TE UVS Steiermark 2008/08/08 30.16-104/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn F W, vertreten durch R und W, Rechtsanwälte GmbH, in L, H 28, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 20.06.2008, GZ.: A10/1P-2945949/SER, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 14.03.2008 in Zeit von 09:22 Uhr bis 09:48 Uhr sein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz (innerhalb einer Parkzone) in G, vor dem Haus M in der Nähe des Hauses Nr. 13 ohne Automatenparkschein geparkt, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Automatenparkschein zu entrichten. Er habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr fahrlässig verkürzt. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 2006, LGBl. Nr. 37/2006 iVm §§ 1, 2, 6 und 7 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 19.04.2007, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 5 vom 16.05.2007 wurde über ihn daher gemäß § 12 Abs 1 leg cit wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von ?

35,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden festgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der Ausweis des Berufungswerbers gemäß § 29 b StVO beim Parken ordnungsgemäß hinter der Windschutzscheibe des Beschuldigtenfahrzeuges gut erkennbar angebracht gewesen wäre. Aus diesem Grund habe der Beschuldigte natürlich keinen Parkschein gelöst und ein solcher im Beschuldigtenfahrzeug auch nicht vorgefunden werden können. Dem § 29 b StVO sei nicht zu entnehmen, welche Seite des Behindertenausweises hinter der Windschutzscheibe deutlich sichtbar sein müsse. Der Ausweis des Beschuldigten sei derart angebracht gewesen, dass die Personaldaten des Beschuldigten deutlich erkennbar waren, wie insbesonders auch der Umstand, dass es sich überhaupt um einen Behindertenausweis gemäß § 29 b StVO handelte. Zusätzlich habe der Beschuldigte auch die Ausweisnummer auf einem Zettel mit großer Schrift beigelegt. Es werde sohin der Antrag gestellt in Stattgebung dieser Berufung den angefochtenen Bescheid zur Gänze ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahrens mangels Vorliegens eines strafbaren Tatbestandes einzustellen, in eventu aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hatte unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Das mehrspurige Kraftfahrzeug des Berufungswerbers mit dem behördlichen Kennzeichen war zufolge der Beobachtungen eines beeideten Aufsichtsorgans der Stadt Graz am 14.03.2008 in der Zeit von 09:22 bis 09:48 Uhr in G in der Nähe des Hauses M 13 abgestellt. Dieser Abstellbereich ist ein gebührenpflichtiger Parkplatz und liegt innerhalb einer entsprechend verordneten gebührenpflichtigen Parkzone. Im Fahrzeug des Berufungswerbers war hinter der Windschutzscheibe deutlich sichtbar ein Behindertenausweis gemäß § 29 b StVO insoferne hinterlegt, als die Personaldaten (Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Wohnanschrift) des Inhabers, eine amtliche Stempelmarke und der Hinweis, dass der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar anzubringen hat, unzweifelhaft erkennbar waren. Des Weiteren soll nach den Behauptungen des Berufungswerbers auch ein Zettel mit der Ausweisnummer im Fahrzeug hinterlegt gewesen sein. In rechtlicher Hinsicht ist nunmehr auszuführen: Gemäß § 6 Abs 1 Z 5 StPGG 2006 sind Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt werden oder in denen solche Personen gemäß § 29 b Abs 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29 b Abs 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind, von der Abgabepflicht ausgenommen. Gemäß § 3 Z 5 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 ist die Parkgebühr nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd gehbehinderten Personen abgestellt werden, oder in denen solche Personen gemäß § 29 b Abs 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit Ausweis gemäß § 29 b Abs 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind. Gemäß § 29 b Abs 3 lit b StVO in der Tatzeit geltenden Fassung dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs 1 befördern unter anderem in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung parken. Gemäß § 29 b Abs 4 StVO hat der Inhaber des Ausweises gemäß Abs 1 diesen beim Halten gemäß Abs 2 den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs 1 lit d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen. Mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung) - BGBl. 253/2000, wurde wie aus der Anlage zu dieser Verordnung ersichtlich, ein neues Erscheinungsbild für derartige Ausweise festgelegt und in § 4 der zitierten Verordnung verfügt, dass Ausweise, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung ausgegeben wurden und die der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16.11.1976 über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen im Sinne des § 29 b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, weiterhin gültig bleiben. Der Berufungswerber hat offensichtlich einen alten Ausweis im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen verwendet. Die belangte Behörde ist offenbar selbst davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Aufsichtsorgan im Fahrzeug des Berufungswerbers hinterlegten Dokument um einen Behindertenausweis gemäß § 29 b StVO in jenem Erscheinungsbild handelte, welches der Rechtslage vor der zitierten Verordnung BGBl. Nr. 252/2000 entsprach und zu dessen Verwendung zufolge obiger Ausführungen der Berufungswerber berechtigt ist. Dem Berufungswerber ist zuzustimmen, dass weder das Steiermärkische Parkgebührengesetz bzw. die Grazer Parkgebührenverordnung, noch die Bestimmungen des § 29 b StVO dezidiert vorschreiben, dass nur oder auch die Vorderseite besagten Behindertenausweises ersichtlich sein müssen. Der Hinweis auf dem neuen Formular, wonach die Vorderseite des Ausweises gut sichtbar sein muss, hat für den Anlassfall keine verfahrensrelevante Bedeutung. Für die erkennende Behörde ergibt sich somit, dass von einer an sich (noch) durchaus ausreichenden Kennzeichnung des geparkten Kraftfahrzeuges mittels eines Behindertenausweises gemäß § 29 b StVO 1960 ausgegangen werden kann, wobei nicht verkannt werden soll, dass der Erkenntlichkeit der ausstellenden Behörde, welche im Allgemeinen aus dem Entwertungsstempel der deutlich erkennbaren Stempelmarke ersichtlich ist, dem Ausstellungsdatum sowie auch der Ausweisnummer Priorität zukommt, der durch den erwähnten Hinweis auf den neuen Ausweisformularen entsprechend Rechnung getragen wurde. Ungeachtet dessen war im Anlassfall unzweifelhaft ein Behindertenausweis im Sinne des § 29 b StVO 1960 im Fahrzeug des Berufungswerbers hinterlegt, was insbesondere auch durch das seitens der belangten Behörde angefertigte Lichtbild dokumentiert wird. Durch die am ersichtlichen Teil des hinterlegten Dokumentes aufscheinenden wesentlichen Daten wäre es durchaus möglich gewesen, bei allenfalls aufgetretenen Zweifeln an einer berechtigten Verwendung dieses Ausweises durch geeignete Rückfragen sicherzustellen, ob für die Person des Berufungswerbers ein Behindertenausweis ausgestellt wurde, dies auch ungeachtet seines diesbezüglichen persönlichen Vorbringens. Festzuhalten ist somit, dass am Besitz eines Behindertenausweises durch den Berufungswerber schlechthin niemals Zweifel bestanden. Da das Fahrzeug des Berufungswerbers unter nochmaligem Hinweis auf die zitierten gesetzlichen Bestimmungen somit von der Entrichtung einer Parkabgabe befreit war, zumal im Ergebnis von einer Kennzeichnung mit einem Ausweis im Sinne des § 29 Abs 1 StVO ausgegangen werden konnte, hat er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Der Berufung war daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Parkgebühren Ausnahme Gehbehindertenausweis Kennzeichnung Anbringung Vorderseite Personaldaten
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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