TE UVS Tirol 2008/09/07 2008/22/2559-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn M. B., geb XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 23.07.2008, Zl VK-9371-2007, betreffend Übertretungen nach der StVO § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

I.

Der Berufung gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

 

II.

Der Berufung gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf den gegenständlichen Tatvorwurf  gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 05.09.2007, 07.45 Uhr

Tatort: Gemeinde Kals am Großglockner, B 108 bei km 6,700 n Fahrtrichtung 9900 Lienz

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

1. Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 11 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

2. Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 11 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) und 2) § 20 Abs 2 StVO

 

Über ihn wurden folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von, Freiheitsstrafe von, Gemäß

 

1)

Euro 40,00, 1) 12 Stunden, § 99 Abs 3 lit a StVO

1)

Euro 40,00, 1) 12 Stunden, § 99 Abs 3 lit a StVO

 

Weiters wurde ein anteiliger Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin vorgebracht wie folgt:

 

?Ich, B. M., geb. am XY, erhebe Berufung gegen die Straferkenntnis, weil ich diese Tat(en) nicht begangen habe. Die Gründe dafür, welche auch für diese Berufung gelten, habe ich Ihnen bereits im Einspruch vom 10.10.2007 mitgeteilt. Ich habe auch dem Polizist schon damals bei der Anhaltung gesagt, dass ich nicht zu schnell gefahren bin. Worauf mir der Polizist die Wahl stellte 50 Euro zu bezahlen, oder angezeigt zu werden. Danach sagte ich Ihm, dass ich nicht für Taten bezahle, die ich nicht begangen habe.

 

Außerdem wundere ich mich über die Änderung der Tatvorwürfe. In der Strafverfügung vom 01.10.2007 werfen Sie mir zwei Verwaltungsübertretungen an verschiedenen Orten zu verschiedener Zeit vor. In der Straferkenntnis vom 23.07.2008 jedoch werfen Sie mir zwei Verwaltungsübertretungen an gleichem Ort und zu gleicher Zeit vor.?

 

Mit Eingabe vom 16.09.2008 ergänzte der Berufungswerber seine Berufung noch wie folgt:

 

?Da eine Fahrt von P. nach Innsbruck mit hohen Fahrtkosten verbunden ist möchte ich mich mit dieser Stellungnahme an der Verhandlung beteiligen.

Weil ich erst am 04.09.2008 die Gelegenheit hatte eine Kopie der Anzeige der Polizei anzufordern, wusste ich bis dahin nicht, dass die Polizei in ihrer Anzeige angegeben hatte, dass ich die Messmethode des Nachfahrens an sich in Frage gestellt hätte.

Ich habe damals bei der Anhaltung nur gesagt, dass ich eine Anzeige vorziehe, da ich nicht zu schnell gefahren bin. Da ich die genaue Rechtssprechung nicht kenne und nicht weiß, ob die Einsatzfahrzeug-Regelung bezüglich Geschwindigkeitsübertretungen ohne einschalten der Einsatzbeleuchtung auch für Polizeifahrzeuge gilt, merke ich noch an, dass diese Beleuchtung während der gesamten Fahrt aus war.

 

Zur Anzeige vom 23.09.2007:

Hier stelle ich die Ermittlung der tatsächlichen Geschwindigkeit in Frage, da mit dem Dienstwagen der Polizei kein genauer Geschwindigkeitswert sondern nur ein Geschwindigkeitsbereich ermittelt wurde. Wäre ich beispielsweise an den angegebenen Stellen tatsächlich zu schnell, aber ?nur" mit 120 km/h (laut Tachograph im Polizei-Dienstwagen) gefahren, dann hätte die anschießende Vergleichsmessung mit dem Lasergerät wahrscheinlich einen niedrigeren Wert ergeben.

 

Der Dienstwagen der Polizei wurde von mir kurz vor dem Ortsgebiet H. überholt, in der Annahme dieser würde gleich die Rechtsabbiegung Richtung Polizeiinspektion H. bzw Defereggental nutzen. Laut Angaben der Polizei war der Dienstwagen aber in Richtung Lienz unterwegs und nicht beabsichtigt die Rechtsabbiegung zur Inspektion wahrzunehmen, dadurch war dieses Überholmanöver vollkommen überflüssig. Und deshalb dürfte der Polizist auf mich aufmerksam geworden sein. Der Dienstwagen der Polizei hat sich zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich nicht mit 100 km/h, wie in der Anzeige angegeben, bewegt, da einige Meter darauf die Kreuzung mit der Rechtsabbiegung bzw der Tempo 80 Bereich beginnt.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie Einvernahme des Meldungslegers  anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2007.

 

Weiters wurde per 18.09.2008 eine Anfrage an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV), Herrn Ing. S., zu grundsätzlichen Fragen der Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren und Ablesen vom ungeeichten Tacho des Dienstkraftfahrzeuges gerichtet.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Zu Spruchpunkt I.

 

Hier hat das ergänzende Ermittlungsverfahren ergeben, dass selbst bei Zugrundelegung der Angaben des Meldungslegers zur gefahrenen Geschwindigkeit lt. Tacho des Dienstkraftwagens (125 km/h) eine Bestrafung des Beschuldigten ausscheidet. Der seitens der Berufungsbehörde eingeholten Stellungnahme des Sachverständigen beim BEV, Ing. S., vom 22.09.2008 ist nämlich zu entnehmen, dass die Annahme der Berufungsbehörde, im gegenständlichen Fall sei von der mittels Laserkontrollmessung korrigierten Geschwindigkeit von 115 km/h noch 10 Prozent Toleranz (und nicht 3 Prozent) in Abzug zu bringen, richtig ist, zumal bei einem Abzug von (lediglich) 3 Prozent zwar die Toleranz des Lasers, nicht aber die Unsicherheiten des Nachfahrvorganges selbst ausreichend Berücksichtigung fanden. Diese Unsicherheiten beim Nachfahren, insbesondere was die Einhaltung eines gleich bleibenden Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug betrifft,  hat der Meldungsleger selbst bei seiner Einvernahme eingehend geschildert. Lässt man die von Ing. S. in Bezug auf die Messung des Dienstkraftfahrzeuges mittels Laser angesprochenen Bedenken außer Acht und zieht von den 115 km/h 10 Prozent Toleranz ab, kommt man auf eine vorwerfbare Geschwindigkeit von ca. 103 km/h. Mit dieser äußerst geringfügigen Überschreitung sind jedoch die Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG gegeben, wonach die Behörde dann von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Spruchpunkt II.

 

Hier hat die Behörde I. Instanz dem Beschuldigten die bereits unter Spruchpunkt 1. vorgeworfene Tat nochmals zur Last gelegt. Dies bedeutet im Ergebnis eine unzulässige Doppelbestrafung und war daher schon aus diesem Grunde spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Geschwindigkeitsüberschreitung, Geschwindigkeitsmessung, durch, Nachfahren, und, Ablesen, von, ungeeichten, Tacho, Toleranzen
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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