TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/19 2000/12/0063

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Veröffentlicht am 19.12.2001
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Index

10/10 Datenschutz;

Norm

DSG 1978 §22 Abs3 idF 1986/370;
DSG 1978 §50 Abs1 idF 1986/370;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 13. November 1997, Zl. 195.011/2-DSK/97, betreffend Übertretung des Datenschutzgesetzes (DSG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1996 teilte die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, dass ihm folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt würden: Er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ der E. - GmbH, mit Sitz in Wien, zu verantworten, dass diese Gesellschaft in Wien die Zusendung einer automationsunterstützt adressierten Werbeaussendung mit den Geburtsdaten der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Adressatin ohne Verwendung der der Gesellschaft zugeteilten Registernummer postalisch derart vorgenommen habe, dass die Zustellung am 19. Juli 1996 erfolgt sei. Durch diese entgegen der Bestimmung des § 22 Abs. 3 DSG erfolgte Weitergabe von personenbezogenen Daten habe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 50 Abs. 1 DSG begangen. Es stehe ihm frei, sich durch Vorsprache bei der Behörde am 8. Jänner 1997 oder schriftlich spätestens bis zu diesem Datum zu rechtfertigen und die seiner Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt zu geben.

Wie sich aus der Niederschrift vom 8. Jänner 1997 ergibt, nahm der Rechtsvertreters des Beschwerdeführers an diesem Tag bei der Behörde erster Instanz Akteneinsicht und sagte zu, binnen vierzehn Tagen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers bekannt zu geben.

In der schriftlichen Stellungnahme vom 16. Jänner 1997 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, eine Mitteilung an den Betroffenen gehe diesem persönlich zu und dürfe daher schon dem Wortsinn nach nicht als Weitergabe von Daten im Sinne des § 50 DSG verstanden werden, weil bei derartigen Mitteilungen die Daten nicht weitergegeben würden und durch die Adressierung an den Betroffenen keine Verbreitung von Daten erfolge. Unter dem Begriff "Weitergabe von Daten" des § 50 Abs. 1 DSG könne daher lediglich die Übermittlung von Daten nach § 22 Abs. 3 DSG verstanden werden. Die gegenständlichen Werbesendungen, welche personenbezogene Daten enthalten hätten, seien allerdings lediglich an den Betroffenen selbst versandt worden, sodass keine Übermittlung beziehungsweise Weitergabe im Sinne des § 50 DSG stattgefunden habe. Nach der Rechtsprechung erstrecke sich die Verwaltungsstrafbestimmung des § 50 DSG auch auf die unrichtige Anführung von Registernummern bei Übermittlungen, nicht jedoch bei bloßen Mitteilungen an den Betroffenen. Da die Nichtanführung der Registernummer für den Empfänger genauso wenig Informationswert habe wie die unrichtige Anführung der Nummer, müsse diese logische Reduktion des Gesetzeswortlautes auch in Fällen der Nichtanführung von Registernummern auf Mitteilungen an den Betroffenen erfolgen.

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 21. März 1997 wurde ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ der E. - GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass die Gesellschaft in Wien die Zusendung eines automationsunterstützt adressierten und mit den Geburtdaten einer in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Adressatin versehenes Schreiben (Werbeaussendung) ohne Verwendung der der Gesellschaft zugeteilten "DVR - Nummer" postalisch derart vorgenommen habe, dass die Zustellung am 19. Juli 1996 erfolgt sei und hiedurch gegen die Bestimmungen des § 22 Abs. 3 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 DSG verstoßen worden sei. Hiefür wurde über der Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000, -- (Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen) verhängt. Ebenso wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von S 2.000, -- verpflichtet.

Ihre Entscheidung begründete die erstinstanzliche Behörde damit, dass es auf Grund der Anzeige der Adressatin der Werbeaussendung als erwiesen anzusehen sei, dass ein Schreiben mit automationsunterstützter Adressierung und mit den Geburtsdaten der Adressatin versehen und derart versandt worden sei, dass die Zustellung am 16. Juli 1996 ohne Anführung der Registrierungsnummer der E. - GmbH erfolgt sei. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handle es sich auch bei Mitteilungen an den Betroffenen um eine Weitergabe von Daten im Sinne des § 50 Abs. 1 DSG. Auf Grund der Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 16. Jänner 1997 sei auch dessen persönliche Verantwortung für die Verwirklichung des gegenständlichen Tatbildes nicht zu bezweifeln und daher die Schuldfrage spruchgemäß zu lösen gewesen. Ebenso wenig sei von einem geringen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen gewesen, weil ihm als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer GmbH durchaus zuzumuten gewesen sei, für die Einhaltung der Vorschriften des Datenschutzgesetzes zu sorgen. Es würden weder strafmildernde noch -erschwerende Umstände vorliegen. Die Schädigung jener Interessen, deren Schutz die gegenständliche Strafdrohung diene, sei als erheblich zu werten. Unter Zugrundelegung dieser Strafbemessungsgründe und der mangels Angaben des Beschwerdeführers angenommenen Vermögenslosigkeit sowie von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Beschwerdeführers erscheine auch unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention die Höhe der verhängten Strafe als ausreichend. Allfällige Sorgepflichten hätten mangels Angaben durch den Beschwerdeführer nicht berücksichtigt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 20. Mai 1997 Berufung, in der er vorbrachte, dass die erstinstanzliche Behörde bei der Annahme, Mitteilungen an den Betroffenen seien als Weitergabe von Daten im Sinne von § 50 Abs. 1 DSG zu qualifizieren, übersehe, dass Strafnormen nur restriktiv, nicht aber auch extensiv interpretiert werden dürften. Die Verwaltungsstrafbestimmung des § 50 Abs. 1 DSG sehe lediglich vor, dass die Weitergabe von Daten entgegen den Bestimmungen des § 8 Abs. 5 oder § 22 Abs. 3 DSG strafbar sei. § 22 Abs. 3 betreffe ausschließlich den Auftraggeber einer privaten Datenverarbeitung. Mangels Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid, wer im Beschwerdefall Auftraggeber sei, sei schon aus diesem Grund kein Tatbestand erfüllt, zumal nicht einmal festgestellt worden sei, ob es sich im Beschwerdefall um automationsunterstützt verarbeitete Daten gehandelt habe. Abgesehen davon werde in § 50 Abs. 1 DSG ausschließlich die Weitergabe von Daten pönalisiert, nicht aber die Mitteilung an den Betroffenen. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass § 22 Abs. 3 DSG zwischen der Übermittlung von Daten und der Mitteilung an den Betroffenen unterscheide. Die Übermittlung selbst sei aber als die Weitergabe von Daten aus einer Datenverarbeitung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder den Dienstleister, insbesondere auch als das Veröffentlichen solcher Daten sowie ihre Verwendung für ein anderes Aufgabengebiet definiert (§ 3 Z 9 DSG). Da sohin die Ausdrücke "Übermitteln von Daten" und "Weitergabe von Daten" für die Ermöglichung der Kenntnisnahme von Daten durch Dritte vom Gesetzgeber synonym verwendet werde, sei offensichtlich, dass eine Mitteilung an den Betroffenen von der Strafnorm nicht erfasst sei. Dies ergebe sich bereits auf Grund der Verbalinterpretation der gesetzlichen Bestimmungen: Eine Mitteilung an den Betroffenen gehe diesem persönlich zu und könne somit schon dem Wortsinn nach nicht als Weitergabe von Daten im Sinne des § 50 DSG verstanden werden, weil derartige Mitteilungen keine Daten weitergeben und durch die Adressierung an den Betroffenen nicht die für eine Weitergabe erforderliche Verbreitung der Daten an zumindest einen Dritten erfolgt sei. Unter dem Begriff "Weitergabe von Daten" des § 50 Abs. 1 DSG könne sohin lediglich die Übermittlung von Daten im Sinne des § 22 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Z 9 DSG - nämlich die Weitergabe an Dritte, nicht aber an den Betroffenen selbst verstanden werden. Nach der ständigen Rechtsprechung erstrecke sich die Verwaltungsstrafbestimmung auch auf eine unrichtige Anführung von Registernummern, was durchaus auch durch den Wortlaut des ersten "Teils" der Bestimmungen des § 22 Abs. 3 DSG gedeckt erscheine. Dies gelte aber nicht für Fälle, in denen keine Übermittlung, sondern bloß eine Mitteilung an den Betroffenen erfolgt sei. Da die Nichtanführung einer Registernummer für den Empfänger genauso wenig Informationswert habe wie deren unrichtige Anführung, müsse diese logische Reduktion des Wortlautes des § 50 DSG auch für die Nichtanführung von Registrierungsnummern auf Mitteilungen an den Betroffenen erstreckt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 50 Abs. 5 DSG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ab. Zur Begründung führt sie nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsverfahrens und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen weiter aus, aus der Bestimmung des § 3 Z 9 DSG ergebe sich zweifelsfrei, dass der Begriff "Weitergabe von Daten" auch die Mitteilung von Daten an den Betroffenen umfasse. Die Behörde erster Instanz habe daher zu Recht auch die in § 22 Abs. 3 DSG geregelte Mitteilung von Daten an den Betroffenen als "Weitergabe" im Sinne des § 50 Abs. 1 DSG gewertet und demgemäß die Verwirklichung des Tatbildes des § 50 Abs. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 DSG als erfüllt angesehen. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde auch nie eine hievon abweichende Auffassung vertreten. Auch in der vom Beschwerdeführer sowohl in seiner Rechtfertigung als auch in seiner Berufung zitierten "Mitteilung der Datenschutzkommission" vom 12. März 1987 sei aus dem Zusammenhang der Erledigung erkennbar, dass die belangte Behörde lediglich darauf hingewiesen hätte, dass im Falle von "Überlassungen" eine Pflicht zur Führung der Registernummer nicht bestehe. Der klare Wortlaut der Bestimmung des § 50 Abs. 1 DSG "oder wer Daten entgegen ... § 22 Abs. 3 weitergibt" in Verbindung mit § 3 Z 9 DSG, aus dem sich eindeutig ergebe, dass "Weitergabe" nicht mit dem Begriff der "Übermittlung" ident sei, und die Bestimmung des § 22 Abs. 3 DSG, die sich ausdrücklich auch auf Mitteilungen an den Betroffenen beziehe, würden "keinen Zweifel an der Rechtslage" lassen. Auf Grund der dem Beschwerdeführer bereits am 23. März 1994 zugegangenen Rechtsbelehrung des Datenverarbeitungsregisters stehe im Übrigen fest, dass dieser jedenfalls erkennen habe müssen, dass sein Verhalten gegen § 22 Abs. 3 DSG verstoßen habe und sohin rechtswidrig gewesen sei. Da andere Gründe, die Schuld des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen, weder ersichtlich gewesen noch solche vom Beschwerdeführer vorgebracht worden seien, habe die Behörde erster Instanz das Verschulden des Beschwerdeführers zu Recht bejaht. Die von ihr verhängte Strafe sei aus den angegebenen Gründen angemessen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung habe gemäß § 51e Abs. 2 erster Fall VStG und mangels eines entsprechenden Antrages unterbleiben können.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 29. Februar 2000, B 572/98, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragte der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nur wegen einer Tat bestraft zu werden, deren Begehung mit Strafe bedroht ist, und in seinem Recht, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 DSG beziehungsweise der Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 DSG bestraft zu werden, verletzt.

Die im Beschwerdefall maßgebende Rechtsgrundlage ist das Datenschutzgesetz (DSG), BGBl. Nr. 565/1978.

Gemäß § 3 Z 3 DSG gilt jeder Rechtsträger oder jedes Organ einer Gebietskörperschaft, von dem Daten selbst oder unter Heranziehung von Dienstleistern (Z 4) automationsunterstützt verarbeitet werden als Auftraggeber im Sinne des DSG.

Gemäß § 3 Z 9 DSG bedeutet der Begriff der "Übermittlung von Daten" die Weitergabe von Daten aus einer Datenverarbeitung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen solcher Daten sowie ihrer Verwendung für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers.

Gemäß § 22 Abs. 3 DSG (idF der DSG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 370) hat der Auftraggeber die ihm bei der Eintragung zugeteilte Registernummer (§ 23 b Abs. 2) bei der Übermittlung von Daten und bei Mitteilungen an den Betroffenen zu führen.

§ 50 Abs. 1 DSG (idF der DSG - Novelle 1986, BGBl. Nr. 370) sieht vor, dass derjenige, der eine Datenverarbeitung vornimmt, ohne seine Melde- oder Genehmigungspflichten erfüllt zu haben, oder sie weiterführt, obwohl ihm dies von der Datenschutzkommission gemäß § 23a Abs. 2 untersagt wurde, oder der Daten entgegen § 8 Abs. 5 oder § 22 Abs. 3 weitergibt, eine Verwaltungsübertretung begeht, die mit einer Geldstrafe bis zu S 150.000, -- zu bestrafen ist.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig ergebe, dass bei einer Mitteilung an den Betroffenen keine Weitergabe von Daten stattfinde, da in diesem Fall dem Betroffenen seine eigenen Daten selbst zugingen. Insbesondere bedeute die "Mitteilung an den Betroffenen" im Sinne des § 22 Abs. 3 DSG nicht eine Mitteilung von Daten, sondern eine sonstige Nachricht, die eben auf Grund der Ausnützung der Daten, die dem Auftraggeber zur Verfügung stünden, erfolge (beispielsweise eine Werbeaussendung). Da unter dem Begriff der "Weitergabe von Daten" ohne Angabe der Registernummer nicht eine Mitteilung an den Betroffenen und schon gar nicht eine Mitteilung von Daten an den Betroffenen selbst im Sinne des § 22 Abs. 3 DSG zu verstehen sei, unterliege das gegenständliche Verhalten auch nicht der Strafnorm des § 50 Abs. 1 DSG. Der Verstoß gegen § 22 Abs. 3 DSG sei daher bezüglich Mitteilungen an den Betroffenen lediglich eine Obliegenheitsverletzung, die zwar rechtswidrig, jedoch als lex imperfecta nicht mit Strafe bedroht sei.

Der belangten Behörde könne insoweit zugestimmt werden, als Normzweck von Verwaltungsstrafbestimmungen, die Sicherung der Einhaltung der Ordnungsvorschrift durch den Adressaten sei. Dazu bedürfe es aber auch entsprechend exakter Formulierungen durch den Gesetzgeber, weil Strafnormen nur restriktiv, nie aber extensiv interpretiert werden dürften. Der Begriff der "Weitergabe" dürfe auch dann nicht extensiv interpretiert werden, wenn dies durch § 6 ABGB gedeckt erscheine, da § 6 ABGB als zivilrechtliche Norm nicht auf strafrechtliche Bestimmungen abstelle. Jedoch sehe auch § 6 ABGB vor, dass dem Gesetz kein anderer Verstand beigelegt werden dürfe, als jener, der aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchte. Zur klaren Absicht des Gesetzgeber hätten beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bereits mehrmals dargelegt, dass im Bereich von Strafnormen auf die Absicht des Gesetzgebers dann nicht abgestellt werden könne, wenn sich seine Intentionen nicht klar im Wortlaut der Norm niederschlagen würden. Der Begriff des "Weitergebens" setze naturgemäß immer das Vorhandensein eines Dritten voraus. "Weitergeben" bedeute nämlich entgegen der Ansicht der belangten Behörde keinen Austausch, weil jeder Tausch eine sachliche Gegenleistung erfordere. "Weitergeben" bedeute "jemand anderem etwas zu geben", "etwas von einem zum anderen zu reichen". Gerade an einem derartigen Dritten mangle es aber im Beschwerdefall. Dieses allgemeine Verständnis von "Daten" liege auch der Definition des § 3 Z 9 DSG und des § 10 DSG zu Grunde. In beiden Fällen werde jeweils der vorangegangene Erhalt von Daten vorausgesetzt, sodass diese dann weitergegeben werden könnten. Der belangten Behörde sei zwar durchaus insofern zuzustimmen, als der Begriff der "Weitergabe" im Empfängerkreis fast beziehungsweise praktisch unbeschränkt sei, doch solle der Begriff entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht nicht jede Transaktion mit personenbezogenen Daten abdecken, sondern nur jene an Dritte. Der Empfängerkreis sei daher insofern eingeschränkt, als die Mitteilung von Daten an den Betroffenen selbst oder die Verwendung von Daten ihm gegenüber selbst wie etwa zur Adressierung keine Weitergabe sei. Dieser Wille des Gesetzgebers lasse sich etwa auch in der Formulierung der Bestimmung des § 3 Z 9 DSG ersehen, wonach beim Übermitteln von Daten der Betroffene ebenfalls ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei gerade auch aus der Definition des § 3 Z 9 DSG zu ersehen, dass der Gesetzgeber zwischen dem Übermitteln von Daten, nämlich der Weitergabe an Dritte, sofern es sich nicht um das Überlassen von Daten im Sinne von § 10 DSG handle, und der Mitteilung an Betroffene unterscheiden könne. Die im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 16. September 1986 veröffentlichte Bekanntgabe des Datenschutzrates enthalte ebenfalls nur eine unrichtige Auslegung, die nicht dem Gesetz entspreche. Dass der Gesetzgeber Informations- und Registrierungspflichten sichern habe wollen, möge zwar richtig sein, doch habe er dieses Ziel durch inexakte Bestimmungen nicht erreicht. Dass auch in der Literatur dieser feine Unterschied nicht erkannt worden sei, vermöge am Zutreffen der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsansicht nichts zu ändern. Wie wenig durchdacht die Bestimmungen seien, sei anhand eines Beispieles zu erkennen: Wie solle die Registernummer bei der Verwendung für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers, der die Daten im Sinne des § 3 Z 3 DSG selbst verarbeite, geführt werden? Es könne dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass sich etwa der Geschäftsführer eines Unternehmens dann, wenn er die in der Verkaufsabteilung bisher verfügbaren Daten auch zur Werbung durch die Marketingabteilung verwende, sich selbst die Registernummer bekannt geben müsse. Da § 22 Abs. 3 DSG einerseits die Übermittlung von Daten, die ihrerseits als Weitergabe von Daten definiert sei, und andererseits die Mitteilung an den Betroffenen regle, die Bestimmung des § 50 Abs. 1 DSG aber nur die Weitergabe von Daten, nicht aber Mitteilungen an den Betroffenen betreffe, bestehe ein solcher Straftatbestand nicht.

Voraussetzung für die Verhängung der Strafe sei nämlich, dass die Tat zur Zeit ihrer Begehung ausdrücklich durch ein Gesetz mit Strafe bedroht gewesen sei. Strafrechtsquelle sei dabei ausschließlich das "geschriebene" - und nicht das nach zivilrechtlichen Interpretationsmethoden ausgelegte - Gesetz. Eine Ergänzung des Gesetzes durch Analogie oder eine andere Art der Lückenschließung zum Nachteil des Täters sei ebenso untersagt, wie die Ergänzung durch eine nicht auf dem Gesetz basierende Rechtsbelehrung. Eine Auslegung finde ihre äußere Grenze jedenfalls im möglichen Wortsinn der auszulegenden Norm. Insbesondere sei es im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht Aufgabe der Rechtsanwendung, im Auslegungsweg oder durch unzutreffende Rechtsbelehrungen neue Straftatbestände zu schaffen. Die von der belangten Behörde vorgenommene extensive Auslegung der Bestimmung des § 50 Abs. 1 DSG sei daher unzulässig.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Der Beschwerdeführer meint, dass der in § 50 Abs. 1 DSG verwendete Begriff der "Weitergabe" die Pönalisierung des § 22 Abs. 3 DSG dann ausschließe, wenn es sich um die Mitteilung von Daten an den Betroffenen handle, weil diesfalls keine Daten "weitergegeben" worden seien.

Im Beschwerdefall ist demnach allein die Rechtsfrage strittig, ob die Verwaltungsstrafbestimmung des § 50 Abs. 1 DSG auch den Fall der Nichtangabe der Registernummer bei Zusendungen an den Betroffenen abdeckt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass § 22 Abs. 3 DSG die Pflicht zur Angabe der zugeteilten Registernummer "bei der Übermittlung von Daten und bei Mitteilungen an den Betroffenen" statuiert. Bereits durch die Bezugnahme auf diese Bestimmung in § 50 Abs. 1 DSG besteht kein Zweifel, dass damit der Verstoß gegen diese Bestimmung, und zwar sowohl gegen den ersten Tatbestand (Übermittlung von Daten) als auch gegen den zweiten Tatbestand (Mitteilungen an den Betroffenen), unter Strafsanktion gestellt wurde.

Gegen diese Betrachtung kann - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch nicht die Verwendung des Begriffes "Weitergabe" in § 50 Abs. 1 DSG eingewendet werden. Denn § 3 Z 9 DSG definiert den Begriff "Übermittlung von Daten" als "Weitergabe von Daten" an andere Empfänger als den Betroffenen. Diese Ausnahme setzt aber voraus, dass unter Weitergabe von Daten auch die Mitteilungen an den Betroffenen selbst zu verstehen sind. Die Formulierung in § 50 Abs. 1 DSG, nämlich: "wer Daten entgegen ...§ 22 Abs. 3 weitergibt." umfasst daher auch den zweiten Tatbestand des § 22 Abs. 3 DSG, also den Datenverkehr mit dem Betroffenen selbst, der durch die Angabe der Registernummer in der Lage sein soll, den Auftraggeber festzustellen.

Der angefochtene Bescheid ist aus den genannten Gründen nicht inhaltlich rechtswidrig; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Da im Beschwerdefall allein eine Rechtsfrage strittig war und die Schriftsätze der Parteien und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen haben lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem Absehen von der mündlichen Verhandlung auch Art. 6 Abs. 1 MRK nicht entgegensteht, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Ein Kostenzuspruch hatte mangels entsprechenden Antrages der belangten Behörde zu unterbleiben (vgl. § 59 Abs. 1 VwGG).

Wien, am 19. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000120063.X00

Im RIS seit

03.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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