TE UVS Tirol 2008/04/18 2008/25/3495-7

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Veröffentlicht am 18.04.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufungen von MMag. J. W. und MMag. V. W.-R., beide F., vom 14.12.2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.10.2006, Zahl 3.1-907/00-0-20 betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung gemäß § 67h in Verbindung mit § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 sowie über den Antrag der beiden Berufungswerber vom 18.02.2008 auf Aufhebung der Genehmigung der Errichtung und des Betriebes der Anlagenteile gemäß § 78 Abs 1 GewO 1994 wie folgt:

 

Die Berufungen und der Antrag werden als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wurde der B. GmbH die Genehmigung für die Änderung der genehmigten gewerblichen Betriebsanlage für die Zwischenlagerung von Bodenaushub auf Grundstücken Nr 162/1, 164, 165, 166, 167, 168, 174/2, KG F., nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden mit dem zugehörigen Genehmigungsvermerk versehenen Plänen und sonstigen Unterlagen unter einer Reihe von Auflagen gemäß §§ 81 Abs 1 und 74 Abs 2 GewO 1994 in Verbindung mit § 93 Abs 2 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz erteilt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung von Frau MMag. V. W.-R., in welcher diese im Wesentlichen vorbringt, dass ein Antrag auf Genehmigung eines vereinfachten Verfahrens nach dem AWG gestellt und eine Bewilligung nach der GewO erteilt worden wäre. Die Verhandlungsausschreibung für den 01.06.2006 um ca 08.30 Uhr sei ohne Ortsangabe erfolgt; sie als Nachbarin sei zum Verfahren nicht geladen worden und habe deshalb nur aus der fehlerhaften Kundmachung vom Verhandlungstermin Kenntnis erlangt. Von der Veröffentlichung in der Zeitung an bis zur Verhandlung seien nur noch 4 Werktage zum Aktenstudium zur Verfügung gestanden, weshalb es zu einer Verletzung des Parteiengehörs gekommen wäre, da in dieser kurzen Zeit keine entsprechende Vorbereitung möglich gewesen wäre. Auch die Formulierung der Uhrzeit um ?ca 08.30 Uhr? widerspreche den Bestimmungen der §§ 41ff AVG. Über den deshalb gestellten Vertagungsantrag sei bislang nicht entschieden worden, weshalb Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliege. Der ursprüngliche Genehmigungsbescheid vom 11.12.1952 liege nicht vor, sodass eine Überprüfung von Inhalt und Gegenstand dieser Bescheide nicht möglich wäre. Der Gewerbetechniker beziehe sich auf ein lärmtechnisches Gutachten aus dem Jahr 2004; der Immissionsstand der Gewerbeanlage sei nicht erhoben worden. Die Behörde habe unzuständiger Weise einen Bescheid nach der Gewerbeordnung erlassen, obwohl für ein derartiges Verfahren die Fachabteilung beim Amt der Tiroler Landesregierung nach dem Mineralrohstoffgesetz zuständig wäre. Mit dem angefochtenen Bescheid sei eine gewerbliche Betriebsanlage im Freiland bewilligt worden. Es sei nicht geklärt worden, nach welchen gesetzlichen Grundlagen das Verfahren überhaupt zu führen ist. Die Erhebung des Sachverhaltes sei mangelhaft erfolgt. Im Bereich ihres Wohnhauses habe keine Lärmmessung stattgefunden. Unberücksichtigt geblieben sei der Umstand, dass an vielen Tagen Westwind oder Föhn herrsche, sowie dass an Samstagen andere Grundgeräuschpegel herrschten als an den übrigen Wochentagen. Die dem Gutachten zu Grunde gelegte Steigerung der Fahrbewegungen um 15 bis 20 Prozent gegenüber den Bestand entspreche nicht den Tatsachen. Es erfolge bereits derzeit der Betrieb teilweise konsenslos. Nicht nachvollziehbar sei die Aussage, dass die Gesamtheit der Bergbauanlage durch die Änderung eine geringere Immission bei den Nachbarn bewirken werde. Es wird in weiterer Folge aufgezeigt, wie das Verfahren richtig durchzuführen gewesen wäre. Die Fahrbewegungen im Zusammenhang mit der Verbringung des Schlammes aus dem Absetz- und Pufferbecken überschritten das genehmigte Ausmaß um ein Vielfaches. Es sei Aufgabe des Sachverständigen, sämtliche Staubbelastungen aus der gesamten Anlage zu ermitteln und zu errechnen und zu beurteilen, welche Erhöhung sich durch das nunmehrige Projekt ergebe und welche Auswirkungen diese auf sie als Nachbarin hinsichtlich ihrer Gesundheit hätten und ob und in welchem Ausmaß sie dadurch beeinträchtigt werde. Die Schutzzonen gemäß § 82 MinroG seien völlig unbeachtet geblieben. Die bestehende Auflage der Errichtung einer Staubniederschlagsmessstelle und monatlichen Auswertung sei von der Konsenswerberin nicht eingehalten worden. Mit diesem Umstand hätten sich weder Gewerbetechniker noch Behörde auseinandergesetzt. Auch das medizinische Gutachten sei mangelhaft, da dieses auf unvollständigen Stellungnahmen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen aufbaue. Ungeklärt sei, was mit den illegal abgelagerten Schlämmen geschehen solle und welche zusätzlichen Belastungen von diesen ausgingen. Die Auflagen des bekämpften Bescheides entsprächen nicht dem Konkretisierungsgebot, insbesondere fehlte eine Definition der Windstärke, ab der zu beregnen ist. Auch die Auflage über die Reifenwaschanlage sei zu unbestimmt. Im bekämpften Bescheid würden ihre Einwendungen bezüglich Lärm mangels Parteistellung zurückgewiesen und hinsichtlich Staub als unbegründet abgewiesen; da ihr die Parteistellung als Nachbarin grundsätzlich zuerkannt worden sei, wäre diese Differenzierung unzulässig. Es werde ersatzlose Bescheidbehebung beantragt sowie der Auftrag an die Erstbehörde, die seit Frühjahr 2006 erfolgte Zwischenlagerung sofort einzustellen und diese überwachen zu lassen.

 

MMag. J. W. rügte in seiner Berufung Verfahrensmängel; aufgrund des Umstandes, dass die Verhandlungsschrift vom 30.06.2006 mit wesentlichem Inhalt ihm nicht zugestellt worden sei, obwohl er dies mit Schreiben vom 26.10.2006 urgiert gehabt hätte, sei er wissentlich und willkürlich in seinen Parteirechten beschnitten worden. Die Behörde habe auch festgestellt, dass die Verhandlungsschrift ihm nicht zugestellt wurde. Es sei nie Gegenstand eines Antrages oder Anbringens gewesen, das Verhandlungsprotokoll der Partei an MMag. V. W.-R. zuzustellen. Das Verhandlungsprotokoll sei nur seiner Gattin zugestellt worden. Die Schlussfolgerung des Sachbearbeiters, dass ein Austausch von Schriftstücken zwischen Ehegatten erfolgen müsse bzw erfolgt sei, entbehre jeder Grundlage. Derartige Verpflichtungen von Eheleuten oder eine gesetzliche Fiktion dahingehend sei den Verfahrensrechten fremd. Die Mangelhaftigkeit der Nichtzustellung des Verhandlungsprotokolls und der Einräumung der Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen, stelle einen Verfahrensmangel dar. Damit sei ihm die Möglichkeit genommen worden, in der Sache selbst Einwendungen zu erheben. Es werde Bescheidbehebung beantragt.

 

Im Berufungsnachtrag vom 16.08.2007 legte MMag. V. W.-R. die im Auftrag der B. GmbH in F. erfolgte Staubmessung durch die NUA U. GmbH vor. Daraus gehe eindeutig hervor, dass eklatante Grenzwertüberschreitungen vorlägen. Damit sei klar belegt, dass die in der Projektbeschreibung angeführten Mengen absolut falsch und viel zu gering seien. Die wahren Fakten seien deshalb von den Sachverständigen entsprechend zu berücksichtigen.

 

Im Berufungsnachtrag vom 11.12.2007 verweisen die beiden Rechtsmittelwerber auf eine Stellungnahme des Amtssachverständigen Ing. K. vom 03.07.2007, die in einem anderen Verfahren bei derselben Konsenswerberin abgegeben wurde. Dieser komme zum Ergebnis, dass die prognostizierten Zusatzimmissionen durch den Betrieb der antragsgegenständlichen Anlage eine deutliche Erhöhung der Feinstaubimmissionen bei den nächstgelegenen Nachbarn bewirken. Die Amtsärztin führe dazu aus, dass die von Ing. K. festgestellten Zusatzbelastungen sehr beträchtlich seien und eine deutliche Erhöhung der Feinstaubimmissionen bei den nächstgelegenen Nachbarn und eine Überschreitung der Grenzwerte erwarten lasse. Sie als Nachbarn hätten ein subjektives Recht auf körperliche Unversehrtheit und des Eigentums. In weiterer Folge werden insgesamt 12 Anträge (Beweisanträge, Projektergänzung, Auflagenvorschreibungen) gestellt.

 

Mit Anbringen vom 18.02.2008 stellten die beiden Rechtsmittelwerber bei der Berufungsbehörde den Antrag, gemäß § 78 Abs 1 GewO 1994 die Errichtung und den Betrieb der geänderten Anlage und Anlagenteile zu versagen, weil auch bei Einhaltung der undifferenzierten und bereits in anderen Verfahren vorgeschriebenen Auflagen, nämlich gleicher Natur, nicht eingehalten worden wären und auch nicht eingehalten würden und daher eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit unweigerlich gegeben sei.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB 10.11.1992, 92/05/053) tritt eine Präklussion nicht ein, wenn Gegenstand der Verhandlung Bauvorhaben sind, welche in der Ladung (Kundmachung) nicht genannt worden sind. Die Rechtsfolge des § 42 Abs 1 AVG kann nur dann eintreten, wenn Identität zwischen dem Gegenstand der abgeführten Verhandlung und dem in der Kundmachung angeführten Gegenstand besteht (Slg. 2459A). Für den Gegenstand der Verhandlung sind jedoch das Bauansuchen, die Baupläne und die Baubeschreibung maßgebend, sofern in der Ladung und in der Beschreibung des Verhandlungsgegenstandes anlässlich der Bauverhandlung nichts Abweichendes festgehalten wird (Erkenntnis vom 17.12.1981, 2631/80). Hinsichtlich der Identität der Sache kommt es auch nicht auf deren rechtliche Qualifikation sondern in erster Linie auf das aus dem Bauplan ersichtliche Projekt an (VwGH 11.02.1988, 87/06/0124).

Bezüglich der Rüge, dass im bekämpften Bescheid über etwas anderes abgesprochen wurde, als die Konsenswerberin beantragt hat, ist anzuführen, dass der Verhandlungsgegenstand in der Kundmachung und im Verhandlungsprotokoll ident ist: ?Herstellung einer obertägigen Bergbauanlage?. Es ist somit zu keiner Projektänderung gekommen. Im Antrag vom 08.05.2006 wird eine Bewilligung nach § 50 AWG beantragt. In der Präzisierung vom 05.07.2006 wird der Antrag dahingehend abgeändert, dass eine Bewilligung nach der Gewerbeordnung begehrt wird. Im bekämpften Bescheid wird nach der Gewerbeordnung eine betriebsanlagenrechtliche Änderungsbewilligung erteilt. Die Erstbehörde hat somit dem Antragsprinzip entsprechend über den von der Konsenswerberin gestellten Antrag abgesprochen.

 

In der Kundmachung vom 17.05.2006, in der zur mündlichen Verhandlung vom 01.06.2006 geladen wird, ist als Ortsangabe F., angeführt. Dies stellt eine konkrete Gebäudebezeichnung dar, womit es unzweifelhaft war, wo die Verhandlung stattfindet. Die an der Verhandlung am 01.06.2006 teilnehmenden Anrainer hatten offensichtlich auch keine Probleme beim Auffinden des Verhandlungsortes.

Die Anführung des Wortes ?ca? bei der Zeitangabe 08.30 Uhr stellt eine völlig überflüssige Beifügung zur Beginnzeit der Verhandlung dar. Es handelt sich dabei nur um eine unwesentliche Ungenauigkeit, die zu keiner Verletzung der Anrainerrechte geführt hat. Wie aus der Verhandlungsschrift zu ersehen ist, hatte keiner der Verhandlungsteilnehmer ein Problem bezüglich zeitgerechter Anwesenheit am Verhandlungsort.

 

Gerügt wird als Verfahrensmangel eine zu kurze Vorbereitungszeit für die Verhandlung am 01.06.2006. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Vertagungsantrag im Hinblick auf eine zu kurze Vorbereitungszeit zur Verhandlung zwar als berechtigt anzusehen, allein dieser Verfahrensmangel ist durch die Möglichkeit der Erhebung der Berufung und die Mitsprachemöglichkeit im Rahmen des Berufungsverfahrens als geheilt anzusehen. Das Gesetz bedroht die kurzfristige Anberaumung einer Verhandlung, wodurch der Partei keine Vorbereitung zur Verhandlung möglich gewesen ist, nicht mit Nichtigkeit. Durch die Möglichkeit der Erhebung einer Berufung wird das Parteiengehör gewahrt (VwGH 29.09.1989, 89/18/0051). Die Frage, ob für die genehmigte Betriebsanlage eine zutreffende Flächenwidmung vorliegt, stellt kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht dar.

 

Durch den Umstand, dass die bekämpfte Bewilligung nach der Gewerbeordnung erteilt wurde und die bezogenen Gesetzesstellen im Bescheid angeführt sind, ist die Frage klargestellt, dass das Verfahren nach der GewO und nicht nach dem MinroG oder dem AWG durchgeführt wurde.

 

In seinem Erkenntnis vom 27.09.2000, Zahl 2000/04/0069, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsmeinung ausgesprochen, dass den Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage ein subjektiv öffentliches Recht auf Einhaltung der Verpflichtung der Behörde zur Begrenzung der Luftschadstoffe nach dem Stand der Technik vom Gesetz nicht eingeräumt ist. Eine Umsetzung der in § 77 Abs 3 GewO getroffenen Regelung kann von einem Nachbar damit nicht beansprucht werden.

 

Zu den wiederholten Rügen, dass den Amtssachverständigen Fehler bei ihren Befundaufnahmen unterlaufen wären, ist anzumerken, dass die Amtssachverständigen aufgrund ihrer einschlägigen Ausbildung und jahrelangen Berufserfahrung wissen, welche Fakten sie feststellen müssen, um ihre gutachterlichen Prognosen erstellen zu können. Das gewerbetechnische und medizinische Gutachten sind logisch und nachvollziehbar begründet. Durch die Anführung, dass die Feststellungen in den Gutachten für die Berufungswerberin nicht nachvollziehbar seien, wird diesen Sachverständigenäußerungen nicht auf entsprechender Ebene entgegen getreten. Für die Berufungsbehörde sind die Gutachten nachvollziehbar.

 

Es ist auch stets darauf bedacht zu nehmen, dass Gegenstand des Bewilligungsverfahrens das eingereichte Projekt und nicht ein allenfalls bereits bestehender (konsensloser) Betrieb ist. Aufgrund der Antragsgebundenheit haben die Sachverständigen vom Projekt und nicht von anderen Verhältnissen auszugehen. Die erteilte Bewilligung bezieht sich auch nur auf die bezogenen Projektunterlagen und nicht auf allfällige davon abweichende Errichtungen oder Betriebsabläufe. Selbst wenn ein Antragsteller vor Erteilung der Bewilligung einen Betrieb konsenslos geführt hätte, würde dies nicht die Versagung einer Genehmigung für das eingereichte Projekt zulässig machen, wenn dieses die einschlägigen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt.

 

Die Differenzierung der Parteistellung in der Weise, als hinsichtlich Lärm eine Zurückweisung und betreffend Staub eine Abweisung erfolgte, ist aus der Begründung des bekämpften Bescheides nicht nachvollziehbar.

 

Unabhängig von den obigen Ausführungen steht der Berufungswerberin jedoch das Recht, diesen Bescheid zu bekämpfen, gar nicht zu. Eine Einwendung im Sinn des § 42 Abs 1 AVG liegt nur dann vor, wenn die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend gemacht wird. Dem Vorbringen muss entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Im gewerbebehördlichen Verfahren muss der Nachbar dabei auf einen oder mehrere der in § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994, im Fall des § 74 Abs 2 Z 2 leg cit. auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände Bezug nehmen. Es müssen qualifizierte Einwendungen erhoben werden. Ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes im Sinn des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl VwGH 21.06.1993, Zahl 92/04/0144 ua). Weiters müssen sich die Einwendungen auf die zu genehmigende Anlage beziehen. Dies trifft jedoch nicht zu, wenn Einwendungen lediglich in Ansehung von Befürchtungen erhoben werden, die gewerbebehördliche Genehmigung könnte zu Belästigungen der Nachbarn führen (VwGH 26.02.1991, 90/04/0209, 0921). Auch steht dem Nachbarn die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv öffentlicher Rechte nicht zu. Einem bloß allgemein auf Einwirkungen auf die Nachbarschaft gerichteten Vorbringen kommt eine Qualifikation als Einwendung im Rechtssinn nicht zu, weil sie eine Konkretisierung insbesondere in Ansehung der hiefür erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte als Voraussetzung für eine persönliche Gefährdung oder Belästigung des Nachbarn (oder eine relevante Gefährdung seines Eigentums) nicht erkennen lässt (VwGH 28.10.1997, 958/04/0151).

 

Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Rechtsmittelwerber generell eine Beeinträchtigung der Nachbarschaft durch die beantragte Betriebsanlagenänderung behauptet. Auch in der Berufung ist es zu keiner konkreten Behauptung der Verletzung subjektiv öffentlicher Nachbarrechte durch gegenständliches Änderungsprojekt im Sinn der obzitierten Judikatur gekommen. Beispielhaft dafür ist die auf Seite 10 der Berufung der Rechtsmittelwerberin auch in dieser Form schon im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Äußerung, dass es Aufgabe des Sachverständigen wäre, sämtliche Staubbelastungen aus der gesamten Anlage, die von den verschiedenen Lagerungen, der Verarbeitung, dem Abbau und dem Transport (durch Lkw, Muldenkipper, Förderbänder, konsenslosen Betrieb von offenen Brechanlagen etc) zu ermitteln und zu errechnen, welche Erhöhung sich aus dem nunmehrigen Projekt ergibt und welche Auswirkungen diese auf sie als Nachbarin hinsichtlich ihrer Gesundheit haben und ob und in welchem Ausmaß sie dadurch beeinträchtigt werde.

Dies stellt keine Behauptung der Verletzung subjektiv öffentlich rechtlicher Nachbarrechte, sondern lediglich einen Antrag auf Einholung eines Erkundungsbeweises dar.

 

Auch im Berufungsnachtrag vom 16.08.2007 wird zu den Staubmesswerten der NUA U. GmbH ausgeführt, dass diese die Grenzwerte überschritten, womit sich eine Gesundheitsgefährdung ergebe und diese Werte in den Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen und medizinischen Amtssachverständigen zu beachten wären. Auch dabei handelt es sich nur um eine ganz allgemeine Ausführung, die sich auf den weiteren Verfahrensverlauf bezieht, ohne dass darauf eingegangen wird, für wen der vielen möglicherweise in Frage kommenden Bewohner in Fritzens diese behauptete Gefährdung zutreffen soll. Eine Behauptung, selbst davon betroffen zu sein, ist dieser Äußerung nicht entnehmbar.

 

MMag. J. W. bringt vor, dass die Nichtentsprechung des Antrages auf Zustellung der Verhandlungsschrift vom 30.06.2006 (gemeint: vom 01.06.2006) eine Verletzung des Parteiengehörs darstelle, wodurch er verhindert gewesen wäre, in der Sache Einwendungen zu erheben.

 

Gemäß § 17 Abs 1 AVG können  soweit in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist , die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen.

 

Die Behörde hat ihre Bereitschaft, Akteneinsicht zu gewähren, der Partei nicht ausdrücklich mitzuteilen. Wenn die Partei vor Erlassung des Bescheides nicht von ihrer Befugnis, Akteneinsicht zu nehmen, Gebrauch macht, dann kann diese Unterlassung nicht der Behörde angerechnet werden (VwGH 23.04.1974, Slg 8603A). Aus § 40 Abs 2 VStG ist kein Recht der Partei abzuleiten, den gesamten Akt in Kopie von der Behörde zugesandt zu erhalten. § 17 Abs 1 AVG sieht lediglich das Recht der Partei vor, an Ort und Stelle, somit im Amtsgebäude der Behörde, Abschriften der Akten oder Aktenteile selbst anzufertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen zu lassen. § 17 Abs 1 AVG räumt kein Recht auf Übersendung von Aktenabschriften ein (VwGH 29.09.1994, 94/18/0605, 16.04.1998, 94/05/0217).

 

Eine Verweigerung der Akteneinsicht wäre nur vorgelegen, wenn dem Berufungswerber in der Behörde die Einsicht in den Akt und die Möglichkeit, sich dort Abschriften anzufertigen, verweigert worden wäre. Ein solcher Sachverhalt wurde von ihm nicht behauptet. Der Rechtsmittelwerber wusste offenbar von seiner Frau von der Existenz dieser Verhandlungsschrift (welche über diese verfügte) und hätte deshalb während der Zeiten des Parteienverkehrs bei der Erstbehörde in diese Einsicht nehmen und sich Abschriften anfertigen können. Der gerügte Verfahrensmangel liegt deshalb nicht vor.

 

Aber selbst wenn tatsächlich eine Verletzung des Parteiengehörs stattgefunden hätte, wäre dieser Fehler durch das Berufungsverfahren geheilt, weil der Inhalt der mündlichen Verhandlung am 01.06.2006 , insbesondere die Äußerungen der Sachverständigen , in der Begründung des bekämpften Bescheides wiedergegeben sind. Der Berufungswerber kannte daher ab Bescheidzustellung den Inhalt nachweislich und hätte in seiner Berufung dazu alles vorbringen können, was er sonst im erstinstanzlichen Verfahren dazu noch geltend gemacht hätte.

 

MMag. J. W. steht jedoch ebenfalls nicht das Recht zu, diesen Bescheid zu bekämpfen, da auch von ihm im erstinstanzlichen Verfahren keine Verletzung seiner subjektiv öffentlichen Nachbarrechte behauptet wurde. Es gelten dazu sinngemäß die Ausführungen zur Berufung von MMag. V. W.-R.

 

Im Berufungsnachtrag beider Rechtsmittelwerber vom 11.12.2007 wird das subjektive Nachbarrecht auf körperliche Unversehrtheit und jene des Eigentums in Anspruch genommen. Die dazu gestellten Anträge stellen jedoch keine subjektiven Nachbarrechte dar: Weder welche Projektunterlagen vorzulegen sind, noch objektiv öffentlich rechtliche Einwände (zB im Punkt 4.), noch die Einholung von Erkundungsbeweisen (zB 3., 5.) stellen solche Rechte dar. Auch in Bezug auf die Ausführungen von Ing. K. vom 03.07.2007 wird nicht einmal behauptet, dass die beiden Berufungswerber zu den dort angeführten nächstgelegenen Nachbarn zählen würden. Aus den Orthophotos sind diese nächstgelegenen Nachbarn im Bereich T.(zB M. S.) zu erkennen und nicht etwa im Bereich des durch die Geländekante abgeschirmten Teiles von F. Die bezogene Stellungnahme von Ing. K. vom 03.07.2007 und die darauf aufbauende Äußerung der Amtsärztin vom 08.08.2007 beziehen sich auch nicht auf das verfahrensgegenständliche Projekt sondern wurden in einem Parallelverfahren abgegeben.

 

Es waren somit die Berufungen beider Rechtsmittelwerber als unbegründet abzuweisen.

 

Damit ist in diesem Verfahren eine Sachentscheidung durch die Rechtsmittelbehörde erfolgt und formelle Rechtskraft eingetreten. Ein von § 78 Abs 1 GewO 1994 geregelter Rechtszustand ist somit nicht mehr gegeben, weshalb das von den Rechtsmittelwerbern mit Antrag vom 18.02.2008 beantragte Vorgehen nicht mehr möglich ist.

Schlagworte
Im, Berufungsnachtrag, beider, Rechtsmittelwerber, vom, 11.12.2007, wird, das, subjektive, Nachbarrecht, auf, körperliche, Unversehrtheit, und, jene, des, Eigentums, in, Anspruch, genommen, Die, dazu, gestellten, Anträge, stellen, jedoch, keine, subjektiven, Nachbarrechte, dar
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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