TE Vfgh Beschluss 1998/12/16 B2232/98

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §82 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags und Zurückweisung der Beschwerde; Rechtsirrtum über Erfordernis der Beschwerdeerhebung an einen der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts im Zusammenhang mit einem Einberufungsbefehl kein bloß minderer Grad des Versehens

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem am 30. November 1998 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den ihm am 16. September 1998 zugestellten Einberufungsbefehl des Militärkommandos Oberösterreich. Unter einem wird die entsprechende Beschwerde eingebracht, in der die Bescheidaufhebung beantragt wird.

2. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages bringt der Einschreiter im wesentlichen vor, er habe die rechtzeitige Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den nunmehr bekämpften Einberufungsbefehl in Ansehung des Schreibens des Militärkommandos Oberösterreich vom 11. September 1998 unterlassen, in dem u.a. folgendes ausgeführt worden war:

"Sollte im neuerlichen Stellungsverfahren - Termin wurde Ihnen bereits bekanntgegeben - die Untauglichkeit festgestellt werden, wird der gegenständliche Einberufungsbefehl gemäß §68 Abs2 AVG 1991 aufgehoben werden."

Diese vom Einschreiter als Rechtsbelehrung gewerteten Ausführungen veranlaßten ihn nach seinem Vorbringen zur Annahme, er habe im (neuerlichen) Stellungsverfahren die Möglichkeit, seine (fortdauernde) Untauglichkeit vorzubringen und hiedurch eine Einberufung zu verhindern. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser "Auskunft" habe er gegen den Einberufungsbefehl keine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10489/1985, 10880/1986).

2. Der vom Einschreiter geltend gemachte Irrtum über das Erfordernis einer Beschwerdeerhebung an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist schon deshalb nicht als solcher Fehler einzustufen, weil der anzufechtende Einberufungsbefehl den völlig eindeutigen Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts und den Lauf der hiebei einzuhaltenden Frist enthält. Bleibt ein derartiger Hinweis unverstanden oder tritt er nach Auffassung des Adressaten in Widerspruch zu einem weiteren Schreiben der Behörde, so obliegt es ihm, sich rechtzeitig Kenntnis von der Bedeutung der ihm schriftlich erteilten Rechtsbelehrung und ihrem Zusammenhang mit allfälligen anderen Schreiben der Behörde zu verschaffen.

Der Einschreiter hat es also aus Gründen, die nicht bloß als minderer Grad des Versehens zu qualifizieren sind, verabsäumt, sich über die gegebene Sach- und Rechtslage, insbesondere über die Notwendigkeit der Erhebung einer Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, näher zu informieren.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

III. Die unter einem eingebrachte

Beschwerde nach Art144 B-VG war wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) zurückzuweisen, ohne daß auf den Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einzugehen war.

IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2232.1998

Dokumentnummer

JFT_10018784_98B02232_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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