TE UVS Tirol 2008/01/30 2008/K6/0031-1

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Veröffentlicht am 30.01.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 6, bestehend aus dem Vorsitzenden Dr. Franz Triendl, dem Berichterstatter Dr. Christoph Purtscher und dem weiteren Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn Rechtsanwalt Dr. H. M. als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Deponie R. GmbH und Co KG gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28.08.2007, Zl U-3362/997, gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 38 Abs 8 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) wie folgt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird insofern berichtigt, als es am Ende des dritten Absatzes anstelle von ?zu betreiben? richtig ?zu behandeln? zu lauten hat.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber gemäß § 62 Abs 7 AWG 2002 aufgetragen, die aus der Deponie Riederberg anfallenden Deponiesickerwässer mit der bestehenden Umkehrosmoseanlage entsprechend den behördlichen Genehmigungen (insbesondere Bescheid der Landesregierung vom 19.04.1996, Zl U-3362-C/34) über den 31.08.2007 hinaus, bis zum Nachweis, dass aus der Deponie nur mehr Sickerwässer anfallen, die entsprechend den wasserrechtlichen Vorschriften (insbesondere AEV-Deponiesickerwasser) zulässigerweise in die Kanalisation eingeleitet werden können, oder bis zum Nachweis einer anderen zulässigen Entsorgung der Deponiesickerwässer, zu betreiben.

 

Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorgebracht wie folgt:

 

?1. Anfechtungsumfang:

Der Bescheid vom 28.8.2007, GZ U-3362-997 wird zur Gänze bekämpft.

 

2. Begründung:

a) Außer Streit steht, dass mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 23.8.2007, XY, über das Vermögen der Deponie R. GmbH und Co KG, K. i. T., das Konkursverfahren eröffnet und RA Dr. H. M., I. zum Masseverwalter bestellt wurde.

 

Die Gemeinschuldnerin betreibt in W. die ?Deponie R.?, mit Email vom 4.7.2007 wurden die betroffenen Gemeinden in Kenntnis gesetzt, dass ab 16:00 Uhr des 4.7.2007 keine Abfälle mehr übernommen werden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber aufgetragen, die zur Reinigung der Deponie Sickerwässer bestehende Umkehrosmoseanlage über den 31.8.2007 hinaus weiter fort zu betreiben, jedenfalls bis zum Nachweis, dass aus der Deponie nur mehr Sickerwässer anfallen, die entsprechend den wasserrechtlichen Vorschriften zulässigerweise in die Kanalisation eingeleitet werden können bzw bis zum Nachweis einer anderen zulässigen Entsorgung der Deponiesickerwässer.

 

Gemäß § 114a KO hat der Masseverwalter das Unternehmen bis zur Berichtstagsatzung fortzuführen, es sei denn, es ist offenkundig, dass eine Fortführung des Unternehmens zu einer Erhöhung des Ausfalls für die Konkursgläubiger führen wird. Die Berichtstagsatzung im gegenständlichen Konkursverfahren findet erst am 19.10.2007 statt.

 

Die versehentlich vom Konkursgericht mit Eintragung vom 31.8.2007 in der Insolvenzdatei angeordnete Schließung diverser Unternehmensbereiche wurde zwischenzeitlich berichtigt. Die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung die Deponierung von Haus- und Sperrmüll für die dem Entsorgungsbereich 5 zugeordneten Gemeinden bereits geschlossen war, war zur Überprüfung des Bestehens/Nichtbestehens einiger vor Konkurseröffnung beendeter Dienstverhältnisse notwendig.

 

b) Die Frage der Unternehmensfortführung des gemeinschuldnerischen Betriebes ist eine rein insolvenzrechtliche. Die Bestimmungen der Konkursordnung (§§ 114 a ff) gelten als lex specialis gegenüber allen verwaltungsrechtlichen und zivilrechtlichen Normen. Es wird sich daher ausschließlich im Rahmen des Konkursverfahrens herausstellen, ob und in welcher Form das Unternehmen fortgeführt/teilgeschlossen/gänzlich geschlossen werden muss bzw kann, ebenso entscheidet sich ausschließlich insolvenzrechtlich die Frage, ob die zur Hintanhaltung drohender Umweltschäden aufzuwendenden notwendigen Kosten Masse- oder Konkursforderungen darstellen.

 

Die sach- und fachgerechte Entsorgung der anfallenden Deponiesickerwässer hat ihre Ursache im vorkonkurslich eingebrachten Müll. Seit 4.7.2007 wird kein Müll mehr auf der Deponie eingebracht. Die Ursache der anfallenden Sickerwässer stammt aus dem Zeitraum vor Konkurseröffnung, das anfallende Sickerwasser durchdringt den Deponiekörper, der ausschließlich aus vorkonkurslich eingebrachten Müll besteht. Die Hintanhaltung der Umweltbelastung durch Reinigung der Deponiesickerwässer verursacht nunmehr Kosten, die jedoch nur als Konkursforderung geltend gemacht werden können.

 

Die Deponiesickerwässer auf der Deponie R. werden und wurden im Rahmen eines Betreibermodells mit der bestehenden Umkehrosmoseanlage gereinigt bzw entsorgt. Die Umkehrosmoseanlage steht nicht im Eigentum der Gemeinschuldnerin. Der Betreiber der Umkehrosmoseanlage, die Firma R. A. GmbH, betreibt derzeit die Anlage sach- und fachgemäss. Ob und in welcher Form über die Berichtstagsatzung (19.10.2007) hinaus der Betrieb der Anlage gewährleistet ist, steht derzeit nicht fest. Hiezu ist auch die Entscheidung des Konkursgerichtes zur Frage einer allfälligen Unternehmensschließung/Unternehmensfortführung abzuwarten.

 

Zur Frage der Kostentragung für die Entsorgung bzw Reinigung der Deponiesickerwässer wurden bereits Vorgespräche mit dem Land Tirol geführt.

 

c) Der Berufungswerber bekämpft den angefochtenen Bescheid aus advokatorischer Vorsicht auch deshalb, da ihn ein rechtskräftiger Bescheid auch über eine konkursgerichtlich verfügte Unternehmensschließung hinaus rechtlich binden würde. Ein rechtskräftiger Bescheid im Verwaltungsverfahren würde jedoch die speziellen Bestimmungen der Konkursordnung über Unternehmensfortführung/Unternehmensschließung unterlaufen, ebenso die Bestimmungen über die Anzeige der Massearmut (§ 124 a KO).

 

Die Frage der Tragung der Kosten der Entsorgung/Reinigung der anfallenden Deponiesickerwässer sowie sonstiger Maßnahmen, um Umweltgefährdungen hintanzuhalten, wird demnächst mit der Behörde , in Absprache mit dem Konkursgericht , im Sinne eines Maßnahmenkatalogs verhandelt werden. Der Ausgang dieser Verhandlungen könnte auch dazu führen, dass die gegenständliche Berufung wieder zurückgezogen wird. Jedenfalls ist aber der Termin zur Berichtstagsatzung am 19.10.2007 vom Masseverwalter abzuwarten.

 

3. Begründung:

Der Berufungswerber stellt sohin den ANTRAG:

den bekämpften Bescheid des Landeshauptmanns als Abfallbehörde erster Instanz vom 28.8.2007, GZ U-3362/997 ersatzlos aufzuheben in eventu: Die Rechtssache nach Verfahrensergänzung (Ergebnis der Berichtstagsatzung am 19.10.2007 bzw Verhandlungen mit dem Land Tirol zur Kostentragung) zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über die gegenständliche Berufung ergibt sich aus § 38 Abs 8 AWG 2002, wonach über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes entscheidet. Der Landeshauptmann bzw die Bezirksverwaltungsbehörde sind dann ?Anlagenbehörde?, wenn sie behördliche Aufgaben erfüllen, die sich auf Anlagen beziehen. Das ist bei der Vorschreibung von Maßnahmen nach § 62 Abs 7 AWG 2002 jedenfalls der Fall.

 

Die hier maßgebliche Bestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl I 102 idF BGBl I 2007/43 (AWG 2002) lautet wie folgt:

 

?§ 62

(7) Werden vom Anlageninhaber bei einer Unterbrechung oder bei der Einstellung des Betriebs nicht die zur Vermeidung der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen erforderlichen Maßnahmen gesetzt, hat die zuständige Behörde diese bescheidmäßig aufzutragen. Der Bescheid ist sofort vollstreckbar.?

 

Einleitend ist auszuführen, dass die wesentliche Funktion der Berufungsbehörde darin besteht, den vorinstanzlichen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Grundsätzlich hat die Berufungsbehörde dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung anzuwenden. Würde nun die Berufungsinstanz auch in jenen Fällen, in denen die vermeintliche Änderung des Sachverhaltes nur auf die Herstellung des dem Bescheid der Unterbehörde entsprechenden Zustandes zurückzuführen ist, diesen Grundsatz anwenden, hätte dies zu Folge, dass die Berufungsbehörde gar nicht in die Lage kommen könnte, ihre Funktion als rechtliche Kontrollinstanz auszuüben. Im Falle der Vorschreibung von Maßnahmen nach § 62 Abs 7 AWG 2002, wie etwa hier der Behandlung von Deponiesickerwässer, wird dem Betroffenen ein bestimmtes Verhalten auferlegt. Eine Änderung des Sachverhaltes während des Berufungsverfahrens, indem der Betroffene etwa die aufgetragene Maßnahme zum Teil oder gänzlich setzt, wäre daher in diesen Fällen unbeachtlich (vgl zu alledem zB VwGH 19.09.1985, 82/06/0074; 26.09.1085, 83/06/0262; 13.12.1994, 91/07/0098 uva). Es war daher zu prüfen, ob der angefochtenen Bescheid aufgrund der Rechts- und Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde I. Instanz zu Recht erging.

 

In der gegenständlichen Berufung wird nun die aufgetragene Maßnahme als solche nicht bekämpft bzw werden keine Argumente vorgebracht, die diese Maßnahme als gesetzwidrig erscheinen lassen. Vielmehr beschränkt sich die Berufung auf konkursrechtliche und wirtschaftliche, va die Kostentragung betreffende Aspekte. Diese sind jedoch im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht relevant und war daher auch nicht näher darauf einzugehen.

 

Dem erstinstanzlichen Akt bzw der unwidersprochen gebliebenen Begründung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die im gegenständlichen Bescheid vorgeschriebene Maßnahme unbedingt erforderlich ist, um eine Gefährdung der Umwelt auszuschließen. Im Falle der Einstellung der Behandlung der Deponiesickerwässer mit der bestehenden Umkehrosmoseanlage droht nämlich die Gefahr eines Überlaufes des Sickerwasserspeicherbeckens, was zu Schäden an der Umwelt (wie zB Bodenverunreinigungen und Grundwasserverunreinigungen) führen könnte. Damit werden aber unzweifelhaft hier maßgebliche öffentliche Interessen (vgl etwa § 1 Abs 3 Z 4 AWG 2002) beeinträchtigt und sind daher die Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Bescheides gegeben.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden. Dabei war eine geringfügige Änderung des Spruches vorzunehmen. Es handelt sich dabei aber um eine bloß sprachliche Präzisierungen. Die Berufungsbehörde war daher zu diesen Modifikationen gemäß § 66 Abs 4 AVG berechtigt.

Schlagworte
Einleitend, ist, auszuführen, dass, die, wesentliche, Funktion, der, Berufungsbehörde, darin, besteht, den, vorinstanzlichen, Bescheid, auf, seine, Rechtmäßigkeit, zu, überprüfen, Grundsätzlich, hat, die, Berufungsbehörde, dabei, die, Sach-, und, Rechtslage, zum, Zeitpunkt, ihrer, Entscheidung, anzuwenden, Würde, nun, die, Berufungsinstanz, auch, in, jenen, Fällen, in, denen, die, vermeintliche, Änderung, des, Sachverhaltes, nur, auf, die, Herstellung, des, dem, Bescheid, der, Unterbehörde, entsprechenden, Zustandes, zurückzuführen, ist, diesen, Grundsatz, anwenden, hätte, dies, zu, Folge, dass, die, Berufungsbehörde, gar, nicht, in, die, Lage, kommen, könnte, ihre, Funktion, als, rechtliche, Kontrollinstanz, auszuüben, Im, Falle, der, Vorschreibung, von, Maßnahmen, nach, § 62, Abs 7, AWG 2002, wie, etwa, hier, der, Behandlung, von, Deponiesickerwässer, wird, dem, Betroffenen, ein, bestimmtes, Verhalten, auferlegt, Eine, Änderung, des, Sachverhaltes, während, des, Berufungsverfahrens, indem, der, Betroffene, etwa, die, aufgetragene, Maßnahme, zum, Teil, oder, gänzlich, setzt, wäre, daher, in, diesen, Fällen, unbeachtlich, Es, war, daher, zu, prüfen, ob, der, angefochtenen, Bescheid, aufgrund, der, Rechts-, und, Sachlage, zum, Zeitpunkt, der, Entscheidung, der, Behörde, I., Instanz, zu, Recht, erging
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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