TE UVS Steiermark 2008/04/28 20.3-21/2007

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Veröffentlicht am 28.04.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde der O F, vertreten durch Dr. S L, Rechtsanwalt in G, wegen Wegweisung und Verhängung des Betretungsverbotes gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) und §§ 38 a und 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), wie folgt entschieden: Der Antrag das ausgesprochene Betretungsverbot am 10. Dezember 2007 um 22.00 Uhr für das Mehrparteienwohnhaus und der Wohnung an der Adresse H, R Nr. 1 durch ein Organ der Polizeiinspektion Hausmannstätten für rechtswidrig zu erklären, wird abgewiesen. Gemäß § 79 a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl 2003/334, hat die Beschwerdeführerin dem Bund (Bundesminister für Inneres) die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 547,10 binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. 1. In der Beschwerde vom 13. Dezember 2007 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin, A F, seit Jahren anhaltendes demütigendes und gewalttätiges Verhalten gegenüber der Beschwerdeführerin setze und aufgrund dessen eine Scheidungsklage am 06. Juni 2007 beim BG Graz-Ost eingebracht wurde. Die dementsprechenden Schriftsätze wurden vorgelegt. A F neige gegenüber der Beschwerdeführerin zu Gewalttätigkeiten und aggressivem Handeln, sodass bereits am 14. Dezember 2003 und 13. September 2006 gegen ihn ein Betretungsverbot von der Polizeiinspektion Hausmannstätten verfügt wurde. Auch weigere er sich die Unterhaltsbeiträge für die zwei minderjährigen ehelichen Kinder zu leisten. Im Laufe des Nachmittags des Vorfallstages sei die Beschwerdeführerin beschimpft worden, während sie mit ihrer Tochter K F Englisch lernte. Während am Abend die Beschwerdeführerin ihren Sohn F F zum Schlafen bereit machte, habe

A F die Polizei verständigt. Ihre Tochter K F sei dann von der einschreitenden Beamtin genötigt worden, in einem Gespräch eine unwahre Aussage zu machen und die Mutter wahrheitswidrig zu belasten. Dieses Vorhaben habe A F bereits am 06. Dezember 2007 in betrunkenem Zustand in einem Gasthaus vor einer größeren Anzahl von Gästen angekündigt. Die Beschwerdeführerin habe keinesfalls einen vorangegangenen gefährlichen Angriff getätigt. Vielmehr habe

A F die einschreitenden Beamten unter missbräuchlicher Ausnützung seiner vormaligen Autorität als Beamter der Kriminalpolizei Beamte der Polizeiinspektion Hausmannstätten für die Durchsetzung seiner persönlichen Interessen gegenüber seiner Nochehefrau gewonnen, um sich hiebei im Rahmen der anhängigen gerichtlichen Verfahren einen Vorteil zu verschaffen. Die Erklärungen der Beschwerdeführerin wurden von den einschreitenden Polizeibeamten negiert. Es wurde daher der Antrag gestellt festzustellen, dass das in den Abendstunden des 10.12.2007 von Beamten der Polizeiinspektion Hausmannstätten gegenüber der Beschwerdeführerin, O F, ausgesprochene Betretungsverbot der Ehewohnung in H, R Nr. 1 rechtswidrig ist. Als Beilage wurden zahlreiche Schriftsätze an das Bezirksgericht Graz-Ost im Rahmen des Scheidungsverfahrens und Unterhaltsverfahrens vorgelegt. 2. Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung legte am 17. Jänner 2008 eine Gegenschrift vor. Im Wesentlichen wird darin ausgeführt, dass die einschreitenden Organe zulässigerweise davon ausgehen konnten, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorstehe. Dies könne mit einiger Wahrscheinlichkeit aus einer ex ante Betrachtung des einschreitenden Organes geschlossen werden. Die Beschwerdeführerin habe nämlich mit einem aus einem Messerblock entnommenen Fleischmesser A F gefährlich bedroht. Sie habe sich gegenüber den Beamten aufbrausend, herrisch und aggressiv benommen und habe keine zweckdienlichen Aussagen zum Sachverhalt gemacht. A F sei bei der Amtshandlung gefasst gewesen und um seine Kinder besorgt. Das Betretungsverbot sei auch von der Sicherheitsbehörde am 18. Dezember 2007 neuerlich aufgrund eines Antrages der Beschwerdeführerin überprüft worden, und habe keine Änderung erfahren. Das Bezirksgericht Graz-Ost habe aufgrund des festgestellten und angenommenen Sachverhaltes am 21. Dezember 2007, GZ.: 248 C 106/07d, gemäß § 382 b Exekutionsordnung (EO) eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach der Beschwerdeführerin das Betreten der Wohnung verboten wird und ihr aufgetragen, Zusammentreffen sowie Kontaktaufnahme mit A F zu vermeiden. Bemerkt wurde noch, dass die Beschwerdeführerin anlässlich zweier Vorsprachen bei der belangten Behörde jeweils sehr lautstark, aufbrausend und aggressiv war, sodass sie sogar aufgefordert werden musste, die Amtsräumlichkeiten zu verlassen. Damit sei die Verhängung des Betretungsverbotes durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht rechtswidrig gewesen und wurde der Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sowie die Kosten zuzusprechen. Als Beilage wurde ein Schreiben des Bezirkspolizeikommandos Graz-Umgebung vom 03. Jänner 2008 an die belangte Behörde zum konkreten Vorfall, das Protokoll der Polizeiinspektion Hausmannstätten vom 10. Dezember 2007 über die Wegweisung und das Betretungsverbot, ein Schreiben der Polizeiinspektion Hausmannstätten vom 11. Dezember 2007, mit der Mitteilung, dass gegen die Beschwerdeführerin eine Anzeige wegen Verdachtes auf §§ 107 und 83 StGB wegen des Vorfalles an die Staatsanwaltschaft Graz erstattet wurde, sowie eine Niederschrift mit A F vom 11. Dezember 2007 vorgelegt. 3. Mit Schreiben vom 17. Jänner 2008 gab der Vertreter des A F, Dr. M N, Rechtsanwalt in G, eine Äußerung ab und legte eine Kopie der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes Graz-Ost, GZ.: 248 C 106/07d, vor, wonach der Beschwerdeführerin das Betreten der Wohnung verboten wurde, sowie eine etwaige Kontaktaufnahme mit A F. Mit Schreiben vom 04. März 2008 hat M P (am Verfahren nicht beteiligt) ein Schreiben der Beschwerdeführerin an Ridi Steibel, Steiermärkische Landesregierung, Referat für Frauen und Familie und an die belangte Behörde vom 24. Februar 2008 eingebracht. II. 1. Nach Durchführung der Verhandlung am 11. März 2008, wobei die Beschwerdeführerin, die Zeugen A F, BI S H und RI D C einvernommen wurden, sowie aus dem vorliegenden Akteninhalt, wird nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt: Die Beschwerdeführerin wohnt mit ihrem Ehemann A F und den beiden Kindern K F (11 Jahre) und F F (5 Jahre) in einer Wohnung im Haus H, R Nr. 1. Ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Am 10. Dezember 2007 um ca 17.00 Uhr kam es zwischen A F und der Beschwerdeführerin wie schon des Öfteren zu Streitigkeiten, in deren weiteren Folge A F fernmündlich die Polizei um Intervention ersuchte. Daraufhin kamen BI H und RI C zur Wohnung. Bereits vor dem Haus wurden sie von A F erwartet. Beide Polizisten kannten den pensionierten Kriminalbeamten nicht. A F schilderte, dass er im Zuge der Auseinandersetzung mit einem Messer bedroht worden sei, Ohrfeigen bekommen habe und eine Bierflasche nach ihm geworfen worden sei. Verletzt sei er nicht worden. A F machte einen ruhigen Eindruck, jedoch wollte er nicht mehr alleine in die Wohnung zurückgehen. In der Wohnung trafen die einschreitenden Beamten sodann die Beschwerdeführerin, welche ebenfalls einen ruhigen Eindruck machte. Auf den Vorhalt der Schilderung des A F gab sie an, dass dies alles nicht stimme und verwies auf zurückliegende Vorfälle. In der Küche konnte ein Messerblock festgestellt werden und bei der Nachschau nach der Bierflasche war eine Einkerbung in der Mauer wahrzunehmen und konnte BI H noch Mauerbrösel an der Stelle wahrnehmen. Eine Bierflasche war an der Stelle nicht mehr vorhanden. RI C befragte daraufhin die 11-jährige Tochter in ihrem Zimmer, ohne Beisein der Beschwerdeführerin. K F gab an, dass es einen Streit zwischen den Eltern gegeben habe und es sei sehr laut gewesen, wobei sie nicht wusste um was es konkret ging. K F habe auch etwas klirren gehört, als ob ein Glas zersprungen wäre. Zudem gab sie an, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt auch von der Beschwerdeführerin mit dem Kochlöffel am Bein geschlagen und auch an den Haaren gerissen worden sei. Daraufhin wurde ein neuerliches Gespräch mit der Beschwerdeführerin geführt, wobei diese sich sehr aufbrausend verhielt. Während des Gespräches meldete sich fernmündlich der Sicherheitsdirektor des Landes Steiermark, wobei dieser jedoch keine Anweisungen an die einschreitenden Beamten gab, sondern sich nach dem Vorgefallenen erkundigte. RI C sprach sodann aufgrund des Vorfalles die Wegeweisung und das Betretungsverbot aus und kam dem die Beschwerdeführerin ohne weitere Vorkommnisse nach. Sodann wurde eine Anzeige wegen Verdachtes der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB an das Landesgericht für Strafsachen Graz erstattet (Polizeiinspektion Hausmannstätten, GZ.: B1/33658/2007-car). 2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen BI S H, RI D

C und A F sowie dem vorliegenden Akteninhalt. Wenn die Beschwerdeführerin angibt, dass sie deshalb zu den Vorhaltungen von Seiten der einschreitenden Polizisten keine Angaben machte, da sie nicht zu Wort gekommen sei, so ist dies nicht glaubwürdig. Beide Beamten gaben an, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl zu den Angaben A F befragt wurde, jedoch wich sie immer wieder aus und erzählte von zurückliegenden Vorfällen. Dass die Beschwerdeführerin zu den Vorhalten keine Angaben machte, wird auch im aufgenommenen Protokoll mit dem Hinweis, dass sie auf Anraten ihres Rechtsanwaltes die Aussage/niederschriftliche Einvernahme verweigerte, beschrieben. Die beiden Polizisten hätten auch keinen Grund warum sie die Beschwerdeführerin nicht zu dem Vorgefallenen befragen sollten. Die Beschwerdeführerin versteht Deutsch und kann sich auch dementsprechend ausdrücken. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die beiden einschreitenden Beamten den pensionierten Polizeibeamten A F nicht kannten. Von einer Voreingenommenheit wird daher nicht ausgegangen. Unbestritten ist auch, dass sich ein Messerblock in der Küche befand, eine Einkerbung an der Mauer festgestellt wurde, BI H hiebei auch noch Mauerbrösel am Boden vorfand, und dass die Tochter einen lauten Streit hörte, wobei sie RI C noch mitteilte, ein Klirren gehört zu haben, als ob ein Glas zersprungen wäre. Festgehalten wird noch, dass es zu einer noch nicht rechtskräftigen Verurteilung der Beschwerdeführerin durch das Landesgericht für Strafsachen Graz am 07. Februar 2008, GZ.: 11 Hv 9/08 x, wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB und § 83 Abs 1 StGB kam. Hiebei wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin am 10.12.2007 ihren Ehemann A F 1.) durch die Äußerung ?ich kann di glei abstechen. Es wird heute noch Blut fließen', gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei sie diese Ankündigung durch ein aus dem Messerblock gezogenes Fleischmesser, das sie in seine Richtung hielt, unterstützte, 2.) versucht, vorsätzlich am Körper zu verletzen, indem sie gezielt eine leere Bierflasche nach ihm warf und ihm danach mehrere Schläge mit der Hand versetzte (Beilage A). Die beantragte einstweilige Verfügung gemäß § 382 b EO vom Bezirksgericht Graz-Ost, GZ.: 248 C 106/07d, wurde im Rekursverfahren des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz am 14. Februar 2008 aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung dem erstinstanzlichen Gericht rückübermittelt.

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art 129 a Abs 1 Z 2 B-VG). Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark entscheidet gemäß § 88 Abs 4 SPG über Beschwerden gemäß Abs 1 oder Abs 2 durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67 c bis 67 g und 79 a AVG. Die Beschwerde wegen der Wegweisung und des Betretungsverbotes wurde am 18. Dezember 2007 (Datum des Poststempels 13. Dezember 2007) beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eingebracht, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten der Polizeiinspektion Hausmannstätten und Raaba vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. 2. Gemäß § 38 a Abs 1 SPG ist aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, aus deren unmittelbaren Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen. Gemäß Abs 2 leg cit sind unter Voraussetzung des Abs 1 die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines nach Abs 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsam befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönliches Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat unterzukommen. Soferne sich die Notwendigkeit ergibt, dass der Betroffene die Wohnung, deren Betreten ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun. Eine Wegweisung nach § 38 a Abs 1 SPG hat somit als Voraussetzung, dass eine bestimmte Tatsache vorliegt, wonach man von der Prognose eines bevorstehenden gefährlichen Angriffes auf Leben, Gesundheit oder Freiheit der gefährdeten Person ausgehen kann. Ausdrücklich wird hier bemerkt, dass von einer ex ante Sichtweise der einschreitenden Beamten bei der Prognoseerstellung auszugehen ist. Aufgrund des Kenntnisstandes der RI C, hat A F und K F unabhängig von einander gegenüber der Polizeibeamtin angegeben, dass es zu einem lauten Streit gekommen sei. K F hörte auch noch ein Klirren eines Glases und wurde hiebei auch eine Einkerbung an der Mauer festgestellt. Desgleichen war der Messerblock in der Küche. Die Beschwerdeführerin bestritt pauschal diese Vorhaltungen und ging nicht näher darauf ein. Die Angaben des A F bei dem Vorfall waren aufgrund der vorgefundenen Spuren und der Aussage der K F nachvollziehbar. Somit lag für RI C eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 38 a Abs 1 SPG vor, da durch die behaupteten Tätlichkeiten das Rechtsgut der Gesundheit des A F gefährdet war. In wie weit tatsächlich eine gefährliche Drohung bzw versuchte Körperverletzung vorlag, ist in dem Verfahren nicht näher zu klären und wird auf das nicht rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 11 Hv 9/08 x, vom 07. Februar 2008 verwiesen. Nunmehr war für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Frage zu klären, ob die Gefahrenprognose der einschreitenden Beamtin, wonach sie das Betretungsverbot bzw die Wegweisung aussprach, rechtmäßig war. Die in § 38 a Abs 1 SPG bestimmte Tatsache muss bestimmte Annahmen rechtfertigen, dh auf Grundlage des bekannten Vorfalles müssen plausible und nachvollziehbar bestimmte künftige Verhaltensweisen erwartet werden können. Es ist also eine Prognose (auf Grundlage der allgemeinen Lebenserfahrung und der besonderen Erfahrungswerte der Polizeibehörde) vorzunehmen, wobei ein gefährlicher Angriff in der Vergangenheit alleine daher noch nicht ausreicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0003). Auch der Umstand, dass es bereits gegenüber dem Beschwerdeführer zu zwei Wegweisungen in der Vergangenheit gekommen ist, lässt noch nicht den Schluss zu, dass bei dem zu beurteilenden Vorfall die Aggressionshandlungen von Seiten der Beschwerdeführerin gesetzt wurden. Aufgrund der Tatsache muss mit einer Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass ein gefährlicher Angriff (§ 16 Abs 2 und 3 SPG) auf Leben, Gesundheit oder Freiheit (nicht auch auf andere Rechtsgüter) durch die Gefährderin bevorstehe. Nur die Gefahr eines gefährlichen Angriffes rechtfertigt die Befugnisausübung, insbesondere drohende, bloße Belästigungen unter der Schwelle des gefährlichen Angriffs reichen daher nicht aus (VwGH 24.02.2004, 2002/01/0280; UVS Steiermark 17.10.2006, UVS 20.3-13,14,15/2006-15; Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz, 3. Auflage, S 402). RI C war in Kenntnis der zuvor stattgefundenen Tätlichkeiten der Beschwerdeführerin, als auch des Zustandes des A F, der alleine die Wohnung nicht mehr betreten wollte. Dies manifestierte sich auch darin, dass er das Eintreffen der Polizei vor dem Haus abwartete. Aufgrund des behaupteten Verhaltens der Beschwerdeführerin, als auch in Kenntnis der akuten familiären Probleme (ständig Streitereien, anhängiges Scheidungsverfahren), war die getroffene Gefährdungsprognose nachvollziehbar. Das Sicherheitswacheorgan ging auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit vor, wenn das Betretungsverbot für das Mehrparteienwohnhaus und der Wohnung an der Adresse H, R Nr. 1 ausgesprochen wurde. Ein Verbleiben der Beschwerdeführerin in der Wohnung war jedenfalls bei der dortig angenommenen Sachlage nicht geboten, da es wahrscheinlich erschien, dass es zu weiteren Streitereien und Ausschreitungen zwischen der Beschwerdeführerin und A F gekommen wäre. Das Betretungsverbot endete mit der Erlassung der einstweiligen Verfügung gemäß § 382 b EO durch das Bezirksgericht Graz-Ost, GZ.:

248 C 106/07d, am 21. Dezember 2007. Abschließend wird noch bemerkt, dass von den einschreitenden Sicherheitsorganen aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Zeitspanne keine bis ins Einzelne detaillierte Aufklärung über die behauptete versuchte Körperverletzung und gefährliche Drohung der Beschwerdeführerin gegenüber A F erwartet werden konnte, sondern war eine vorläufige Beurteilung vorzunehmen. Die getroffenen Feststellungen waren jedoch insoweit ausreichend, dass eine Anzeige durch die Polizeiinspektion Hausmannstätten gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 83 Abs 1 StGB und § 107 Abs 1 und 2 StGB gemacht wurde, die letztendlich auch zu einer - zwar noch nicht rechtskräftigen - Verurteilung der Beschwerdeführerin durch Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 11 Hv 9/08x, am 07. Februar 2008 führte. Von den beiden Sicherheitsorganen wurden in angemessener Zeit die Beschwerdeführerin, A F und K F befragt. Auch die Schlussfolgerung des amtshandelnden Organes ist bei dem ex ante Sachverhalt nachvollziehbar. Die Darstellungsweise des A F gegenüber den Beamten als auch den vorgefundenen Spuren sowie die Aussage der K F lassen die Handlung der RI C im Lichte der Verhältnismäßigkeit nachvollziehbar werden. Das Betretungsverbot bzw die Wegweisung stellt zwar einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff in die Privatsphäre nach Art 8 EMRK dar, jedoch war nach dem Kenntnisstand des Sicherheitswacheorganes zum Zeitpunkt der Verhängung des Betretungsverbotes dieses rechtmäßig im Sinne des § 38 a Abs 2 SPG und ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen. IV. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II 2003/334, dem Bund ein Betrag von ? 547,10 zugesprochen. Der Aufwandersatz setzt sich zusammen aus dem Vorlageaufwand in der Höhe von ? 51,50, dem Schriftsatzaufwand in der Höhe von ? 220,30 und dem Verhandlungsaufwand von ? 275,30.

Schlagworte
Wegweisung Betretungsverbot Prognose Gefahr Scheidungsstreit gefährliche Drohung
Zuletzt aktualisiert am
21.08.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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