TE UVS Tirol 2008/10/23 2008/K3/1846-1

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 3, bestehend aus dem Kammervorsitzenden Dr. Alfred Stöbich sowie den weiteren Mitgliedern Dr. Martina Strele und Mag. Albin Larcher, über die Berufung des Herrn A. G., K., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 09.06.2008, Zl IIb2-3-6-4-288/2, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 123 Abs 1 KFG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Tirol den Antrag des Herrn A. G. (im Spruch unterlief diesbezüglich offensichtlich ein Irrtum, zumal der Antragsteller dort mit Dr.med. H. P. angeführt ist) auf Erteilung einer Bewilligung zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn für den privaten PKW der Marke XY, Fahrzeugidentifikationsnummer XY, Kennzeichen XY, gemäß § 20 Abs 4 und 5 lit b iVm § 22 Abs 5 KFG ab.

 

Dieses Ansuchen wurde vom Antragsteller im Wesentlichen damit begründet, dass er bereits mehrere Jahre als Bergretter, First Responder, Kriseninterventionsmitarbeiter, Mitglied der Lawinenkommission und in der Katastropheneinsatzleitung der Gemeinde K. tätig sei. Seitens des Antragsstellers wurden seine Tätigkeiten als First Responder, in der Krisenintervention, der Katastropheneinsatzleitung und der Lawinenkommission näher erläutert und ausgeführt, dass das Sichtbarmachen des Fahrzeuges durch Sondersignale manche Arbeit (Straßensperren bei Gefahr in Verzug, bis die baulichen Sperren errichtet seien usw) erleichtern würde.

 

Die Tätigkeit als First Responder wurde insoweit näher dargestellt, als es sich dabei um freiwillige Ersthelfer handeln würde, die bei medizinischen Notfällen, Unfällen aller Art und sonstigen Notrufereignissen von der Leitstelle des Roten Kreuzes in Lienz gleichzeitig mit Notarzt, Rettungswagen und Rettungshubschrauber alarmiert würden. Dieser Dienst sei eingerichtet worden, da gerade in peripheren Gemeinden die Anfahrtszeit für Notarzt und Rettung längere Zeit beanspruchen würde. Das Rote Kreuz habe in vielen Gemeinden aus diesem Grund Rettungssanitäter für diesen Dienst mit allem notwendigen Rettungsmaterial ausgerüstet, um zeitig schnell und effektiver helfen zu können. Dieser Dienst habe sich sehr bewährt. Die ortsgebundenen First Responder seien nach wenigen Minuten am Notfallgeschehen. Die Anfahrt zur Notfallstelle durch diese freiwilligen Dienste erfolge daher ausschließlich mit dem privaten PKW. Die Dienste des First Responder würden auch unter die im § 20 Abs 5 lit b, f und i KFG angeführten Genehmigungsvorrausetzungen hineinfallen.

 

Die Erstbehörde bezog sich bei ihrer abweislichen Entscheidung insbesondere auf ein Judikat des VwGH vom 28.06.1994 und führte aus, dass eine Bewilligung von Blaulicht und Folgetonhorn nach § 20 (Abs 5) KFG gegenüber Einzelpersonen nur bei Ärzten im Sinne des Ärztegesetzes zulässig sei.

 

Gegen diese abweisliche Entscheidung wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wurde zunächst ausgeführt, dass der Antrag auf Bewilligung zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht nur von Fahrzeughalter gestellt werden könnte. Da für die von ihm beschriebenen Rettungsdienste ausschließlich Privatfahrzeuge Verwendung finden würden, könnten nur Einzelpersonen diesen Antrag stellen.

 

Der beschriebene Rettungsdienst erfolge, wenn auch freiwillig, im Auftrag oder unter dem Kommando einer institutionalisierten Rettungsorganisation (Rotes Kreuz usw).

 

Soweit in der Begründung des Bescheides die Begriffe ?Hilfsdienst? und ?Rettungsdienst? näher erläutert würden und ein bestimmtes Maß an Organisation gefordert sei, müsse entgegengehalten werden, dass auch eine Hebamme, die berechtigt sei, Hausgeburten durchzuführen, sehr wohl eine Bewilligung erhalten könnte. Auch sie sei Einzelperson im Auftrag einer Institution (Gemeinde, Krankenanstalt usw). Auch müsse darauf hingewiesen werden, dass bei Inkrafttreten dieses Gesetzes der Dienst des First Responders noch gar nicht bestanden habe und daher auch nicht im Gesetz angeführt hätte werden können.

 

Bezugnehmend auf das in der Bescheidbegründung angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes führte der Berufungswerber weiter aus, dass die Dienstleistung eines Tierarztes in keiner Vergleichbarkeit mit dem institutionalisierten Dienst eines First Responders stehe. Letzterer würde von der Leitstelle des Roten Kreuzes zu Unfällen und medizinischen Notfällen mit schweren oder lebensbedrohlichen Verletzungen oder akuten Erkrankungen gerufen. Das zitierte Erkenntnis sei daher sachlich unpassend und als nicht zutreffend zu bezeichnen.

 

Dass eine Bewilligung für die Anbringung von Blaulicht dahingehend Folgewirkungen hätte, dass in anderen Bereichen zahlreiche Bewilligungen erteilt werden müssten, sei eine unzulässige Verallgemeinerung. Der First Responder würde nämlich von der Leitstelle des Roten Kreuzes zu einem genau definierten Notfall gerufen werden. Die Dringlichkeit der zitierten Notfälle dürfe und könne nicht mit den Einzelgenehmigungen für Feuerwehr und Bergrettung verglichen werden.

Es sei verständlich, dass die Behörde das Ziel verfolge, das Blaulicht zu schützen und darauf zu achten, dass seine Wirkung nicht vermindert würde. Dies könne jedoch nicht soweit gehen, dass es für jenen Dienst, für den es ausgerichtet sei, nicht mehr bewilligt werde. Es stelle sich auch die Frage, weshalb für Fahrzeuge einer Gebäudereinigungsfirma, eines Energieversorgers oder eines Verkehrsunternehmens Bewilligungen für Sondersignale erteilt würden, während eine solche Bewilligung in Bezug auf den Dienst eines First Responders, der schnellste Hilfe bei lebensbedrohlichen Verletzungen bzw Erkrankungen leiste, versagt würde. Im Hinblick auf die jährlichen Einsatzzahlen wäre auch eine Inflation (von Bewilligung) nicht zu befürchten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

§ 20 Abs 4 und Abs 5 KFG lauten wie folgt:

?(3)

(4) Andere als die im § 14 Abs 1 bis 7, in den §§ 15 und 17 bis 19 und in den Abs 1 bis 3 angeführten Schweinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder andere Lichtfarben dürfen nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes an Kraftfahrzeugen und Anhängern angebracht werden und nur, wenn der Antragsteller hiefür einen dringenden beruflichen oder wirtschaftlichen Bedarf glaubhaft macht. Diese Bewilligung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs 5 bis 7 zu erteilen, wenn die Verkehrs- und Betriebssicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird und wenn nicht zu erwarten ist, dass andere Verkehrsteilnehmer durch diese Leuchten und Lichtfarben abgelenkt oder getäuscht werden können, wie insbesondere bei beleuchteten Werbeflächen oder Leuchten, die so geschaltet sind, dass der Eindruck bewegter Lichter entsteht.

(5) Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht dürfen bei nicht unter Abs 1 lit d fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

a)

ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,

b)

für den öffentlichen Hilfsdienst,

c)

für den Rettungsdienst,

d)

für den ärztlichen Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern,

e)

für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit. d zur Verfügung stehen; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Ärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen oder

f)

für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind,

g)

für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen,

h)

für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden, oder

i)

für freipraktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt. In den Fällen der lit d und lit h ergeht die Bewilligung an die Institution oder Krankenanstalt, die den Bereitschaftsdienst organisiert. Die Bewilligung erstreckt sich auf ein oder mehrere Fahrzeuge dieser Institutionen oder auf die jeweils von der Institution namhaft gemachten Fahrzeuge der Bereitschaftsdienst versehenden Ärzte. Die Warnleuchten mit blauem Licht dürfen jeweils nur an dem Fahrzeug angebracht werden, das tatsächlich für einen bestimmten Bereitschaftsdienst eingesetzt wird und nur auf die Dauer des Bereitschaftsdienstes und nur während der Verwendung dieses Fahrzeuges für Einsatzfahrten.

(6).?

 

Gemäß § 22 Abs 4 KFG dürfen Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinander folgenden verschiedenen hohen Tönen (Folgetonhorn), außer in den Absätzen 5 und 6 angeführten Fällen nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes angebracht werden. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn diese Vorrichtungen sonst den Bestimmungen des Abs 1 3. und 4. Satz entsprechen. Für die Erteilung der Bewilligung gilt § 20 Abs 5 KFG sinngemäß.

 

Bei der Prüfung der Bewilligungsvorraussetzungen ist im gegenständlichen Fall zunächst zu klären, inwieweit im Zusammenhang mit der vom Berufungswerber beschriebenen Tätigkeit davon gesprochen werden kann, dass das Fahrzeug zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst oder für den Rettungsdienst bestimmt ist. Diesbezüglich wurden in dem bereits von der Erstbehörde angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.06.1994, Zl 94/11/0052, grundliegende Ausführungen gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof führte in dieser Entscheidung unter anderem Folgendes aus:

 

?Das Recht auf Verwendung von Blaulicht, welches im öffentlichen Interesse zu liegen hat, soll Institutionen gewährt werden, die bestimmte öffentliche Aufgaben , insbesondere Hilfsdienste und Rettungsdienste , ausüben (abgesehen von den bereits im Gesetz geregelten Fällen des § 20 Abs 1 lit d KFG). Die Begriffe ?Hilfsdienst? und ?Rettungsdienst? enthalten die Elemente der ständigen Widmung und Bereitschaft, andererseits eines bestimmten Maßes an Organisation, das aufgrund von Organisationsvorschriften sicherstellt, dass bei Bedarf den Erfordernissen der Hilfe bzw Rettung entsprochen werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz in der Richtung, dass auch Einzelpersonen eine Bewilligung der in Rede stehenden Art erteilt werden kann, findet sich in § 20 Abs 5 lit e KFG ausschließlich für Ärzte iSd Ärztegesetzes, also nicht für Tierärzte. Ein einzelner freiberuflich tätiger Tierarzt kann eine solche Bewilligung für ein von ihm im Rahmen seiner Praxis verwendetes Kraftfahrzeug nicht erhalten, auch wenn er fallweise Tätigkeiten ausübt, wie sie im Rahmen eines Hilfsdienstes und Rettungsdienstes vorkommen.?

 

In dieser Entscheidung kommt eindeutig zum Ausdruck, dass eine Bewilligung nach Maßgabe des § 20 Abs 5 lit b und c KFG lediglich gegenüber Rettungsdienst- bzw Hilfsdienstorganisationen, nicht jedoch gegenüber Einzelpersonen erfolgen kann.

 

Eine Bewilligung gegenüber Einzelpersonen ist zwar gemäß § 20 Abs 5 KFG grundsätzlich möglich. Allerdings sind diese Fälle taxativ aufgezählt und betreffen lediglich Ärzte (lit e und lit h), Tierärzte (lit g) und freipraktizierende Hebammen (lit i). Die freipraktizierenden Hebammen fanden im übrigen erst durch die 21. KFG-Novelle, BGBl I Nr 80/2002, Aufnahme in den Katalog des § 20 Abs 5 KFG.

 

Der Umstand, dass der First Responder ?als Ersthelfer vor Ort insbesondere bei Unfällen und medizinischen Notfällen mit schweren und lebensbedrohlichen Verletzungen und akuten Erkrankungen? tätig wird (und dies nach Ansicht des Berufungswerbers eine Gleichstellung mit den in § 20 Abs 5 lit i KFG angeführten Hebammen rechtfertigen würde) vermag nichts daran zu ändern, dass der Kreis der freipraktizierenden Hebammen ausdrücklich im Gesetz angeführt ist, während demgegenüber die Tätigkeit eines First Responders im gegebenen Zusammenhang noch keinerlei gesetzliche Berücksichtigung gefunden hat. Einer Bewilligung von Blaulicht bzw Folgetonhorn für ein Fahrzeug eines First Responders fehlt es daher an einer gesetzlichen Grundlage, auch wenn einiges dafür sprechen mag, den Kreis jener Personen, welche nach § 20 Abs 5 KFG eine Bewilligung für Blaulicht (bzw nach § 22 Abs 4 KFG) für das Folgetonhorn erhalten können, durch gesetzliche Maßnahmen um die hier in Rede stehenden Ersthelfer zu erweitern.

 

Auf Basis der aktuellen Rechtslage ist eine solche Bewilligung jedoch nicht möglich, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund des für die Verwaltung geltenden Legalitätsprinzips.

 

Es erübrigt sich deshalb, näher darauf einzugehen, inwieweit anderen Organisationen (zu Recht oder zu Unrecht) eine Bewilligung nach den hier in Rede stehenden Vorschriften erteilt wurde. Selbst aus einer zu Unrecht erteilten Bewilligung gegenüber einem Dritten könnte der Berufungswerber kein Recht ableiten.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

 

HINWEIS:

Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,20 beim Amt der Tiroler Landesregierung zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.

Schlagworte
Der, Umstand, dass, der, First, Responder, als, Ersthelfer, vor, Ort, insbesondere, bei, Unfällen, und, medizinischen, Notfällen, mit, schweren, und, lebensbedrohlichen, Verletzungen, und, akuten, Erkrankungen, tätig, wird, und, dies, nach, Ansicht, des, Berufungswerbers, eine, Gleichstellung, mit, den, in, § 20, Abs 5 lit i, KFG, angeführten, Hebammen, rechtfertigen, würde, vermag, nichts, daran, zu, ändern, dass, der, Kreis, der, freipraktizierenden, Hebammen, ausdrücklich, im, Gesetz, angeführt, ist, während, demgegenüber, die, Tätigkeit, eines, First, Responders, im, gegebenen, Zusammenhang, noch, keinerlei, Berücksichtigung, gefunden, hat
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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