TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/20 2001/16/0511

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Veröffentlicht am 20.12.2001
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Index

27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §10 Z1;
GGG 1984 §10 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Gemeinde N, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Kaiserjägerstraße 18, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. August 2001, Jv 4239-33/01, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der von der im deutschen Bundesland Baden-Württemberg gelegenen Gemeinde N. eingebrachten Beschwerde und dem ihr angeschlossenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin erhob beim Landesgericht Innsbruck Klage gegen 1. die A-Bank und 2. gegen einen Mitarbeiter der Bank wegen S 35,500.000. In der Klage wurde ein Ersatzanspruch gegen die beklagten Parteien geltend gemacht, weil sie "in grober Verletzung ihrer Verpflichtung zur banküblichen Sorgfalt und ihrer Schutzpflichten" gegenüber der Beschwerdeführerin nichts dagegen unternommen hätten, dass Gemeindegelder, die auf von der Beschwerdeführerin bei der A Bank eingerichteten Konten gelegen waren, auf Anweisung des seinerzeitigen Bürgermeisters der Beschwerdeführerin zu Spekulationszwecken auf Konten Dritter überwiesen worden seien, wodurch diese Gemeindegelder verloren worden seien.

Mit Zahlungsauftrag vom 18. Juni 1998 wurde der Beschwerdeführerin die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von S 439.180 zuzüglich S 100 Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

In dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag wurde die Auffassung vertreten, der klagsgegenständliche Anspruch stelle eine öffentlich-rechtliche Aufgabe dar, sodass die Gebührenfreiheit nach § 10 GGG zuzuerkennen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, es bestehe keine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Verfolgung eines Anspruches wie des gegenständlichen. Es bestehe daher keine persönliche Gebührenbefreiung der Beschwerdeführerin.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Versagung der Gebührenfreiheit in ihren Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 10 Z 1 GGG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung sind von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit der Bund, die öffentlichrechtlichen Fonds, deren Abgang der Bund zu decken hat, und die im jeweiligen Bundesfinanzgesetz bezeichneten Monopol- und Bundesbetriebe. Nach Z 2 dieser Gesetzesstelle sind die übrigen Gebietskörperschaften (einschließlich der Sozialhilfeverbände) im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises ebenfalls von den Gerichtsgebühren befreit.

Die im Gesetz enthaltene Unterscheidung zwischen einer Befreiung des Bundes hinsichtlich sämtlicher Gerichtsgebühren schlechthin einerseits und einer auf das Tätigwerden im öffentlichrechtlichen Wirkungskreises eingeschränkten Befreiung für die übrigen Gebietskörperschaften ist sachlich begründet (vgl VfGH Slg. Nr. 5909/1969). Eine auf Gebietskörperschaften beschränkte Abgabenbefreiung ist als solche ebenfalls sachlich begründet, weil damit nur jene gemeinnützigen Rechtsträger begünstigt sind, deren Aufgaben grundsätzlich umfassend sind (vgl VfGH Slg. Nr. 10188/1984).

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass die beschwerdeführende deutsche Gemeinde als Gebietskörperschaft iSd § 10 Z 2 GGG anzusehen ist. Damit sind sie nicht im Recht:

Schon aus dem Zusammenhalt der Z 1 und 2 des § 10 GGG ergibt sich, dass unter diesen Gebietskörperschaften nur inländische verstanden werden können. Ist nämlich zunächst der Bund, das ist die Republik Österreich (in diesem Sinne VfGH Slg. Nr. 8137/1977), befreit, so folgt aus den Worten "die übrigen Gebietskörperschaften", dass damit allein die inländischen Bundesländer und Gemeinden gemeint sein können. "Länder" sind die im Art. 2 Abs. 2 B-VG genannten Gliedstaaten; jedes Land gliedert sich gemäß Art. 11 Abs. 1 B-VG in Gemeinden. Auch die sachliche Rechtfertigung für die Gebührenbefreiung im Verhältnis zu allen sonst als Gebührenschuldner in Betracht kommenden Personen - die wie ausgeführt in dem umfassenden Bereich der Erfüllung von im weiteren Sinne staatlichen Aufgaben gelegen ist - kann nur für inländische Gebietskörperschaften gelten, da eine ausländische Gebietskörperschaft grundsätzlich nicht berufen ist, in Österreich öffentliche Aufgaben zu erfüllen.

Da somit eine ausländische Gebietskörperschaft in Österreich auch keinen öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis haben kann, kann ihr die Gerichtsgebührenbefreiung iSd § 10 Z 2 GGG nicht zukommen. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klagsführung zur Durchsetzung eines Schadenersatzanspruches auch nicht zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis einer inländischen Gemeinde gehört. Einer Gebietskörperschaft kann eine solche Gebührenbefreiung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr nur dort zukommen, wo sie eine Tätigkeit entfaltet, zu der sie in Besorgung ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben unmittelbar durch das Gesetz verpflichtet ist (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 11. September 1987, Zl 87/15/0015, und vom 19. Dezember 1996, Zl 94/16/0271).

Alle Angelegenheiten, in denen sich die Gebietskörperschaft, und zwar ohne unmittelbaren gesetzlichen Auftrag, und eine andere Person in privatrechtlicher Parteienstellung gegenüberstehen, zählen nicht zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Gebietskörperschaft; dies trifft insbesondere auf die weitere Abwicklung - für die kein unmittelbarer Gesetzesauftrag vorliegt - der mit der Gebietskörperschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu, auch wenn diese Rechtsgeschäfte an sich von der Gebietskörperschaft in Erfüllung eines gesetzlichen Auftrages, also im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, abgeschlossen worden sind (vgl die hg Erkenntnisse vom 27. Mai 1999, Zl 98/16/0352, und vom 5. Juli 1999, Zl 98/16/0375). Umso weniger trifft dies zu, wenn wie hier von der Gemeinde Bankgeschäfte abgeschlossen wurden, wobei der Gemeinde infolge deliktischen Verhaltens Dritter ein Schaden erwachsen ist. Aus einer gesetzlichen haushaltsrechtlichen Vorschrift (im Beschwerdefall nach der Beschwerdeschrift § 91 der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung) zur pfleglichen und wirtschaftlichen Verwaltung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Vermögensgegenstände kann eine unmittelbar im Gesetz begründete Verpflichtung zum Abschluss der in Rede stehenden Bankgeschäfte und zu ihrer Abwicklung nicht abgeleitet werden. Eine Verpflichtung der Gebietskörperschaft, ihr Vermögen gegenüber jedermann zu verteidigen, vermag die erforderliche unmittelbar durch das Gesetz begründete Verpflichtung nicht zu ersetzen (vgl die hg Erkenntnisse vom 18. April 1990, Zlen 89/16/0161, 0162, und vom 5. Juli 1999, Zl 98/16/0375). Da die angestrebte Gebührenbefreiung somit auch einer inländischen Gebietskörperschaft nicht zugekommen wäre, stellte sich die Frage einer Diskriminierung im Beschwerdefall im Ergebnis nicht.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001160511.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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