TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/29 99/16/0139

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Veröffentlicht am 29.11.2001
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/08 Sonstiges Steuerrecht;

Norm

BAO §19 Abs1;
BAO §224 impl;
UmgrStG 1991 §12 Abs1;
UmgrStG 1991 §18 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der R AG in N, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien Niederösterreich und Burgenland vom 5. März 1999, Zl. RV-0420/09/08/98, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 15.000,-- (1.090,05 EUR) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zur Firmenbuchnummer 173270 i protokollierte beschwerdeführende Aktiengesellschaft entstand durch Umwandlung der RHT-GmbH gemäß §§ 245 ff AktG (Eintragung in das Firmenbuch am 28. November 1998). Mit Generalversammlungsbeschluss vom 29. Oktober 1998 war der Firmenwortlaut von "HT-GmbH" auf "RHT-GmbH" geändert worden.

In die HT-GmbH war mit Einbringungsvertrag vom selben Tag der Betrieb der unter der Firmenbuchnummer 10805 s protokollierten "R & Co nunmehr GmbH & Co KG" eingebracht worden. Die entsprechende Firmenbucheintragung bei der R & Co nunmehr GmbH & Co KG vom 7. November 1998 (LNr. 7) lautet:

"Einbringungsvertrag vom 29. 10. 1998

Einbringung in die HT-GmbH (FN 173270 i)

Die Gesellschaft ist aufgelöst und gelöscht."

Gesellschafter der R-GmbH & Co KG (im Folgenden: Gesellschaft) waren zuletzt die A-GmbH als Komplementärin und H als Kommanditist; H war auch Gesellschafter der Vorgänger-GmbH der Beschwerdeführerin.

Aus den Jahresabschlüssen der Gesellschaft ergab sich, dass H in den Geschäftsjahren 1. März 1993 bis 28. Februar 1994 und 1. März 1994 bis 28. Februar 1995 jeweils eine Zahlung an die Gesellschaft geleistet hatte. Diese Zahlungen waren als "Privateinlagen" bezeichnet und mit gegen H bestehenden Forderungen der Gesellschaft, welche laut den Jahresabschlüssen 1991/92 und 1992/93 aus "Entnahmen" von H resultierten, verrechnet worden.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens schrieb das Finanzamt mit Bescheid vom 2. Juli 1997 der Gesellschaft für freiwillige Leistungen 1993/94 Gesellschaftsteuer gemäß § 9 Abs. 1 KVG 1934 in Höhe von 2 % des in diesem Geschäftsjahr von H an die Gesellschaft geleisteten Betrages vor. Mit einem vorläufigen Bescheid gemäß § 200 BAO vom selben Tag wurde der Gesellschaft auch für im Geschäftsjahr 1994/95 erfolgte freiwillige Leistungen Gesellschaftsteuer in Höhe von 1 % vorgeschrieben.

Gegen beide Bescheide erhob die Gesellschaft begründete Berufung.

Nach Durchführung eines weiteren Vorhalteverfahrens durch das Finanzamt und der Erlassung von zwei abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 6. August 1998, wonach die Gesellschaft jeweils einen Vorlageantrag gestellt hatte, wies auch die belangte Behörde mit einer an die Gesellschaft adressierten Berufungsentscheidung vom 15. Dezember 1998 beide Berufungen als unbegründet ab und setzte die Gesellschaftsteuer hinsichtlich der Leistung im Wirtschaftsjahr 1994/95 gemäß § 9 Abs 1 KVG endgültig mit 2 % der Bemessungsgrundlage fest. Sie unterstellte beide Leistungen der Bestimmung des § 2 Z. 3 lit. b KVG. und setzte sich inhaltlich mit der Steuerpflicht der "Einlagen" auseinander.

Nachdem sich - laut Beschwerdeangaben auf Grund einer Eingabe der Beschwerdeführerin bzw. der RHT GmbH - ergeben hatte, dass wegen der am 7. November 1998 erfolgten Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch diese nicht mehr fortbestand, erließ die belangte Behörde nunmehr gegenüber der Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid, dessen Begründung mit jener des Bescheides vom 15. Dezember 1998 nur insoweit nicht identisch war, als er die Feststellung enthielt, die Beschwerdeführerin sei "eine Ges. m.

b. H & Co KG gewesen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Aus ihrem Inhalt ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Gesellschaftsteuer verletzt erachtet.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 des Umgründungssteuergesetzes 1991 (UmgrStG) idF BGBl. Nr. 818/1993 liegt eine Einbringung im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn Vermögen (dazu zählen nach Abs. 2 Z. 2 dieser Bestimmung ua. Mitunternehmeranteile) auf Grundlage eines Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) nach Maßgabe des § 19 (dh. grundsätzlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) einer übernehmenden Körperschaft tatsächlich übertragen wird.

Im Verfahren vor der belangten Behörde ist keine nähere Auseinandersetzung mit dem aus den im Verwaltungsakt befindlichen Firmenbuchauszügen ersichtlichen Umstand erfolgt, dass das Unternehmen der Gesellschaft durch den Einbringungsvertrag vom 29. Oktober 1998 in die RHT-GmbH eingebracht wurde und damit die Existenz der Gesellschaft geendet hat. Es ist davon auszugehen, dass eine Einbringung im Sinne der §§ 12 ff UmgrStG stattgefunden hat (zumal sich die Stammeinlage des H an der RHT-GmbH durch die Einbringung beträchtlich erhöht hat, also eine Gegenleistung im Sinne des § 19 UmgrStG vorliegt).

Die Einbringung im engeren Sinne, nämlich der Rechtsformenwechsel von einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft in eine Körperschaft, ist im Handels- und Gesellschaftsrecht weder definiert noch gesetzlich geregelt. Für diesen Rechtsformenwechsel ist handelsrechtlich die Beendigung des Unternehmens in seiner bisherigen Rechtsform und die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit durch die Nachfolge-Körperschaft anzunehmen. Für die Übertragung des Vermögens auf die Nachfolge-Körperschaft hat die Rechtsordnung keine spezifischen Übertragungsmodelle herausgebildet. Das Vermögen des Personenunternehmens geht vielmehr einzeln auf die Nachfolge-Körperschaft über. Dieser Übergang unterliegt den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Die Einbringung stellt einen Einzelrechtsnachfolgetatbestand dar. Die Vermögensgegenstände sowie Rechte und Pflichten des eingebrachten Unternehmens gehen nicht gesamthaft auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über (Huber in Wundsam-Zöchling-Huber-Khun, UmgrStG2, § 12, Rz. 3 und 5; in diesem Sinne - noch zur vergleichbaren Rechtslage nach dem StruktVG - auch Kastner /Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5, 186 und Hügel, Gesamtrechtsnachfolge und Strukturverbesserungsgesetz, 43).

Für die Einbringung ermöglicht das Zivilrecht - abgesehen von gesellschaftsrechtlichen Sonderkonstellationen, für deren Vorliegen im gegenständlichen Fall keinerlei Anhaltspunkte bestehen, s. dazu die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16. März 2000, Zl. 2 Ob 54/00f, kommentiert in RdW 2000, S. 382 - also keine Gesamtrechtsnachfolge, sodass jedenfalls § 19 Abs. 1 BAO, der für diesen Fall auch einen Übergang abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten vorsehen würde, nicht anwendbar ist. Dies wird durch § 18 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG noch verdeutlicht. Diese Bestimmung sieht vor, dass die übernehmende Körperschaft für Zwecke der Gewinnermittlung so zu behandeln ist, als ob sie Gesamtrechtsnachfolger wäre. Damit steht fest, dass über den Bereich des Bilanzsteuerrechts hinaus die Einbringung keine steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge bewirkt (Huber, aaO, § 18, Rz. 13).

Ob eine Einzelrechtsnachfolge im (nicht vorliegenden) Vertrag vom 29. Oktober 1998 vereinbart wurde, spielt keine Rolle, weil Steuerschuldverhältnisse grundsätzlich nicht disponibel sind (Stoll, Das Steuerschuldverhältnis, S. 32).

Sohin erweist sich die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Rechtsauffassung, die Beschwerdeführerin sei Gesamtrechtsnachfolgerin der Gesellschaft und es seien damit auch allfällige Gesellschaftsteuerpflichten der Gesellschaft auf die Beschwerdeführerin übergegangen, als unzutreffend. Es fehlt eine gesetzliche Grundlage für den Übergang derartiger Steuerpflichten von der Gesellschaft auf die RHT-GmbH und damit auf die Beschwerdeführerin, welche gemäß §§ 245 ff AktG Gesamtrechtsnachfolgerin - nur - dieser GmbH ist.

Schon auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtiger nicht ohne Erlassung eines Haftungsbescheides unmittelbar als Abgabenschuldner in Anspruch genommen werden darf (hg. Erk. vom 26. Jänner 1996, Zl. 92/17/0188 m. w. H.), erübrigt sich eine Prüfung des angefochtenen Bescheides unter dem Aspekt der Haftungsbestimmung des § 14 Abs. 1 BAO, darüber hinaus wäre die belangte Behörde für die Erlassung eines (erstinstanzlichen) Haftungsbescheides funktionell unzuständig. § 19 Abs. 2 BAO, der für Fälle der Beendigung von Personengemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit, also auch von Kommanditgesellschaften, eine Regelung trifft, ist schon deshalb nicht anwendbar, weil weder die Beschwerdeführerin noch die RHT-GmbH zuletzt Gesellschafter der Gesellschaft waren.

Der angefochtene Bescheid erwies sich damit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999160139.X00

Im RIS seit

12.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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