TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/14 2001/03/0154

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Veröffentlicht am 14.11.2001
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3 idF 1964/1963;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVONov 1964;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der H GmbH in Oberndorf, vertreten durch Dr. Horst Brunner und Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Jochbergstraße 98, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. April 2001, Zl. U-13.423/3, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2000 beantragte die Beschwerdeführerin (nachträglich nach bereits erfolgter Aufstellung) die Erteilung der Bewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 sowie der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Anbringung "eines Werbeschildes" in der Einfahrt zu ihrem Werksgelände mit der Aufschrift: "H vermietet: Gewerbegrund, Büro, Wohnungen; sucht: KFZ-Meister". Gegen den Bescheid vom 22. Februar 2001, mit dem die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag sowohl gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 als auch nach dem Tiroler Naturschutzgesetz abwies, legte die Beschwerdeführerin Berufung ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen die Versagung der straßenverkehrsrechtlichen Bewilligung erhobenen Berufung keine Folge, und führte begründend im Wesentlichen Folgendes aus:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16. November 1998 sei der Beschwerdeführerin die beantragte naturschutzrechtliche sowie straßenverkehrsrechtliche Bewilligung für die Anbringung von zwei Vorwegweisern bei km 31,160 auf der rechten Seite der Bundesstraße in Richtung St. Johann i.T. und bei km 32,460 in Richtung Kitzbühel auf der rechten Seite der B 160 Loferer Straße sowie eines Einfahrtswegweisers bei km 32,310 auf der linken Seite der Bundesstraße auf Privatgrund erteilt worden. In der Folge sei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel durch das Bezirksbauamt Kufstein mitgeteilt worden, dass bei der Zufahrt zum Gewerbegebiet H eine zusätzliche Werbetafel mit der Aufschrift "H ... vermietet: Gewerbegrund, Büro, Wohnungen; sucht:

KFZ-Meister" ohne die hiefür erforderliche Bewilligung aufgestellt worden sei. Auf eine entsprechende schriftliche Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel an die Beschwerdeführerin vom 3. November 2000 zur Entfernung dieser nicht bewilligten Werbetafel sei keine Reaktion erfolgt. Mit Bescheid der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 29. November 2000 sei die Beschwerdeführerin dann verpflichtet worden, gemäß § 94b Abs. 1 lit. b iVm § 84 StVO 1960 diese ohne straßenpolizeiliche Genehmigung aufgestellte zusätzliche Werbetafel bis 15. Dezember 2000 zu entfernen. Gegen diesen Bescheid sei von der Beschwerdeführerin rechtzeitig Berufung erhoben worden, gleichzeitig sei die Erteilung der naturschutzrechtlichen und straßenverkehrsrechtlichen Bewilligung für die genannte Werbeeinrichtung beantragt worden. Dieser nachträgliche Antrag sei mit dem (schon erwähnten) Bescheid der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 22. Februar 2001 als unbegründet abgewiesen worden. Nach Auffassung der belangten Behörde diene die Aufschrift auf der in Rede stehenden Werbetafel unbestrittenermaßen nicht einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer und sei für solche auch nicht von erheblichem Interesse. Damit liege bereits eine Voraussetzung zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 nicht vor.

§ 84 Abs. 3 leg. cit. sehe jedoch vor, dass zur Erteilung der straßenverkehrsrechtlichen Bewilligung die Tatbestandsmerkmale der zitierten Bestimmung kumulativ vorliegen müssten, sodass nur bei Vorhandensein beider in der Bestimmung angeführten Voraussetzungen eine straßenverkehrsrechtliche Bewilligung zu erteilen sei. Hinsichtlich der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit werde noch zusätzlich angemerkt, dass bereits die bewilligten 4 x 2,5 m großen Einfahrtswegweiser durch die Anbringung von zahlreichen Firmenlogos die Aufmerksamkeit der Straßenbenützer in erheblichem Ausmaß auf sich zögen und daher geeignet seien, die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen. Die Anbringung von zusätzlichen Hinweisschildern "(gegenständliche Hinweistafel sowie zu erwartende Beispielsfolgen)" würde jedenfalls die Beeinträchtigung in einem unvertretbaren Ausmaß erhöhen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 84 Abs. 1 bis 3 StVO 1960 lauten wie folgt:

"(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit den Hinweiszeichen,"Pannenhilfe'' (§ 53 Abs. 1 Z 4), "Verkehrsfunk'' (§ 53 Abs. 1 Z 4a) beziehungsweise "Tankstelle'' (§ 53 Abs. 1 Z 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.

(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.

(3) Die Behörde hat Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichen Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß."

2. Nach Auffassung beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fällt der Inhalt der vorliegenden Hinweistafel unter die Genehmigungspflicht nach § 84 Abs. 3 StVO 1960. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen besteht gegen diese Auffassung kein Einwand, lässt sich doch dem besagten unter I.1. genannten Inhalt jedenfalls insofern eine unter dem Begriff "Ankündigung" im Sinn des § 84 Abs. 2 StVO 1960 fallenden "Verweisung auf die Zukunft" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1990, Zl. 89/03/0212, mwH) entnehmen, als dieser Text die Bereitschaft zu einer zukünftigen Vermietung bzw. Anstellung zum Ausdruck bringt.

3. Eine Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 darf (wie im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten) nur dann erteilt werden, wenn die beiden Voraussetzungen, dass "das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist" und weiters "vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist", kumulativ gegeben sind. Bezüglich des an der Werbung oder Ankündigung bestehenden vordringlichen Bedürfnisses ist nach der hg. Rechtsprechung einerseits eine Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 nicht zu erteilen, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist, es ist andererseits aber auch nicht erforderlich, dass eine Ankündigung im Interesse sämtlicher Straßenbenützer liegt, könnten doch bei einer derart einschränkenden Auslegung des § 84 Abs. 3 StVO 1960 Ausnahmebewilligungen überhaupt nicht erteilt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 92/03/0272, mwH). Ein "erhebliches Interesse" der Straßenbenützer im Sinn des § 84 Abs. 3 leg. cit. hat der Gerichtshof dann angenommen, wenn die Werbung oder Ankündigung nicht lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist bzw. nicht lediglich in untypischen Einzelfällen dem vordringlichen Bedürfnis von Straßenbenützern dient (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 12. Oktober 1972, Zl. 955/71, und vom 11. Juli 2001, Zl. 98/03/0210), wobei es nicht erforderlich ist, dass eine Ankündigung oder Werbung für die Gesamtheit der Straßenbenützer von erheblichem Interesse ist (vgl. das hg.  Erkenntnis vom 9. Mai 1984, Zl. 83/03/0120). Eine Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiters stets voraus, dass nicht bloß ein Interesse allgemeiner Natur an der Art der in der Ankündigung enthaltenen Information, sondern diesbezüglich ein konkretes Interesse der Straßenbenützer gegeben ist (vgl. die schon genannten Erkenntnisse vom 9. Mai 1984 und vom 11. Juli 2001, beide mwH). An der von der Beschwerdeführerin in der Ankündigung zum Ausdruck gebrachten Absicht nach Vermietung von Gewerbegrund, Büro und Wohnungen bzw. Suche nach KFZ-Meistern mag nun durchaus ein Interesse eines bestimmten Personenkreises gegeben sein, dieses Interesse ist aber kein spezifisches Interesse von Straßenbenützern. Auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerde ins Treffen geführten "Arbeitslosenrate in Österreich" sowie der dort vorgebrachten "Knappheit in Bezug auf Büros und Wohnungen" kann nicht gesagt werden, dass die Ankündigung der Beschwerdeführerin im erheblichen oder gar im vordringlichen Interesse der Straßenbenützer gelegen ist (vgl in diesem Sinn das zitierte hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1984). Damit hat die Behörde schon zutreffend das Vorliegen einer der beiden im § 84 Abs. 3 StVO 1960 genannten Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung verneint, weshalb es keiner Prüfung und Auseinandersetzung mit der weiteren Frage bedarf, ob vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1984).

4. Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001030154.X00

Im RIS seit

17.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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