TE UVS Tirol 2008/10/23 2008/17/1256-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn M. M., H., vertreten durch RA Mag. M. S., S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.03.2008, Zl VK-32278-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von zu Punkt 1. Euro 8,00, zu Punkt 2. Euro 4,00 und zu Punkt 3. Euro 20,00 zu bezahlen.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 31.08.2007 um ca 14.05 Uhr

Tatort: Hall in Tirol, auf der Innsbrucker Straße B 171 auf Höhe der Nr 90 in Fahrtrichtung Westen

Fahrzeug: LKW, XY

 

1.

Sie haben als Lenker eines Fahrzeuges den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

2.

Sie haben als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war.

3.

Sie haben es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist.?

 

Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1. eine Übertretung nach § 11 Abs 1 und § 99 Abs 3 lit a StVO, zu Punkt 2. nach § 7 Abs 1 erster Satz und § 99 Abs 3 lit a StVO und zu Punkt 3. nach § 4 Abs 5 erster Satz und § 99 Abs 3 lit b StVO zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zu Punkt 1. und zu Punkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von zu 1. Euro 40,00 (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und zu 2. Euro 20,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO zu Punkt 3. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:

 

?In außen bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte M. M. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.03.2008, zugestellt am 31.03.2008, sohin binnen offener Frist, nachstehende

BERUFUNG:

Das vorliegende Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten und wird dies ausgeführt wie folgt:

 

1.)

Die Behörde begründet sämtliche drei Vorwürfe damit, dass der ?Sachverhalt aufgrund des Anzeigeninhaltes sowie des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen feststeht".

 

Von einem durchgeführten Ermittlungsverfahren kann vorliegend keine Rede sein, zumal die Behörde nicht einmal den Beschuldigten persönlich einvernahm.

Lediglich die schriftliche Darlegung des Unfallsgegners liegt vor. Dieser hat jedoch aufgrund des parallel zu XY, BG I., geführten Zivilverfahrens ein erhebliches finanzielles Interesse an der Verurteilung des Beschuldigten. Die Unfallschilderung des P. W. allein kann keine Basis für eine Bestrafung des Beschuldigten sein.

 

Darüberhinaus liegen zwischenzeitlich im vorzitierten Zivilverfahren die Einvernahmen der unfallsbeteiligten Personen vor.

 

Selbst aus der Einvernahme des Anzeigenerstatters P. W. sowie seiner Beifahrerin R. R. ergibt sich eindeutig, dass der Vorwurf zu Punkt 3. des Straferkenntnisses, wonach der Beschuldigte gegen § 4 Abs 5 StVO verstoßen hätte, unhaltbar ist.

 

Der Beschuldigte M. M. gibt im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bezirksgericht I. am 03.03.2008 wahrheitsgemäß an wie folgt:

 

?Dass ich nach dem Unfall nicht sofort stehen geblieben bin, lag nicht daran, dass ich flüchten wollte, sondern daran, dass ich wusste, dass die Innsbruckerstraße im Unfallsbereich eine der am stärksten befahrenen Straßen ist, und wollte ich bei der mir bekannten Ausweiche auf Höhe der Überführung in Richtung Thaur stehen bleiben. Dass ich nicht am von mir benützten Fahrstreifen stehen geblieben bin, lag daran, dass ich eben keinen Stau verursachen wollte.?

 

P. W. führt über ergänzende Befragung (Seite 15 des Protokolls der Verhandlung vom 03.03.2008) an, dass er an jener Stelle, wo er zum Stillstand kam, ausgestiegen ist und dort die Spiegelteile, die auf der Fahrbahn gelegen sind, aufgehoben und mitgenommen hat.

Erst danach sei er dem Erstbeklagten (gemeint M. M.) nachgefahren.

 

Dies wird auch von der Beifahrerin des P. W., Frau R. R., bestätigt. Sie führt im Zuge ihrer Einvernahme (Protokoll Seite 14 und 15) an, dass sie sich sicher ist, dass Peter W. nach dem Unfall an der Unfallsstelle angehalten hat und ausgestiegen ist, um dort Teile aufzuheben.

 

Die Behauptung im Unfallsbericht des P. W., wonach er ausführt, ?ich fuhr diesem (gemeint M. M.) anschließend nach und bemühte mich, ihn durch Hupe und Lichthupe zum Anhalten zu bewegen? ist grundlegend unrichtig.

 

Es ist offenkundig und dürfte auch behördenbekannt sein, dass ein selbst nur kurzfristiges Anhalten und Aussteigen auf einer derart vielbefahrenen Straße wie der gegenständlichen, eine derart lange Zeitspanne in Anspruch nimmt, dass es unmöglich ist, dass P. W. nach dem Wiedereinsteigen dem Lkw nachfährt, an diesen sogar aufschließt und diesem durch Hupen an der nur wenige Meter von der Unfallsstelle entfernten Zufahrt von Thaur zum Stillstand bringt. Während eines auch nur kurzen Stillstandes fahren jedenfalls mehrere andere Fahrzeuge am Fahrzeug W. vorbei, sodass dieser niemals eine Möglichkeit gehabt hätte, zum Fahrzeug des Beschuldigten aufzuschließen. P. W. hätte das Fahrzeug des Beschuldigten, wenn überhaupt, erst wieder in dem vis a vis der Firma M. wieder beginnenden 2-spurigen Fahrbahnverlaufes einholen können.

 

Niemals wäre es gelungen das Beschuldigtenfahrzeug im kurz nach der Unfallstelle liegenden Bereich der Zufahrt aus Thaur zum Anhalten zu bewegen, wenn nicht der Beschuldigte den dementsprechenden Entschluss längst von sich aus gesetzt hätte.

 

Richtig ist daher vielmehr, dass der Beschuldigte von Anfang an vor hatte, aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf der Innsbruckerstraße, sein Fahrzeug auf der ihm bekannten und nur wenige Meter entfernten Ausweiche auf Höhe der Überführung in Richtung Thaur anzuhalten.

Dies hat er ohne Zutun des P. W. auch getan.

 

In der Folge füllten beide unfallsbeteiligten Fahrzeuglenker den internationalen Unfallsbericht aus. Diese Tatsache des Datenaustausches unmittelbar nach dem Unfall ist auch unstrittig.

Selbst P. W. führt in seinem bei der Behörde überreichten Unfallsbericht an, dass ?Nach dem Datenaustausch und Begutachtung der Schäden bei beiden Fahrzeugen setzten wir unsere Fahrt fort. Meinerseits wurde auf die behördliche Aufnahme verzichtet, da keine Unfallsendstellung mehr erkennbar war und der Lenker des Lkw meinem Anschein nach nicht unter Alkohol- bzw Drogeneinfluss stand.?

 

Wäre P. W. zu diesem Zeitpunkt tatsächlich der Ansicht gewesen, der Beschuldigte hätte ?Fahrerflucht? begangen, hätte er jedenfalls auf Zuziehung der Polizei bestanden, zumal P. W. von Beruf selbst Polizist ist und es ihm daher ein Leichtes gewesen wäre seine ?Kollegen? zu verständigen.

 

Der behördlich erhobene Vorwurf und die darauf folgende Bestrafung erfolgten offenkundig zu Unrecht.

 

Gemäß § 4 Abs 5 2. Satz StVO besteht eine Verständigungspflicht dann nicht, wenn die in Absatz 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Dies erfolgte vorliegend unmittelbar nach dem Unfall in der Ausweiche. Die Verständigungspflicht gemäß § 4 Abs 5 1. Satz StVO bestand sohin nicht.

 

Beweis:

Übertragung des Tonbandprotokolles der Verhandlung vom 03.03.2008 im Verfahren XY, BG I.

Einvernahme des Beschuldigten

Lokalaugenschein

 

II.)

Auch die Vorwürfe, wonach der Beschuldigte den Fahrstreifen gewechselt hätte, ohne sich zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist (Punkt 1. des Straferkenntnisses), sowie der Vorwurf das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt zu haben, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung und Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer möglich war (Punkt 2. des Straferkenntnisses), sind unrichtig.

 

Aus den bereits vorliegenden Aussagen der unfallsbeteiligten Personen im geführten Zivilprozess ergibt sich, dass der Beschuldigte den von ihm gelenkten Lkw auf Höhe des im Verengungsbereich der beiden Fahrbahnen befindlichen Baumes in die Fahrbahnmitte gelenkt hatte. In diesem Bereich war der Richtung Westen führende Fahrstreifen der Innsbruckerstraße nur mehr einspurig befahrbar.

 

Nachdem P. W. selbst zugesteht, bereits an der Kreuzung mit dem Löfflerweg unmittelbar hinter dem Lkw des Beschuldigten gestanden zu sein und nach dem Umschalten auf Grün gleichzeitig losgefahren zu sein, ist die Unfallsdarstellung des P. W. auch unglaubwürdig. Mit seinem Pkw Audi wäre es ein Leichtes gewesen, aufgrund der höheren Beschleunigung im Vergleich zum Lkw, den Überholvorgang des Lkw noch vor Erreichen der späteren Unfallstelle abzuschließen.

 

Offenkundig hat P. W. seinen Überholvorgang zu spät begonnen und befand sich im Bereich der Fahrbahnverengung erst in Überholposition, sodass es zum Unfall kam.

 

Zur Frage der Verursachung des gegenständlichen Unfalls wird im behängenden Zivilverfahren ein kraftfahrzeugtechnisches Sachverständigengutachten eingeholt.

 

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre auch im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls notwendig gewesen.

 

Wäre ein solches Gutachten eingeholt worden, hätte sich ergeben, dass auch die im Spruch zu Punkt 1. und Punkt 2. getätigten Vorwürfe unhaltbar sind.

 

Beweis:

Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens Übertragung des Tonbandprotokolles der Verhandlung vom 03.03.2008 im Verfahren XY, BG I. Einvernahme des Beschuldigten

Lokalaugenschein

 

Aus sämtlichen obigen Gründen werden gestellt nachstehende

BERUFUNGSANTRÄGE.

1.

der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge dieser Berufung Folge geben und nach Aufnahme der angebotenen Beweise das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ersatzlos beheben;

2.

in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umwandeln oder ganz nachsehen.?

 

Der Berufung kommt auch nachstehenden Gründen keine Berechtigung zu:

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung. Außerdem wurde das Urteil zu XY eingeholt.

 

In diesem Urteil ist ausgeführt, dass der Berufungswerber rechtswidrig einen Fahrstreifenwechsel durchgeführt habe ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützers, nämlich des Klägers, mit seinem Fahrzeug möglich sei. Der Erstbeklagte (im gegenständlichen Fall der Berufungswerber) habe gegen die Schutzvorschrift des § 11 Abs 1 StVO verstoßen, da er einen Fahrstreifenwechsel zumindest begonnen hatte, als der Kläger (im gegenständlichen Fall P. W.) mit seinem PKW bereits eindeutig zumindest neben ihm erkennbar im Überholstellung war. Es ist in dem Urteil auch ausgeführt, dass P. W. kein Fehlverhalten an diesem Verkehrsunfall trifft. Ausdrücklich wurde das Alleinverschulden des Berufungswerbers M. M. festgehalten.

 

Im Unfallbericht des P. W. vom 31.08.2007 ist ausgeführt, dass er am 31.08.2007 um 14.05 Uhr mit seinem PKW aufgrund der Rotphase an der Kreuzung B 171 und Löfflerweg von der A 12 kommend gestanden sei. Als Beifahrerin sei die Zeugin R. R. anwesend gewesen. Vor ihm sei zu diesem Zeitpunkt ein LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XY gestanden. Bei der beginnenden Grünphase wären der LKW und er selbst in die Haller Straße nach links eingebogen. Der Lenker des LKWs habe dabei die rechte und er selbst die linke Fahrbahn in Fahrtrichtung Innsbruck befahren. Diese Fahrbahn verlaufe zweispurig bis zur Römerstraße bzw Köllensberger Straße (Fahrbahnüberführung, Thaur, Industriegebiet) endend in einem Reißverschlusssystem. Es sei ausreichend Distanz für den Überholvorgang vorhanden gewesen um den LKW zu überholen und sich zeitgerecht in die Fahrbahnverengung einzuordnen. Dies ohne die vorherrschende Geschwindigkeitsbeschränkung zu überschreiten. Als der Überholvorgang seinerseits zur Hälfte abgeschlossen gewesen sei, habe der Lenker des LKW links seinen Blinker gesetzt und sei nach links auf seine Fahrbahn ausgeschert, obwohl er sich mit seinem PKW bereits auf Höhe seines Führerhauses befunden habe. Er habe unverzüglich begonnen zu hupen, da der Platz seiner Fahrbahn immer enger geworden sei. Der Lenker des LKW habe darauf nicht reagiert, sei mit seinem PKW kollidiert und habe diesen zusehends zur Verkehrsinsel gedrückt. Zu diesem Zeitpunkt sei zu erkennen gewesen, dass ein Überholen für ihn unmöglich geworden sei und habe er sein Fahrzeug voll abgebremst. Der Lenker des LKW, welcher ihn an der rechten Seite erfasst hatte, sei ohne seine Geschwindigkeit zu reduzieren weitergefahren und habe sein Fahrzeug nach der Verkehrsinsel über die Sperrlinie auf die Gegenfahrbahn in den stark fließenden Verkehr gedrückt. Die entgegenkommenden Fahrzeuge wären genötigt gewesen, abzubremsen um einen weiteren Verkehrsunfall zu vermeiden. Der LKW habe seinen Audi an der rechten Seite beschädigt. Am LKW sei an der Kontaktstelle zu seinem PKW eine über ein Meter lange Abriebspur erkennbar gewesen. Nachdem er sein Fahrzeug an der Sperrlinie zum Stillstand gebracht hätte, sei der Lenker des LKWs weitergefahren ohne von der Situation Notiz zu nehmen. Er sei diesem anschließend nachgefahren und habe ihn durch Hupe und Lichthupe zum Anhaltung zu bewegen bemüht. Darauf hin sei der Lenker bei der Zubringereinfahrt von der Römerstraße zur B 171 angehalten. Beim Austausch der Daten sei der LKW-Lenker Modl über die Situation befragt worden und ob er nicht gesehen hätte, dass er sich bereits neben ihm befunden hätte. Der Lenker bejahte dies, teilte aber mit, wenn er blinke, habe der Anzeigenverfasser zu bremsen. Weiters sagte er, es wäre eine Fahrbahnverengung gewesen und er sei derjenige mit dem Vorrang, da sich die Fahrbahn von rechts verenge. Der Anzeigenerstatter habe in der Folge repliziert, dass sich die Kollision weit vor der Fahrbahnverengung ereignet habe bzw. sich die Verengung von links nach rechts schließe und nicht umgekehrt. Es hätte daher keinen Grund gegeben, die Fahrbahn zu wechseln. Nach dem Datenaustausch und Begutachtung der Schäden bei beiden Fahrzeugen hätte man die Fahrt fortgesetzt. Es sei auf die behördliche Aufnahme verzichtet worden, da keine Unfallendstellung mehr erkennbar gewesen sei und der Lenker des LKWs seinem Anschein nach nicht unter Alkohol- bzw. Drogeneinfluss stand. Der Anzeigenerstatter sei an die Unfallstelle zurückgekehrt und habe Fahrzeugteile vom Unfallort aufgesammelt.

 

Dokumentiert ist dieser Unfallbericht durch eine Bildübersicht vom Unfallort auf der B 171 in Fahrtrichtung Westen.

 

§ 11 Abs 1 StVO normiert, dass der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln darf, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Die Frage, in welcher Hinsicht sich der Lenker diese Überzeugung verschafft, ist nach dem Vertrauensgrundsatz zu beurteilen. So wird sich der Lenker vor dem Einordnen oder vor dem Überholen sofern er bei diesen Verkehrsvorgängen auf einem links von ihm liegenden Fahrstreifen fahren muss, wohl davon überzeugen müssen, ob nicht etwa der Lenker eines anderen Fahrzeuges zum Überholen angesetzt hat.

 

Die Anzeige der bevorstehenden Fahrtrichtungsänderung ist auf jeden Fall nicht mehr rechtzeitig, wenn sich ein anderes (überholendes) Fahrzeug bereits in gleicher Höhe oder in annähend gleicher Höhe befindet und die Änderung der Fahrtrichtung ungeachtet dieses Umstandes mit der Anzeige zeitlich zusammenfällt oder ihr unmittelbar folgt.

 

Diesbezüglich ist das Urteil Seite 15 Absatz 2 zu zitieren, welches wie folgt lautet:

 

?Aus diesen Angaben hat der erfahrene Sachverständige DI H. S. in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass sich für den Kläger (P. W.) daraus kein fahrtechnisches Fehlverhalten ergibt und jedenfalls der Erstbeklagte (M. M.) den LKW der Zweitbeklagten zu einem Zeitpunkt vom rechten auf den linken Fahrstreifen ausgelenkt hat, als das Klagsfahrzeug für ihn bereits erkennbar in Überholstellung gewesen sein muss. Der Erstbeklagte hat diesbezüglich auch angegeben offenkundig knapp vor dem Unfall das Klagsfahrzeug erstmals bemerkt zu haben, als dieses etwa in der Mitte des LKW gewesen sei. er habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr abbremsen wollen oder nicht mehr nach rechts auslenken können, da er eben aufgrund der am LKW geladenen Möbelstücke die Bedenken gehabt habe, dass der LKW ins Wanken gerade. Aus dieser Äußerung ist auch ersichtlich, dass offenkundig der Erstbeklagte vor seinem Fahrmanöver nicht ausreichend nach hinten geschaut haben dürfte.?

 

Somit hat er die Übertretung nach § 11 Abs 1 StVO zu verantworten, da sich der Berufungswerber ganz offenkundig vor dem Fahrstreifenwechsel nicht davon überzeugt hat, dass dieser Wechsel ohne Gefährdung oder Behinderung des P. W. möglich sei.

 

§ 7 Abs 1 erster Satz StVO führt aus, dass der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, soweit rechts zu fahren hat, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

 

Dass der Berufungswerber im gegenständlichen Fall nicht soweit rechts gefahren ist, wie ihm dies unter Bedachtnahme auch die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung des Berufungswerbers und ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung seines Fahrzeuges möglich gewesen wäre, ergibt sich aus dem von ihm verursachten Unfall. Er hat zweifelsfrei den notwendigen Sicherheitsabstand zum Fahrzeug des P. W. nicht eingehalten, weshalb es dann zu dem mehrfach zitierten Verkehrsunfall gekommen ist. Auch hier ist das Verhalten des Berufungswerbers ursächlich für das dann Geschehene zu werten.

 

§ 4 Abs 5 erster Satz StVO normiert, dass die im Absatz 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs 1 genannten Personen oder jene in deren Vermögen oder Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

In § 4 Abs 1 StVO ist festgehalten, dass alle Personen deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten haben, wenn sie ein Fahrzeug lenken (a), die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen haben wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind (b) und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken haben (c).

 

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass der Berufungswerber durch sein Verhalten einen Verkehrsunfall verursacht hat und somit in einem ursächlichen Zusammenhang mit diesem steht. Er hätte das daher seinen LKW am Unfallsort anhalten müssen und an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirken müssen. Außerdem hätte er, wenn er am Unfallsort nicht seine Identität dem Zweitbeteiligten mitgeteilt hatte sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienstelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall verständigen müssen.

 

Es besteht kein Zweifel und wurde dies vom Berufungswerber ja auch zugestanden, dass er all diese Maßnahmen nicht gesetzt hat. Seine Begründung, man habe ja in der Folge dann die Identitäten ausgetauscht und die Polizei nicht verständigt, weil der Zweitbeteiligte P. W. ja selbst Polizeibeamter sei, reichen nicht aus, um seine Unschuld festzustellen. Zweck der Bestimmung der lit.a ist es nicht nur das Fahrzeug kurzfristig anzuhalten, sondern auch den sonstigen Lenkerverpflichtungen nachgekommen. Der Lenker hat sich daher nach dem Anhalten zB auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen (siehe VwGH 15.04.1971, 1305/70, ZVR 1972/2).

 

Das sofortige Anhalten (gemeint ist hier der Unfallort) hat den Zweck, dass der Lenker, nachdem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalls überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen so insbesondere die nach §4 Abs 1 lit b, lit c, Abs 2 und Abs 5 StVO trifft (VwGH 20.04.2001, 99/02/0176). Die Anhaltepflicht beschränkt sich auf den Bereich der Unfallstelle. Von einem sofortigen Anhalten im Sinn des lit a kann nicht die Rede sein, wenn das beteiligte Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalls am Unfallort sondern erst in einiger Entfernung davon angehalten wird (VwGH 19.02.1982, 81/02/0267).

 

Die Verpflichtung nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten gilt grundsätzlich auch bei lebhaftem Verkehrsaufkommen. Die Einwendung, der Lenker habe den Verkehr durch sofortiges Anhalten nicht blockieren wollen, vermag diesen nicht zu entschuldigen (siehe VwGH 25.11.1988, 85/18/0091, ZVR 1989/180).

 

Zweifelsfrei hat der Berufungswerber im gegenständlichen Fall nach dem Verkehrsunfall nicht angehalten und seinen Namen und seine Anschrift dem Berufungswerber bekannt zu geben. Es bleibt die Frage unbeantwortet, ob der Berufungswerber bereit gewesen wäre, zu einem Identitätsaustausch, wenn sich P. W. nicht so vehement dafür eingesetzt hätte. Keinesfalls ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber seiner Verpflichtung nach § 4 Abs 5 erster Satz StVO überhaupt freiwillig nachgekommen wäre. Vielmehr steht im gegenständlichen Fall fest, dass der Berufungswerber unmittelbar nach dem Verkehrsunfall nicht stehen geblieben ist und auch nicht die Absicht hatte, die Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, da er ja vielmehr einfach weitergefahren ist, ohne sich um das Geschehene zu kümmern und erst durch das Verhalten, nämlich durch das ständige Hupen des P. W. sich veranlasst sah, stehen zu bleiben.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der Rechtsvertreter konnte über seine finanziellen Gegebenheiten keine Auskunft erteilen. Es wird daher von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen.

 

§ 99 Abs 3 lit a StVO normiert Geldstrafen bis zu Euro 726,00.

 

§ 99 Abs 3 lit b StVO normiert ebenfalls Geldstrafen bis zu Euro 726,-- (zu allen drei Punkten ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen vorgesehen).

 

Die über den Berufungswerber verhängten Geldstrafen in der Höhe von Euro 40,00, Euro 20,00 und Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafen von zweimal 12 Stunden und einmal 24 Stunden) sind äußerst milde und entsprechen dem Schuld- und Unrechtsgehalt seines Verhaltens durchaus. Die Geldstrafen sind keinesfalls als überhöht zu bewerten. Dies insbesondere wenn man von der groben Fahrlässigkeit des Berufungswerbers ausgeht, die im gegebenen Fall vorgelegen ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Es, besteht, kein, Zweifel, und, wurde, dies, auch, vom, Berufungswerber, zugestanden, dass, er, all, diese, Maßnahmen, nicht, gesetzt, hat, Die, über, den, Berufungswerber, verhängte, Geldstrafe, in, der, Höhe, von, Euro 40,00, Euro 20,00, und, Euro 100,00, sind, äußerst, milde, und, entsprechend, dem, Schuld- und Ungerechtsgehalt, durchaus
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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