TE UVS Burgenland 2008/01/29 HG1/14/07012

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Veröffentlicht am 29.01.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Schwarz über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch die Rechtsanwälte *** in ***, vom 12.12.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 27.11.2006, Zl. 300-5015-2005, wegen Bestrafung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind 100 Euro, zu leisten.

Text

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 27.11.2006, Zl. 300-5015-2005, lautet wie folgt:

 

?Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ des Arbeitgebers, das ist die ?*** GmbH? mit Sitz in ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 5.10.2005 auf der Baustelle ?***? in ***, auf dem in 8,50 m Höhe befindlichen Dach, in dem Lichtkuppeln aus Plexiglas integriert waren, wo somit Absturzgefahr bestand, den Arbeitnehmer ***, geb. am ***, mit Isolierarbeiten beschäftigt hat, ohne dafür zu sorgen, dass geeignete Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren und der genannten Arbeitnehmer auch nicht angeseilt war. Aufgrund der fehlenden Sicherheitsvorkehrungen stürzte Herr *** durch eine dieser Lichtkuppeln 8,50 m tief ab.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 7 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung i.V.m. § 130 Abs. 5 Z 1 Arbeit-nehmerInnenschutzgesetz.?

 

Gemäß § 130 Abs. 5 zweiter Fall und Z. 1 wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt.

 

In der dagegen am 12.12.2006 erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Berufungswerber im Unternehmen der ***GmbH für die operative Umsetzung und Betreuung der Baustellen vor Ort zuständig sei. Soweit die Belange des ASchG bzw. der BauV anzuwenden seien, habe er quasi die Funktion des verantwortlichen Beauftragten inne, während sein Mitgeschäftsführer, Herr ***, für die handelsrechtlichen Belange zuständig sei. Dies bedeute, dass der Berufungswerber täglich vor Ort an den Baustellen sei und auch die Schutzvorschriften kontrolliere und deren Einhaltung überwache. Dies sei auch bei der Baustelle ?***? in *** der Fall gewesen. Der Arbeitnehmer, Herr ***, sei ordnungsgemäß eingewiesen worden und es seien die Sicherheitsausrüstungsgegenstände ausgefolgt und verwendet worden. Lediglich durch ein Versehen des Arbeitnehmers oder durch Verkettung unglücklicher Umstände habe es geschehen können, dass dieser anlässlich von Räumungsarbeiten der Baustelle am Dach des Bauvorhabens durch eine Lichtkuppel abgestürzt sei. Zu diesem Zeitpunkt seien aber die Sicherheitsvorkehrungen und Ausrüstungsgegenstände sowie Absturzsicherungen am Dach gegeben gewesen. Weiters sei es lebensfremd anzunehmen, der Berufungswerber könne quasi zu jedem beliebigen Zeitpunkt an jeder Baustelle sein und jeden einzelnen Arbeitsschritt ? auch wenn Arbeiter, wovon nicht ausgegangen werden könne und seinerseits niemals Anlass bestanden hätte, dass ein Arbeitnehmer die Schutzvorschriften nicht einhielte ? lückenlos überwachen.

 

Dieser Berufung wurde ursprünglich mit Bescheid des UVS Burgenland vom 21.02.2007, Zl.: E 045/14/2006.002, wegen eingetretener Verfolgungsverjährung hinsichtlich der wesentlichen Tatbildmerkmale nach § 87 BauV (Arbeiten auf Dächern) Folge gegeben. Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.10.2007, Zl. 2007/02/0122, diesen Bescheid mit der Begründung aufgehoben, dass die Behörde erster Instanz den gegenständlichen, die fehlende Absicherung einer Lichtkuppel in einem Dach betreffenden, Sachverhalt, zu Recht als Übertretung u. a. dem § 7 BauV unterstellt hat, sodass über die Berufung nunmehr neuerlich zu entscheiden war.

 

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.01.2008 wurde erwogen:

 

§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 BauV lauten:

?(1) Bei Absturzgefahr sind Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

(2) Absturzgefahr liegt vor:

1. bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen, oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Sheddachöffnungen,

[...].?

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die BauV als Verordnung nach dem ASchG.

 

Der Berufungswerber war zum vorgehaltenen Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***GmbH. Am 05.10.2005 verunfallte der Arbeitnehmer *** der mit Bauarbeiten auf der Baustelle ?***? in ***, beschäftigt war, indem er durch eine nicht tragsichere Lichtkuppel auf dem in 8,50 m Höhe befindlichen Dach, gefallen war. Die Lichtkuppeln waren zum Unfallszeitpunkt weder durch Absturzsicherungen bzw. stabile Abgrenzungen noch durch sonstige Schutzeinrichtungen wie Auffangnetze abgesichert.

 

Dieser entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus den seitens des Berufungswerbers vorgelegten Fotos und der Aussagen der als Zeugen einvernommenen Herren *** und Ing. ***. Der Berufungswerber führte in der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen aus, dass Abgrenzungen bzw. Absperrungen der nicht tragsicheren Lichtkuppeln zum Unfallszeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen seien.

 

Zum Einwand, dass die Bauarbeiten bereits beendet gewesen seien, ist auszuführen, dass gemäß § 1 Abs. 1 BauV diese Verordnung für die Beschäftigung von Arbeitnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten aller Art gilt und zu den Bauarbeiten gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. auch die zur Herstellung, Instandhaltung, Sanierung, Reparatur, Änderung und Beseitigung von baulichen Anlagen aller Art, erforderlichen Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten gehören. Der Arbeitnehmer *** hat gemäß seinen glaubwürdigen Angaben Werkzeug und Material vom Dach geräumt; dabei ist ihm eine kleine Öffnung in der Folienverschweißung aufgefallen und er hat daher die Schweißnaht mittels Prüfnadel geprüft. Diese Tätigkeiten des Arbeitnehmers sind daher als Abschlussarbeiten hinsichtlich der Isolierarbeiten am Dach und somit als Bauarbeiten im Sinne der BauV anzusehen.

 

Zum Vorbringen, wonach dem Arbeitnehmer *** die persönliche Schutzausrüstung, wie ein Sicherheitsseil samt Zubehör, zur Verfügung gestellt wurde und sich diese zum Zeitpunkt des Unfalles auch am Dach befunden hätte, ist auszuführen, dass die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß § 7 Abs. 4 BauV erst dann entfallen und durch das sichere Anseilen der Arbeitnehmer entsprechend § 30 leg. cit. ersetzt werden kann, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch ist gegenüber dem Aufwand der für die durchzuführende Arbeit. Ein solcher unverhältnismäßig hoher Aufwand lag nicht vor und es war der Arbeitnehmer auch nicht sicher angeseilt.

 

Aufgrund der nicht tragsicher ausgeführten Lichtkuppel lag Absturzgefahr im Sinne des § 7 Abs. 2 Z. 1 BauV vor, die nicht durch Absturzsicherungen, Abgrenzungen  oder Schutzeinrichtungen abgesichert wurde, sodass das Tatbild des § 7 Abs. 1 BauV erfüllt ist.

 

Zum Verschulden ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG bereits fahrlässiges Verhalten zur Strafbarkeit genügt.  Es obliegt dem Beschuldigten initiativ alles, was für seine Entlastung spricht, darzulegen und unter Beweis zu stellen.

 

Zum Vorbringen, dass die, die Lichtkuppel absichernden, ?Kuppelnetze? zum Unfallszeitpunkt bereits abgebaut worden wären, ist auszuführen, dass es dem Arbeitgeber obliegt, dafür zu sorgen, dass die in der BauV geforderten Schutzvorrichtungen während der gesamten Bauarbeiten angebracht sind, sodass aus diesem Grund mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht werden kann. Dem Vorbringen, wonach der Arbeitsunfall auf ein Versehen des Arbeitnehmers *** zurückzuführen sei, ist entgegenzuhalten, dass das Verhindern eines Absturzes durch eine Lichtkuppel aus Unachtsamkeit eines Arbeitnehmers vom Schutzzweck der übertretenen Norm erfasst ist.

 

Zum vorgebrachten Bestehen eines funktionierenden Kontrollsystems ist auszuführen, dass betreffend die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften der Arbeitgeber ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen hat, die erforderlich sind, um u. a. die Einhaltung der Vorschriften der BauV sicherzustellen. Nur wenn der Arbeitgeber (das Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG) glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften durch einen Arbeitnehmer trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Gemäß dem Berufungsvorbringen ist in der Regel eine unmittelbare Überwachung der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und eine lückenlose Kontrolle seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar, sodass der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten, und darüber hinaus alle sonstigen in diesem Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sicherzustellen, besondere Bedeutung zukommt. Der Beschuldigte führte aus, dass er die Arbeitnehmer einmal jährlich in arbeitsschutzrechtliche Vorschriften unterweise und vor Beginn der Arbeiten an einer Baustelle baustellenbezogene Unterweisungen durchführe. Weiters würden die Mitarbeiten auch jährlich durch die AUVA unterwiesen. Unabhängig davon, dass der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass er die gegenständliche Baustelle lediglich am 26.09.2005 kontrollierte, kann er mit dem Hinweis auf diese Unterweisungen kein wirksames Kontrollsystem glaubhaft machen, da er nicht dargelegt hat, wie die Kontrolle der Unterweisungen sichergestellt wurde bzw. welche wirksamen Schritte er den Arbeitnehmern für den Fall festgestellter Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften in Aussicht gestellt hat, um diesen Verstößen vorzubeugen. Aus diesem Grund ändert auch der Einwand, dass der verunfallte Arbeitnehmer nicht angeseilt gewesen sei ? unabhängig davon, dass gemäß den obigen Ausführungen, die gemäß § 7 Abs. 1 BauV erforderlichen Absicherungen nicht durch ein Anseilen des Arbeitnehmers ersetzt hätten werden dürfen ?, obwohl ihm Sicherheitsausrüstungsgegenstände am Dach zur Verfügung gestanden seien, nichts an der Beurteilung des Verschuldens des Berufungswerbers und war von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Die Strafbemessung wurde nicht bestritten und entspricht dem Gesetz.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Fehlende Absicherung, Lichtkuppel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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