem Herrn *** (in der Folge Berufungswerber) am 13.09.2007 zugestellten, Straferkenntnisses lautet:

?Sie haben am 11.6.2007, Ihre zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.1.2007, Zl. ND-BA-107-304/12-8 gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage zur Ausübung des Gewerbes Konditor gem. 94 Z. 39 GewO 1973 im Standort ***, geändert, indem Sie folgende Baumaßnahmen vorgenommen haben:

 

Im 1. Obergeschoß der genehmigten Halle D wurden Teile des Besucherganges und die Stahlbetonstiege im Freien, welche das 1. OG mit dem 2. OG verbindet, errichtet. Der Gangbereich mit Gegenverkehr (ca. 1,80 m Breite) wurde so ausgeführt, dass eine Betonplatte welche mittig auf der darunter liegenden Wand aufliegt, errichtet wurde. Die Seitenteile wurden bis zur Decke geschlossen und mit Blichtungsflächen ausgestattet. Der weitere bereits fertig gestellte Gangbereich wurde mit Geländern ausgestattet. Im 2. OG wurde der Zugangsbereich zur frei liegenden Stahlbetontreppe errichtet.

 

Die Genehmigungspflicht ergibt sich daraus, dass genannte Änderungen konkret geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegende mittätigen Familienangehörigen, oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aussuchen zu gefährden

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Z. 3 1. Fall iVm § 81 Abs. 1 iVm § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Gemäß § 366 (Einleitungssatz) GewO 1994 idgF. eine Geldstrafe von 500 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden. ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens d. s. 10 % der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe / Kosten / Barauslagen) beträgt daher 550 Euro?

 

In der am 25.09.2007 dagegen eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass der angeführte Tatbestand nicht erfüllt sei und beantragte die Einstellung des Verfahrens.

 

Der Sachverständige führte in der Stellungnahme vom 12.11.2007 zu dem bei einer Kontrolle am 11.06.2007 festgestellten Besuchergang im ersten und zweiten Obergeschoß der Halle D der Betriebsanlage wie folgt aus:

?Dieser Besuchergang ist aus nachstehenden Gründen geeignet die Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu berühren:

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Der Besuchergang weist eine Länge von 40 m auf. Gemäß der Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung und des Bgld. Baugesetzes ist es erforderlich nach max. 40 m Fluchtweg einen Ausgang ins Freie oder in einen gesicherten Bereich zu errichten.

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Der Besuchergang verläuft in der Nähe des Aufstellungsraumes des Dampfkessels. Für Druckbehälter ist die Einhaltung eines Mindestabstandes erforderlich. Jedenfalls aber darf der Besuchergang nicht durch Gefahrenbereiche (z. B. Explosionszonen) führen.

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Die Verglasung des Besucherganges soll teilweise bis zum Boden des Ganges reichen. Solche Verglasungen müssen aufgrund der Verletzungsgefahr aus Sicherheitsglas hergestellt werden und dürfen bei Bruch auch nicht die darunter liegenden Lebensmittel beeinträchtigen oder verunreinigen.

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Durch den Besuchergang dürfen keine Einschränkungen der anderen vorhandenen Fluchtwege und der Belichtungsflächen erfolgen.

 

Die Antwort auf die Frage in welcher Weise das Emissionsverhalten der Anlage durch den Besuchergang beeinflusst wird erübrigt sich aus ha. Sicht unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2005, Zl. 2001/04/0047.

 

Es darf in diesem Zusammenhang aber auf die theoretische Überlegung hingewiesen werden, dass es im Gefahrenfall für die Einsatzkräfte (Rettung, Feuerwehr, ?) sehr wohl einen Unterschied ausmacht, ob sich in einem Gebäude (Betriebsanlage) 40 ortskundige Beschäftigte, oder zusätzlich 60, nicht ortskundige Besucher aufhalten.?

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Zu den in § 74 Abs. 2 GewO 1994 angeführten Interessen gehört der Schutz von Leben oder Gesundheit  des  Gewerbetreibenden,  der  nicht  den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden, mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen (vgl. § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994). Nach § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 ist jedoch die nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 gegebene Genehmigungspflicht jedenfalls nicht gegeben, wenn die Änderung der Betriebsanlage das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinträchtigt.

 

Daraus folgt, dass Änderungen von Betriebsanlagen - wie die vorliegende Errichtung eines Besucherganges -, die im Grunde des § 81 Abs. 1 GewO 1994 wegen der möglichen Beeinträchtigung der Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 an sich genehmigungspflichtig wären, durch § 81 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 genehmigungsfrei gestellt werden, wenn die Beeinträchtigung der Schutzinteressen nicht zu einer Verschlechterung des Emissionsverhaltens der Anlage führen kann. Gerade dies ist bei der dem Berufungswerber angelasteten Änderung der Anlage der Fall.

 

Wie sich aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Gewerbetechnik ergibt, hat die Errichtung eines Besucherganges nur Relevanz im Zusammenhang mit den Interessen des Brandschutzes und der Unfallverhütung. Eine Änderung des Emissionsverhaltens der Anlage wurde vom Sachverständigen nicht angegeben. Soweit der Sachverständige auf das Erkenntnis des VwGH vom 14.09.2005, Zl. 2001/04/0047, hingewiesen hat, verkennt er, dass sich gerade aus dem zitierten Erkenntnis ergibt, dass an sich ? ohne die Ausnahmereglung des § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 - nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 genehmigungspflichtige Änderungen von Betriebsanlagen ohne nachteilige Beeinflussung des Emissionsverhalten der Betriebsanlage infolge der Ausnahmeregelung des § 81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994 nicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 genehmigungspflichtig sondern bloß nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 anzeigepflichtig sind.

 

Da die vom Berufungswerber zu verantwortende Errichtung des Besuchergangs gewerberechtlich nicht einer Genehmigung bedurft hat, hat der Berufungswerber die angelastete Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nicht begangen. Das Strafverfahren war daher spruchgemäß einzustellen.

Schlagworte
Änderung von Betriebsanlagen, Genehmigungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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