TE UVS Tirol 2008/04/21 2008/23/0969-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Beschwerde des Herrn C. K., vertreten durch RA Dr. P. R., wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gegen die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als belangte Behörde wie folgt:

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und § 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Beschwerde des C. K., dass er durch die von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft K. (Dr. E. O.) angeordnete und durchgeführte Sachverhaltserhebung, dadurch dass der kulturbautechnische Sachverständige Dipl. Ing. M. R. am 11.12.2007 von 14.15 Uhr bis 14.30 Uhr die Grundstücke des Beschwerdeführers, Grundstücknummer X und Y, beide KG K.L., zur Befundung einer stillgelegten Baustelle sowie eines dort abgestellten Fahrzeuges der Marke XY betreten habe und auch versucht habe in das Fahrzeug hineinzukommen, als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 und 3 AVG 1991 iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl II Nr 334/2003, hat der Beschwerdeführer der obsiegenden belangten Behörde den Ersatz für den Vorlageaufwand in Höhe von Euro 51,50, den Ersatz für den Schriftsatzaufwandes in Höhe von Euro 22,30, insgesamt somit Euro 271,80 binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu ersetzen.

Text

Mit Schriftsatz vom 10.03.2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol persönlich eingebracht am 26.03.2008, erhob der Beschwerdeführer folgende nachstehend wiedergegebene Maßnahmebeschwerde:

 

?In umseits bezeichneter Rechtssache wird wegen der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, nämlich der Maßnahme der Bezirkshauptmannschaft K., Wasserrechtsabteilung, angeordnet durch Frau Dr. E. O., durchgeführt am 11. 12.2007 von 14.15 bis 14.30 Uhr nachstehende MAßNAHMENBESCHWERDE erhoben.

 

1. Zu Rechtzeitigkeit der Maßnahmenbeschwerde

Die gegenständliche Maßnahme wurde durch die Bezirkshauptmannschaft K., Wasserrechts- und Umweltsbehörde. am 11.12.2007 in der Zeit von 14.15 bis 14.30 Uhr gesetzt.

 

Der Beschwerdeführer erlangte erstmals am 20.02.2008 von der Maßnahme Kenntnis. Im Verfahren XY vor dem Bezirksgericht Kitzbühel hat Herr DI R. (als Beklagter) ausgesagt, er habe im Auftrag von Frau Dr. O. das Grundstück X und Y. in K. bzw das darauf abgestellte Fahrzeug kontrollieren müssen.

 

Die am 06.03.2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel durchgeführte Akteneinsicht bestätigte die Aussage des DI R. und ist durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer niemals Kenntnis von der getroffenen Maßnahme erlangt hat, die Frist zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde gewahrt.

 

2. Bezeichnung des Verwaltungsaktes

Am 11.12.2007 in der Zeit von 14.15 bis 14.30 kontrollierte OR DI M. R. vom Baubezirksamt Kufstein im Auftrag der Frau Dr. E. O., der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als Wasserrechts- und Umweltbehörde, das stillgelegte Baufeld (Aushubbereich in K.). Zu diesem Zwecke begab sich OR DI M. R. auf das Grundstück des Beschwerdeführers und befundete die Baustelle sowie ein dort abgestelltes Fahrzeug der Marke XY. Auch versuchte der Sachverständige, in das Fahrzeug hineinzukommen.

 

Diese Kontrolle erfolgte ohne Verständigung des Beschwerdeführers und im Wissen, dass keine Gefahr im Verzug ist.

 

Bereits am 28.11.2007 hat nämlich die Stadtpolizei Kitzbühel an das Stadtbauamt geschrieben, dass das KFZ nicht als Wrack anzusehen ist, ebenso konnte kein Benzin bzw Ölaustritt festgestellt werden.

 

Die belangte Behörde wusste auch, dass das Schreiben vom 29.11.2007 des Stadtamtes Kitzbühel insofern falsch ist, als sich dass abgestellte Transportfahrzeug nicht im Grundwasserbereich befindet, zumal bereits am 16.10.2007 die belangte Behörde selbst durch Schüttmaterial die Baugrube aufgefüllt hat lassen, und zwar bis zu jenem Niveau, das ca 20 cm über den bisher in der Baugrube festgestellten höchsten Grundwasserspiegel liegt.

 

Erstmals mit Schreiben vom 05.03.2008 hat die belangte Behörde sich an den Beschwerdeführer gewandt und die Ansicht vertreten, dass es sich bei diesem Altauto um Abfall handelt. Abgesehen davon, dass diese Ansicht nicht nachvollziehbar und falsch ist. hätte die Behörde den Beschwerdeführer bei der Kontrolle verständigen müssen, allenfalls einen Lokalaugenschein oder eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle anberaumen müssen um dann zu einer Entscheidung zu kommen. Das ?heimliche" Kontrollieren am Eigentum des Beschwerdeführers, ohne diesen auch nur in irgendeiner Form zu verständigen und ohne Erlassung eines Bescheides stellt eine Maßnahme der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt dar. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass keine Gefahr in Verzug war.

 

BEWEIS:

Akt der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel

Akt der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel

Zeuge: DI M. R., p.A. Baubezirksamt K.

Zeuge: Ing. Mag. (FH) S. H., p.A. Bauamtsleiter der Stadtgemeinde K.

Zeuge: PI P. B., p.A. Stadtpolizei K.

 

Es wird sohin gestellt der ANTRAG, der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge die oben genannte Maßnahme der belangten Behörde für rechtswidrig erklären und der belangten Behörde die Kosten des Verfahrens auferlegen?.

 

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde zum Einem die belangte Behörde aufgefordert, die bezughabenden Akten dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol zu übermitteln und wurde ihr weiters die Möglichkeit zur Gegenschrift eingeräumt.

 

Zum Anderen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 3 AVG ein Verbesserungsauftrag dergestalt erteilt, dass der angefochtene Akt konkretisiert werden möge, da aus der vorliegenden Beschwerde weder ein Akt der Befehlsgewalt noch im weitesten Sinne eine Normativität des Handels ersichtlich war.

 

Aufgrund dieses Verbesserungsauftrages ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt:

 

?In umseitiger Verwaltungssache wurde gemäß § 13 Abs 3 AVG dem Beschwerdeführer ein Verbesserungsauftrag erteilt, und zwar, dass der angefochtene Verwaltungsakt konkretisiert werden möge.

 

In diesem Sinne wird zur Klarstellung folgendes vorgebracht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel hat im Dezember 2007 den Sachverständigen OR DI M. R. vom Amt der Tiroler Landesregierung, Baubezirksamt Kufstein, angewiesen. das stillgelegte Baufeld (Aushubbereich) des Beschwerdeführers in Kitzbühel anzuschauen. was der Sachverständige tatsächlich am 11. 12.2007 in der Zeit von 14.15 bis 14.30 Uhr getan hat. Die Maßnahme, die mit gegenständlicher Beschwerde als rechtswidrig erachtet wird, ist einerseits der Auftrag der Wasserrechtsbehörde, das Baufeld samt Fahrzeug zu befunden andererseits die durch den Sachverständigen Dl M. R. tatsächlich durchgeführte Befundung.

 

Wie sich bereits aus der Anzeige der Stadtpolizei vom 28.11.2007 ergibt, ist das Fahrzeug weder ein Wrack noch konnte Benzin bzw Ölaustritt festgestellt werden. Es war also von vornherein klar, dass nicht ?Gefahr in Verzug" ist. Hätte die Behörde dennoch Bedenken gegen das Abstellen des Fahrzeuges in der Baugrube, hätte sie einen Lokalaugenschein anberaumen können und müssen.

 

Die nunmehr nachträglich geäußerte Ansicht der Behörde, bei dem Altauto handle es sich um Abfall, hätte im Rahmen eines Lokalaugenscheins unter Beisein des Beschwerdeführers geklärt werden können. Diese Ansicht wäre im übrigen nicht durch einen kulturbautechnischen, sondern einen Kfz-technischen Sachverständigen zu erheben gewesen.

 

Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist. hier jedoch nicht zulässig, ohne Verständigung Kontrollen an dem dem Beschwerdeführer eigentümlich gehörigen Grundstück durchzuführen bzw durchführen zu lassen. Der Schutz des Grundrechtes des Eigentums verlangt dabei keinen Schaden, sondern kommt es darauf an, dass in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers eingegriffen wurde.

 

Ordnet man obigen Sachverhalt den ?Typen des Verwaltungsaktes" zu, so kann man den Sachverhalt nur unter ?Maßnahme der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt? (verfahrensfreier Verwaltungsakt) subsumieren. ?Der Verfahrensfreie Verwaltungsakt kann ein rechtlich vorgesehener Handlungstypus sein. der idR dort zur Anwendung kommt. wo ein rasches vom Prozess- und Ausdrucksförmlichkeit befreites Vorgehen der Verwaltung von Nöten ist. Derartige Maßnahmen dienen vor allem der Gefahrenabwehr (zB Hindern eines Alkoholisierten am Lenken eines Fahrzeuges). der Sicherung der Strafrechtspflege (erster Zugriff zB in Form der Festnahme, Hausdurchsuchung oder Beschlagnahme), sowie der Überwachung und Kontrolle (insbesondere im Rahmen von verwaltungspolizeilichen Revisionen)). Die Anordnung und Durchführung der tatsächlichen Kontrolle ohne Verständigung des Beschwerdeführers ist also unzweifelhaft als ?Verfahrensfreier Verwaltungsakt? anzusehen, dessen Rechtsmäßigkeit mit gegenständlicher Beschwerde bestritten wird.

 

Es wird höflich ersucht um KENNTNISNAHME?.

 

Die belangte Behörde legte die bezughabenden Akten vor und erstattet mit Schriftsatz vom 11.04.2008 eine Gegenschrift.

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Für die Zulässigkeit einer Beschwerde im Sinne des Art 29a Abs 1 Z 2 BVG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG ist ausschlaggebend, dass sich das Imperium der Behörde und der angefochtene Akt sinnbildlich unmittelbar gegenüber stehen. Dazu ergibt sich auch aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unmissverständlich, dass die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vorliegt, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt an individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, so liegt keine vor dem Unabhängigen Verwaltungssenates bekämpfbare faktische Amtshandlung vor (bspw VwGH vom 15.11.2000, Zahl 98/01/0452).

 

Maßnahmen sind als verfahrensfreie Verwaltungsakte dadurch gekennzeichnet, dass sie weder Bescheide, (im engeren Sinne) noch Bescheidkonkretisierungsakte, noch Titel oder deren Konkretisierung sind, für deren weitere Vollziehung eine Bindung an verhältnismäßig prozessschauliche Vorgangsweisen der Verwaltung vorgesehen ist. Die Verfahrensfreiheit kann von vorne herein gegeben oder eine Fehlerfolge des betreffenden Aktes sein. Die Erscheinungsformen des verfahrensfreien Verwaltungsaktes sind individuelle sofort befolgungsdürftige Befehle, bei dessen Nichtbefolgung unverzügliche physische Zwangsvollstreckung oder die unverzügliche Erlassung eines anderen sofort vollstreckbaren Befehls, oder aber Verwaltungsstrafe im Sinne des VStG, drohen; ferner Akte physischer Zwangsvollstreckung selbst, sowie schließlich Akte die selbst weder als Befehl noch als Zwangsvollstreckungsakte deutbar sind, die aber einseitige Eingriffe in Rechte der Einzelperson darstellen und einen Befehl zum sofortigen Duldensollen oder eine Feststellung des Duldenmüssen implizieren. Diese letzte Gruppe wird in der Rechtsprechung und Lehre unter dem Begriff ?implizierter (Duldungs-) Befehl? zusammengefasst (Funk der Verfahrenfreie Verwaltungsakt Springer Verlag Seite 115). Die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt an individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (Verwaltungsgerichtshof vom 21.12.2000, Zahl 96/01/1032).

 

Soweit dies aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers erkennbar ist, richtet sich dessen Beschwerde ausschließlich gegen das reine Betreten und Besichtigen sowohl seiner Baustelle als auch eines darauf abgestellten Fahrzeuges. Insofern der Beschwerdeführer trotz Aufforderung jegliche Konkretisierung hinsichtlich einer tatsächlich ausgeübten Befehls- oder Zwangsgewalt unterlässt, mangelt es jedoch an einer wesentlichen Voraussetzung im gegenständlichen Verfahren.

 

Der Beschwerdeführer verwechselt hier offensichtlich den Zweck eines Maßnahmebeschwerdeverfahrens mit einem reinen Beschwerdeverfahren. Für den Bereich des Maßnahmebeschwerdeverfahrens ist festzustellen, dass hier kein Rechtseingriff dergestalt stattgefunden hat, dass die wahrnehmbare Schwelle für den Beschwerdeführer erreicht worden ist und hiermit die Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 67a Abs 1 Z 2 AVG gegeben wäre.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 79a AVG, wonach die im Verfahren nach § 67a AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der UVS-Aufwandsersatzverordnung.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Soweit, dies, aus, dem, Vorbringen, des, Beschwerdeführers, erkennbar, ist, richtet, sich, dessen, Beschwerde, ausschließlich, gegen, das, reine, Betreten, und, Besichtigen, sowohl, seiner, Baustelle, als, auch, eines, darauf, abgestellten, Fahrzeuges, Insofern, der, Beschwerdeführer, trotz, Aufforderung, jegliche, Konkretisierung, hinsichtlich, einer, tatsächlich, ausgeübten, Befehls-, oder, Zwangsgewalt, unterlässt, mangelt, es, jedoch, an, einer, wesentlichen, Voraussetzung, im, gegenständlichen, Verfahren
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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