TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/30 2001/03/0283

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z8;
GewO 1994 §370 Abs2;
GewO 1994 §39 Abs1;
GütbefG 1995 §17 Abs1;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des FD in F, vertreten durch Zauner & Mühlböck, Rechtsanwälte KEG in 4020 Linz, Graben 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. Juni 2001, Zl. uvs-2001/20/086-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z 6 Güterbeförderungsgesetz 1995 schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F. G.m.b.H., welche Inhaberin einer Konzession zur Ausübung der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr (Güterfernverkehr) sei, zu verantworten, dass ein namentlich genannter Lenker am 27. März 2001 um 11.45 Uhr auf der Autobahn A 12 in Fahrtrichtung Landeck bis km 125,8 im Gemeindegebiet von Roppen mit einem dem Kennzeichen nach bezeichneten Sattelkraftfahrzeug 19.590 kg Hygieneartikel von Wien nach Zams, somit über eine Entfernung von mehr als 50 km transportiert habe, ohne dass für die gegenständliche Fahrt ein Frachtbrief im Fahrzeug mitgeführt worden sei; hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach § 17 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-

- zu ahnden ist, wer andere als die in Z. 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in der Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG zum Ausdruck kommen, worauf sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten gründet, d.h. ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung, als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche nach § 9 VStG oder etwa als durch die Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zum Verantwortlichen Bestimmter (z.B. gewerberechtlicher Geschäftsführer) begangen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Juni 1993, Zl. 93/10/0013).

Ein Fall, in dem die Verantwortlichkeit eines gewerberechtlichen Geschäftsführers im Sinne der §§ 39 Abs. 1, 370 Abs. 2 GewO in Betracht käme, liegt im Beschwerdefall nicht vor. Hier steht eine Übertretung des § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z 6 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in Rede. Eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der oben zitierten Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes normierte, besteht nicht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Regelungen, die nicht dem Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG) zugehören, fallen selbst dann, wenn sie in Beziehung zur Gewerbeausübung stehen, nicht in den Bereich der Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0148, mwN). Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers kam im Beschwerdefall somit nicht in Betracht; Übertretungen der §§ 17 Abs. 1 iVm 23 Abs. 1 Z. 6 des GüterbefG 1995 hat nach dem Gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs. 2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten.

Dadurch, dass die belangte Behörde auf Grund einer verfehlten Rechtsansicht den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als gewerberechtlichen Geschäftsführer für eine Übertretung der §§ 17 Abs. 1 iVm 23 Abs. 1 Z. 6 des GüterbefG 1995 zur Verantwortung gezogen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. Jänner 2002

Schlagworte

Verantwortlichkeit (VStG §9)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001030283.X00

Im RIS seit

07.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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