TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/12 2001/04/0231

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Veröffentlicht am 12.12.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §26 Abs3;
GewO 1994 §26;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des J in T, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher und Mag. Volker Leitner, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 4. Oktober 2001, Zl. 321.010/8-III/4/01, betreffend Nachsicht gemäß § 26 Abs. 3 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 4. Oktober 2001 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den im Namen des Landeshauptmannes von Niederösterreich erlassenen Bescheid vom 29. Juni 2000 insoweit ersatzlos behoben, als damit das Ansuchen um Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden war (Spruchpunkt I.). Mit den Spruchpunkten II und III hat die belangte Behörde die Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung der Gewerbe Radio- und Videoelektroniker, Handel mit pyrotechnischen Artikeln, Gas- und Wasserleitungsinstallateur sowie des Handelsgewerbes gemäß § 26 Abs. 3 GewO 1994 abgewiesen.

Die Spruchpunkte II und III hat die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 14. Jänner 1998 sei der Konkurs über das Vermögen der B. GesmbH eröffnet worden. Der Beschwerdeführer sei Mehrheitsgesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaften gewesen. Da ihm somit ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte dieses Unternehmens zugekommen sei, liege ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1994 vor. Gemäß § 26 Abs. 3 GewO 1994 habe die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 leg. cit. die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses geführt haben, und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden könne, dass sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen werde.

Die Erstbehörde habe die Nachsicht mit der Begründung verweigert, dass laut Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft noch ein offener Saldo von S 17.000,-- bestehe. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hätte auf bevorrechtete Forderungen in der Höhe von etwa S 500.000,-- verwiesen. Aus einer Liste der anhängigen Exekutionen wäre ersichtlich, dass dieser Gläubigerin in der Jahre 1998 und 1999 insgesamt neun mal Exekution in das Vermögen des Beschwerdeführers hätte führen müssen.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, den Rückstand bei der Gebietskrankenkasse um S 200.000,-- reduziert zu haben. Der Beschwerdeführer befände sich deshalb in Liquiditätsproblemen, weil auf Grund des Konkurses eines Aufraggebers eine aushaftende Forderung seines Unternehmens in der Höhe von S 800.000,-- nicht hereingebracht hätte werden können.

Im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens der Berufungsbehörde seien Auszüge aus dem Exekutionsregisters des Bezirksgerichtes Herzogenburg und Auskünfte über Beitragsrückstände bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse eingeholt worden. Kopien dieser Urkunden seien dem Beschwerdeführer mit dem Auftrag, binnen vier Wochen hiezu Stellung zu nehmen, zur Kenntnis gebracht worden. Weiters sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, die allfällige Begleichung der vorgehaltenen Verbindlichkeiten durch Vorlage von Zahlungsbelegen oder gegebenenfalls Ratenvereinbarungen unter Anschluss diesbezüglicher Zahlungsbelege unter Beweis zu stellen, widrigenfalls die Verbindlichkeiten als nach wie vor unberichtigt aushaftend angesehen würden. In seinem Schreiben vom 28. Juni 2001 habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er Zahlungen geleistet hätte und daher Zahlungsrückstände nicht vorlägen. Dazu habe er Beschlüsse über die Einstellung von Exekutionsverfahren des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom Februar 2001, Empfangsbestätigungen des Gerichtsvollziehers vom 8. März 2001, Nachweise über Zahlungen per "Electronic-Banking" und Kontenaufstellungen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie des Steuerberaters vorgelegt.

Nach dem Auszug aus dem Exekutionsregisters seien am 21. März 2001 fünf Exekutionsverfahren der Gebietskrankenkasse gegen den Beschwerdeführer über Forderungen von insgesamt etwa S 950.000,-- anhängig gewesen. Mit Schreiben vom 28. März 2001 habe die Gebietskrankenkasse mitgeteilt, dass der Rückstand S 459.432,86 zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen betrage. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen bewiesen lediglich die Einstellung von zwei Exekutionsverfahren im Jänner und Februar 2001, welche in dem genannten Auszug aus dem Exekutionsregister ohnehin nicht enthalten seien. Die vom Beschwerdeführer weiters belegten Zahlungen an den Gerichtsvollzieher in der Höhe von S 58.263,-- am 8. März 2001 sowie die nachgewiesenen Überweisungen vom 6. und 19. März 2001 in der Höhe von insgesamt S 200.000,-- könnten lediglich einen Teil der Forderung der Gebietskrankenkasse decken. Die dem Beschwerdeführer vorgehaltene Auskunft der Gebietskrankenkasse, welche einen Rückstand von etwa S 460.000,-- ausweise, sei erst nach Bezahlung dieser Teilbeträge erstellt worden. Aus einem weiteren Schreiben der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 17. September 2001 sei ersichtlich, dass der Rückstand des Beschwerdeführers bei dieser Institution derzeit S 754.954,87 betrage und keine Ratenvereinbarung bestehe.

Der Beschwerdeführer habe es somit trotz nachweislicher Aufforderung unterlassen, die gänzliche Begleichung der ihm vorgehaltenen Verbindlichkeiten oder zumindest den Abschluss und die Erfüllung von Zahlungsvereinbarungen nachzuweisen. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Verbindlichkeiten in erheblichen Umfang nicht beglichen und auch nicht durch eingehaltene Ratenvereinbarungen reguliert worden seien. Da der Beschwerdeführer schon vor der begehrten Nachsichterteilung nicht in der Lage sei, seine hohen Verbindlichkeiten ordnungsgemäß - also bei Fälligkeit - zu begleichen, bestünden begründete Bedenken dagegen, dass ihm die ordnungsgemäße Begleichung der mit der beabsichtigten Gewerbeausübung in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten möglich sei.

Ihrem Inhalt nach nur gegen die Punkte II. und III. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 3 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses geführt habe und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, dass sie den mit der Gewerbeausübung verbunden Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird.

Aus dem Wortlaut "wenn ... erwartet werden kann" ergibt sich, dass keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige Erwartung ausschließen. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Nachsichtwerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigen Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - und zwar bei Fälligkeit - abdecken zu können (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur zu § 26 Abs. 2 GewO 1994, welche Bestimmung die selbe Wortfolge enthält, etwa das Erkenntnis vom 5. September 2001, Zl. 2001/04/0145).

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, er habe nicht die gänzliche Begleichung der ihm vorgehaltenen Forderungen nachgewiesen und macht geltend, die belangte Behörde hätte festzustellen gehabt, in welchem "erheblichen" Umfang er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei.

Der Beschwerdeführer gesteht ausdrücklich zu, im Verwaltungsverfahren (nur) das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Vorbringen erstattet und die dort genannten Urkunden vorgelegt zu haben. Daraus ergeben sich nach den insofern unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde lediglich Zahlungen an die niederösterreichische Gebietskrankenkasse im Umfang von etwa S 260.000,-- im Zeitraum von 6. bis 19. März 2001. Er bestreitet nicht, dass sein Zahlungsrückstand bei dieser Institution am 28. März 2001 noch immer S 459.432,86 betragen und sich dieser Rückstand bis 17. September 2001 auf einen Betrag von S 754.954,87 ausgeweitet habe.

Ausgehend davon ist die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer nicht die gänzliche Begleichung seiner Schulden nachgewiesen hat und nach wie vor Verbindlichkeiten in - auf Grund der unstrittigen Höhe des Rückstandes bei der Gebietskrankenkasse jedenfalls - erheblichem Umfang aushaften.

Der Beschwerdeführer führt dazu weiters ins Treffen, dass es die belangte Behörde unterlassen habe zu erheben, "von welcher notwendigen Liquidität, in welcher Höhe, in welcher Form sie beim beantragen Gewerbe ausgeht".

Dazu ist auszuführen, dass evidentermaßen mit der vom Beschwerdeführer angestrebten Ausübung von verschiedenen Gewerben die Entsehung von Verbindlichkeiten einhergeht. Auf die Höhe dieser Verbindlichkeiten kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes selbst die Gefahr der Vereitelung der Bezahlung von nur geringfügigen Verbindlichkeiten durch Exekutionen eines "Altgläubigers" die Verweigerung der Nachsicht rechtfertigt (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2001/04/0145).

Da der Beschwerdeführer somit bereits jetzt nicht über ausreichende Mittel zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten verfügt, kann die Ansicht der belangten Behörde, es bestünden begründete Bedenken dagegen, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein werde, den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen termingemäß nachzukommen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihn kein Verschulden an seinen Zahlungsproblemen treffe. Das von ihm betriebene Unternehmen habe auf Grund des unvorhersehbaren Konkurses eines wichtigen Auftraggebers einen Forderungsentgang von S 800.000,-- hinnehmen müssen. Sein Zahlungsverhalten sei "soweit für ihn objektiv zumutbar und daher nicht subjektiv vorwerfbar" so, dass mit der rechtzeitigen Begleichung von Verbindlichkeiten zu rechnen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 2. Juni 1999, Zl. 99/04/0085, ausgesprochen, dass einer gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1994 von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossenen Person für die Geltendmachung mangelnden Verschuldens an der Insolvenz der Weg der Nachsicht gemäß § 26 (Abs. 3) GewO 1994 zur Verfügung stehe. Dies ergibt sich daraus, dass im Rahmen der Beurteilung gemäß § 26 Abs. 3 leg. cit. auf die Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses geführt haben und die Persönlichkeit des Nachsichtwerbers Bedacht zu nehmen ist. Diese Regelung könnte etwa dazu führen, dass bei einer Person, die an der Insolvenz kein Verschulden trifft, ohne weitere Anhaltspunkte nicht angenommen werden dürfte, sie werde aus Fahrlässigkeit Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Bestehen hingegen schon auf Grund des - vorliegend im Hinblick auf die bereits jetzt bestehenden Zahlungsrückstände evidenten - Mangels an liquiden Mitteln Bedenken gegen die Fähigkeit des Nachsichtwerbers, die mit der Gewerbeausübung einhergehenden Verbindlichkeiten zu begleichen, kommt es auf das Verschulden hieran nicht an.

Den im Zusammenhang mit diesem Vorbringen gerügten Verfahrensmängeln kommt daher jedenfalls keine Relevanz zu.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 12. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001040231.X00

Im RIS seit

12.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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