TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2001/05/1116

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §1 Abs6;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Oktober 2001, Zl. 603.695/6- II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Sattledt in 4642 Sattledt, 2. Ute Maria Hagmair in 1060 Wien, Marchettigasse 1A/38), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die am 23. Juni 1975 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte hat seit 28. November 1999 einen weiteren Wohnsitz in Wien, als Hauptwohnsitz hat sie Sattledt bezeichnet. Zunächst gab sie an, dass sie ungefähr 170 Tage des Jahres in Wien und ungefähr 180 Tage am meldemäßigen Hauptwohnsitz verbringe. Den Weg zur Arbeitsstätte (Vösendorf) trete sie überwiegend von Wien aus an. Die Eltern und ihre Geschwister seien in Sattledt ihre Mitbewohner und dort mit Hauptwohnsitz gemeldet.

In ihrer Wohnsitzerklärung gab die Zweitmitbeteiligte an, dass sie sich 205 Tage im Jahr in Sattledt und 180 Tage im Jahr in Wien aufhalte. Sie verwies auf die Eltern und Geschwister am Hauptwohnsitz und gab an, dass am Nebenwohnsitz eine Lebensgemeinschaft zu einer 1972 geborenen, mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldeten Person bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes an der gemeldeten Adresse in Sattledt ab. Die Zweitmitbeteiligte habe in Wien lediglich den Schwerpunkt ihrer beruflichen Lebensbeziehungen, der gesellschaftliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen liege hingegen in Sattledt. Das von der Zweitmitbeteiligten dargelegte (subjektive) überwiegende Naheverhältnis zum derzeitigen Hauptwohnsitz habe zulässigerweise den Ausschlag gegeben, diesen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, die erstmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/05/945, ausgeführt, dass sog. "Wochenpendler", die eine Unterkunft (Wohnung) am Ort oder in der näheren Umgebung des Arbeitsplatzes als weiteren Wohnsitz nehmen, damit keinen Hauptwohnsitz begründet haben. Andererseits wurde im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0930, auch darauf abgestellt, dass bei der im Reklamationsverfahren gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise die familiäre Bindung einer ledigen Person (zum Elternhaus) umso mehr in den Hintergrund tritt, je mehr sich ihr Alter vom Erreichen der Volljährigkeit entfernt hat und je länger sie am Ort der Berufsausübung Aufenthalt genommen hat.

Hier kommt dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass am Ort der Berufsausübung eine Lebensgemeinschaft mit einer Person besteht, die in Wien ihren Hauptwohnsitz hat. Damit tritt zur beruflichen Lebensbeziehung eine gesellschaftliche (familiäre) hinzu, sodass dem Ort der Berufsausübung jedenfalls Mittelpunktcharakter zuzubilligen ist. Bei der im Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde schon im

27. Lebensjahr befindlichen Zweitmitbeteiligten kann eine derartige familiäre Bindung an das Elternhaus nicht mehr angenommen werden, dass dieser gesellschaftlichen Lebensbeziehung noch entscheidendes Gewicht zuzumessen wäre. Der Wohnsitz in Sattledt hat daher eine über § 1 Abs. 6 MeldeG hinausgehende Qualität verloren.

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051116.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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