TE UVS Tirol 2008/06/20 2008/20/1668-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung der Frau E. K., I., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 21.05.2008, Zahl II-STR-01693e/2008, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit den §§ 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Der angefochtene Bescheid weist im Spruch folgenden Wortlaut auf:

?Ihnen, Frau E. K., wird zur Last gelegt, am 5.5.2008 um ca 22.17 Uhr als Wohnungsinhaber in Ihrer Wohnung in I., XY-Straße 18/2, ein Tonwiedergabegerät, nämlich Ihren dortige Stereoanlage der Marke Elta, in derart beträchtlicher Lautstärke bzw mit einem solchen Schalldruckpegel betrieben zu haben, dass dadurch entgegen § 4 Abs 2 der Verordnung zur Lärmbekämpfung der Stadt Innsbruck die (zulässige) Zimmerlautstärke bei weitem überschritten wurde und dadurch dortige Nachbarn Lärmbelästigungen ausgesetzt waren und in Ihrer Nachtruhe gestört wurden. Ihnen, Frau E. K., wird daher zur Last gelegt, als Wohnungsinhaber eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 1 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl Nr 60/1976, idgF Nr 10/2006 iV mit § 4 Abs 2 der Verordnung zur Lärmbekämpfung im Bereich der Stadt Innsbruck (Gemeinderatsbeschluss vom 20.12.1976) begangen zu haben.

 

Gemäß § 39 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) wird hinsichtlich dieser Ihrer in der obigen Anlastung beschriebenen Stereoanlage der Marke Elta samt sechs Lautsprechern zur Sicherung des Verfalles im Zuge des diesbezüglich gegen Sie im Sinne der obigen Anlastung wegen Übertretung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz in Aussicht stehenden Verwaltungsstrafverfahrens die Beschlagnahme angeordnet und verfügt.?

 

In der Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass nach einer Anzeige des Amtes für Allgemeine Sicherheit der Erstbehörde die Berufungswerberin am 05.05.2008 um 22.17 Uhr in ihrer Wohnung ihre Stereoanlage in einer solchen Lautstärke betrieben hätte, dass die dortigen Nachbarn in ihrer Nachruhe gestört worden seien. In weiterer Folge sei es zur Abnahme der Stereoanlage durch die Behördenorgane gekommen, weil die Angezeigte seitens der wegen Lärmbelästigung eingeschrittenen behördlichen Organe wiederholte Aufforderungen zur Reduzierung der Lautstärke ihrer Stereoanlage missachtet habe. Dies sei ein erschwerender Umstand im Sinne des § 4 Abs 2 Tiroler Landes-Polizeigesetz, weshalb die Beschlagnahme zu Recht erfolge.

 

Gegen diesen Beschlagnahmebescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser führte die Berufungswerberin aus, dass sie die in Rede stehende Stereoanlage der Marke Elta, welche beschlangnahmt worden sei, überhaupt nicht betrieben habe. Sie habe damals einen CD-Spieler betrieben, den ihr ihre Tochter gegeben habe. Sie sei auch grundsätzlich sehr wohl auf die Einhaltung der Nachtruhe bedacht. Es habe sich im gegenständlichen Fall um eine einmalige Aktion gehandelt. Diese ?Aktion? sei von den anderen Hausbewohnern angezettelt worden. Diese seien ihr nicht gut gesonnen. Sie selbst hätte viel mehr Grund sich zu beschweren, da sie immer wieder seitens anderer Hausbewohner durch Lärm belästigt werde. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf ihre schriftliche Beschwerde vom 18.04.2008, welche sie an die Polizei gerichtet habe. Die Niederschrift sei in Kopie beigeschlossen.

 

Auf Sachverhaltsebene ist Folgendes festzuhalten:

Am 05.05.2008 schritten Organe der Magistratsabteilung II der Stadt Innsbruck (Allgemeine Sicherheit, Veranstaltungen und Gewerbe) wegen einer Lärmbelästigung in der Wohnung der Berufungswerberin ein. Die Berufungswerberin spielte laute Musik und erklärte im Zuge des Einschreitens die Musik nicht leiser stellen zu wollen, da sie ihre Nachbarn ärgern wolle.

Nach längerem Zureden erklärte sie, die Musiklautstärke zu reduzieren. Es wurde festgestellt, dass sie die Lautstärke der Musik nach wenigen Minuten wieder erhöhte. Es wurde ihr angedroht, die Musikanlage einzuziehen, wenn die Lautstärke nicht auf ein erträgliches Maß reduziert werde. Dieser Aufforderung kam die Berufungswerberin nicht nach und wurde daher eine Polizeistreife zu Hilfe gerufen. Der Aufforderung der Beamten, die Musik leiser zu stellen, kam die Berufungswerberin nicht nach, sodass schließlich eine Musikanlage der Marke Elta samt 6 Lautsprechern sichergestellt wurde.

 

Die Berufungswerberin scheint bei der Erstbehörde nicht strafvorgemerkt auf.

 

Die Feststellungen in Bezug auf den Geschehnisablauf vom 05.05.2008 ergeben sich aufgrund des Berichtes der Magistratsabteilung II vom 07.05.2008 in Verbindung mit der Bestätigung über die Sicherstellung.

 

Die Feststellungen betreffend das Nichtvorliegen von Verwaltungsstrafvormerkungen bei der Erstbehörde ergeben sich aufgrund einer telefonischen Nachfrage vom 03.06.2008.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Landes-Polizeigesetzes weisen folgenden Wortlaut auf:

 

§ 1

Verbot

?(1) Es ist verboten, ungebührlicher Weise störenden Lärm zu erregen.

(2) Soweit dadurch ungebührlicher Weise störender Lärm erregt wird, ist insbesondere verboten:

?.

d) die Benützung von Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten.?

 

§ 3

Polizeiliche Maßnahmen

?Die Behörde kann, um ungebührlicher Weise hervorgerufenen, störenden Lärm zu beenden Personen, die störenden Lärm verursachen, von einem öffentlichen Ort verweisen; Sachen außer Betrieb setzen, abnehmen oder sicherstellen?

 

§ 4

Strafbestimmungen

?(1) Wer ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt (§ 1), insbesondere einer Verordnung nach § 2, zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht nach einer anderen Rechtsvorschrift strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 1.450,00 zu bestrafen.

(2) Bei Vorliegen von erschwerenden Umständen kann der Verfall der zur Begehung der Tat verwendeten Gegenstände ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände dem Täter oder einem Mitschuldigen gehören.?

 

Die im Gegenstandsfall relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes lautet wie folgt:

 

§ 39

Beschlagnahme von Verfallsgegenständen

?(1) Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

(2) Bei Gefahr in Verzug können auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen. Sie haben darüber den Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.?.

(6) Gegen den Bescheid, mit dem eine Beschlagnahme angeordnet wird, ist in sinngemäßer Anwendung des § 51 Berufung, jedoch ohne aufschiebende Wirkung, zulässig.?

 

Im gegenständlichen Fall erfolgte eine Abnahme einer Stereoanlage samt Lautsprechern auf der Grundlage von § 3 lit b Tiroler Landes-Polizeigesetz. Diese Bestimmung sieht ua die Abnahme von Sachen vor, um die Erregung ungebührlicher Weise hervorgerufenen störenden Lärms zu beenden.

 

Die mit dem angefochtenen Bescheid angeordnete Beschlagnahme gründet sich auf § 39 Abs 1 VStG in Verbindung mit § 4 Abs 2 Tiroler Landes-Polizeigesetz. Die Beschlagnahme erfolgte somit im Hinblick darauf, den als Strafe drohenden Verfall von Gegenständen, durch ihren zwangsweisen Entzug (VwGH 26.04.1993, 90/10/0076), sicherzustellen. Voraussetzung für eine derartige Beschlagnahme ist, dass einerseits der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, vorliegt und andererseits die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls geboten ist (VwGH 21.04.1971, 1139/70).

 

Ob im konkreten Fall eine Beschlagnahme geboten ist, ist daher vor dem Hintergrund zu prüfen, inwieweit im Falle einer Bestrafung wegen der die Beschlagnahme auslösenden Übertretung der Verfall als Strafe nicht nur grundsätzlich möglich wäre, sondern mit dem Ausspruch des Verfalls zu rechnen ist.

 

§ 4 Abs 2 Tiroler Landes-Polizeigesetz sieht vor, dass bei Vorliegen von erschwerenden Umständen der Verfall der zur Begehung der Tat verwendeten Gegenstände ausgesprochen werden kann.

 

Die Formulierung ?erschwerende Umstände? ist wohl vor dem Hintergrund des § 19 Abs 2 VStG zu sehen, welche Bestimmung in Bezug auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe auf die §§ 32 bis 35 StGB verweist, welche ?unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sinngemäß anzuwenden? sind.

 

Als Erschwerungsgründe nach § 33 StGB gelten insbesondere eine Verurteilung wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat, Verführung anderer zur strafbaren Handlung,

Urheber, Anstifter, führend Beteiligter an einer von Mehreren begangenen strafbaren Handlung zu sein, Handeln als rassistischen, fremdenfeindlichen oder besonders verwerflichen Beweggründen, heimtückisches, grausames oder für das Opfer qualvolles Handeln Ausnützen der Wehr- oder Hilflosigkeit eines Anderen bei Begehung der Tat vorsätzliche Begehungsweise, wenn zur Verwirklichung des Deliktes Fahrlässigkeit genügt.

 

Der Verwaltungsstrafvormerk der Berufungswerberin weist keine (einschlägige) Strafvormerkung auf, sodass dieser zweifelsohne als gewichtiger Erschwerungsgrund anzusehende Umstand nicht vorliegt. Wohl ist der Berufungswerberin Vorsatz zu unterstellen, zumal sie mehrfach Aufforderungen, die Musik leiser zu stellen, nicht Folge geleistet hat.

 

Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerberin jedoch der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugute zu halten ist, ist die vorsätzliche Tatbegehung aus Sicht der Berufungsbehörde nicht geeignet, den massiven Rechtseingriff des Verfalls zu rechtfertigen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist beim Ausspruch des Verfalls von Sachen wegen der genannten Bestimmung insbesondere darauf abzustellen, inwieweit der Täter bereits in der Vergangenheit (wegen derselben Übertretung) verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung trat und insbesondere auch (rechtskräftig) bestraft wurde.

 

Soweit die Voraussetzungen für den Ausspruch des Verfalls nicht vorliegen, ist auch die Beschlagnahme von Tatbegehungsmitteln, die ja der Sicherung des Verfalls als Strafe dient, nicht erforderlich.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Als, Erschwerungsgründe, nach, § 33 StGB, gelten, insbesondere. Der, Verwaltungsstrafvormerk, der, Berufungswerberin, weist, keine (einschlägige), Strafvormerkung, auf. In, Hinblick, darauf, dass, der, Berufungswerberin, jedoch, der, Milderungsgrund, der, Unbescholtenheit, zugute, zu, halten, ist, ist, die, vorsätzliche, Tatbegehung, aus, Sicht, der, Berufungsbehörde, nicht, geeignet, den, massiven, Rechtseingriff, des, Verfalls, zu, rechtfertigen
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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