TE UVS Burgenland 2008/07/17 107/14/08003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Schwarz aus Anlass der Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in ***, vom 05.03.2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 19.02.2008, Zl. 390-13-2008, mit dem seinem Antrag vom 15.02.2008 auf Aufschub des Strafvollzuges nicht stattgegeben wurde, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und der Vollzug der von der Bundespolizeidirektion Wr. Neustadt mit Straferkenntnis vom 18.10.2002, zur Zl. S 9725/02, rechtskräftig verhängten Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 26 Tagen gemäß § 54 Abs. 1 VStG, solange der Berufungswerber körperlich schwer krank ist, aufgeschoben.

Text

Nach Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von insgesamt 26 Tagen vom 11.02.2008 durch die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg, stellte der nunmehrige Berufungswerber am 15.02.2008 die Anträge, von der Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund der mangelnden Haftfähigkeit des Beschuldigten abzusehen, allenfalls nach Einholung eines ergänzenden medizinischen Gutachtens, bzw. den Strafantritt auf vorläufig unbestimmte Zeit aufzuschieben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Haftfähigkeit aufgrund eines Lungenleidens und einer schweren Zuckererkrankung nicht gegeben sei sowie, dass der Beschuldigte seinen schwerkranken, bettlägrigen Vater pflegen müsse.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 19.02.2008, Zl. 390-13-2008, wurde dem Antrag auf Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 54a Abs. 1 Z. 2 VStG der von der Bundespolizeidirektion Wr. Neustadt mit Straferkenntnis vom 18.10.2002, zur Zl. S 9725/02, rechtskräftig verhängten Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 26 Tagen, nicht stattgegeben. Dagegen wurde am 05.03.2008 Berufung erhoben.

 

§ 54 Abs. 1 VStG lautet:

An psychisch kranken oder körperlich schwer kranken Personen und an Jugendlichen unter 16 Jahren darf eine Freiheitsstrafe nicht vollzogen werden.

 

§ 54a Abs. 1 VStG lautet:

Auf Antrag des Bestraften kann aus wichtigem Grund der Strafvollzug aufgeschoben werden, insbesondere wenn

1.

durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe die Erwerbsmöglichkeit des Bestraften oder der notwendige  Unterhalt der ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gefährdet würde oder

2.

dringende Familienangelegenheiten zu ordnen sind.

 

Durch § 54 VStG wird das Individualinteresse jener Personen, auf die eines der in dieser Bestimmung vorgesehenen Merkmale zutrifft, nämlich dass an ihnen während der Dauer des betreffenden Zustandes eine Freiheitsstrafe nicht vollstreckt wird, rechtlich geschützt. Eine bescheidmäßige Abweisung eines auf Haftaufschub gerichteten Antrages würde, sofern die Voraussetzungen des § 54 VStG vorlägen, das aus dieser Gesetzesbestimmung erfließende subjektive Recht der betreffenden Person verletzen (vgl. VwGH 17.10.1984, 84/03/0173). Für die Beurteilung eines Antrages auf Aufschub des Strafvollzuges nach § 54a Abs. 1 VStG und der diesbezüglichen Ermessensausübung ist daher Voraussetzung, dass der Berufungswerber nicht körperlich schwer krank ist.

 

Gemäß den im erstinstanzlichen Akt befindlichen Gutachten vom 12.11.2003, 04.02.2005 und 24.02.2006 durch den Amtsarzt Dr. *** wurde beim Berufungswerber Diabetes mellitus, hochgradige Adipositas, sowie hochgradiges OSAS, COPD in Verbindung mit respiratorischer Globalinsuffizienz diagnostiziert; demnach wurde der Berufungswerber zu den jeweiligen Zeitpunkten als dzt. nicht haftfähig beurteilt. Im Gutachten des Amtsarztes vom 30.01.2008 wurde Folgendes ausgeführt:

Wie aufgrund der Vorgeschichte und der mit heutigem Datum erhobenen Befunde ersichtlich, besteht bei Herrn *** Diabetes mellitus, hochgradige Adipositas, hochgradiges OSAS, COPD in Verbindung mit respiratorischer Globalinsuffizienz, die durch Verwendung einer nächtlichen Atemhilfe gut kompensiert ist. Danach muss Herr *** derzeit als haftfähig beurteilt werden.

 

Die gutachterliche Stellungnahme vom 30.01.2008 geht vom gleichen Krankheitsbefund wie in den angeführten Vorgutachten aus. Es ergibt sich daraus nicht, dass der Berufungswerber nunmehr nicht schwer krank sei, sondern dass die Krankheit nur gut kompensiert ist und er deswegen als haftfähig beurteilt wurde. Im Gegensatz zur gerichtlichen Strafhaft, bei der lediglich die Haftfähigkeit Voraussetzung für den Haftvollzug ist, dürfen Verwaltungsfreiheitsstrafen an Menschen, die schwer krank sind, nicht vollstreckt werden, solange dieser Zustand andauert (vgl. auch § 7 Abs. 5 Anhalteordnung). Gemäß der Aktenlage ist der Berufungswerber noch immer schwer krank.

 

Die Entscheidung über den Nichtvollzug bzw. über einen diesbezüglichen Antrag gemäß § 54 VStG ? weil damit über ein subjektives Recht des Bestraften abgesprochen wird ? hat durch Bescheid zu erfolgen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, dass der Aufschub des Strafvollzuges gewährt wird, solange der Berufungswerber körperlich schwer krank ist.

Schlagworte
Haftaufschub, gerichtliche Strafhaft, Haftfähigkeit, Haftvollzug, Verwaltungsfreiheitsstrafen, Krankheit
Zuletzt aktualisiert am
13.08.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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