TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 98/14/0124

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde der H J in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 22. Mai 1998, Zl. RV138/1-8/1998, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin unterrichtet an einer AHS u.a. die Gegenstände Geografie und Wirtschaftskunde. In ihrem Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1996 machte sie u.a. Aufwendungen für eine geografische Exkursion des Verbandes deutscher Schulgeografen nach Kuwait, Bahrain, V.A.E. als Werbungskosten im Rahmen einer Studienreise geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde im Instanzenzug den Aufwendungen die Anerkennung als Werbungskosten. Die von Lehre und Rechtsprechung herausgearbeiteten Voraussetzungen zur Anerkennung der Aufwendungen für eine Studienreise als Werbungskosten seien nur zum Teil erfüllt. Erfüllt sei die Voraussetzung, dass die Planung und Durchführung der Reise im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation erfolgt sei. Auch sei die Exkursion nach Darstellung einer Bescheinigung der Johann Wolfgang Goethe Universität - Fachbereich Geografie - an Lehrer dieses Unterrichtszweiges gerichtet und könnten die dort gewonnenen persönlichen Eindrücke und Erfahrungen auch im Unterricht Verwendung finden und dort einfließen. Nicht erfüllt sei aber die Voraussetzung, dass das Reiseprogramm und seine Durchführung derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Steuerpflichtigen abgestellt sei. Das vorgelegte Programm der Reise lasse nicht nur fachspezifisch interessante Programmpunkte erkennen, sondern viele allgemeine Punkte, die an touristisch interessierte Reiseteilnehmer gerichtet seien. Die Besichtigung verschiedener Nationalparks, Ausgrabungen und Tempelanlagen, Teilnahme an Stadtrundfahrten, Besuche von Nationalmuseen, Kamelzuchtanlagen, Erdölfeldern, Raffinerien, einer Aluminiumerzeugungsanlage sowie eine Hafenrundfahrt etc unterscheide sich hinsichtlich des Reiseablaufes im Wesentlichen nicht von Bildungs- und Studienreisen, die von Reisebüros an Private angeboten würden. Der Umstand, dass die Reise unter fachkundiger Leitung gestanden sei und eine Erweiterung durch persönliche Kontakte mit Persönlichkeiten aus dem universitären Bereich, der Wirtschaft und Kultur erfahren habe, könne daran nichts ändern, weil es in weiten Bevölkerungskreisen üblich geworden sei, der Allgemeinbildung dienende Studienreisen nach entfernten Ländern zu unternehmen, die unter Leitung wissenschaftlicher Fachleute stünden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören gemäß Z 9 leg cit auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Demgegenüber sind gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss gerade bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden. Zur steuerlichen Anerkennung von Studienreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass deren Kosten grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 seien, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:

1) Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.

2) Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.

3) Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jegliche Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.

4) Andere allgemeine interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl. das ebenfalls einen u.a. die Gegenstände Geografie und Wirtschaftskunde unterrichtenden AHS-Lehrer betreffende hg. Erkenntnis vom 22. September 2000, 98/15/0111).

Vor diesem Hintergrund ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin stellt grundsätzlich nicht in Abrede, dass bei der Reise entsprechend dem der belangten Behörde vorgelegten Reiseprogramm - mit Ausnahme der Besichtigung von Nationalparks, solche seien nicht besucht worden - insbesondere die angeführten Besichtigungen stattfanden. Die Beschwerdeführerin meint allerdings, dass die Besichtigungen "durchgehend von entsprechenden fachlichen Erläuterungen und Erörterungen geprägt" gewesen seien, die für einen Touristen mangels entsprechender wissenschaftlicher Grundlagenkenntnisse unverständlich und ermüdend gewesen wären und dass all diese Programmelemente so dicht gedrängt gewesen seien, dass kein Freiraum für eine individuelle "touristische" Reisegestaltung geblieben sei. So werde etwa eine Hafenrundfahrt etwas "absolut Untouristisches", wenn die Teilnehmer eine Gruppe von Geografen sei, welchen ein Vortragender die Besonderheiten und die Bedeutung dieses Hafens im Rahmen seiner internationalen Verflechtung darstelle.

Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin den Charakter von der Allgemeinbildung dienenden und unter fachkundiger Leitung stehenden Studienreisen, wie sie auch von nicht der Berufsgruppe der Beschwerdeführerin angehörenden Personen unternommen werden. Der Teilnehmer an einer solchen Reise wird - anders als ein von der Beschwerdeführerin offenbar angesprochener "typischer Tourist", für welchen ein relativ flüchtiges Interesse an den Sehenswürdigkeiten einer Region zutreffen mag - an einer möglichst intensiven Befassung mit dem Gegenstand der Reise einschließlich eines möglichst sachkundigen Reiseführers und entsprechenden Vorträgen interessiert sein (vgl. neben den bereits im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere das ebenfalls einen AHS-Lehrer für Geografie betreffende Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 86/14/0100, und das bereits oben zitierte Erkenntnis vom 22. September 2000).

Die allgemeinen Ausführungen der Beschwerdeführerin, solche und ähnliche von Lehrern unternommene Reisen dienten nicht zuletzt dem Ziel einer zu fördernden anschaulichen Unterrichtsgestaltung, weil sich die Faszination eines Lehrers von einem Gegenstand auf die Schüler übertrage, und es sei unter diesem Aspekt die Verweigerung der Anerkennung der entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten kurzsichtig und unverständlich, zeigen die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht auf, weil § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988, wonach Aufwendungen für die Lebensführung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden können, selbst wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, für die Berufsgruppe der Lehrer ebenso gilt, wie für andere Berufsgruppen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998140124.X00

Im RIS seit

23.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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