TE UVS Tirol 2008/07/23 2007/13/2630-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Herrn J. M., vertreten durch P. und S., Anwaltspartnerschaft in F., XY-Straße 4, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 29.08.2007, VK-2604-2007, nach der am 11.03.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.000,00, bei Uneinbringlichkeit 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten  des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 100,00 neu festgesetzt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern konkretisiert, als der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 13 Abs 1a Z 3 GGBG begangen hat. Die Strafnorm hat § 27 Abs 3 Z 5 lit a GGBG zu lauten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 19.05.2007 um 14.50 Uhr

Tatort: Musau, B 179 bei km 46,6, Fahrtrichtung Deutschland

Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug Kennzeichen XY, Anhänger Kennzeichen: XY

 

Die Beförderungseinheit war mit folgenden gefährlichen Gütern beladen:

UN 2590 Asbest, weiß 9, III / 130 Big Bags 20.980 kg

 

Sie haben als Beförderer das gefährliche Gut mit der umseitig angeführten Beförderungseinheit befördert und es unterlassen, im Rahmen des § 7 Abs 1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) sich zu vergewissern, dass die Vorschriften für die Beförderung in loser Schüttung eingehalten werden. Das beförderte gefährliche Gut wurde in loser Schüttung transportiert, obwohl dies in Kapitel 3.2 Tabelle A, Spalte 10 bzw 17 nicht vorgesehen ist. Das Fahrzeug war für den Transport in loser Schüttung gekennzeichnet, obwohl die UN Nr 2590 Asbest weiß in loser Schüttung nicht befördert werden darf. Laut Mitteilung der Firma I. waren 2/3 der Big Bags auf der Ladefläche an mehreren Stellen aufgerissen, wobei geringe Menge vom Stoff ausgetreten ist?.

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs 1, § 7 Abs 2, § 13 Abs 1a Z 1 begangen, weshalb über ihn gemäß § 27 Abs 2 Z 3 GGBG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.

 

In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter in den Wesentlichen vor, dass er rechtlich nicht für den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verantwortlich sei. Es handle sich nicht um Gefahrgut, zudem wäre die Transportart zulässig. Zu keiner Zeit seien die Bags aufgerissen gewesen und sei nichts ausgetreten.

Es wurde nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde am 11.03.2008 eine öffentlich mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Zeugen GI J. K. sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt als auch in den Akt der Berufungsbehörde sowie insbesondere in den Akt uvs-2007/17/2629. Der Berufungswerber ist trotz ausgewiesener Ladung an seine Rechtsvertreter zur durchgeführten Berufungsverhandlung nicht erschienen.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

S. L. wurde am 19.05.2007 um 14.50 Uhr als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen XY in Musau auf der B 179 bei Strkm 46,60 in Fahrtrichtung Deutschland einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen.

 

Bez Insp J. K. hat aufgrund der aufgeklappten orangefarbenen Tafel sofort erkannt, dass es sich beim gegenständlichen Transport um einen Gefahrguttransport handelt. Im Zuge der Kontrolle konnte von Bez Insp J. K. festgestellt werden, dass die Beförderungseinheit mit den gefährlichen Gütern UN 9590 Asbest, weiß, 9, III-130 Big Bags, 20.980 kg beladen war. Die Big Bags lagen wie aus den im Verwaltungsstrafakt befindlichen Lichtbildern ersichtlich kreuz und quer im Zugfahrzeug bzw im Anhänger. Sie wiesen bis zu 15 cm große Löcher auf, wodurch Asbest austreten konnte bzw teilweise bereits auch ausgetreten war.

Bez Insp J. K. war bekannt, dass es sich bei Asbest um einen bei vor allem beim Einatmen hoch giftigen Stoff handelt. Es wurde daher von ihm der Journaldienst der Bezirkshauptmannschaft Reutte verständigt, um die weitere Vorgangsweise, insbesondere was mit dem Weitertransport zu geschehen habe, abzuklären. In der Folge wurde auch die Landeswarnzentrale, ebenso wie der Landeschemiker von der gegenständlichen Anhaltung verständigt. Nach Beratungen und insbesondere nach der diesbezüglichen Auftragserteilung vom Berufungswerber und der italienischen Firma I. R. Srl, welche als Absender in dem von S. L. ausgehändigten Frachtbrief aufscheint, wurde der Firma I. der Auftrag erteilt die Big Bags umzuladen und den Asbest anständig zu verwahren. Die Firma I. ist das einzige Unternehmen in Tirol, welches geeignet und befugt ist Asbest zu behandeln. Ca eine Woche später, nämlich am 25.10.2007 war die Umladung abgeschlossen und das in Rede stehende Sattelkraftfahrzeug konnte für die Weiterfahrt freigegeben werden.

 

Anlässlich der Anhaltung gab der Lenker S. L. zunächst an, dass er bei der Verladung bei der Firma in Italien dabei gewesen sei und man die Big Bags mit einem Gabelstapler hineingeworfen hätte. Etwas später hatte er sodann seine Angaben etwas abgeschwächt in dem er mitteilte, dass er gedacht hätte, es sei eine anständige Verladung gewesen.

 

Festgehalten wird, dass der gegenständliche Transport als lose Schüttung gekennzeichnet war. Wären die Big Bags nicht aufgerissen gewesen, wäre es im Gegenstandsfall nicht zur Anzeige gekommen.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus der diesem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Anzeige der Polizeiinspektion Vils vom 24.05.2007, Zahl A2/4450/1/2007, in Verbindung mit der Zeugenaussage des Meldungslegers Bez Insp J. K. sowie schließlich aus den dieser Anzeige angeschlossenen Unterlagen, welche vom Lenker S. L. anlässlich der Anhaltung vorgewiesen wurden. Weder der Lenker S. L. im Verfahren uvs-2007/17/2629 noch der Berufungswerber J. M. sind zur durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erschienen und haben sich somit des Beweismittels ihrer Einvernahme begeben.

 

Für die Berufungsbehörde besteht kein Grund die Angaben des Zeugen Bez Insp J. K. auch nur ansatzweise in Zweifel zu ziehen, überdies ergibt sich aus den im Berufungsakt befindlichen Lichtbildern eindeutig, dass die Big Bags aufgerissen waren und eben teilweise der giftige Asbest ausgetreten ist. Dass der gegenständliche Gefahrguttransport als Transport in loser Schüttung gekennzeichnet war, gibt sich ebenfalls aus den erwähnten Lichtbildern im Berufungsakt.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 13 Abs 1a Z 3 GGBG hat der Beförderer im Rahmen des § 7 Abs 1 zu prüfen, sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.

 

§ 7 Abs 1 normiert, dass die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, um Schadensfälle zu verhindern und bei Eintritt eines Schadens dessen Umfang so gering wie möglich zu halten. Sie haben jedenfalls die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten. Die Beteiligten haben im Fall einer möglichen unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit unverzüglich die Einsatz- und Sicherheitskräfte zu verständigen und mit den für den Einsatz notwendigen Informationen zu versehen.

 

Gemäß § 2 Z 1 GGBG gilt für die Beförderung gefährlicher Güter das Europäische Übereinkommen über die internationale  Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR).

 

Nach den ADR, Kapitel 4 1.1.1 Bestimmungen über die Verwendung von Verpackungen und Großpackmittel dürfen Verpackungen weder beschädigt noch geringe Mengen des Gefahrgutes ausgetreten sein.

 

Im Gegenstandsfall wurde von S. L. Asbest transportiert. Bei der Kontrolle des Gefahrguttransportes der J. M. Transport GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Berufungswerber ist, wurde festgestellt, dass ein Teil der Versandstücke aufgerissen und geringe Mengen des Gefahrgutes ausgetreten waren. Dadurch handelte es sich beim Asbest um einen unverpackten festen Stoff und somit als Beförderung in loser Schüttung. Die Beförderung des Gefahrgutes UN 2590 Asbest in loser Schüttung ist nach Kapitel 2.3. Tabelle A, Spalte 10 bzw 17 ADR nicht zulässig.

 

Der Berufungswerber hat daher als Beförderer des in Rede stehenden Gefahrguttransportes gegen obgenannte Bestimmungen in objektiver Hinsicht zu wider gehandelt.

 

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines ?Ungehorsamsdeliktes?, als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt, tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachen? bedeutet, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen.

 

Die im GGBG normierte Verhaltenspflicht für den Beförderer, welche unabhängig von der Verantwortung des Lenkers und des Verladers/Absenders existiert, verlangt nun zwar nicht, dass der Beförderer bzw der für diesen Verantwortliche selbst das Fahrzeug und die Ladung dahingehend überprüft, ob sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, sondern ist es im Hinblick auf die im heutigen Wirtschaftsleben vielfach notwendige Arbeitsteilung zulässig, dass er sich zur Erfüllung der ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen anderer Personen bedient. In diesem Fall hat er aber jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grund erwarten lassen, dass Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften vermieden werden. Dh, dass der Beförderer bzw der für diesen Verantwortliche die Einhaltung der Verpflichtungen durch beauftragte dritte Personen, wie beispielsweise Fahrzeuglenker, durch die Einrichtung eines wirksamen Schulungs- und Kontrollsystems sicherzustellen hat.

 

Im Gegenstandsfall hat der Berufungswerber das Existieren eines Kontrollsystems in seinem Transportunternehmen nicht einmal behauptet. Es ist ihm daher nicht gelungen mangelndes Verschulden darzutun, weshalb er den gegenständlichen Tatvorwurf auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass gemäß § 27 Abs 3 Z 5 GGBG derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, der als Beförderer gefährlicher Güter entgegen § 13 Abs 1a als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs 1a Z 2, 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 oder § 23 Abs 2 Z 2, 3 oder 6 oder § 24a Abs 1 Z 2, 3, 4, 5, 6 oder 7 befördert.

 

Gemäß § 27 Abs 3 Z 5 lit.a GGBG ist eine Verwaltungsübertretung wie die gegenständliche mit Geldstrafe von Euro 750,00 bis Euro 50.000,00, bei Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wenn der Mangel gemäß § 15a in die Gefahrenkategorie I einzustufen ist.

 

Eine Beförderung gefährlicher Güter (Asbest) bei welchem ein Transport in loser Schüttung nicht zugelassen ist, stellt laut § 15a GGBG einen Mangel dar, der in die Gefahrenkategorie I einzustufen ist.

 

Als Verschuldensgrad wird dem Berufungswerber Fahrlässigkeit zur Last gelegt.

 

Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet, erschwerende Umstände lagen keine vor.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich, weil durch den gegenständlichen Vorfall die Gefahren für das Leben und die Sicherheit aller übrigen Verkehrsteilnehmer wesentlich erhöht worden ist.

 

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungskriterien sowie unter Berücksichtigung des im gegenständlichen Fall normierten Strafrahmens von Euro 750,00 bis Euro 50.000,00 ist die Berufungsbehörde der Ansicht, dass die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe mit Euro 1.500,00 zu hoch bemessen wurde und konnte diese von Euro 1.500,00 auf Euro 1.000,00 herabgesetzt werden. Die Verhängung der Geldstrafe in dieser Höhe ist schuld- und tatangemessen und auch bei allenfalls ungünstigen Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers keinesfalls überhöht.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Im, Gegenstandsfall, hat, der, Berufungswerber, das, Existieren, eines, Kontrollsystems, in, seinem, Transportunternehmen, nicht, einmal, behauptet. Es, ist, ihm, daher, nicht, gelungen, mangelndes, Verschulden, darzutun, weshalb, er, den, gegenständlichen, Tatvorwurf, auch, in, subjektiver, Hinsicht, zu, vertreten, hat
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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