TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/21 2001/02/0090

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Veröffentlicht am 21.12.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;
VStG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Februar 2001, Zl. VwSen-107251/14/SR/Ri, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (mitbeteiligte Partei: RK in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Schimek, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Graben 42), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22. August 2000 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe am 26. Februar 2000 um 15.30 Uhr auf der A 8 als das nach außen zur Vertretung berufene Organ (als handelsrechtlicher Geschäftsführer) der K GesmbH., die Zulassungsbesitzer eines den Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges und Anhängers sei, nicht dafür gesorgt, dass dieses den kraftfahrrechtlichen Vorschriften bezüglich der Beladung entspreche, weil auf Höhe km 75,200 (Ausreisewaage des Autobahngrenzüberganges S) im Zuge der dort vorgenommenen Abwiegung festzustellen gewesen sei, dass die Summen der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines in einem EU-Staat zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges von 40 Tonnen durch die Beladung um 11.060 kg überschritten worden seien. Er habe eine Übertretung gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 iVm § 101 Abs. 1 lit. a und im Zusammenhang mit § 4 (7a) KFG 1967 begangen, es wurde eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung führte die belangte Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Als Ergebnis der Verhandlung stellte die belangte Behörde fest, dass der objektive Tatbestand der Überladung fest stehe. Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass das vom Mitbeteiligten vorgebrachte Kontrollsystem nicht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthaltenen Anforderungen genüge. Die belangte Behörde gab deshalb der Berufung in der Schuldfrage keine Folge, hob in der Straffrage jedoch die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auf und erteilte stattdessen eine Ermahnung, was sie folgendermaßen begründete:

"Der Bw (gemeint: Berufungswerber) hat ein grundsätzlich funktionierendes Kontrollsystem eingerichtet und seit seiner Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer haben sich keine Hinweise auf Mängel ergeben, die eine Ausweitung des Kontrollsystems aus seiner Sicht erforderlich gemacht hätte. Da sich auch der eingesetzte Fahrer bisher schulungskonform verhalten hat, der Bw mit seinem weisungsberechtigten Mitarbeiterstab ca. 300 Lkws und deren Fahrer kontrolliert und ihm erstmalig eine mangelnde Sorgfalt vorgeworfen wurde, ist auf Grund der besonderen Umstände dieser Fallkonstellation von einer leichten Fahrlässigkeit auszugehen.

Die leichte Fahrlässigkeit induziert geringfügiges Verschulden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Normen bleibt die Schuld hier erheblich zurück. Das Verhalten des Bw zeigt auch deutlich, dass es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe bedurfte und mit einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens das Auslangen gefunden werden konnte. Es bestand daher ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG und der unabhängige Verwaltungssenat hatte von der Verhängung einer Strafe abzusehen und die Ermahnung auszusprechen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 123 Abs. 1 letzter Satz KFG gestützte Amtsbeschwerde. Sie richtet sich ausschließlich gegen die Anwendung des § 21 VStG. Die Beschwerdeführerin bringt einerseits vor, dass die belangte Behörde zunächst davon ausgehe, dass kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet worden sei, andererseits aber die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG mit einem "grundsätzlich funktionierenden Kontrollsystem" begründe. Die von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung, dass das Verschulden des Mitbeteiligten nur geringfügig sei, sei aus Sicht der beschwerdeführenden Bundesministerin nicht nachvollziehbar. Außerdem lasse die belangte Behörde die Tatsache außer Acht, dass letztlich als Folge des unzureichenden Kontrollsystems das Gesamtgewicht des beanstandeten Sattelkraftfahrzeuges um 11.060 kg oder 27,8 %, sohin erheblich, überschritten gewesen sei. Die dadurch entstehenden Gefährdungen im Straßenverkehr, sohin die mit der Übertretung der maßgeblichen kraftfahrrechtlichen Beladevorschriften verbundenen Folgen könnten nicht als unbedeutend beurteilt werden. Es sei auch auf die sich für ein Transportunternehmen aus der Nichteinhaltung der Beladungsvorschriften des KFG resultierenden, rechtswidrig erworbenen, wirtschaftlichen Vorteile in wettbewerbsmäßiger Hinsicht gegenüber anderen die Beladungsbestimmungen des KFG einhaltenden Transportunternehmen hinzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Ist eines der beiden in § 21 Abs. 1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt, so kommt eine Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1993, Zl. 93/17/0088, uva.).

Es braucht nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob auch im gegenständlichen, den Verantwortlichen des Zulassungsbesitzers betreffenden Fall von geringfügigem Verschulden auszugehen war oder nicht. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Überladung in Höhe von 27,8 %, weshalb bereits aus dem von der Beschwerdeführerin zutreffend angeführten - mit der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 21. Februar 1990, Zl. 89/03/0104-0107) zum diesbezüglichen Unrechtsgehalt der dem Mitbeteiligten vorgeworfenen Verwaltungsübertretung im Einklang stehenden - Grund der durch Überladung im gegenständlichen Ausmaß entstehenden Gefährdungen im Straßenverkehr (als derart erhöhte Gefährdung im Straßenverkehr sei etwa auf den verlängerten Bremsweg (vgl. das Urteil des OGH vom 29. November 1967, 7 Ob 164/67 = SZ 40/157), auf die Gefährdung des Interesses an einem einwandfreien Straßenzustand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1978, Zl. 1354/78) und auf das veränderte Fahrverhalten (vgl. das Urteil des OGH vom 26. März 1987, 7 Ob 8/87) hingewiesen) jedenfalls das Kriterium der unbedeutenden Folgen der Übertretung keineswegs vorliegt. Vielmehr ist der Unrechtsgehalt sogar als erheblich zu bezeichnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1991, Zl. 90/03/0205, wonach schon eine Überladung um 17 % "keinesfalls als unbedeutend zu werten" ist).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 21. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001020090.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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